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Mutters

Agenda

zehnten Band

12. April 1969

(Mutter liest einige Zeilen aus Savitri vor, die in Musik gesetzt werden sollen.)

In der Materie wird des Geistes Glut entzündet werden.

Wenige werden sehen, was noch niemand jetzt versteht.

Gott wird wachsen, während die Weisen hier reden und schlafen.

Denn der Mensch wird das Kommende vor seiner Zeit nicht wissen,

und Glaube wird nicht sein, bis dieses Werk getan ist.

*

Die Erde ist dem Himmel diese Umgestaltung schuldig.

An den Erhabnen bindet Menschen gegenseitige Verschuldung:

So wie er sich mit unserer Natur bekleidet hat, müssen wir seine anziehen.

Wir sind die Kinder Gottes und müssen sein wie er.

Als Gottes menschlicher Bestandteil müssen wir göttlich werden.

Das Leben ist ein Paradox, das Gott uns aufschließt.

*

Jedoch erfährt kein Mensch, wohin er durch das Unbekannte segelt,

welche geheime Sendung ihm die große Mutter anvertraute.

In der verborgenen Kraft ihres allmächtigen Willens,

von ihrem Atem durch des Lebens aufgewühlte Tiefe fortgetrieben,

durch Donnerbrüllen und windlose Stille,

durch Dunst und Nebel, wo man nichts mehr sehen kann,

trägt er in seiner Brust ihre versiegelten Befehle.

*

Denn über ihm wacht eine Macht ihrer okkulten Kraft,

die ihn ans Schicksal seiner eigenen Erschaffung bindet.

Der große Reisende wird niemals ruhen können,

und niemals kann die mystische Entdeckungsreise enden,

ehe nicht von des Menschen Seele nichtwissendes Dunkel weicht

und seine Nacht von Gottes Morgenlichtern überwunden ist.

*

Mit ihrem Spiel verdeckte sie diesen ständigen Willen,

um in der unpersönlichen Leere eine Person hervorzurufen,

um mit dem Wahrheits-Licht der Erde massive Entrückungswurzeln zu treffen,

um in den unbewußten Tiefen ein schweigendes Selbst zu wecken

und eine längst verlorene Macht aus ihrem Python-Schlaf zu reißen,

damit die Augen des Zeitlosen aus der Zeit blicken könnten

und diese Welt das unverhüllte Göttliche uns offenbare.

Um dessentwillen hat er seine weiße Unermeßlichkeit verlassen

und auf den Geist die Bürde dieses Fleischs gelegt,

damit in einem mentallosen Raum die Saat der Göttlichkeit erblühe.

Savitri, I.IV.65-83

*
*   *

Kurz darauf

Falls es dich interessiert, könnte ich dir einen Traum des kleinen K vorlesen [ein neunjähriger Junge], der Sohn von J 1... Es betrifft den Papst.

Sieh an!

Bemerkenswert dabei ist, daß der Junge diesen Traum hatte, ohne die Vorgeschichte zu kennen. Seine Mutter schrieb den Traum auf:

"Wir besuchen den Papst. Viele Menschen warten. Mama stellt mich in der Reihe an zweite Stelle, und wir nähern uns dem Papst... Er gibt Mama einige in ein Taschentuch gewickelte Hostien. Dann bittet er einen Diener, eine regenbogenfarbene Albe zu holen, die seiner eigenen gleicht. Auf der Brust des Papstes sieht K das Symbol der lieben Mutter, und dahinter ein griechisches Kreuz (mit zwei gleichlangen Armen). Der Diener bringt die Albe, und der Papst legt sie K um. Alle sind weggegangen. K hört die Stimme von P.L., sieht aber nur einen seiner Schulkameraden aus dem Ashram. Sie kehren nach Hause zurück. Als sie sich anschicken einzutreten, erscheinen zwei Dienstboten des Papstes. K denkt sich: "Jetzt, wo ich meinerseits Papst sein werde, muß ich sehr vorsichtig sein. Die Leute in meiner Umgebung sind alle wichtig, und diese Männer wollen mir vielleicht aus Neid Schaden zufügen." Mama öffnet die Tür, und K sieht, daß einer der Dienstboten des Papstes bereits im Zimmer ist. K tritt ein, streichelt seinen Hund und erwacht."

