SITE OF SRI AUROBINDO'S & MOTHER'S  YOGA
      
Home Page | 10 Bande

Mutters

Agenda

zehnten Band

6. August 1969

(Nach der Besprechung verschiedener Probleme bei der Druckerei fragt Mutter plötzlich:)

Ich wollte dich ein materielles Detail fragen: Hast du genug Käse für eine Woche?

Ja gewiß, liebe Mutter!

Sicher?... Denn Käse tut dir gut. Wenn du gern mehr hättest, nichts ist leichter...

(Mutter mustert Satprems Gesicht)

Ach! Also ja. (Sich an Sujata wendend:) Geh doch bitte und hol noch eine Dose!

Du denkst an alles.

Weißt du, ich "denke" nicht, aber die Dinge kommen so (Geste wie auf einem Schirm). Plötzlich sehe ich etwas, es muß also wahr sein – es ist nicht meine Einbildung.

Obwohl es nicht in meinem Bewußtsein ist.

Ach, mein Kind, ich sehe viel mehr, als du weißt! (Mutter lacht) Es ist in deinem Unterbewußtsein.

Hast du Neuigkeiten von P.L.?

Nein, er soll in diesen Tagen ankommen.

(Sujata kommt mit der Dose zurück) Voilà, iß, Käse tut dir gut!

Wenn man nur bewußter sein könnte...

Ja.

Aber ich weiß nicht, wie ich es anstellen soll.

(Mutter lacht)... Die ganze letzte Nacht verbrachte ich irgendwo mit Sri Aurobindo – ich weiß nicht wo, aber viele Leute waren dort. Wir beide waren allein, aber man sah Unmengen von Leuten vorbeigehen. Das Besondere daran ist, daß es auch nach dem Aufstehen nicht verschwindet. Wenn ich mich dann wieder hinlege, ist es noch da, an der gleichen Stelle, wo ich es gelassen hatte: es geht weiter. Es gibt nicht mehr... Weißt du, wenn man einen Traum hat und sich dann plötzlich das Bewußtsein ändert (Geste einer abrupten Verschiebung oder eines Niveauwechsels), dann ist alles weg. Man muß eine Anstrengung unternehmen, um den Traum oder den Zustand wiederzufinden. Hier rührt es sich hingegen nicht. Es bewegt sich nicht. Ständig ist es so (Mutter schiebt die Finger der einen Hand in die Finger der anderen): es geht weiter, egal ob ich mich damit beschäftige oder nicht.

Das ist recht neu.

Ich habe nicht mehr den Eindruck zu träumen, verstehst du: das ist eine Aktivität, deren ich mir bewußt werde.

Aber Sri Aurobindo war... Seltsam, er war wie verjüngt. Er wirkte zufrieden und sehr amüsiert, und er machte allerlei Bemerkungen – Bemerkungen voller Humor, weißt du – über die Dinge und die Menschen. Mir fiel auf, daß er... irgendwie strahlender war. Ich kann es nicht beschreiben.

Letzte Nacht war es sehr eigenartig. Ich habe überhaupt nicht mehr den Eindruck zu träumen, ganz und gar nicht. Es hat nichts mehr mit einem Traum zu tun: es ist eine ständig vor sich gehende Tätigkeit. Wenn ich sehr ruhig bleibe, geht sie weiter.

(langes Schweigen)

Im Grunde ist alles nur eine Frage des Bewußtseins.

Der Körper wird sich INTENSIV dessen bewußt, was auf den wahren Einfluß antwortet und was immer noch das Überbleibsel der Gewohnheit und der universalen, irdischen (meistens irdischen) Entwicklung ist – sehr bewußt. Und manchmal wird diese alte Seinsweise fast schmerzlich.

In manchen Augenblicken ist meine Sicht verschleiert, als blickte ich durch einen Schleier; in anderen Momenten ist sie ABSOLUT genau. Ich kann nicht glauben, daß dies von den Augen abhängt.

Manche Leute kommen, und ich sehe sie absolut genau. Bei anderen erkenne ich gerade noch die Position der Augen, des Mundes... Es muß von etwas anderem abhängen.

(Mutter tritt in eine lange Kontemplation, die bis zu dem Zeitpunkt dauert,  wo die Unterhaltung normalerweise endet)

Was hast du jetzt gerade gespürt?

...

Nichts Besonderes?

Ich spüre stets die Kraft, die da ist.

