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Mutters

Agenda

achten Band

25. Oktober 1967

Mutter liest in "Savitri"

A divine force shall flow through tissue and cell

And take the charge of breath and speech and act

And all the thoughts shall be a glow of suns

And every feeling a celestial thrill.

Often a lustrous inner dawn shall come

Lighting the chambers of the slumbering mind;

A sudden bliss shall run through every limb

And Nature with a mightier Presence fill.

Thus shall the earth open to divinity

And common natures feel the wide uplift,

Illumine common acts with the Spirit's ray

And meet the deity in common things.

Nature shall live to manifest secret God,

The Spirit shall take up the human play,

This earthly life become the life divine.

(XI.I.710)

Eine Gotteskraft wird Gewebe und Zellen durchströmen,

die Führungskraft übernehmen von Atmen, Reden und Handeln,

und alle die Gedanken werden das Erglühn von Sonnen sein

und jegliches Gefühl ein himmlisches Erschauern.

Oft wird ein innerliches Morgenlicht erstrahlen,

das die Kammern des schlummernden Mentals erleuchtet.

Plötzliche Wonne wird durch alle Glieder strömen

und die Natur mit einer mächtigeren Gegenwart erfüllen.

So wird die Erde sich für die Göttlichkeit öffnen

und werden auch gewöhnliche Naturen weiten Aufschwung fühlen,

gewohnte Taten mit des Geistes Strahl erleuchten

und die Gottheit in den gewohnten Dingen treffen.

Natur wird leben, den geheimen Gott zu offenbaren.

Der Geist wird selbst das Spiel der Menschen übernehmen,

und dieses Erdenleben wird ein göttliches Leben werden. 1

(Dann überreicht Mutter eine kleine Wüstenblume:)

Schau! Sie wächst in der Wüste, ohne Wasser und verwelkt doch nicht.

Oh, wie schön!

Weißt du, sie ähnelt dem Edelweiß, das im Eis wächst. Und diese wächst in der Wüste. Sie ist wie Samt. Sie hat keinen Duft, aber sie verwelkt nicht. Eine Blume ohne Wasser. Jemand schickte sie mir. Ich finde sie sehr interessant. Es gibt Wunderwerke in der Natur. Und sieh den kleinen roten Punkt...

(Sujata:) Ja, Mutter, sie ist wie die kleine "Unsterblichkeitsblume".

Ich gebe dir eine, aber du mußt sie gut pflegen...

(Satprem:) Im Grunde verdirbt das Lebenswasser die Dinge.

Ja, das Wasser verdirbt. Das Edelweiß verwelkt nicht, ich hatte eines: noch nach zehn Jahren war es intakt. Wenn man die Dinge entwässert, vergehen sie nicht.

Wartet, ich zeige euch etwas (lachend), weil ihr so lieb seid... Siehst du das (Mutter zeigt auf eine große rote Rose einer besonderen Sorte): Das ist Sri Aurobindo. Wo immer Leute auf der ganzen Erde diese Rose ziehen, ist es Sri Aurobindo. Sie wird so groß.

(Sujata gibt Mutter eine weiße Hibiskusblüte)

Wenn man das Licht nicht ausschaltet (ich habe eine Neonröhre), verwelkt sie nicht. Läßt du ein Licht über diesen Blumen an, rühren sie sich nicht, und ich habe welche gesehen, die schon halb geschlossen waren und sich wieder öffneten. Sie lieben dieses Licht. Nachmittags lege ich sie in eine Schale mit Wasser (sie sind schon mehr oder weniger geschlossen), ich stelle eine oder zwei dort unter das Licht: sie öffnen sich!

Sie haben eine erstaunliche Sensibilität.

Manchmal habe ich morgens eine geschlossene Rosenknospe, ich nehme sie so aus dem Wasser (Geste des Streichelns um die ganze Blume herum), ohne sie zu berühren, und sie öffnet sich!

Und da sagt man, Pflanzen seien unbewußt!

*
*   *

(Die restliche Zeit verstreicht in Meditation. Gegen Ende hat Satprem ein schlechtes Gewissen, Mutter nicht zum Sprechen gebracht zu haben:)

Ich stelle dir selten Fragen, denn ich lasse das Mental nicht viel arbeiten.

Nein, weißt du, mehr und mehr sehe ich, wie schrecklich die Auswirkungen des Mentals im Leben sind. In the long run [auf lange Zeit gesehen], am Ende der Kurve, wird es offensichtlich eine Präzision beisteuern, eine Genauigkeit, die ohne das Mental nicht bestand, aber heute halten die Menschen diese Präzision und Genauigkeit für die Wahrheit, und das verdirbt alles. Wenn es nur noch ein INSTRUMENT der Manifestation ist, wird es sehr nützlich sein. Aber für den Augenblick ist es... Ich beginne, in kleinen Details zu sehen, wie es etwas zur Manifestation beitrug, aber in seinem täglichen Werk ist es schrecklich.

Die Leute überschwemmen mich immer mehr mit Fragen – sie überhäufen mich mit einer Folge von fünfundzwanzig, dreißig, vierzig Briefen pro Tag, von denen kaum zwei der Mühe wert sind. Und auch dann noch sind es Briefe von Anfängern, die ihren Weg zu finden versuchen, so kann man ihnen einen kleinen push [Schub] geben. Andernfalls bin ich sehr bemüht, ihr Mental ruhigzuhalten.

Aber wir können uns trotzdem das Heft des Jungen ansehen (ein junger Schüler, der Mutter regelmäßig Fragen stellt). Was will er?

