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Mutters

Agenda

siebenten Band

17. Dezember 1966

Ein Kind in der Schule fragte mich: "Wie können mir Mathematik, Geschichte oder die Wissenschaften helfen, dich zu finden?"

Ich fand das wirklich reizend und antwortete:

Sie können euch auf verschiedene Weise helfen:

1. Um fähig zu sein, das Licht der Wahrheit zu empfangen und zu ertragen, muß das Mental gestärkt, erweitert und geschmeidig gemacht werden. Diese Studien sind ein sehr gutes Mittel, dieses Ziel zu erreichen.

2. Wenn ihr sie gründlich genug studiert, werden euch die Wissenschaften die Unwirklichkeit der Erscheinungen aufzeigen und euch so zur spirituellen Realität führen.

3. Das Studium aller Aspekte und Bewegungen der physischen Natur wird euch mit der universellen Mutter in Kontakt bringen, und so werdet ihr mir näher sein.

Ich erinnere mich noch an den Eindruck, den ich hatte, als ich ganz klein war und man mir sagte, alles seien "Atome" – so sagte man damals. Sie erklärten mir: "Siehst du diesen Tisch? Du glaubst, es sei ein Tisch, er sei solide und aus Holz. Es sind nur Atome, die sich bewegen." Ich erinnere mich, daß es eine Art Revolution in meinem Kopf auslöste, als ich das zum erstenmal hörte, da es mit einem solchen Gefühl der vollständigen Unwirklichkeit aller Erscheinungen verknüpft war. Schlagartig dachte ich: "Aber wenn das so ist, dann ist nichts wahr!" Ich kann damals nicht mehr als vierzehn oder fünfzehn Jahre alt gewesen sein.

Die Frage des Kindes hat mir das in Erinnerung gerufen. Ich sagte mir: dies öffnet einem die Tür in eine andere Realität.

*
*   *

(Wenig später geht es um einen Jungen aus der Ashramschule, der während eines Picknicks einer Gruppe Jugendlicher seines Alters ertrank.)

Ich habe V's Heft erhalten 1 . Er sagt (ziemlich brutal, bluntly, wie man dies im Englischen nennt): "Als ich erfuhr, daß B ertrunken sei, konnte mich das weder betrüben noch berühren. Ich dachte mir einfach: das ist nicht wahr." Und warum? "Weil Du wußtest (so schrieb er mir), daß wir alle zum Picknick gegangen waren, folglich konnte nichts passieren." (Mutter lacht) Ich fand dies köstlich – köstlich in seiner Unverschämtheit. 2

Aber es ist auch nett!

Ja, aber der Unfall ist tatsächlich passiert.

Ich sagte ihm daraufhin... Ich schaute mir das nämlich an und sah es sofort unter DIESEM Gesichtswinkel... Ich sehe die Dinge jetzt ganz anders, nie auf jene andere Weise. Ich staune immer wieder darüber, wie die Menschen die Dinge sehen. Für mich ist alles ganz anders, es ist... die Schwingung des Herrn, die sich herauskristallisiert, und das ist alles. Und bei absolut allem, ununterbrochen. Folglich gibt es kein "Wie und Warum?" – es ist ganz einfach, elementar einfach. Aber das konnte ich ihm nicht sagen, er hätte es nicht verstanden. Also betrachtete ich es von seinem Standpunkt aus, und auf einmal sah ich es. Ich sagte: "Ja, wie kommt es, daß so etwas geschehen konnte?" (Mutter lacht) Ich antwortete ihm folgendes (ich erinnere mich nicht mehr an den genauen Wortlaut, nur noch dem Sinne nach): Der Schutz wirkt auf die ganze Gruppe, solange sie koordiniert und diszipliniert ist. Wenn jedoch Individuen unabhängig von der Gruppe handeln, werden sie auf ihren eigenen Determinismus zurückgeworfen. Das heißt, der Schutz wirkt dann ihrem persönlichen Glauben gemäß und nicht als kollektive Aktion: je nach Zustand und persönlichem Glauben wirkt der Schutz entsprechend stärker oder schwächer.

Ich sah dies deutlich. Ich sah, wie es passieren konnte (seine Frage ließ mich die Sache nämlich näher anschauen, und so sah ich es). Interessant dabei ist, daß die mentale Initiative, durch jenen See zu schwimmen, von P und noch einem anderen ausgegangen war. Folglich sind sie, rein menschlich gesehen, die "Verantwortlichen". Aber das stimmt nicht, so ist es nicht. Jedenfalls befanden sie sich außerhalb der Gruppe, es war eine Handlung, die nichts mit der Gruppe zu tun hatte, und sie taten es, weil sie zu einer bestimmten Zeit wieder bei der Gruppe sein mußten und spät dran waren. Es war also ganz klar individuellen Ursprungs. Um den See herumzugehen, hätte drei Stunden gedauert, und es blieben kaum noch zwei bis zum Einbruch der Dunkelheit, außerdem waren sie im Dschungel, sie hatten kein Licht, nichts. Eine weitere Unmöglichkeit. Somit sagte er sich mit seiner Vernunft, mit seinem gesunden Menschenverstand: "Das beste ist, ich schwimme hinüber." Dabei berücksichtigte er allerdings nicht (das ist der leichtsinnige Teil), daß das Wasser eiskalt war.

