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Mutters

Agenda

siebenten Band

3. August 1966

Gibt's was Neues?

Da war etwas, das dich interessieren könnte (Mutter sucht ein Papier).

Mich interessiert, was du machst.

Was...?

Was du machst.

Mein Kind, ich mache Entdeckungen.

Wenn das Mental aktiv ist, oder besser gesagt, solange das Mental aktiv ist... Wenn man sein Leben der Sache gewidmet hat und vollständig davon überzeugt ist, daß dies die einzige Daseinsberechtigung bildet, neigt man zur Vorstellung, wenn man für das Göttliche arbeite, nehme das ganze Wesen daran teil, und wenn man sich nach Fortschritt sehne, sei das ganze Wesen daran beteiligt. Sobald alle Widersprüche im Vital und im Mental aufgelöst sind und alles in Einklang und Harmonie ist, ist man zufrieden. Man glaubt, einen Sieg davongetragen zu haben. Aber jetzt... jetzt, wo die Körperzellen selber den Wunsch und die Sehnsucht haben, sind sie gezwungen festzustellen, daß das Leiden, die Schwierigkeiten, die Gegensätze, die Komplikationen ausschließlich dazu da sind, damit sie vollständig, absolut und UNAUFHÖRLICH in ihrer Sehnsucht verbleiben können.

Das ist äußerst interessant.

Kürzlich erzählte ich dir von jenen Augenblicken, die ich erlebte, die wirklich Augenblicke der Verwirklichung waren (der göttlichen Liebe); da sah ich klar, daß es wieder wegging, weil "es" nicht bleiben konnte, und ich wollte unverzüglich wissen, warum es nicht bleiben konnte. Einfach zu sagen: "Die Dinge sind noch nicht bereit... es ist noch nicht soweit", ist nichtssagend. Dann beobachteten die Zellen selbst so eine Art... etwas zwischen Betäubung, Schläfrigkeit, Lähmung und Gleichgültigkeit, und man verwechselt diesen Zustand mit dem des Friedens, der Ruhe und der Annahme. Aber in Wirklichkeit... in Wirklichkeit ist es eine Art Tamas [Trägheit]. Und aus diesem Grund kann es so lange dauern, daß es unserem Bewußtsein fast wie eine Ewigkeit erscheint. Dann war da noch diese Erfahrung, von der ich schon gesprochen habe (die schmerzhafte Krise). Sie wiederholte sich in einer anderen Form (dieselbe Form wiederholt sich nie), und dort sahen die Zellen, daß diese Art Intensität, dieser glühende Wille, der sie ergreift, dieses Konkrete in der Hingabe des Selbst, im surrender, nicht existiert, wenn alles gut läuft (was man gewöhnlich als "Gutgehen" bezeichnet, das heißt, wenn man seinen Körper nicht spürt, wenn es keinerlei Schwierigkeiten gibt und alles seinen normalen Gang nimmt).

Es war beinahe eine Enttäuschung für diese Zellen, die sich für sehr beflissen hielten (!) und die sich darüber klar werden mußten, daß allein dieser Halbschlaf für all das verantwortlich war, was man gewöhnlich Krankheit nennt – aber ich glaube nicht mehr an Krankheiten. Immer weniger. Alles, was kommt, ist eine spezielle Form von Unordnung, Widerstand, Unverständnis oder Unfähigkeit – dies gehört alles zum Bereich des Widerstands. Es handelt sich nicht eigentlich um einen absichtlichen Widerstand (in Mutters Zellen), nicht um das, was man gewöhnlich als bösen Willen bezeichnet (ich hoffe es jedenfalls! Sollte dies trotzdem der Fall sein, dann haben ihn die Zellen zumindest noch nicht bemerkt). Diese Dinge kommen vielmehr als deutliche Hinweise auf die verschiedenen Punkte (der Arbeit oder des Widerstands in Mutters Körper), und das drückt sich dann durch das aus, was man Schmerz nennt, oder durch eine Empfindung von Unordnung oder ein Unbehagen. Ein Unbehagen, d.h. eine Empfindung von Unordnung oder Disharmonie, ist viel schwerer zu ertragen als ein durchdringender Schmerz, viel schwerer. Es ist wie etwas, das knirscht und knarrt, das klemmt und seinen Platz nicht mehr findet. All dies nennt man im gewöhnlichen Bewußtsein oder aus menschlicher Sicht "Krankheiten".