(Nach einem langen Schweigen) Bist du dir sicher, daß er von nichts hörte?

Nein, dieser Junge wußte nichts von der Geschichte.

Sonderbar.

Weißt du, ob das Kind den Papst schon einmal gesehen hat?

Ich weiß es nicht – ich glaube kaum. 2

Du glaubst, nicht.

Interessant.

Diesen Jungen erwartet eine Bestimmung, aber erst in einigen Jahren... Was wird in der Zwischenzeit geschehen? Ich weiß es nicht.

(langes Schweigen)

Dieses Bewußtsein zeigt dem Körper – es läßt ihn... nicht verstehen, sondern FÜHLEN (Mutter betastet die Luft)... oder besser gesagt, bewußt werden: einerseits der Schwingungen, die sozusagen dem Prozeß der "Zerstörung" in der Welt angehören, und andererseits jener Schwingungen, die dem Prozeß des Fortschritts ohne Zerstörung angehören.

Diese Erfahrungen halten jeden Tag mehrere Stunden lang an und lassen einen sehr deutlich beide Prozesse erkennen, mit sehr deutlichen Unterschieden in dem, was die Leute tun und sagen, in der Beziehung zu den Ereignissen, und auch die verschiedenen Bewußtseinszustände. (Alles findet ja im Bewußtsein statt, es ist absolut nichts Gedachtes oder Formuliertes – ich weiß nicht, wie ich das erklären soll.) Dann lehrt einen dieses Bewußtsein auch die schweigende Aktion – im Fernen wie im Gegenwärtigen. Alle möglichen Dinge – die ganze Zeit lehrt es einen etwas. Dabei wird jedoch nichts formuliert – keinerlei Formeln, keine Gedanken: nur Bewußtseinszustände. Alles dreht sich um die Beziehung zwischen den verschiedenen Bewußtseinszuständen: wie sie ineinandergreifen, wie sie sich vermischen, wie sie sich trennen lassen, wie... Das läßt sich nicht erklären: man kann es nur leben (dieses Bewußtsein lehrt den Körper zu leben). So verfährt es mit allem – mit allen Tätigkeiten.

Sobald man etwas formulieren möchte, tritt das mentale Element ins Spiel, und dann ist es nicht mehr "das".

Überaus aktiv – die ganze Zeit ist dieses Bewußtsein tätig, mit Demonstrationen, Lehren, im Handeln, im Leben (nichts Mentales, nichts Gedachtes). Sobald z.B. das gesprochene Wort hinzukommt, verflüchtigt sich die Wahrheit der Sache, ich weiß nicht... Es wird zu Literatur.

Man kann nichts sagen.

(Schweigen)

Was die Beziehung zur christlichen Welt angeht... Wir werden sehen, aber mir scheint, sie wollen sich dieses neuen Wissens zu ihren eigenen Zwecken bedienen. Anstatt es abzulehnen, haben sie beschlossen, es zu nutzen.

Das ist besser so.

(langes Schweigen)

Ach, heute morgen war es überaus interessant: der Unterschied zwischen den Schwingungen des Fortschritts ohne die Notwendigkeit der Auflösung und den Schwingungen der alten Methode der Auflösung. Die ganze Zeit über, für alles und jedes. Wie alles zusammenhängt, wie es sich unterscheiden läßt... überaus interessant.

Sobald man es erklären möchte, ist es vorbei – es ist nicht mehr "das", die eigentliche Essenz der Sache ist verflogen.

All dies sind ausschließlich Bewußtseinsregungen.

 

1 J ist mit P.L. befreundet. J lebt mit ihren Kindern im Ashram.

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2 Nachher erwies es sich, daß der Junge den Papst zwei- oder dreimal gesehen hatte (sie wohnten in Rom, und P.L. hatte sie zur Audienz beim Papst mitgenommen).

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