Liebe Mutter, warum möchte man sogar im Ashram kleine Gruppen und Vereine bilden wie zum Beispiel "World Union", "New Age", usw.? Was ist ihr Zweck?

Ihr Zweck! (Lachend) Haben sie einen Zweck?... Ich werde ihm einfach antworten: "Nur weil die Menschen es lieben, Gruppen zu bilden." Ganz einfach, nichts zu sagen.

(Mutter schreibt, dann setzt sie nach einem Schweigen hinzu:)

Ich werde ihn etwas beunruhigen, nicht?

Ja.

(Mutter beendet ihr Schreiben und gibt Satprem das Heft)

"Weil die Menschen sich noch einbilden, sie müßten sich in Gruppen versammeln, um etwas Nützliches auszurichten. Dies ist die Karikatur einer wahren Organisation."

Das genügt doch wohl?

World Union... Sie stellen sich tatsächlich vor, daß sie der Menschheit zu Fortschritten verhelfen!... Aber wenn ich den Leuten sage, daß der Bau einer Stadt wie Auroville mehr Gewicht für die Geschichte der Erde hat als alle Gruppierungen der Welt, glauben sie mir nicht. Sie glauben es nicht, die Menschen denken, es hätte keinerlei Bedeutung, es sei eine Phantasie.

Einmal fragte ich Sri Aurobindo (denn wir diskutierten oft über Auroville und die vielen damit verbundenen Schwierigkeiten, und die ursprüngliche Idee von Auroville hatte ich schon... keine Idee, es war ein Bedürfnis, das sich vor vielleicht dreißig oder fast vierzig Jahren ausdrückte), und er antwortete mir folgendes (ich glaube, ich habe dir das schon erzählt): "It is the best chance men have to avoid a general conflict" 2 [es ist die beste Chance für die Menschen, einen allgemeinen Konflikt zu vermeiden]. Voilà.

Seitdem er mir das sagte, arbeite ich sehr ernsthaft. Und es war nicht "gesagt", sondern GESEHEN.

Nur merke ich deutlich, daß sie es nicht glauben, niemand fühlt es. Bedeutet dies, daß... Die konkrete Materialisation des Geistes von Auroville hat noch nicht stattgefunden, er existiert noch nicht, es gibt noch keine Formation des "Geistes von Auroville" in der Erdatmosphäre, der (Mutter verharrt lange in Betrachtung versunken)... Im Grunde: "Die Kunst, aus der Komplexität eine Einheit zu bilden." Ohne Einförmigkeit, nicht wahr: die Einheit durch die Harmonie der Vielfalt, jedes Ding an seinem Platz...

Das ist sehr schwierig.

Als R (der Architekt von Auroville) das letzte Mal hier war, sagte er mir: "Wann wird man endlich die Atmosphäre von Auroville schaffen? Alle zanken sich!" (Mutter lacht) Ich sagte: "Ja, darin besteht die Schwierigkeit." Und es geht weiter. Aber schließlich besteht ein Druck von oben, ein Druck. Wir werden sehen.

Es ist immer noch ein Symbol.

Jede kleine Gruppe hält sich für ein Symbol – auch das ist ein Symbol.

Je mehr die Formation herabsteigt, um sich zu manifestieren, um so heftiger erheben sich alle Gegenbewegungen, alle Widersprüche, alle Komplikationen, und man sieht klar, daß sie innerlich nichts verstehen. Ich verbringe meine Zeit damit, ihnen zu sagen: "Versucht nicht zu organisieren, ihr laßt die Sache sonst versteinern, bevor sie noch begonnen hat."

Ich wollte, daß es spontan wächst, mit allem Unvorhergesehenen. Aber man wird sofort mit allen möglichen Gesetzen konfrontiert: wir sind in einem Land [Indien] – man müßte es auf einer verlassenen Insel tun! Aber das gibt es nicht mehr in der Welt, es gibt keine Insel mehr, die nicht irgendeiner Nation gehört – man steckt fest, man ist gefangen.

Wir werden eben unser Bestes tun.

Es ist ein Versuch, das ist alles.

Aber Sri Aurobindo wollte sagen, daß die Bewegung, die allgemeine Bewegung auf eine Katastrophe zuging, und Auroville war ein Mittel, den Strom der Kräfte zu wenden.

Aber ich fragte mich, ob der Turm zu Babel, soweit die Geschichte wahr ist, nicht ein analoger Versuch war. Ein Versuch, die Menschen zu harmonisieren?... Es wird andersherum dargestellt, aber ich fragte mich, ob es nicht so war.

Wir werden sehen.

Überall, auch im materiellsten Bewußtsein, im körperlichen Bewußtsein, heißt es nun: die ganze Verantwortung dem Herrn überlassen – was Er will, geschieht, und das ist alles. Wenn Er möchte, daß wir etwas tun sollen, tun wir es, aber schließlich... Man tut es einfach, weil Er es einem sagt. Dann komme, was kommen mag. Wenn man es dann wissen möchte, nimmt man die Haltung eines Zeugen ein und schaut sich die Sache an. Das ist sehr amüsant. Sobald wir die Haltung eines Zeugen einnehmen, wird es sehr interessant – sehr interessant – und man kann nur lächeln.

So ist das.

Der Körper hat gelernt, so zu sein, auch bei der geringsten Angelegenheit, dann ist es gut. Voilà.

 

1 in Anlehnung an die deutsche Übersetzung von Heinz Kappes, S. 724.

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2 Siehe Agenda Bd. 7, 21. September 1966.

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