Bleibt noch das Phänomen der Ansteckung durch Viren oder Bakterien, aber dort zeigt die Erfahrung, daß die Phänomene psychologischer Störungen – jeglicher psychologischer Störung – von derselben Natur zu sein scheinen wie die Ansteckung durch eine Krankheit und alle Viren und Bakterien (wie z.B. die Pest, die Cholera usw.). Es gibt eine psychologische Ansteckung psychologischer Zustände: Zustände der Rebellion oder der Gewalt, der Wut und der DEPRESSION sind auf dieselbe Weise ansteckend; es handelt sich um ein analoges Phänomen, folglich kann man es meistern. Es ist nur eine Frage der Worte. Man mag dies Krankheit nennen (aber die psychischen Zustände kann man auch als Krankheit bezeichnen) oder wie man will, es ist nur eine Frage der Worte, es ist dieselbe Sache: eine Öffnung gegenüber der Unordnung oder der Revolte. Wie man es auch nennen mag, es liegt nur in einem anderen Schwingungsbereich. Der Charakter aber ist identisch.

Und dann macht man außergewöhnliche Entdeckungen – wie jede Erfahrung immer zwei Seiten hat. Zum Beispiel die Stille einer Vision, die umfassend genug ist, um sich nicht durch winzig kleine Punkte stören zu lassen, und die – ich hätte beinahe gesagt, "scheinbar", aber es scheint nicht so, sondern IST so – das Ergebnis eines Bewußtseinswachstums und einer Identifikation mit den höheren Regionen ist, und auf der anderen Seite jene scheinbare Unempfindsamkeit, die wie die Negation des göttlichen Mitgefühls aussieht: An einem gewissen Punkt sieht man, wie beide Seiten wahr geworden sind und nicht nur gleichzeitig, sondern in EINEM existieren können. Erst vorgestern hatte ich die ganz konkrete Erfahrung einer äußerst intensiven Woge göttlichen Mitgefühls (angesichts einer dieser "psychologischen Ansteckungen"), und ich konnte folgendes beobachten: Wenn diesem Mitgefühl erlaubt wird, sich auf einer bestimmten Ebene zu manifestieren, wird es zu einem Gefühl, das diese unerschütterliche Stille stören und trüben kann. Aber wenn es sich in seiner eigentlichen Wahrheit manifestiert (es sind nicht einmal "Ebenen", sondern unmerkliche Nuancen), behält es seine ganze Wirkkraft und Fähigkeit zu effektiver Hilfe und verändert die unerschütterliche Ruhe der ewigen Sicht in keiner Weise.

All dies sind Erfahrungen von Nuancen (oder Nuancen der Erfahrung, ich weiß nicht genau), die nur im physischen Bewußtsein notwendig und konkret werden. Dies ergibt dann eine Vollkommenheit der Verwirklichung – eine Vollkommenheit im allerwinzigsten Detail –, die keine der Verwirklichungen in den höheren Bereichen hat. Ich bin dabei zu lernen, was genau die physische Verwirklichung an Konkretem, Exaktem und Vollkommenem zur umfassenden Verwirklichung beiträgt und wie all dies ineinander verwoben ist, sich verbindet und ergänzt – einfach wunderbar!

Gleichzeitig wird mir in kleinen Schritten der wahre Gebrauch demonstriert, den man von der mentalen Aktivität machen muß. Die Aufgabe des Mentals ist leicht zu begreifen: Es dient zur Ausbildung, dem Erwachen usw. Es ist jedoch nicht etwas, das nach Erfüllung seiner Pflicht und seines Zwecks verschwinden wird: Es wird auf seine eigene Weise benutzt werden, aber auf seine wahre Weise und an seinem wahren Platz. Und das wird außerordentlich interessant... Zum Beispiel diese Idee, daß man ist, was man denkt, und daß Wissen Macht bedeutet – nun, das scheint während des Übergangs von einem Bewußtseinszustand in den anderen eine vorübergehende Notwendigkeit zu sein, aber wie gesagt, es ist nicht etwas, das verschwindet, wenn die andere Sache verwirklicht ist. Es wird genutzt werden, an seinem Platz. Nach der Erfahrung der Einheit erscheint das Mental ja unnütz: der direkte Kontakt, die direkte Handlung kommen ohne es aus. Doch an seinem wahren Platz und nach seiner wahren Weise agierend, lediglich seinen Platz wahrend (einen Platz nicht der Notwendigkeit und auch nicht der Nützlichkeit, sondern der Verfeinerung der Handlung), wird es überaus interessant. Wenn man das Ganze als wachsende Bewußtwerdung seiner selbst ansieht, dann stellt das Mental eine Bereicherung dar – es bereichert das Ganze. Und wenn jedes Ding an seinem Platz ist, wird alles so harmonisch und einfach, von einer so vollständigen und vollkommenen Einfachheit, in der alles genutzt wird.

