SITE OF SRI AUROBINDO'S & MOTHER'S  YOGA
      
Home Page | 10 Bande

Mutters

Agenda

zehnten Band

19. April 1969

(Im Zusammenhang mit dem Tod von Amrita, der sich seit vielen Jahren um die Finanzen des Ashrams gekümmert hatte.)

(Lachend) Hier die Suppen!

Wir stecken in einer schrecklichen Verwirrung, schrecklich!

Jahrelang sagte man mir nichts über die ganzen finanziellen Angelegenheiten. Das war sehr gut, ich brauchte mich nicht darum zu kümmern, und es war mir egal. Jetzt sagt man mir auf einmal etwas davon (ohne mir zu sagen, wie es vorher gehandhabt wurde), da merke ich... Alles steckt in einer schrecklichen Verwirrung – einfach schrecklich! Denn... ich kann ihr Vorgehen nicht nachvollziehen, weil ich nichts über die Hintergründe und die bestehenden Abmachungen weiß.

Jetzt lichtet sich die ganze Bürde allmählich, aber... Alle streiten sich... ach!

Ich wollte dir verschiedene Dinge sagen... nun erinnere ich mich an nichts mehr. Mittwoch, nachdem du fortgegangen warst, fiel mir ein, was ich dir noch sagen wollte, und jetzt weiß ich es nicht mehr. So vieles ist inzwischen geschehen...

Früher organisierte Amrita all das. Ich kümmerte mich nicht darum, und er sagte mir nur das Notwendigste, da, wo ich eingreifen mußte. Jetzt kommen sie mit der geringsten Angelegenheit zu mir, und sie wissen nicht, was er tat und wie er es handhabte, so muß alles neu entschieden werden. Das hat viele Schwierigkeiten aufgeworfen.

Ich weiß jetzt nur, daß ich dir etwas sagen wollte, erinnere mich aber nicht mehr, was es war.

(Schweigen)

Alles befindet sich in einer Art Tohuwabohu – das ganze Land. Du weißt, daß in Bengalen jetzt eine kommunistische Regierung an die Macht gekommen ist... Nimm das lieber nicht auf (Mutter deutet auf das Mikrophon)

Ich kann es wieder löschen.

Da kam es zu Vorfällen... (ich kenne die Details nicht), recht unangenehme Vorfälle. Dann kam es zu Gewalttätigkeiten, und die Armee mußte schießen. Vier Personen wurden getötet 1 . Die kommunistische Regierung will die vier Soldaten, die geschossen haben, einsperren, indem sie behaupten... alles sei in Ordnung gewesen. Man berichtete dies dem Kommandanten der Armee, der antwortete: "Wenn man meine Soldaten verhaftet, dann sperre ich die anderen ein. Ich verhafte die Polizei und werfe sie ins Gefängnis ..." Das fand ich rührend. Aber ich hatte gerade mit N.S. 2 gesprochen (du kennst N.S.), die in Indiras Auftrag kam, um Rat zu holen, was zu tun sei 3 . Sie war gerade wieder abgereist, als man mir diese Geschichte erzählte. Ich fragte: "Wie können wir ihr mitteilen, was zu tun ist?"... (Indira wird nicht wissen, wie sie sich verhalten soll: ob sie sich auf die Seite der Polizei oder der Armee stellen soll.) Ich erklärte: "Stellt sie sich auf die Seite der Polizei, werden die Chinesen in zwei Wochen da sein; sie muß unbedingt zur Armee halten." Deshalb mußte man N.S. einholen (sie war gerade nach Delhi aufgebrochen), um ihr zu sagen: "Mutter sagt, man muß ..." L ist ihr nachgereist, um sie am Flughafen einzuholen.

