SITE OF SRI AUROBINDO'S & MOTHER'S  YOGA
      
Home Page | 08 Bande

Mutters

Agenda

achten Band

2. März 1967

(Ausländische Besucher betreffend, die Mutter sehen wollen.)

...Mich aufzusuchen, sollte das RESULTAT von etwas sein, nicht der Beginn. Das sage ich ihnen unaufhörlich. Es ist nicht als Impuls gedacht, sondern als Antwort auf eine Vorbereitung, die gefestigt werden muß. Dann hat es einen Sinn. Sie aber kommen: in zwei Minuten ist es getan, sie gehen mit dem Nötigen versehen wieder weg, und damit hat es sich.

*
*   *

(Danach kommt die Rede auf Mutters Geburtstag am 21. Februar und die Schwierigkeit, mit dem immer größeren chaotischen Zustrom äußerer Tätigkeiten fertigzuwerden)

Ich lebe in einer wachsenden Verwirrung. Dies hat immerhin den Vorteil: daß es keinen Automatismus mehr geben kann. Wenn man ein wohl organisiertes Leben führt, wird es automatisch – das ist nicht mehr möglich, in jedem Augenblick muß das Bewußtsein wie ein Scheinwerfer sein, ausgerichtet auf das, was zu tun ist. Ich sehe klar, daß es absichtlich so ist. Es geschieht absichtlich.

In dem Entretien, das du mir heute vorgelesen hast, sagte ich manche Dinge, die damals zutrafen, was auch jetzt noch für die Mehrzahl der Leute der Fall ist, für mich aber sind sie nicht mehr wahr 1... Für die jetzige Sicht gibt es nichts, das nicht gewollt wäre und nicht mit einer Absicht geschieht, purposely (nicht wirklich absichtlich, aber mit einem bestimmten Ziel), und gleichzeitig ist alles ein vollkommenes, vielfältiges und integrales Ganzes (deshalb ist es so schwierig zu fassen). Jetzt wird dies sehr klar gefühlt. In den letzten zwei oder drei Tagen war dies Gegenstand einer sehr subtilen, präzisen Beobachtung. Das Zentrum des Bewußtseins liegt ziemlich hoch (weit über den Kopf weisende Geste), früher war es immer hier (Geste oberhalb der Schädeldecke), und es sah die Dinge rund um sich und innen; aber jetzt scheint es emporgestiegen zu sein, und das Bewußtseinsfeld reicht viel weiter. Der Körper ist sozusagen transparent und fast inexistent geworden; ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll... er bildet kein Hindernis für die Schwingungen: alle Schwingungen gehen hindurch. Ich will ein Beispiel geben, um mich verständlich zu machen (absichtlich ohne genauere Angaben): In materieller Hinsicht steht eine gewisse Anzahl Dinge hier unter meiner Kontrolle, für die ich regelmäßig aufkommen muß. Kürzlich kam eine Zahlungsaufforderung, die höher war als üblich; nicht daß sie unvernünftig gewesen wäre, aber ich weiß nicht warum... (denn hier – Geste zur Stirn – geschieht nichts, ich bin nicht nur völlig blank [neutral] sondern transparent, was alles ungehindert hindurchgehen läßt), im Moment der Entscheidung hatte ich sofort die Vision (aber wie gesagt, eine Vision von oben, die ein viel weiteres Feld übersieht) eines Konfliktes, eines Streits, und dabei war etwas in mir sehr ungehalten, wie ein Protest. Ich fragte mich warum. Hätte es sich in Worten ausgedrückt, wäre es eine Empörung über diese Forderung gewesen (ohne daß im Bewußtsein der geringste Grund dafür bestanden hätte; all dies wird völlig unpersönlich). Ich betrachtete dies weiterhin mit der Schau des Bewußtseins, um mich dann wie automatisch durch diesen Mund zu fragen, wieviel diese Erhöhung pro Woche ausmache (denn selbst der mentale Zustand, der das Rechnen ermöglicht, ist überhaupt nicht mehr da: es ist lediglich eine Frage des Bewußtseins). Ich fragte jemand Anwesenden, der mir antwortete. Daraufhin kam sofort die Entscheidung: einmal pro Woche werde ich soundsoviel geben. Alles beruhigte sich. Warum und wie und wer? Ich habe keine Ahnung.

Somit muß ich daraus schließen, daß es sich um ein sehr erhabenes Bewußtsein handelt, das die Situationen mit Gründen betrachtet, die uns völlig entgehen, und das sieht, wie die Dinge getan werden müssen, ein Bewußtsein, das alle Bewegungen hervorbringt (globale Geste, das Spiel der Kräfte anzeigend), bis alles getan ist, wie es getan werden soll. Wo es noch eine Person gab, besteht sie jetzt nicht mehr – es gibt keine "Personen" mehr: nur noch Kräfte in Bewegung, die gewisse materielle Handlungen hervorrufen.

Seitdem habe ich festgestellt, daß dies für alle Dinge, die den Körper betreffen, zutrifft. Der Körper selbst hat kaum noch die Empfindung seiner Grenzen (Geste, als ob die begrenzende Form sich aufgelöst hätte). Das ist recht neu. Es hat sich ganz allmählich eingestellt, aber es ist ziemlich neu, daher ist es schwer auszudrücken. Der Körper selbst fühlt sich nicht mehr eingegrenzt (dieselbe Geste): er fühlt sich ausgebreitet in alles, was er tut, in alles, was ihn umgibt, in alle Dinge, Leute, Bewegungen, Gefühle, in alles... Er ist so ausgebreitet.