Bei alldem besteht eine besondere Konzentration auf das Warum und das Wie des Todes – es scheint, als wäre dies beinahe der Schlüssel zum Problem, zum Verständnis... Vor vielen, vielen Jahren, als Sri Aurobindo noch da war, kam eines Tages eine Art strahlende, gebieterische Offenbarung: "Man stirbt nur, wenn man zu sterben wählt." Ich sagte Sri Aurobindo: "Ich sah dies, ich ERFUHR es." Er sagte: "Ja, das stimmt." Worauf ich ihn fragte: "Immer, unter allen Umständen?" Er darauf: "Immer." Nur ist es einem nicht bewußt, die Menschen sind nicht bewußt, doch es ist so. Jetzt beginne ich zu verstehen! Erfahrungen und Beispiele zeigen mir alle Einzelheiten der inneren Körperschwingungen, und ich sehe: Es handelt sich um eine Wahl, die fast immer unbewußt ist, aber in bestimmten Individuen bewußt sein kann. Ich spreche nicht von Gefühlsangelegenheiten sondern vom Körper, von den Zellen, die die Auflösung akzeptieren. Es gibt einen Willen dort (Mutter zeigt nach oben) und einen hier (unten). Dieser Wille... sein Ursprung liegt in der Wahrheit des Wesens, aber es scheint (und das ist wunderbar), als sei die letzte Entscheidung der freien Wahl der Zellen überlassen.

Ich spreche keineswegs vom physischen, vitalen oder psychischen Bewußtsein, ganz und gar nicht: es geht hier um das Bewußtsein der Zellen.

Dies ist der gegenwärtige Stand: es kann so sein (Mutter zeigt nach oben) oder so (nach unten). So bedeutet es Auflösung, und so bedeutet es Fortsetzung und Fortschritt – eine Fortsetzung mit dem unerläßlichen Fortschritt. Es gibt ein Bewußtsein der Zellen (ein Bewußtsein, das beobachtet und das, einmal erwacht, ein wunderbarer Zeuge ist), und dieses Bewußtsein macht so oder so (dieselbe Geste). Dies drückt sich dann entweder durch den Willen, durchzuhalten und fortzubestehen, oder durch das Bedürfnis nach Auflösung und Ruhe aus. Wenn die Zellen erfüllt sind von diesem Licht – diesem goldenen Licht, diesem Glanz der göttlichen Liebe –, herrscht so etwas wie ein Hunger oder ein Verlangen, an Diesem Etwas teilzuhaben, das alles aufhebt, was bei diesem Durchhalten schwierig sein kann. All dies verschwindet und wird zu etwas Herrlichem. Nun...

Genau das lerne ich gerade.

(Schweigen)

Aber um genau beobachten zu können, was sich im Zellbereich ereignet – dies wird parallel dazu ausgearbeitet –, muß man absolut frei und unabhängig vom Einfluß anderer Menschen sein. Und das ist extrem schwierig wegen dieser Gewohnheit der Vermischung... Das Empfindungsvermögen der Zellen hat Mühe damit. Man muß also die ganze Zeit dafür Sorge tragen, daß dieses Empfinden allein der Sehnsucht nach dem Höchsten gilt; dies ist das einzige Mittel, die einzige Lösung. Immerzu muß man dies tun, jedesmal wenn man den Einfluß des Kontakts mit anderen spürt. Verstehst du, wenn man im gewöhnlichen Leben Einflüsse von sich fernhalten will, bricht man den Kontakt ab; doch diese ganze Bewegung des Abstandnehmens, des Rückzugs und der Isolation – all diese psychologischen Regungen (durch eine materielle Isolierung im Physischen; aber auch im Vital, im Psychischen und im Mental, überall läuft es auf ein Abschneiden, ein Abtrennen hinaus), all dies ist falsch; es widerspricht der Wahrheit. Die Wahrheit ist... (umfassende Geste) das Gefühl der Einheit. Und dennoch muß man für die zellulare Arbeit, für die Transformation der Zellen, zu einer Isolierung gelangen, die nicht im Widerspruch zur essentiellen Einheit steht. Und das ist schwierig, es ist eine sehr heikle, minutiöse und mikroskopische Arbeit. Aber es kommt zum Beispiel vor, daß man jemanden berührt, ihn an der Hand nimmt und die Einheit nur in der tiefen Wahrheit stattfindet, während äußerlich lediglich ein Nebeneinander der Zellen zustandekommt.

Die Arbeit ist wirklich sehr intensiv.

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