So steht die Lage. In den letzten Tagen hatte ich allerlei katastrophale Dinge gesehen. (Ich wußte nichts über diese Ereignisse.) Als man mir davon berichtete, wußte ich sofort Bescheid: Ich sah die Chinesen HIER. Ja. Das beschäftigte mich ungeheuer. Im Zusammenhang mit SCHRECKLICHEN Dingen. Ich mußte sofort jemanden losschicken mit der Mitteilung: "Halten sie UNBEDINGT zur Armee!" Das ist Indiens einzige Hoffnung. Die Armee ist gut, aber sie wird nicht unterstützt. Aber darüber darf man nicht reden, denn ich soll mich nicht öffentlich mit Politik befassen...

In drei Provinzen WOLLEN die Kommunisten anscheinend, daß die Chinesen kommen. Schrecklich. Und die Chinesen, mein Kind, du kannst dir nicht vorstellen, wie die sind... schrecklich, schrecklich! Von einer kalten Grausamkeit, einfach schrecklich.

Dies sind äußerst schwierige Tage.

Es ist fast wie ein Wunder: Auf einmal merkte Indira (N.S. sagte es mir), daß sie weder das erforderliche Wissen noch die notwendige Macht hatte, um mit den Umständen fertig zu werden, deshalb beauftragte sie N.S., sich auf den Weg zu machen und mich um Hilfe zu bitten. Da verstand ich, warum ich all diese Umstände gesehen hatte (mehrere Tage lang – all das betraf Indien), und ich sah, daß die Lage ernst war, sehr ernst.

(Schweigen)

Ein Mann hätte etwas ausrichten können, und zwar der frühere Oberkommandierende der Armee, Ks 4 Cousin – aber sie schickten ihn nach Kanada... Mit dem Ergebnis, daß sich jetzt ganz Kanada für Indien interessiert. Dort gibt es eine weitverbreitete und sehr interessante Bewegung. Nur hier wollen sie ihn nicht haben. Er war ein guter Militärchef... Schade, daß er fortging. Er stand mit uns in Kontakt... Und gerade jetzt...

Deshalb besteht ein andauernder Druck von sehr gravierenden Dingen.

(Schweigen)

Und du, hast du irgendwelche Neuigkeiten? Nichts?

Aber es ist nicht abzusehen, was dieses stetig wachsende chinesische Monster aufhalten könnte.

In der Tat.

Außer natürlich eine nukleare Auseinandersetzung. Ansonsten werden sie einfach alles verschlingen.

Ja.

Was kann das aufhalten?... Sind sie empfänglich für subtile Kräfte?

(Nach einem Schweigen) Es gibt da einen Mann... Zuerst haben wir hier unseren braven S.H. 5, aber in Shantiniketan lebt ein anderer Mann, den ich kannte, der immer sagte, daß allein Sri Aurobindos Gedankengut China retten könnte. Er kam hierher, denn er ist kein Kommunist, und man hatte ihm seinen ganzen Besitz gestohlen – er gab ihn her: als er es erfuhr, schrieb er (an die chinesische Regierung): "Ich gebe euch alles; ihr habt es weggenommen, ich schenke es euch." Das war sehr gut und geschickt. Man respektiert ihn natürlich. Aber ich glaube nicht, daß er viel ausrichten kann. Jedenfalls kann seiner Meinung nach allein das Gedankengut Sri Aurobindos China retten. China ist äußerst intellektuell. Wenn die chinesische Intelligentsia von der Denkweise Sri Aurobindos erfaßt würde, wäre es... Das scheint die einzige Hoffnung zu sein.

Formosa [Taiwan] steht ganz auf unserer Seite (das fällt im Vergleich allerdings kaum ins Gewicht).

Ja, das nützt nicht viel.

Das ist nichts.

Die Sowjets stellten eine große Gefahr dar, aber sie scheinen... offenbar beginnen sie zu verstehen. Sie sind untereinander gespalten.

Aber in China, da wächst wirklich ein Monster heran.

Oh, gewaltig.

(Schweigen)

Amerika interessiert sich sehr für Auroville. Rußland ebenfalls. Die Chinesen: nichts, absolut nichts, keine Reaktion.

