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Mutters

Agenda

neunten Band

23. November 1968

Ich hatte eine interessante Erfahrung... Nicht gestern sondern vorgestern abend sagte mir jemand, den ich nicht nennen will: "Ich befinde mich vollständig im physischen Bewußtsein: keine Meditationen mehr, und nun ist das Göttliche etwas so Hohes und Entferntes geworden ..." Während er sprach, FÜLLTE sich der ganze Raum augenblicklich mit der göttlichen Gegenwart. Ach! Also sagte ich zu ihm: "Es ist gar nicht weit oben: es ist HIER, genau HIER, bei uns." Und in dem Augenblick veränderte sich ALLES, die ganze Atmosphäre... weißt du, als ob die Luft sich in göttliche Gegenwart verwandelte (Mutter berührt ihre Hände, ihr Gesicht, ihren Körper): alles war davon berührt und durchdrungen, aber mit... es war vor allem ein blendendes Licht, ein solcher Friede (massive Geste), eine Macht und eine Sanftmut... etwas... Man hatte den Eindruck, daß es einen Felsen hätte schmelzen können.

Und es ist nicht weggegangen. Es ist geblieben.

Es kam einfach so und blieb.

So war dann die ganze Nacht, alles. Selbst jetzt ist beides noch da: mechanisch, wie aus Gewohnheit, ein Überrest des gewöhnlichen Bewußtseins, ich brauche aber nur eine Sekunde ruhig zu werden oder mich zu konzentrieren, und es ist da. Dies ist die Erfahrung des KÖRPERS, verstehst du, die physische und materielle Erfahrung des Körpers: alles-alles-alles-alles ist voll davon, es gibt NUR DAS, und wir sind wie... alles wirkt wie etwas Zusammengeschrumpftes, wie eine vertrocknete Rinde, etwas Ausgedörrtes. Man hat den Eindruck, daß die Dinge zusammengeschrumpft und ausgetrocknet sind (nicht im Innersten: oberflächlich). Deshalb spüren sie IHN nicht, denn ansonsten ist alles-alles NUR Das; man kann nicht atmen, ohne IHN einzuatmen; man bewegt sich, und ER ist es, in dem man sich bewegt; man ist... Einfach alles, das ganze Universum befindet sich in IHM – und zwar MATERIELL, physisch, physisch.

Ich suche nach der Heilung dieser "Austrocknung".

Ich spüre, daß es phantastisch ist, verstehst du?

Und wenn ich horche, spricht Das auch – ich sage Ihm: "Aber warum suchen wir denn immer in den Höhen?" Und mit dem außergewöhnlichsten, phantastischsten Humor kommt die Antwort: "Weil sie wollen, daß ich sehr weit von ihrem Bewußtsein entfernt bin!" Dinge dieser Art, nur nicht auf eine so präzise Weise formuliert sondern Eindrücke. Mehrmals hörte ich dies: "Warum suchen sie das so weit weg, was doch... (verstehst du, es gibt ja Theorien, die sagen: es ist in dir)... überall ist?"

Ich sagte dies der betreffenden Person nicht, denn die Erfahrung war noch nicht zu einer beständigen Sache geworden wie jetzt.

Und dann vor allem: KEINE NEUEN RELIGIONEN! Keine Dogmen, keine starre Lehre. Das muß um jeden Preis vermieden werden, um jeden Preis: Keine neue Religion! Denn sobald es auf eine bestimmte Weise formuliert ist... wie elegant und überzeugend auch immer, mit gleich welcher Kraft, DAS WÄRE DAS ENDE.

Man hat den Eindruck, daß Er sich überall befindet, allüberall, es gibt nichts anderes. Und wir wissen nichts davon, weil wir... wie zusammengeschrumpelt sind; ich weiß nicht, wie ich das nennen soll: ausgetrocknet. Wir haben all diese ungeheuren Anstrengungen unternommen (lachend), uns zu trennen – mit Erfolg! Erfolgreich, aber nur in unserem Bewußtsein, nicht tatsächlich. Denn tatsächlich besteht die Einheit. Sie ist gegenwärtig. Es gibt nichts als Das. Es gibt nichts als Das. Alles, was wir kennen, alles, was wir wissen, alles, was wir sehen, alles, was wir berühren, alles badet, alles schwimmt in Dem. Dabei ist es durchlässig: es geht hindurch. Die Vorstellung der Trennung kommt von hier (Mutter berührt ihre Stirn).

