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Mutters

Agenda

neunten Band

28. August 1968

(Mutter empfängt uns in ihrem neuen niedrigen Sessel aus Rosenholz, der ihr bis zum Ende bleiben wird. Sie erhebt sich nicht mehr, um für uns Blumen zu holen.)

Komm näher, ich bin tauber als je zuvor! Wie geht es dir?

Es ist lange her, seit ich dich gesehen habe.

Es war interessant, mein Kind. Ich habe all die Notizen aufbewahrt, wir können sie zusammen durchsehen. Es ist noch nicht abgeschlossen, und ich weiß nicht, wann es vollzogen sein wird. Ich kann aber immerhin wieder beginnen, dich vormittags zu sehen.

Vor allem mußt du inzwischen verhungert sein.

Nein, überhaupt nicht!

(Mutter gibt Satprem Suppentüten)

Hast du etwas Neues?

Nein, Mutter. Vor dem 15. August sah ich etwas, eines Nachts, um den 11. August herum: ich sah eine ungeheure, überwältigende Welle von weißem Schaum, und zwar eine Welle, die höher als ein Haus war, phantastisch; und diese Welle schien ein riesiges, ganz schwarzes Dampfschiff voranzutreiben, das über die Klippen glitt, aber nicht daran zerschellte. Es wurde von dieser Welle vorangetrieben. Und da war noch ein anderes Schiff, viel kleiner, das eine hellgraue Farbe zu haben schien und noch viel schneller dahinschoß.

Dort drüben bewegt sich vieles... Weißt du von den Ereignissen in der Tschechoslowakei? 1

Es regt sich einiges.

Ein schwarzes Dampfschiff?

Ja, ein riesiges Dampfschiff. Seltsamerweise hatte man den Eindruck, daß es auf die Klippen prallen würde (die auch schwarz waren), ohne jedoch daran zu zerschellen.

Ich bin sicher, daß die Bewegung begonnen hat... Wie lange wird es noch dauern, bis eine konkrete, sichtbare und koordinierte Verwirklichung erreicht worden ist? Ich weiß es nicht.

Etwas hat begonnen... Es scheint der Ansturm der neuen Spezies und der neuen Schöpfung oder auf jeden Fall einer neuen Schöpfung zu sein.

Eine irdische Neuordnung und eine neue Schöpfung.

Für mich haben sich die Dinge sehr zugespitzt... Es war mir unmöglich, auch nur ein Wort herauszubringen, kein einziges Wort: sobald ich zu sprechen anfing, mußte ich husten-husten-husten. So wurde mir klar, daß entschieden worden war, daß ich nicht sprechen sollte. Ich verharrte so und ließ die Kurve ihren Lauf nehmen. Danach verstand ich. Wir sind noch nicht am Ende angelangt, aber... (wie soll man sagen?) wir sind über den Berg.

Eine Zeitlang waren die Dinge äußerst zugespitzt... Gewöhnlich verliere ich nicht die Geduld, es war aber so weit gegangen, daß wirklich alles im Wesen ausgelöscht war. Nicht allein, daß ich nicht sprechen konnte, der Kopf befand sich in einem Zustand, den er in meinem gesamten Dasein noch nicht empfunden hat: so voller Schmerzen... Ich konnte nichts mehr sehen, ich konnte nichts mehr hören (nachher werde ich dir von den Erfahrungen erzählen). Eines Tages also, als die Dinge wirklich... überall so unangenehm und schmerzhaft waren, sagte der Körper wirklich sehr spontan und mit großem Nachdruck: "Es ist mir vollkommen egal, ob ich aufgelöst werde, und ich bin auch absolut bereit weiterzuleben, aber ich befinde mich in einem unmöglichen Zustand, so kann das nicht weitergehen – entweder leben oder sterben, aber nicht das." Von dem Augenblick an wurde es etwas besser. Damit begannen die Dinge, Schritt für Schritt wieder in Ordnung zu kommen.

