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Mutters

Agenda

sechsten Band

25. Dezember 1965

(Über Satprems Mutter, die dem Ashram Geld gespendet hat:)

Ist es dein Geld?

Nein, sie hat ihr ganzes Hab und Gut an ihre Kinder verteilt, und ein Teil wäre für mich gewesen, aber es ist ihr Geld, und es ist in deinen Händen genausogut aufgehoben. Sie sagt, es "erleichtere" sie.

Das stimmt wirklich. Das ist ein sehr spontanes, wahres Gefühl im Wesen, man fühlt sich bereichert durch das, was man gibt.

Solange ich das Gefühl hatte, daß es mir, als einer Person, gegeben wurde, fühlte ich mich eingeengt, aber jetzt besteht diese ganz konkrete Empfindung (Mutter macht eine kreisende Bewegung, die durch sie hindurch verläuft): es kreist und fließt. Jetzt spürt man die Freude an der Sache, weil es fließt und nichts bleibt.

Deine Mutter ist sehr nett... Ihre Seele wird sich freuen. Weißt du, es gibt diese besondere Freude, wenn man sich der Seele bewußter ist als der materiellen Welt – man mag beschäftigt sein, man mag klar sehen, man mag verstehen, man mag tun, was zu tun ist, all das bleibt und ist sehr gut, aber darüber hinaus entdeckt man... ein Licht dahinter. Ein Licht, etwas Warmes, eine golden leuchtende Wärme. Das ist wirklich das Gefühl der Unsterblichkeit, etwas, das nicht von einer Form oder den Umständen bedingt ist. Es ist ein Bewußtsein, in dem man sofort den Eindruck hat, daß es keinen Anfang und kein Ende gibt... Eine Art machtvolle Sanftheit hinter allen Dingen. Damit kannst du durchs Leben gehen; alle Schwierigkeiten können einem nichts anhaben, wenn man das einmal erfaßt hat. Es ist etwas sehr Inniges, das sich nur schwer ausdrücken läßt, das aber wie eine Unterstützung ist, etwas, das einem immer und unter allen Umständen beisteht.

Genau das wird deine Mutter haben.

Sie muß das leben, wahrscheinlich ohne davon zu wissen; sie muß es schon ein wenig haben, einen Zipfel davon.

Wenn man das aber bewußt hat, dann... dann haben die Umstände wirklich keine große Bedeutung mehr.

Übrigens kam dieses Geld genau im richtigen Augenblick, wie immer!

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(Dann wendet sich Mutter den Kommentaren zu den Aphorismen für das kommende Bulletin zu:)

113 – Der Haß ist das Zeichen einer geheimen Anziehungskraft, die stets von sich selbst weglaufen will und wütend ihre eigene Existenz verneint. Auch dies ist das Spiel Gottes in Seiner Kreatur.

Das entspricht einer Art Schwingung, die von Leuten ausgeht, die hassen. Man könnte fast sagen, daß diese Schwingung im wesentlichen die gleiche wie die der Liebe ist. Tief unten findet sich dieselbe Empfindung. Obgleich es an der Oberfläche das Gegenteil ist, wird es von derselben Schwingung getragen. Und man könnte sagen, daß man ebensosehr der Sklave von dem ist, was man haßt, wie von dem, was man liebt – vielleicht sogar noch mehr. Dieses Gefühl hält einen im Griff, es quält einen, und man hängt daran fest; man hätschelt diese Empfindung, denn hinter ihrer Gewalt steckt eine ebenso große Anziehungskraft, wie man sie für etwas empfindet, das man liebt. Und es scheint fast, daß diese offensichtliche Entstellung nur im manifestierten Ausdruck, das heißt an der äußersten Oberfläche auftritt.

Man ist noch mehr von dem besessen, was man haßt, als von dem, was man liebt. Und die Besessenheit stammt von dieser inneren Schwingung.

