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Mutters

Agenda

achten Band

27. Dezember 1967

(Mutter sieht sich eine Vergrößerung derselben Fotografie des Darshans vom 24. November an, von der schon die Rede war.)

Ich beginne zu denken, daß es eine Art "Prototyp einer Seinsweise" ist. Ein Prototyp einer Seinsweise dort oben. Ich weiß nicht, vielleicht trifft dies zu, vielleicht auch nicht; ich kann es nicht erklären... Es macht auf mich den Eindruck der Fotografie eines "Seelenzustandes", wie man es auf banale Weise ausdrücken könnte – eine Art universeller Seinsweise.

Auf jeden Fall ist es sehr seltsam.

(Lachend) Man könnte sagen: Die Art, wie eine Mutter ihre Nachkommenschaft betrachtet, oder die Art, wie der Schöpfer seine Schöpfung betrachtet!... Das ist sehr seltsam. Man hat uns immer das Bild eines seligen und zufriedenen Gottes gegeben, der sagt: "Und es war gut." Und hier (lachend) ist es... "Ach, ach!"

Voilà.

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Etwas später

Eine Änderung vollzieht sich. Du weißt, daß der Ex-Bruder A von diesem Priester erzählte, der Grobheiten über den Ashram von sich gab – diesem Priester wurde bedeutet, sich stillzuhalten und keine üble Nachrede zu betreiben. Das gilt allgemein, man spricht nicht mehr über den Ashram. Du weißt, daß man auf Anordnung des Papstes alle Altäre umdrehte. Man beauftragte U mit dieser Arbeit, und er führte sie in allen Kirchen Pondicherrys aus. Der Erzbischof schickte ein paar Zeilen, worin er sagte: "Dankt der Mutter, denn ihre Kinder haben gute Arbeit geleistet." Verstehst du, das kommt einer Änderung gleich. Es bedeutet, daß sie Anweisungen bekommen haben.

Vom Ex-Bruder A erhielt ich ein so freundliches Briefchen (er hatte einen Korb zu Weihnachten bekommen), eine reizende kleine Notiz, das heißt, etwas Gefühltes, wo er sagt, "in meiner Gegenwart mache sich immer das Beste in ihm fühlbar". Wahrhaftig ein innerer Wandel.

Ich habe den starken Eindruck, daß sie Anordnung von oben erhalten haben. Das bewirkt eine große Änderung in der Atmosphäre für mich.

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*   *

(Über den heftigen Widerstand im Süden Indiens gegen die Verordnung der Hindi-Sprache des Nordens als offizielle Sprache für ganz Indien. Derselbe Konflikt hatte 1965 eine Attacke gegen den Ashram provoziert, in deren Verlauf Schüler verletzt und Gebäude angezündet wurden. Damals hatte der Gouverneur die Angriffe gegen den Ashram zugelassen, ohne einzugreifen. Es sei daran erinnert, daß die Mehrzahl der Schüler vom Norden Indiens stammen. Seit einigen Tagen steckt man Züge, Autobusse und Postämter in Brand...)

Hast du die Polizei an der Tür bemerkt?... Der Minister kam hierher und gab den Befehl an den Gouverneur, den Ashram zu beschützen.

(Schweigen)

Gäbe es doch eine Möglichkeit (gerade daran arbeite ich seit einiger Zeit), dieser ganzen Jugend verständlich zu machen, daß Zerstörung nicht aufbaut – mit diesem Mittel können sie rein gar nichts bewirken. Natürlich wollen sie den Zustand der Dinge verändern – vielleicht sehen sie nicht sehr deutlich, in welche Richtung zu gehen ist, doch die Tatsache, daß sich etwas ändern muß, ist unbestritten. Aber zu diesem Mittel zu greifen, ist völlig unsinnig... Sie warfen schon wieder eine Bombe auf die arme Indira! Sie war in einer Universität in Shantiniketan, um dort eine Rede für eine Preisverteilung zu halten (so etwas Ähnliches), und man warf eine Bombe. Aber diesmal passierte ihr nichts.

Dies war das Mittel der feindlichen Kräfte, um zu beweisen, daß die Schöpfung schlecht ist: sie waren nicht zufrieden mit der Schöpfung, und so begannen sie, so zu handeln – das taten sie in großem Maßstab. Aber es beweist nichts! Sie begründeten den Tod und die Zerstörung, sie schürten die Gewalt und den ganzen Haß, kurz sie verdrehten alles und dachten, auf diese Weise würde die Welt zu einer höheren Welt – das ist idiotisch.