Ich habe mir Notizen gemacht, die nicht viel taugen, ich glaube jedoch, daß sie aufschlußreich sein können (Mutter sucht nach den Notizen auf einem Tisch in ihrer Nähe). Ich sehe immer noch nichts – ich sehe nichts, aber ich weiß, wo die Dinge sind.

Ich habe zwei Sachen hier. Die eine ist etwas sarkastisch und kurz, die könnte als "A Propos" im nächsten Bulletin dienen. Und noch etwas habe ich da, das du, wenn du es überarbeitest, für die "Notizen auf dem Weg" verwenden kannst.

Das "A Propos" ist kurz und bündig (Satprem liest):

"Der Arzt empfiehlt, sich nicht zu überanstrengen. Was aber ermüdet einen? – Nur das Nutzlose.

Aufrichtige Menschen zu sehen, denen dies wohltut, ermüdet in keiner Weise.

Diejenigen hingegen, die nur kommen, um Theorien oder Praktiken zu beurteilen, die sich in ihrer Intelligenz für sehr erhaben halten und für fähig, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden, und die vermeinen, beurteilen zu können, ob eine Lehre wahr ist und eine bestimmte Praktik mit der Höchsten Wirklichkeit übereinstimmt, diese sind allerdings sehr anstrengend, und sie zu sehen, ist zumindest nutzlos ..."

Oh, das verstehe ich. Ich verstehe sehr gut, was du damit sagen willst!

(Mutter lacht) Ich dachte, daß dies eine interessante kleine Botschaft abgeben könnte.

Oh, ich habe eine Menge Leute dieser Art gesehen, weißt du...

"... Diese höheren Intelligenzen mögen ihrem kleinen Pfad folgen, was Jahrtausende dauern wird, und mögen sie die einfachen Leute und die Leute guten Willens, jene, die ihren Glauben in die göttliche Gnade setzen, in Ruhe auf ihrem Pfad des Lichts fortschreiten lassen."

Dann habe ich verschiedene Notizen, ich weiß nicht, welche das hier ist.

(Mutter reicht Satprem die Blätter)

Die erste Notiz ist vom 22. August datiert:

"Über mehrere Stunden waren die Landschaften zauberhaft und von vollkommener Harmonie.

Ebenfalls über lange Zeit Visionen des Inneren immenser Tempel mit lebendigen Gottheiten. Jede Sache mit einem Grund, einem klaren Zweck, um nichtmentalisierte Bewußtseinszustände auszudrücken.

Anhaltende Visionen.

Landschaften.

Bauwerke.

Städte.

Alles immens und mannigfaltig, das gesamte Sichtfeld umfassend und die Bewußtseinszustände des Körpers ausdrükkend. Viele, viele Bauwerke, immense Städte im Aufbau ..."

Ja, dies ist die Welt, die gebaut wird, die zukünftige Welt im Aufbau. Ich hörte nichts mehr, ich sah nichts mehr, ich sprach nicht mehr: ich lebte darin, die ganze Zeit, die ganze Zeit, Tag und Nacht. Sobald ich es aufschreiben konnte, notierte ich mir dies.

"...alle Arten von Baustilen, hauptsächlich moderne, noch nie gesehene. Unbeschreiblich!

Es handelt sich hierbei nicht um gesehene Bilder, sondern um Orte, an denen ich mich befand."

Ja, genau das ist es. Ich werde dir erklären, was geschehen ist. Hier eine andere Notiz mit dem Anfang:

"Das Vital und das Mental wurden fortgeschickt, um das Physische wirklich seinen eigenen Mitteln zu überlassen."

Ganz allein! Auf sich allein gestellt! Auf diese Weise wurde mir bewußt, wie sehr das Vital und das Mental dafür verantwortlich sind, daß man sieht, daß man versteht und daß man sprechen kann. Es war... Ich sah, denn ich konnte noch umhergehen, es war jedoch ganz undeutlich und verschwommen. Ich hörte noch weniger als vorher, d.h. sehr wenig – ein bißchen –, manchmal so viel wie vorher, mitunter sogar einen ganz leisen Ton von sehr weither, den die anderen nicht hörten, ich aber hörte ihn; aber wenn sie mit mir sprachen, verstand ich nichts: "Was sagen Sie?" Ich weiß es nicht. Und dies hielt Tag und Nacht an.