Diese Erfahrung kam vielleicht deshalb, weil seit einigen Tagen eine große Konzentration bestand, um... nicht direkt das Warum und Weshalb sondern die TATSACHE der Trennung herauszufinden, wegen der alles so dumm und häßlich erscheint... Ich wurde von allen möglichen lebendigen Erinnerungen nur so überwältigt – von allen möglichen Erfahrungen (alles mögliche: Gelesenes, Bilder, Filme, Erlebtes von Menschen und Dingen), Erinnerungen dieses Körpers, alle möglichen Erinnerungen, die man als "anti-göttlich" bezeichnen kann, in denen der Körper die Empfindung der abstoßenden und schlechten Dinge als Form einer Verneinung der göttlichen Gegenwart erlebte. So fing es an. Zwei Tage lang war ich wie verzweifelt, der Körper war wie verzweifelt. Dann kam diese Erfahrung und rührte sich nicht mehr. Sie kam: Brrt! Schluß, nichts hat sich mehr geregt. Weißt du, die meisten Erfahrungen kommen, und dann ziehen sie sich zurück: hier gab es keine Schwankung. Auch jetzt ist es noch da. Und der Körper bemüht sich, fließend zu sein (Mutter macht eine Geste der Ausdehnung), er sucht zu schmelzen; er versucht es und versteht, was dies bedeutet. Er versucht es – und hat keinen Erfolg damit, das ist offensichtlich! (Mutter betrachtet ihre Hände) Sein Bewußtsein aber weiß es.

Diese Erfahrung hatte jedenfalls Auswirkungen: manche Leute fühlten sich plötzlich erleichtert; ein oder zwei sind vollkommen geheilt. Und wenn im Körper etwas gestört ist, braucht er nicht erst zu fragen: es richtet sich von selbst.

Es bedeutet für den Körper nicht einmal die Notwendigkeit, seine Tätigkeiten zu unterbrechen oder sich ganz auf seine Erfahrung zu konzentrieren: nichts, kein Verlangen, nichts. Man schwebt einfach... in einer leuchtenden Weite... die innen ist. (Mutter lacht) Sie ist nicht nur außen sondern innen. Wirklich innen. Man hat tatsächlich den Eindruck, daß dies (Mutter berührt ihre Hände, diese getrennte Erscheinung)... ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll, aber dies hat nur in der Entstellung des Bewußtseins eine Wirklichkeit – dabei geht es aber nicht um das menschliche Bewußtsein: es ist etwas, das dazustieß, etwas, das in Das Bewußtsein hereinkam... (Mutter schüttelt den Kopf) ich verstehe es nicht.

(Schweigen)

Alle Theorien, alle Erklärungen, alle Geschichten, die am Ursprung aller Religionen stehen, all dies erscheint mir wie... eine nette Unterhaltung. Da fragt man sich, man fragt sich... Ich werde dir etwas sagen: Man fragt sich, ob sich der Herr da nicht selbst eine Komödie vorgespielt hat!...

Aber das ist schwer zu sagen. An manchen Tagen durchlebte ich wirklich alle Schrecken der Schöpfung (im vollen Bewußtsein ihres Schreckens), und das führte dann zu dieser Erfahrung, und... alle diese Schrecken lösten sich in nichts auf.

Es ging in keiner Weise um moralische Dinge: es handelte sich vor allem um physische Leiden. Es ging um DAS physische Leiden schlechthin. Und ich sah dieses physische Leiden: ein physisches Leiden, das Tag und Nacht andauerte und nicht aufhörte, und plötzlich, mit einem Mal, anstatt sich in diesem Bewußtseinszustand zu befinden, befindet man sich im Bewußtseinszustand der ausschließlichen göttlichen Gegenwart – der Schmerz war verschwunden. Und es war physisch, vollkommen physisch, mit einer physischen Ursache 1; und die Ärzte könnten sagen: "Das hat diese und jene Ursache", etwas ganz und gar Materielles und Physisches: schwupp! Einfach weggefegt... Und verändert man seinen Bewußtseinszustand, so kommt es wieder.

Und wenn man genügend lange im wahren Bewußtsein bleibt, so verschwindet auch die äußere Erscheinung, d.h. das, was wir die eigentliche physische "Tatsache" nennen, nicht allein der Schmerz... Ich habe den Eindruck, hier etwas berührt zu haben... (das folgernde Mental spielt da nicht rein, Gott sei Dank!) – die zentrale Erfahrung berührt zu haben.

Das ist allerdings erst ein ganz kleiner Anfang.

Der Eindruck oder die Gewißheit, das Höchste Geheimnis berührt zu haben, wird erst dann bestehen, wenn das Physische transformiert worden ist... Nach dieser Erfahrung (einer ganz kleinen Erfahrung im Detail) müßte es so sein. Und dann stellt sich die Frage, ob dieses Bewußtsein zunächst in EINEM Körper zum Ausdruck kommen wird, oder sich das Ganze transformieren muß... Das weiß ich nicht.

Es müßte so sein, wenn das Spiel – das Spiel der Trennung – ein Ende nähme. Das wäre die Lösung der Transformation. Ein Bewußtseinsphänomen.

Dabei ist es so ungeheuer konkret!