Das ist sehr amüsant geworden, sehr interessant. Es ist wirklich neu.

Seit dem 21. Februar wurde es noch deutlicher. Ein oder zwei Tage zur Zeit des Geburtstags waren sehr schwierig, dann vollzog sich eine Art innere Anpassung, wonach die Erfahrung kam. Sie war das Ergebnis von alledem. Eine wirkliche Änderung.

Man muß ein wenig aufmerksam und achtsam sein, um sich nicht zu stoßen oder um die Dinge nicht fallen zu lassen: die Bewegungen sind ein wenig unsicher. Es ist sehr interessant. Wahrscheinlich eine Übergangszeit, bis sich das wahre Bewußtsein eingestellt hat; dann wird sich eine völlig andere Funktionsweise entwickeln als zuvor – von unvorstellbarer Präzision und einer ganz anderen Beschaffenheit. Zum Beispiel ist bei vielen Dingen die Sicht viel klarer mit geschlossenen als mit offenen Augen (schon seit langem). Aber die gleiche Klarheit beginnt jetzt auch mit offenen Augen zu kommen, sie sehen jetzt anders (Geste, das Innere der Dinge zeigend).

Bei alldem gibt es amüsante Details, die ich dir erst später erzählen kann, denn es geht dabei um bestimmte Personen (es ist nur interessant mit den Namen)... Es betrifft die Macht der "Mutter" und wie sie sich manifestieren wird – amüsante Dinge, vielleicht Ambitionen (es nahm den Anschein von Ambitionen an), aber ich schaue (das "Ich" dort oben, das wahre "Ich" schaut), um herauszufinden, ob es einer konkreten Realität entspricht... In äußerer und gewöhnlicher Hinsicht (so ist es nicht, es wird nicht so GESEHEN), aber übertragen auf die Sicht des menschlichen Bewußtseins, sind es Ambitionen, verursacht durch die Tatsache des zunehmenden materiellen Alters (Mutter wurde eben 89 Jahre alt), demzufolge sich (lachend) mein Verschwinden voraussehen läßt. Sehr amüsant. Aber ich werde dir später davon erzählen.

Gut. (Mutter lacht herzlich)

Du mußt seltsame Dinge sehen!

Es bleibt abzuwarten, wann ich verschwinden werde... Sri Aurobindo sagte mir: "Dein Körper auf der Erde ist ..." Er sagte: "Ich sehe, daß dein Körper der einzige ist, der genügend Ausdauer hat, um der Prüfung standzuhalten." Aber der Körper wußte nichts davon, er hat keine Ambitionen und schon gar keine Anmaßungen; doch als er mir sagte: "Du wirst die Arbeit tun", sagte ich auf dieser Grundlage "ja" dazu. So sei's denn.

Aber jetzt sehe ich – habe ich gesehen: es ist schwer, durchzuhalten. Alles in allem erfordert es eine unerschütterliche Energie – eine konstante Energie, so (unbeugsame Geste) – und gleichzeitig eine totale Bescheidenheit, die bereit ist, ALLES aufzugeben, denn alles, was existiert, ist nichts im Vergleich zu dem, was sein soll. Eine totale Bescheidenheit. Es gibt nicht viele solche Körper, glaube ich. Er hat wirklich (lachend) einen guten Willen!

Oh, es gab Augenblicke... In manchen Minuten (es könnte kaum länger andauern) ist es wirklich hart. Gerade in diesen Tagen. Der Körper kann es nur überstehen, weil er in diesem Augenblick völlig so ist (Geste der Hingabe): "Herr, was immer Du willst." Nichts – nicht denken, nicht spekulieren, nichts: "Was immer Du willst." Und: "Du allein existierst." Voilà.

Angstgefühle, nicht wahr... im gewöhnlichen Bewußtsein würde sich das durch kaum zu ertragende physische Schmerzen ausdrücken, aber die Gnade ist da – die Unwirklichkeit des Leidens ist glücklicherweise da.

Oh, eine wunderbare Gnade.

Es waren einige schwierige Tage, und das Resultat davon ist, daß sich sogar das Bewußtsein des Körpers verändert hat. Sein Bewußtsein ist dort oben: hier drinnen ist nichts mehr; er ist nur noch wie etwas, wodurch alles hindurchgeht.

(Schweigen)

Eine einzige Ambition hat er vielleicht noch (jedenfalls drückt es sich durch diese Aspiration aus): den Wunsch, daß diese Unwirklichkeit des Leidens überall gespürt werde. Angesichts der Möglichkeit, die Unwirklichkeit des Leidens überallhin zu vermitteln, kommt eine Freude auf – ein Licht, eine Freude im Körper. Das macht ihn glücklich. Folglich sagt das Bewußtsein dort oben: "So ist es, so wird es sein." Voilà.

 

1 Es handelt sich um das Entretien vom 14. Mai 1951, den "Zufall" betreffend, wo Mutter insbesondere sagte: "Wenn ein Ereignis nicht das Resultat des unvermischten göttlichen Willens ist, handelt es sich um das, was wir "Zufall" nennen. In der gewöhnlichen Welt untersteht alles dem Walten des Zufalls, ausgenommen, in selteneren Fällen, ein Ereignis, dessen Ursache für die meisten Menschen unergründlich ist, nicht aber für jemanden, der mit dem göttlichen Willen in Beziehung steht. Nur das entzieht sich dem Zufall."

Rückwärts zum Text

 

 

 

 

 

 

 

in French

in English