Eines Nachts (um dir zu erklären, daß alles durcheinander war) ging es mir sehr schlecht; etwas geschah, und ich hatte einen ziemlich starken Schmerz, an Schlaf war nicht zu denken. Also verharrte ich in Konzentration, und so schien die Nacht in einigen Minuten vorüberzugehen. Andere Male hingegen, an anderen Tagen und zu anderen Zeiten, blieb ich konzentriert und fragte hin und wieder nach der Uhrzeit; einmal kam es mir so vor, als seien Stunden über Stunden vergangen, und als ich fragte: "Wieviel Uhr ist es?", waren es gerade fünf Minuten... Weißt du, alles war... ich kann nicht sagen durcheinander, sondern hatte eine vollkommen andere Ordnung erhalten.

Am 23. war der Geburtstag von A. Also sagte ich mir: der arme Mann, er wartet draußen, also muß ich ihn empfangen. Da rief ich ihn herein, und er setzte sich. Und mit einem Schlag fing mein Kopf ganz von sich aus an zu arbeiten – d.h. nicht der "Kopf", nicht die "Gedanken" (Mutter deutet ein Strömen oder durch sie hindurchgehende Wellen an), ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Es handelte sich nicht um Gedanken: eher Visionen, Wahrnehmungen. Ich stellte ihm also Fragen, und er notierte sie (Mutter reicht Satprem eine maschinengeschriebene Notiz). Er hat nur meine Fragen festgehalten, nicht seine Antworten.

Mutter sagte am Nachmittag des 23. August 1968:

"Weiß man, wie die Materie sich bildete?..."

Das Physische stellte diese Fragen. Ich weiß nicht, wahrscheinlich interessierte sich der Körper im Kontakt mit der Atmosphäre von A (einem Naturwissenschaftler) dafür, wie alles entstanden ist. Und da A zugegen war und ich wußte, daß er antworten konnte, stellte ich ihm die Fragen.

"Weiß man, wie die Materie sich bildete?...

Zu sagen, es handle sich um verdichtete Energie, bedeutet nur, das Problem vor sich her zu schieben.

Die wirkliche Frage ist folgende: Wie stellt es der Höchste an, sich in der Materie zu manifestieren?..."

Der arme A war ein wenig überrascht. Nicht wahr, diese Themen werden für so wichtig, so weit und nobel angesehen, daß es... wenn ich davon in einem solch gänzlich kindlichen Tonfall spreche, in einer so gewöhnlichen Sprache (Mutter lacht), eine Bestürzung auslöst... es war wirklich schwierig für ihn. Er sagte also: "Ich habe mein Möglichstes getan"(!)

"...weiß man, seit wann die Erde existiert? Was soll das heißen, wenn man von Millionen oder Milliarden Jahren spricht?..."

Man hatte damals ja keine Zeitrechnung! Mit der Schlichtheit eines Kindes fragte der Körper: Ihr sprecht von Milliarden von Jahren, aber was war euer Maßstab dabei?

"...Kann man sicher sein, daß das, was wir ein Jahr nennen, immer den gleichen Zeitabschnitt bezeichnet hat?... Ich erlebte in diesen Tagen das Bewußtsein der Unwirklichkeit unserer gewohnten Zeitvorstellung. Mitunter erscheint eine Minute endlos; dann wieder vergehen Stunden und selbst ein Tag, scheinbar ohne irgendeine Dauer gehabt zu haben.

Sagt man, daß es einen Anfang gegeben hat?" (Hier erklärt A Mutter die Theorie, wonach das Universum durch verschiedene aufeinanderfolgende Perioden der Expansion und Kontraktion geht, und diese Theorie schien Mutter zu gefallen.)

Ja, das sind die "Pralayas". 2

"...Diese Fragen werden nunmehr vom Körper gestellt. Das Mental ist seit langem verschwunden. Der Körper, die Zellen des Körpers, möchten aber den Kontakt mit dem wahren Wesen haben, ohne sozusagen über das Vital oder sogar das Mental gehen zu müssen. Darum geht es jetzt.