All diese "Empfindungen" (wie soll man das bezeichnen?) haben einen Schwingungsmodus mit etwas sehr Essentiellem im Zentrum, das wie von umhüllenden Schichten umgeben ist. Sonst ist die zentralste Schwingung identisch, und im gleichen Maße, wie es sich "aufbläht", um sich auszudrücken, wird es auch entstellt. Bei der Liebe ist es vollkommen offensichtlich: in der großen Mehrzahl aller Fälle wird sie äußerlich etwas vollkommen anderes als die innere Schwingung, denn sie verwandelt sich in etwas, das sich zusammenzieht, sich verhärtet und die Dinge in einer egoistischen Bewegung des Besitzergreifens an sich reißt. Man WILL geliebt werden. Man sagt zwar: "Ich liebe diese und jene Person", aber gleichzeitig besteht das, was man will, und die gelebte Empfindung wird zu: "Ich will geliebt werden!" Dadurch entsteht eine fast ebenso große Entstellung wie die des Hasses, dessen Wesen darin besteht, das zerstören zu wollen, was man liebt, um nicht mehr gebunden zu sein: Weil man vom Objekt seiner Liebe nicht das bekommt, was man begehrt, will man es zerstören, um frei zu sein. Und im anderen Fall verhärtet man in einer inneren Wut, weil man das, was man liebt, nicht besitzen kann, man kann es nicht absorbieren. (Lachend) Um ehrlich zu sein, macht das vom Standpunkt der zugrundeliegenden Wahrheit aus keinen großen Unterschied.

Es bleibt nur dann wahr, wenn die zentrale Schwingung rein bleibt und sich in ihrer anfänglichen Reinheit ausdrückt, einer Reinheit wie ein Entfalten (wie kann man das nennen?... etwas, das ausstrahlt, eine Schwingung, die in einer Glorie ausströmt und die ein Aufblühen ist, ja, ein strahlendes Aufblühen). Materiell übersetzt sich das als Selbsthingabe, als Selbstvergessenheit, als Großzügigkeit der Seele. Das ist die einzig wahre Bewegung. Aber das, was man gewöhnlich "Liebe" nennt, ist genausoweit von der zentralen Schwingung der Liebe entfernt wie der Haß; nur zieht sich das eine zusammen, verschrumpelt, verhärtet, und das andere schlägt zu – das ist der einzige Unterschied.

Das ist kein Gedankenkonstrukt sondern eine Wahrnehmung der Schwingungen. Das macht es so interessant.

In den letzten Tagen hatte ich reichlich Gelegenheit, dies zu studieren. Ich konnte diese Schwingungen genau verfolgen: die äußeren Ergebnisse mögen bedauerlich sein, vom praktischen Standpunkt aus gesehen mögen sie abscheulich sein, denn diese Art Schwingungen verstärken unter Umständen das Verlangen nach Schädigung und Zerstörung; aber vom Standpunkt der tiefsten Wahrheit aus gesehen ist das keine wesentlich größere Entstellung als das andere; der Haß ist nur von aggressiverer Beschaffenheit – und selbst das ist nicht immer so sicher.

Wenn man diese Erfahrung weiter und tiefer verfolgt und sich auf diese Schwingung konzentriert, dann erkennt man, daß sie die ursprüngliche Schwingung der Schöpfung ist, die in allem, was existiert, in abgewandelter und entstellter Form vorhanden ist. Dann verspürt man eine Art verständnisvolle Wärme (es ist nicht genau, was man sanft nennt, aber jedenfalls etwas von großer Intensität), eine verständnisvolle Wärme, in der genauso viel Lächeln wie Kummer mitschwingt – viel mehr Lächeln als Kummer... Dies ist keine Rechtfertigung der Entstellung, sondern vielmehr eine Reaktion gegen die willkürliche Unterscheidung, die das menschliche Denken (besonders die menschliche Moral) zwischen der einen Art von Entstellung und der anderen trifft. Die eine Kategorie von Entstellungen wird als schlecht abgetan, und für die andere Kategorie ist man voller Nachsicht, ja beinahe Komplimente. Im Grunde genommen ist diese Entstellung jedoch nicht viel besser als jene – es ist lediglich eine Frage der Wahl.

Eigentlich müßte man zunächst die zentrale Schwingung wahrnehmen und ihre wunderbare und EINZIGARTIGE Qualität zu schätzen wissen, so daß man sich automatisch und spontan von allen Entstellungen zurückzieht, seien sie nun tugendhaft oder schädlich.

Wir kommen immer wieder auf denselben Punkt zurück, es gibt nur eine Lösung: zur Wahrheit der Dinge vorzudringen und sich daran festzuhalten, an dieser wesentlichen Wahrheit, der Wahrheit der essentiellen Liebe, und nicht mehr davon abzulassen.

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Etwas später bemerkt Mutter:

Das ist interessant: Das Erfahrungsfeld, mit dem ich gerade arbeite, steht immer in Beziehung zu den Ideen, die Teil der Aktivitäten der Woche sind (wie zum Beispiel die Schwingungen des Hasses und dieser Aphorismus). Überaus interessant!

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