(Sujata:) Aber P war schon einmal hinübergeschwommen, denn er war nicht bei der Gruppe, die den Unfall hatte. Sie riefen ihn vom Lager aus, er kam und schwamm über den See, und der Unfall ereignete sich auf dem Rückweg. Die anderen waren auf der anderen Seite.

Er ist also zweimal über den See geschwommen, bist du sicher?

Ja, sie hatten ihn gerufen. Er war schon einmal hinübergeschwommen, um ihnen zu helfen.

Das zweite Mal... Dann war es noch leichtsinniger, als ich mir dachte. Es hätte beinahe sein Ende bedeutet. Ich sah ihn nämlich, ich wußte es, noch ehe mich die Nachricht erreichte. Auf einmal spürte ich eine große Gefahr. Allerdings: P hatte den Glauben und schaffte es deshalb, für den anderen aber war es das Ende.

Es war sehr leichtsinnig, weil der Körper hier nicht an kaltes Wasser gewöhnt ist, und in kaltem Wasser bekommt man Krämpfe.

P war ausreichend geschützt, um gerettet zu werden; der andere aber schaffte es nicht.

(Sujata:) Die drei Jungen haben dich offenbar gerufen – sie waren ja zu viert, nicht wahr? Die drei haben dich gerufen, und jener, der ertrank, hat nur P um Hilfe gerufen. Die drei anderen aber dachten sehr stark an dich.

Das weiß ich. So etwas braucht man mir nicht zu sagen. Und ich wußte, daß dieser Junge nicht gerufen hatte. Er hatte nicht das Gefühl, daß ihm das helfen könnte.

Es ist nicht einmal eine Frage des Mentals. Man muß es SPÜREN (Geste zum Herzen), man muß überzeugt sein, daß dies wirklich aktiv ist [Mutters Gegenwart], daß dies eine ganz reale Angelegenheit ist, daß es wirklich schützt. Nicht einfach "so ein metaphysischer Gedanke" sondern eine Empfindung. Und die hatte er nicht.

Wäre er in der Gruppe geblieben, so hätte der Schutz der Gruppe auch ihm gegolten. Sobald er sich aber auf eine abgetrennte individuelle Handlung einließ, hing alles von seinem inneren Zustand ab – das ist etwas, das sie alle begreifen sollten.

*
*   *

(Etwas später ist die Rede von den Überschwemmungen in Florenz. Dieses Gespräch wurde aus dem Gedächtnis aufgezeichnet.)

Ich habe Fotos von den Überschwemmungen in Florenz gesehen... Wie es scheint, kam die Strömung mit siebzig Stundenkilometern daher! Die Autos wurden mitgerissen und gegen die Häuser geschleudert. Es heißt, es sei eine Flutwelle gewesen... und dabei lief die Strömung dem Meer entgegen. Oder floß das Wasser zurück? Auf jeden Fall ist es sehr mysteriös.

Das Wasser stand in Kopfhöhe. Alle Paläste und Museen wurden überflutet, und das Wasser war voller Schlamm. Jetzt sind die Studenten dabei, den Schmutz wegzukratzen. Man versucht, die Manuskripte zu trocknen. Aber viele Dinge sind endgültig verloren.

Eine der Prophezeiungen zu Beginn dieses Jahrhunderts besagte: daß Italien und England im Wasser versinken würden.

Vielleicht ist das der Anfang.

Was für eine Prophezeiung?

Meine!

Seltsam daran ist allerdings, daß Florenz und Neapel betroffen wurden, nicht aber Rom, das doch dazwischenliegt...

Aber warum denn Italien? Wäre es nur England, hätte ich keinerlei Einwände – aber Italien?

Wegen Mussolini.

Aber er ist tot.

Vielleicht hat Mussolinis Tod die Dinge gemildert. Aber es handelt sich hier nicht um "Strafe". Es gibt keine Strafe, keine "Schuld" – nicht die leiseste "Schuld", nie und nimmer. Es ist lediglich eine Frage der Schwingungen.

Warum dann nicht Rom?

Ach, die werden schon noch sehen.

Natürlich reden sie sich jetzt ein, "Gott" habe sie beschützt...

 

1 Ein junger Schüler, der Mutter in seinem "Heft" Fragen stellt.

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2 Die Frage des Schülers lautete: "Als ich in Gingee erfuhr, daß B in einem See ertrunken sei, konnte ich es nicht glauben oder über diese Nachricht schockiert sein. Die einzige Frage, die sich mir stellte, lautete: "Wie ist das möglich! Mutter wußte doch, daß wir in Gingee waren, also war ihr Schutz mit jedem von uns.""

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