In diesen Tagen hatte ich zwei- oder dreimal das Wissen ..."

Ach, zwei- oder dreimal hatte ich absolut wunderbare und einzigartige Augenblicke – unbeschreiblich. Wirklich unbeschreiblich!

"...sobald man sich aber einer solchen Erfahrung bewußt wird..."

Man hat die Erfahrung, und dann wird einem bewußt, daß man sie hat, und dadurch verdunkelt sie sich bereits, etwas trübt sich.

Ja, denn es handelt sich um das ganze Phänomen der Objektivierung des Mentals, das im Grunde in einer nächsten Spezies verschwinden wird.

Ja, so scheint es zu sein.

"...Sobald man sich aber einer solchen Erfahrung bewußt wird, sobald sie sich in die Erinnerung einprägt, ist sie bereits vollkommen verfälscht.

Im Grunde geschieht das auch bei den Wissenschaftlern. Wenn sie eine kleine Parzelle von Wissen erlangt haben, müssen sie sie ein- oder besser verkleiden, um sie dem menschlichen Bewußtsein zugänglich und verständlich zu machen."

(Schweigen)

"Weiß man, seit wann der Mensch existiert?

Bis der Übermensch auftritt, wird es zwar weniger Zeit dauern, als der Mensch brauchte, um sich zu entwickeln, aber es wird nicht sofort geschehen ..."

Am 23. steckte ich noch voll in der Suppe, mein Kind. Also dachte ich mir: Um aus dieser Suppe herauszukommen und ein fähiges Wesen zu werden, das existiert und handelt, wird es noch lange dauern. Das dachte ich mir jedenfalls.

Du sagst aber auch folgendes, um mit der Notiz abzuschließen:

"Wir werden getan haben, was wir konnten."

Ja, das sagte ich ihm, um ihn zu trösten.

Hier, was sich dann in der Nacht zugetragen hat (Mutter reicht Satprem eine von ihr selbst geschriebene Notiz):

In der Nacht vom 26. auf den 27. August:

"Machtvolle und langanhaltende Durchdringung der supramentalen Kräfte im Körper, überall gleichzeitig ..."

Durchdringung des Körpers. Ja, eine Durchdringung von Strömen habe ich schon mehrmals gespürt, aber in dieser Nacht (d.h. vorgestern nacht) kam es plötzlich auf einen Schlag, als gäbe es nur noch diese supramentale Atmosphäre. Es gab nichts als das. Und mein Körper befand sich mitten drin. Es DRÜCKTE von allen Seiten, um einzudringen, von allen Seiten gleichzeitig. Kein isolierter Strom mehr, der eindringt, sondern eine allumfassende Atmosphäre. Dies hielt wenigstens vier oder fünf Stunden an. Und es gab nur einen Teil, der weniger durchdrungen wurde, und zwar von hier bis hier (zwischen dem Hals und dem Scheitel). Dort erschien es grau und trübe, als würde es weniger durchdrungen... Meine Zähne sind in einem entsetzlichen Zustand, mein Kopf auch – ich sage dir: ich sehe nichts mehr, ich höre nichts mehr, ich... All dies (vom Kopf bis zum Hals) braucht eine große Umwandlung. Aber abgesehen davon wurde alles andere massiv durchflutet... Nie zuvor habe ich so etwas verspürt, niemals! Und es dauerte Stunden – Stunden. Bei vollem Bewußtsein.

In dem Augenblick, als es kam und während es blieb, war mir bewußt: "Ach, dafür ist es! Dafür also! Das willst Du von mir, Herr." In diesem Augenblick hatte ich das Gefühl, daß ETWAS geschehen würde.

Letzte Nacht erwartete ich, daß es wiederkommen würde, aber es kam nicht.

Dies war das erste Mal. Und es ging über Stunden. Es gab nichts mehr als Das. Und dies hier (der Körper) saugte es auf wie ein Schwamm.