Es war diese Welt, von der ich dir erzählte... Als wolle sie in unsere Welt hier EINDRINGEN (tatsächlich liegt dort eine große Macht), aber ich kann dies nicht erklären... Es ist, als wolle sie sich einen Weg in unsere Welt bahnen. Und es kommt einfach, ohne jeglichen persönlichen Willen, ich bleibe stets so... (reglose, schweigende Geste) es kommt und ZWINGT sich auf, es läßt sich mit aller Macht hier nieder. Die Beziehung zu den Dingen und den Menschen und dem Bewußtsein vollzieht sich auf unterschiedliche Weise. Das kam sehr stark, und du warst DARIN – du warst nicht außerhalb davon sondern darin. Ich hoffte, daß du etwas spüren würdest.

Ich spüre immer nur die Macht.

Ja.

Aber wird es nicht, statt einer Transformation, wie wir sie uns vorstellen, eine Art Invasion dieser subtilen Welt sein, die den Schleier, die Barriere durchstoßen und in die physische, manifestierte Welt eindringen wird?

Das ist durchaus möglich... das ist gut möglich.

Denn vor einigen Tagen las ich wieder einen Text von Sri Aurobindo mit einem völlig neuen Verständnis...

Ach, welchen Text denn?

Es war ein ganz allgemeiner Text (ich habe ihn mitgebracht), aus "Das Rätsel dieser Welt".

Ach!

Und am Schluß sagt er, was er schon viele Male sagte, aber was ich jetzt anders verstehe: "Seine volle Befreiung und Erleuchtung wird kommen, wenn er die Linie zum Licht einer neuen überbewußten Existenz überschreitet ...

"Und dann sagt er noch: "Aber das würde in sich selbst nichts in der Schöpfung hier ändern; das Entkommen einer befreiten Seele aus der Welt macht für diese Welt keinen Unterschied. Wäre dieses Überschreiten der Linie jedoch nicht nur einem aufsteigenden sondern auch einem herabkommenden Zweck gewidmet, so würde es die Transformation der Linie bedeuten: von dem, was sie jetzt ist – ein Deckel, eine Barriere –, in einen Durchgang für die höheren Bewußtseinsmächte des Seins, das über ihr liegt ..."

Oh... Das scheint es zu sein.

Ja. Ich habe es jetzt anders verstanden. Man kann es so verstehen, daß die subtile Welt die Trennwand, die Barriere zerbrechen und sich physisch manifestieren wird.

Ja, genau das scheint geschehen zu wollen... Denn jetzt kam es auf sehr zwingende Weise.

(Schweigen)

Als einziges bleibt noch zu wissen, ob dieses Phänomen nur für das Bewußtsein gewisser Leute oder für alle wahrnehmbar sein wird... Jetzt gerade habe ich es zum Beispiel... nicht nur gefühlt: das ist eine Art Sicht, eine... als hätte sich die Atmosphäre verändert. Ich hatte dich das speziell gefragt, weil ich wissen wollte, ob ich die einzige bin, die das spürt, oder ob du...

Ich fühle immer nur die Macht.

Seltsam, es ist, als würde sich die Beschaffenheit der Bilder verändern, ich kann es nicht erklären.

(Schweigen)

Und zum Schluß sagt er, wenn diese Linie, diese Barriere in einen Durchgang für die höheren Mächte verwandelt werden könnte: "... dies würde eine neue Schöpfung auf Erden bedeuten, ein Hereinbringen von endgültigen Kräften, die die Bedingungen hier umkehren würden."

Ja, ganz offensichtlich ist es so.

Bis jetzt hat man all dies als vage Phänomene eines höheren Bewußtseins aufgefaßt, aber wenn es eine Manifestation wäre...

Oh, aber es ist HIER.

Ja.

Es ist so: etwas DRÄNGT danach, sich zu manifestieren. Ich sagte dir, daß ich es nachts spürte, und dann wacht man auf, aber es bleibt DA, es rührt sich nicht. Man WECHSELT NICHT von einer Welt in die andere: die beiden Bewußtseinsarten sind zusammen (Mutter schiebt die Finger ihrer rechten Hand in die der linken). Das gewöhnliche Bewußtsein wirkt künstlich; es ist zwar "vorherrschend", aber NICHT WAHRER – es ist weniger wahr. Letzte Nacht war dies äußerst klar.

Das schafft wunderbare Nächte, mein Kind. Man schläft nicht, ist aber viel ausgeruhter als nach einem normalen Schlaf.

Das gewöhnliche Bewußtsein wird jedoch ein wenig lästig, ein bißchen schmerzhaft, auf physische Weise.

Oh, das ist interessant, ich glaube wir haben einen Zipfel von etwas erfaßt.

Ja, ich habe diesen Eindruck.

Wir werden sehen!

 

 

 

 

 

 

 

in French

in English