Alle diese Leute folgen einander im Gänsemarsch, ohne zu wissen, was sie tun, weder warum noch wie, gar nichts. Sie handeln im Namen der Freiheit oder im Namen, ja, des freien Fortschritts, weil man ihnen ein willkürliches Gesetz auferlegen will (das Hindi) – das willkürliche Gesetz ist idiotisch, aber ihr Handeln ist noch dümmer.

Ja, aber all die Politiker sind schuld daran.

Oh, ja.

Die Studenten folgen nur den Anweisungen.

Ich habe Neuigkeiten über den Hintergrund. Ich kenne junge Leute, die diesen aufrührerischen Bewegungen angehören, aber sie sind intelligent und sie selbst wollen keine Gewalttaten – sie wollen nur eine Änderung herbeiführen. Da gibt es viele sehr interessante Dinge. Darunter sind junge Leute, die bei ihren Familien leben; ich kenne einige aus verschiedenen Gegenden und verschiedene Typen; aber kürzlich gab es einen (aus der Gegend von Kalkutta), dessen Vater sich Sorgen machte (ich kenne den Vater sehr gut), er war ein Freund einer hochgestellten Persönlichkeit der Polizei; er ließ ihn kommen, und dieser Mann befragte den Sohn. Er sagte dem Vater: "Ihr Sohn ist bemerkenswert, hoch intelligent, sehr bemerkenswert ..." Dadurch kam zutage, daß die Polizei Spione hat, die Lügen über Leute verbreiten, um sich selbst zu profilieren. Viele Berichte sind falsch – das weiß ich seit langer Zeit, aber hier wurde es sehr klar und ganz offensichtlich. Zum Beispiel hatte man Berichte abgefaßt, daß dieser Junge in Gewalttaten verwickelt gewesen sei: Er war nie mit so etwas in Berührung gekommen! Dieser Mann, der ihn verhörte, war völlig von seiner Unschuld überzeugt, denn es ist ein Junge, der so etwas nie tun könnte. Er sagte: "Ich mißbillige das gänzlich." Aber die Polizeiberichte hatten es gesagt. Das kompliziert natürlich die Situation: Die Lüge ist überall und allem beigemischt.

Ganz offensichtlich sind die von oben verantwortlich, denn es sind keine wahren Persönlichkeiten: Sie haben weder das Wissen noch die Vision oder die nötige Weisheit, um zu regieren. Zum Beispiel beklagte sich Indira anscheinend; eine ihrer Freundinnen (eine nahe Freundin) ist eine meiner sehr guten Schülerinnen. Eines Tages beklagte sich Indira bei ihr, die Menschen und die Regierung befänden sich in einem schrecklichen Zustand, worauf ihr die andere entgegnete: "Aber warum fragst du nicht Mutter um Rat? Sie wird dir Weisheit geben." Da sagte Indira: "Ich wage es nicht." 1

Die ganze Konfusion und all die Störungen, das soll die Leute offenbar auf etwas vorbereiten, das bisher nicht einmal als Möglichkeit denkbar war: sich einer uneigennützigen Weisheit zuzuwenden, um zu regieren. Sie sind alle von ihrem Kalkül verblendet: "Wenn ich dies tue, habe ich jene gegen mich; wenn ich das tue, die anderen ..."

(Schweigen)

Im Grunde stehen sich zwei Tendenzen oder zwei Auffassungen gegenüber. Die erste sagt: "Es ist schlecht gemacht: Laßt es uns zerstören und neu beginnen", von oben bis unten. Die andere sagt: "Es ist nicht so, wie es sein soll, wir müssen es transformieren." Diese zwei Meinungen stehen sich gegenüber: die Bemühung um Fortschritt und Transformation, oder aber der brutale und dumme Weg, der alles zerstört, wodurch alles von vorn beginnt, und so geht das endlos weiter.

Es reduziert sich auf den Kampf zwischen Leben und Tod; das fortschrittliche und immer göttlichere Leben und der Tod, der systematisch alles zerstört, was nicht göttlich ist. Denn nur das Göttliche entgeht ihm.

Aber dieser Vorgang ist... endlos.

Die Macht der fortschreitenden Transformation muß der Materie eingeflößt werden.

 

1 Indira wird Mutter im Oktober 1969 treffen. Vor Antritt ihres Amtes war sie im September 1955 einmal in Begleitung ihres Vaters, Jawaharlal Nehru, gekommen.

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