Nur der Kopf war ganz grau und trübe. Die Zähne völlig ruiniert, d.h. sie sind in einem kläglichen Zustand... Aber trotzdem bestand eine sehr klare Vision von allem, was sich für den Körper in den letzten Monaten zugetragen hat, und... fast ein Hoffnungsschimmer, als würde man mir zu verstehen geben, daß hier etwas zustandekommen könnte.

Und es kam als Antwort auf das, was der Körper gesagt hatte (vielleicht zwei oder drei Tage zuvor) und wovon ich dir zu Beginn erzählt habe: daß er völlig bereit sei, aufgelöst zu werden (er ist von einer vollkommenen Ergebenheit), und daß er ebenfalls vollkommen bereit sei, unter egal welchen Umständen weiterzuleben, jedoch nicht in diesem Zustand der Verwesung. Darauf gab es zwei Tage lang keine Antwort, und schließlich folgte diese Durchdringung. Am darauffolgenden Tag ging es mir schon etwas besser, ich konnte wieder anfangen zu... Weißt du, ich konnte mich ja nicht einmal mehr aufrecht halten! Ich hatte keinen Gleichgewichtssinn mehr, ich mußte gestützt werden. Ich hatte den Gleichgewichtssinn so weit verloren, daß ich keinen Schritt mehr machen konnte. An dem Punkt begann ich zu protestieren. Und am nächsten Morgen ging es wieder ein bißchen besser.

Am 23. besuchte mich A, und ich merkte, daß der KÖRPER während seines Besuchs vollkommen wach war – verstehst du, es handelte sich nicht um das Mental oder das Vital: die waren weggefegt... Ich weiß nicht, ob dir klar ist, was dies bedeutet.

Doch, das ist phantastisch.

Ein Körper ohne Mental und ohne Vital. Und er befand sich in dem beschriebenen Zustand. Es gab nur diese Wahrnehmungen (Städte, Bauten, Tempel), er lebte in Seelenzuständen: die Seelenzustände der anderen, Seelenzustände der Erde, Seelenzustände... Seelenzustände, die sich durch Bilder ausdrückten. Es war interessant. Ich kann nicht sagen, daß es uninteressant war, aber es bestand kein Kontakt mit dem materiellen Leben, oder nur ein sehr geringer: ich konnte kaum essen, ich konnte nicht gehen... Der Körper war zu etwas geworden, um das sich die andern kümmern mußten, in allen Einzelheiten.

Und durch den Kontakt mit A begann der Körper, sich für all dies zu interessieren, ganz spontan stellte er Fragen, ohne zu wissen warum. Ständig fragte er: "Sieh an, so ist man also beschaffen ..." Er begann sich zu amüsieren.

Das wird einige Zeit brauchen.

Als vorgestern diese Durchdringung kam, sagte ich mir: "Ach!"... Ich hoffte, daß der Gang sich beschleunigen würde und daß man schneller da herauskäme, aber heute nacht geschah nichts. Daraus ersehe ich, daß es noch einige Zeit dauern wird.

Aber in deiner Notiz vom 26. auf den 27. schreibst du etwas Seltsames:

"Als ob der ganze Körper in den Kräften badete, die ihn von überallher gleichzeitig mit einer leichten Reibung durchdringen ..."

Und du fügst folgendes hinzu:

"Der Kopf bis zum Hals war der am wenigsten empfängliche Bereich."

Es ist seltsam, daß gerade der Kopf am wenigsten empfänglich sein sollte...

Nein, keineswegs, es handelt sich um den am stärksten mentalisierten Bereich. Und das Mental bildet ja den Widerstand.

Erstaunlicherweise wurde jedesmal, wenn du diese großartigen Augenblicke oder diese harten Schläge erlebtest, wenn ich so sagen darf, das Mental und das Vital hinweggefegt. Beim ersten Mal, 1962, geschah es genauso.

Ja, jedesmal.

Ich weiß, die Sache verhält sich folgendermaßen: Das Mental und das Vital waren Werkzeuge, um die Materie zu bearbeiten – sie auf alle möglichen Arten durchzukneten: das Vital durch die Empfindungen und das Mental durch die Gedanken. Nun machen sie mir aber den Eindruck von Behelfswerkzeugen, die durch andere Bewußtseinsebenen ersetzt werden sollen.