(Schweigen)

Doch das andere Bewußtsein besteht noch... Heute morgen habe ich eine beträchtliche Anzahl Leute empfangen: jeder kam, und ich schaute sie mir an (kein "Ich", das betrachtete: für IHN war es so), die Augen waren darauf gerichtet, und so bestand die Wahrnehmung und die Vision (aber keine Vision, wie man es gewöhnlich versteht: es handelte sich um ein Bewußtseinsphänomen), das Bewußtsein der Gegenwart – der Gegenwart, welche diese Art Rinde durchdringt, diese Verhärtung, die hindurchgeht und die überall ist. Und während ich mir alle auf diese Weise ansah, entstand eine Konzentration (dieser Gegenwart)... Dabei handelt es sich natürlich um einen sehr flüchtigen Zwischenzustand, denn das andere Bewußtsein (das Bewußtsein, das die Dinge sieht und mit ihnen wie gewohnt umgeht, aber mit der Wahrnehmung dessen, was im einzelnen Individuum vorgeht und was es denkt – weniger was es denkt, sondern eher, was es spürt, wie es sich befindet), das besteht noch. Offenbar ist dies auch erforderlich, um den Kontakt aufrechtzuhalten, aber... offensichtlich ist es erst eine Erfahrung und noch keine feststehende Tatsache. Was ich mit "feststehender Tatsache" sagen möchte, ist, daß das Bewußtsein so solide begründet wäre, daß nichts anderes mehr existiert, daß es allein bestünde – und so weit ist es noch nicht.

(langes Schweigen)

Und du? Was hast du mir zu sagen?

Ich habe eine Veränderung in der Atmosphäre gespürt.

Ach!

Oh, ja! Seit fünf oder sechs Tagen habe ich den Eindruck von etwas Erdrückendem...

(Mutter lacht)

Erdrückend. Und letzte Nacht geschah etwas recht Merkwürdiges: ich sah dich, du warst vollkommen flach auf dem Boden ausgestreckt. Also trat ich zu dir hin und fragte dich: "Möchtest du kein Kissen unter deinem Kopf haben?" Worauf du sagtest: "Nein, nichts." Und du warst so... ganz flach auf dem Boden ausgestreckt.

Sieh an!

Was soll das bedeuten?

(Mutter schweigt lange, ohne zu antworten)

Weißt du, diese Vorstellung eines "herabsteigenden" Supramentals, eines "durchdringenden" Bewußtseins, das ist nur UNSERE Übertragung... Die Erfahrung kam wie die Erfahrung einer ewigen Tatsache: überhaupt nicht wie etwas, das soeben passiert ist. Daß all dies das Ergebnis entsprechender Bewußtseinszustände ist, daran besteht kein Zweifel (wenn es mehr als das ist, weiß ich nichts davon, aber so viel weiß ich aufgrund eindeutiger Erfahrungen). Es handelt sich um Bewußtseinsbewegungen. Warum und wie?... Ich weiß es nicht. Nur wenn man sich die Sache von der anderen Seite betrachtet, führt die Tatsache, daß etwas, was diesem gegenwärtigen irdischen Bereich angehört, bewußt geworden ist, zu dem Eindruck, daß etwas "gekommen" ist... Ich weiß nicht, ob ich mich verständlich machen kann... Was ich sagen will, ist, daß der Körper dem Rest der Erde ganz ähnlich ist, daß er sich jedoch aus irgendeinem Grund der anderen Art bewußt geworden ist; nun, dies müßte sich normalerweise im Erdbewußtsein durch eine "Ankunft", ein "Herabsteigen", einen "Anfang" übertragen... Ist es aber wirklich ein Anfang? Was ist denn "gekommen"?... Verstehst du, es gibt NUR den Herrn (ich nenne ihn "den Herrn", um mich einfacher auszudrücken, denn sonst...), es gibt nichts als den Herrn, es gibt nichts anderes, nichts anderes existiert. Alles geschieht bewußt in Ihm. Und wir sind wie... Sandkörner in dieser Unendlichkeit; doch wir gleichen dem Herrn durch die Fähigkeit, sich seines Bewußtseins bewußt zu sein. Genau das ist es.

(Schweigen)

Vor dieser Erfahrung, d.h. als ich mich im Bewußtsein all dieser Leiden und Entsetzlichkeiten des physischen Lebens befand, kam in einem bestimmten Moment etwas... es "sagte" nicht (man muß Worte gebrauchen, obwohl sich alles ohne Mentalisierung abspielt), eher ein Eindruck... Um zu übersetzen, würde ich sagen: "Hast du keine Angst, verrückt zu werden?"... Verstehst du? (Das ist eine Übertragung.) Der Körper antwortete spontan: "Wir sind ALLE verrückt, wir können nicht verrückter werden, als wir es schon sind!" Und sofort beruhigte sich alles.

(langes Schweigen)

Dieses Bewußtsein befindet sich HIER: (Mutter deutet auf Satprems Brust). Dort (das Mental und die Ebenen darüber) ist alles Licht... (weitreichende Geste). Dieses Bewußtsein befindet sich jedoch im Körper (gleiche Geste auf Satprems Brust). Ich meine das Bewußtsein, daß wir uns im Herrn befinden.

Ich weiß – das Bewußtsein hier weiß, daß diese Ausdrucksweise vollkommen kindisch ist, es zieht diese kindische Art jedoch etwas vor, das genau zu sein versuchen würde und dabei nur mental wäre.

(Mutter sieht nach der Zeit)

Oh je, es ist schon spät... Ich habe so viel geredet!

 

1 Mutter hatte eine durch einen Zahnabszeß geschwollene Wange.

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