Sie sind... ich weiß nicht... Man hat den Eindruck von etwas Steinernem. Da antwortet nichts.

(langes Schweigen)

Seit Jahren, selbst als Sri Aurobindo noch lebte, war da eine Vision – eine innere Vision –, daß sich das Schicksal der Erde in Indien entscheiden würde. Hier begegnen sich nämlich die beiden entgegengesetzten Möglichkeiten. Wie um zu sagen, daß, falls es zum Krieg käme, dieser in Indien stattfinden würde; daß der Weltkonflikt... (wie soll ich sagen?) daß sich die ENTSCHEIDUNG in Indien zutragen würde. Wird die Kraft des Friedens jedoch ausreichen, einen Krieg zu verhindern? Dort liegt die ganze Frage. Aber hier um Indien kreist der Wirbel der Kräfte.

Seitdem dieses neue Bewußtsein kam, überstürzen sich die Dinge, es hat eine Beschleunigung in den Umständen herbeigeführt. So wird es dringend. Und die... ach, die Lügen, die Doppelzüngigkeit, die... als ob all dies jetzt an die Oberfläche käme – abscheulich. Wird die Kraft der Harmonie und des Friedens ausreichen, um... all das zu assimilieren? Ich weiß es nicht.

Ich glaubte... Allerlei Dinge liefen vor mir ab, wie Bilder verschiedener Möglichkeiten, und ich glaubte, dies habe mit der Konstitution meines Körpers zu tun: daß diese Dinge jetzt endlich zutage träten, um gereinigt zu werden. Aber ich merke, daß dies zwar vielleicht teilweise zutrifft, daß alle diese Bilder jedoch Dingen entsprechen, die gerade stattfinden (weltweit), und wenn sich das bestätigt, werden die Folgen ziemlich katastrophal sein.

Innerlich herrscht stets dieser Wille... (Geste eines Drucks, um den Frieden zu etablieren). Als handle es sich um... ich kann nicht sagen einen letzten Konflikt, aber es wird... es wird dringend.

Wie eine Auseinandersetzung zwischen den Kräften, die die Erde zerstören wollen, und der irdischen Transformation. Wenn diesen Kräften Einhalt geboten werden kann, wenn sie gemeistert und entmachtet werden können, dann wird sich der irdische Fortschritt und die Transformation in Windeseile vollziehen – eine Pracht! Aber im Augenblick scheinen eher von allen Seiten Monster einzudringen, um dies zu verhindern.

(Schweigen)

Es ist ganz so, als säßen wir auf einem Vulkan: entweder muß der Vulkan erlöschen, oder alles wird in die Luft fliegen. Genau so ist es.

Ach, es ist schon elf Uhr!

Würde es dir Spaß machen, eine Bootsfahrt zu unternehmen? Ich schlug Z vor, dich mitzunehmen...

Einfach so... auf dem Wasser dahinzugleiten. Ich dachte auch, daß du dort nicht von Leuten belästigt würdest. Sie könnten dich nicht mehr finden.

 

Addendum

(Bericht über N.S.s Besuch vom 17. April 1969.
Diese Worte wurden aus dem Gedächtnis aufgezeichnet.)

1. N.S. berichtet, was Indira ihr über die Probleme erzählte, mit denen sie gegenwärtig konfrontiert wird. Sie bittet um Mutters Hilfe, ihre Kraft und ihren Rat. Mutter antwortet, daß sie all dies sehr wohl wisse und Indira ständig ihre Hilfe und Segenswünsche gäbe.

2. In Bezug auf die Bedrohung durch den Kommunismus antwortet Mutter, daß der Kommunismus eine entstellte Wahrheit repräsentiere. Wenn diese Wahrheit hervortrete, werde die Entstellung abfallen. Die Wahrheit ist, daß alle unsere Anstrengungen und unsere Arbeit auf das Göttliche und nicht zum Staat hin ausgerichtet sein sollten.