Verstehst du, es handelt sich um eine Phase in der universellen Entwicklung, und sie werden wie hinfällig gewordene Werkzeuge wegfallen.

Und jetzt habe ich die konkrete Erfahrung, was diese durch das Vital und das Mental geknetete Materie ist, aber OHNE Vital und OHNE Mental... das ist etwas ganz anderes.

Diese "Wahrnehmungen von Seelenzuständen" enthielten vielerlei Sachen... wirklich wunderbar! Keine, wirklich KEINE mentale Vorstellung könnte so herrlich sein – keine einzige. Ich verbrachte Augenblicke... Alles, was man menschlich spüren oder sehen könnte, ist NICHTS im Vergleich dazu. Es gab Augenblicke... absolut unbeschreiblich herrliche Augenblicke. Jedoch ganz ohne Gedanken, völlig ohne Gedanken.

Man könnte dieses kleine "A Propos" hinzufügen... (wo ich mich über die Leute lustig mache), und dann kannst du mit all dem die "Notizen" vorbereiten.

Es sind noch einige andere Notizen übrig, die ich dir noch nicht vorgelesen habe. Hier sagst du:

"Für den Menschen beginnt das Bewußtsein in der Mehrzahl der Fälle mit der Empfindung. Für den Körper waren all diese Empfindungen wie vermindert oder verschwommen: er sah und hörte wie durch einen Schleier. Gleichzeitig eine sehr extrem ausgeprägte Wahrnehmung des Grads der Harmonie oder Disharmonie. Der bildhafte Ausdruck – weder gedacht noch gefühlt."

Ich sagte es dir schon, ich sah... nicht "sehen", wie man ein Bild sieht, sondern sich DARIN BEFINDEN, an einem bestimmten Ort sein. Noch nie habe ich etwas so Schönes gesehen oder empfunden! Es war kein Empfinden, sondern... ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Absolut wunderbare Augenblicke, einfach wunderbar und einzigartig. Und es handelte sich nicht um Gedanken, ich könnte nicht einmal anfangen, es zu beschreiben – wie sollte man es auch beschreiben? Man kann Dinge nur beschreiben, wenn man zu denken anfängt.

Hier noch eine weitere Notiz:

"Der Bewußtseinszustand des Körpers und die Qualität seiner Handlungen hängt ab von dem Individuum oder den Individuen, in deren Gesellschaft er sich befindet..."

Ach ja. Das war hoch interessant, weil ich alles etwa so sah (Geste eines ablaufenden Films), es änderte sich. Jemand näherte sich mir: es änderte sich. Es geschah jemandem etwas: es änderte sich. Da waren P, V, der Arzt und manchmal C – C aber hatte nicht viel Einfluß auf die Atmosphäre. Bei den anderen drei war es jedoch stark, vor allem bei P und V... Mein Kind, eines Tages, ich weiß nicht, was ihnen geschah: sie waren übermenschlich. Eines Tages, als ich offenbar in Gefahr war, ich weiß es nicht. Einmal waren während des ganzen Tages die Bilder (nein, keine "Bilder": Orte, an denen ich mich befand) so herrlich schön und harmonisch... unbeschreiblich, ganz unbeschreiblich. Und sobald sich das Geringste in ihrem Bewußtsein änderte, begann sich sofort alles zu verwandeln. Wie in einem fortwährenden Kaleidoskop, Tag und Nacht. Hätte es irgendeine Möglichkeit gegeben, das aufzuzeichnen, wäre es einzigartig. Wirklich einzigartig. Und der Körper befand sich darin, beinahe porös – durchlässig, ohne jeden Widerstand, als würde alles durch ihn hindurchgehen.

Ich verbrachte Stunden, die herrlichsten, die man auf Erden verbringen kann.