3. Ein einziges Land in der Welt weiß, daß es nur eine Wahrheit gibt, auf die hin alles ausgerichtet sein sollte, und zwar Indien. Die anderen Länder haben es vergessen, aber im Volke Indiens ist dies tief verwurzelt, und eines Tages wird es hervortreten.

4. Wir alle müssen dies anerkennen und dafür arbeiten. Indien ist die Wiege der Wahrheit; es wird die Welt zur Wahrheit führen. Wenn es dies verwirklicht hat, wird Indien seinen wahren Platz in der Welt einnehmen.

5. Mutter bittet N.S., Indira zu sagen, daß sie eine treue Dienerin der Wahrheit werden muß, der Wahrheit ergeben und ihr geweiht; nichts wird sie dann aufhalten können. Alle äußeren Schwierigkeiten, selbst die Personen, die ihre Position ins Wanken bringen wollen, können ihr dann nichts anhaben; selbst wenn jene zu triumphieren scheinen, wird sich nichts gegen sie behaupten können, wenn sie an ihrem Glauben und ihrer Hingabe im Dienst an der Wahrheit festhält.

6. Um ein wahrer Diener der Wahrheit zu sein, muß man alle persönlichen Begierden und alle persönlichen Neigungen vergessen und darf nur noch darauf bedacht sein, der Wahrheit zu dienen.

7. Dann wendet sich Mutter an N.S. persönlich, während sie sich bei den anwesenden Männern entschuldigt, um zu erklären, daß nur die Frauen die Macht zu gebrauchen wüßten, die vom Dienst für die Wahrheit ausgeht.

8. Mutter läßt Indira auch sagen, sie müsse wissen, daß die menschlichen Gesetze vor dem Gesetz des Göttlichen nicht bestehen können und daß letztlich das Gesetz des Göttlichen vorherrschen werde.

9. Mutter fügt noch hinzu: Das am 1. Januar herabgekommene neue Bewußtsein ist sehr aktiv, und wir erreichen einen kritischen Augenblick in der Weltgeschichte – es ist sehr interessant, die Entwicklung der Dinge zu beobachten. Dieses neue Bewußtsein ist dabei, den Übermenschen vorzubereiten; deshalb sind überall große Veränderungen zu erkennen. Als der erste Mensch erschien, hatte das Tier kein Mental, und ihm wurde die Evolution nicht bewußt. Der Mensch hat ein Mental und kann den Vorgang mitverfolgen, deshalb steht uns der interessanteste Zeitpunkt der Geschichte bevor. Wenn man in diesem Bewußtsein verharren und die äußeren Ereignisse von oben betrachten kann, erkennt man, wie klein und unnütz sie sind, und man kann mit großer Macht auf sie einwirken.

10. Mutter sagt N.S., sie wünsche, daß Indira ihre gegenwärtige Stellung beibehalte, denn aufgrund der Tatsache, daß sie aufrichtig versucht, dem Lande zu dienen, kann Mutter durch Indira wirken.

11. Ich kenne die Lage des Landes, sagt Mutter. Selbst wenn sich nur eine einzige Person treu der Wahrheit zur Verfügung stellt, kann sie das Land und die Welt verändern.

12. Auroville, sagt Mutter, ist die einzige Hoffnung, einen neuen Weltkrieg zu verhindern. Die Spannungen nehmen zu, und die Situation wird sehr kritisch. Nur die Idee von Auroville, falls sie sich verallgemeinert, ist fähig, einen Weltkrieg zu verhindern.

13. Die Kinder, die in dieser Zeit geboren werden, sind wirklich begnadet.

 

1 Der Vorfall in Cassipore.

Rückwärts zum Text

2 Eine Ministerin der Zentralregierung, die damals mit Indira Gandhi befreundet war.

Rückwärts zum Text

3 Im Addendum veröffentlichen wir einen Bericht über dieses Treffen.

Rückwärts zum Text

4 Ein Schüler.

Rückwärts zum Text

5 Ein chinesischer Schüler.

Rückwärts zum Text

 

 

 

 

 

 

 

in French

in English