Es war so ausdrucksvoll und aufschlußreich. Eines Nachts, während zwei Stunden, diese Tempel, von denen ich sprach (sie sind nicht physisch), von einer Unermeßlichkeit, einer Großartigkeit... LEBENDIGE Gottheiten, mein Kind! Keine Bilder. Und ich weiß, wovon ich spreche. Und dann der Bewußtseinszustand der Ewigkeit, oh!... wie über alle Umstände erhaben.

EINZIGARTIGE Dinge, wie kann man darüber sprechen?... Unmöglich, ganz unmöglich: es besteht nicht einmal genug Bewußtsein, um sie beschreiben zu können.

Die Notiz fährt fort:

"Der Sitz und das Feld des Körperbewußtseins sowie die Qualität seines Wirkens verändern sich und variieren entsprechend den Anwesenden, auf der ganzen Bandbreite, von der materiellsten Ebene über alle möglichen Arten von intellektuellen Tätigkeiten bis zu den spirituellsten.

Die Wahrnehmung der GEGENWART ist jedoch anhaltend und assoziiert mit allen Bewußtseinszuständen, ganz gleich, um welche es sich handelt ..."

Ja, mir wurde hier klar, daß die Zellen überall und die ganze Zeit über ständig wiederholten: OM NAMO BHAGAVATÉ, OM NAMO BHAGAVATÉ... andauernd, andauernd.

"... und OM Namo Bhagavaté wiederholte sich spontan und automatisch in einer Art sanften Friedens."

Verstehst du: Deshalb läßt sich nicht sagen, daß er litt oder krank war, das ist nicht möglich! Das kann man nicht sagen.

Es gibt Augenblicke, in denen wirklich etwas (ich weiß nicht was im Körper) sagte... (dies aber habe ich nicht notiert, denn ich möchte nicht, daß man das sagt, es sollte nicht gesagt werden; ich sage es nur dir, einfach um die Sache zu erklären, es sollte aber nicht erscheinen, es sollte nicht gesagt werden, ich möchte es nicht...) Der Körper (er befand sich in seiner Vereinigung) sagte also: "Ich bin bereit zur vollkommenen Auflösung. Ebenso bin ich bereit für das ewige Leben. Aber nicht dies, nicht dieser Zustand einer Halbverwesung: daraus muß man herauskommen." Und von dem Augenblick an begann es, besser zu werden.

Das heißt, für einige Minuten verlor er die Geduld. Und einige Minuten später wußte dieser Schwachkopf bereits selber, er wußte, er hatte es abgelehnt, sich auf eine noch umfassendere Erfahrung einzulassen. Verstehst du, der Körper hatte nicht den Mut, die Ausdauer, die Geduld und den notwendigen Glauben, um eine noch umfassendere Erfahrung auf sich zu nehmen.

Stell dir vor, auf einen Schlag, ich weiß nicht... Ich muß sagen, daß es nicht angenehm war, es kam wie eine bösartige Suggestion von außen, die mir sagte: "Falls du jetzt geheilt wirst, dann mußt du, wenn der Tod dann wirklich kommt, all dies nochmals durchmachen." 3 Widerlich! Und ich glaube, dies war der tiefere Grund für diesen outburst [Ausbruch von Ungeduld].

Darüber darf also nicht gesprochen werden.

Ich betrachte dies als eine Niederlage.

Ich sollte jedoch (mit aller Bescheidenheit) auch sagen, daß ich mir nicht vorstellen kann, daß es viele gibt, die dies hätten aushalten können.

Und jetzt ergeht sich der Körper in seinem mea culpa.

Wir werden sehen.

Bis dann, mein Kind.

 

1 Am 20. August hatte Rußland die Tschechoslowakei besetzt.

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2 Pralaya: das Ende einer Welt, gefolgt von einer neuen Welt oder einer neuen Ära.

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3 Ein Schüler, der ein guter Hellseher war, vernahm eines Nachts eine Stimme, deren Schwingung offensichtlich feindlich war (eine Stimme, die er aus einer vitalen Welt kommen spürte, die der Materie sehr nahe ist, beinahe selbst eine materielle Welt), die ihm erklärte, daß Mutter diesmal noch davonkommen werde, die aber auch voraussagte, daß die letzte Schlacht 1972 geschlagen würde.

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