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Mutters

Agenda

zehnten Band

17. September 1969

Ich habe etwas für Auroville geschrieben...

Die Erde braucht einen Ort, wo die Menschen frei von allen nationalen Rivalitäten, allen sozialen Konventionen, allen widersprüchlichen Moralauffassungen und allen wettstreitenden Religionen leben können; ein Ort, wo sich die menschlichen Wesen befreit von jeglicher Sklaverei der Vergangenheit gänzlich der Entdeckung und der praktischen Umsetzung des Göttlichen Bewußtseins, das sich manifestieren will, widmen können.

Auroville will dieser Ort sein und bietet sich all jenen an, die danach streben, die Wahrheit von morgen zu leben.

Jetzt kommen die Dinge gewöhnlich so (Mutter senkt ihre Arme), und dann bedrängen sie mich, bis ich sie niederschreibe. Sobald ich das aufgeschrieben habe, gehen sie wieder weg.

Nachmittags besuchte der Präsident 1 Auroville, und beim Weggehen sagte er: "Dies ist ein Werk Gottes"... Er hat etwas gefühlt.

Wir werden sehen. Vielleicht werden wir etwas erreichen – "vielleicht": sicher.

*
*   *

Ich habe P.L. vor seiner Abfahrt gesehen, er wirkte ein wenig... Hat er dir nichts gesagt?

Ich war lange mit ihm zusammen und übermittelte ihm deine Worte. Er schien sehr beruhigt und erleichtert zu sein. Ich hatte ihm deinen Wunsch mitgeteilt, er möge sich ruhig verhalten, sich nicht unter aufrührerische oder andere Gruppen mischen und auch nicht "ihre" Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Das schien ihn zu beruhigen.

Er war sehr konzentriert, wie jemand, der das Empfinden hat, etwas Wichtigem entgegenzugehen.

Aber ich habe ihn gut angeschaut: er hat alle seine Haare – haben sie jetzt keine Tonsur mehr?

Ich weiß es nicht... Ich glaube, das ist aus der Mode gekommen.

Er hat sogar viele Haare. (Mutter lacht)

Ach, neulich habe ich dich falsch informiert: Du hattest mich gefragt (zweimal sogar), ob der Papst unter den Kardinälen gewählt werden müsse. Tatsächlich gibt es kein Gesetz, daß der Papst unbedingt unter den Kardinälen gewählt werden muß.

Ach!

Die Kardinäle wählen ihn, aber nicht unbedingt unter sich, es besteht kein solches Gesetz: es kann auch ein Außenstehender gewählt werden. Im 13. Jahrhundert gab es einen berühmten Papst, Celestin V., der unter den Bettelmönchen gewählt wurde.

Sieh an!

Fünf Monate nach seiner Wahl dankte er ab – ein noch nie dagewesener Skandal in der Geschichte der Kirche –, und sein Nachfolger ließ ihn sofort verhaften. Später hat er ihn jedoch heilig gesprochen... Und seitdem haben die Kardinäle stets einen der ihren zum Papst gewählt.

Sie haben zu große Angst.

Aber es gibt kein Gesetz. Selbst ein Laie kann gewählt werden, und in dem Fall muß man ihm gleich die Priesterweihe geben und ihn dann zum Bischof, Erzbischof machen usw.

Sie sind keineswegs frei.

Ganz und gar nicht, sie sind wie Gefangene. Das Beispiel von Celestin V. ist recht symbolisch. Aber P.L. erzählte mir etwas (das ihn selber sehr verblüffte), und zwar, daß die erste Handlung des jetzigen Papstes nach seiner Ernennung war, sich vor dem Grab von Celestin V. zu verbeugen, dem einzigen Papst, der je abdankte.

Sieh an!

Ich sah ein Foto des Papstes, wie er ein volles "Pranam" im Olivenhain machte, wo Christus sich aufhielt...

Ich erzählte dir ja, daß ich ihn zweimal traf: einmal vor seiner Ernennung und ein anderes Mal danach, und wir sprachen miteinander. Es waren wirklich interessante Unterhaltungen. Das zweite Mal fragte er mich, bevor er wegging: "Was werden Sie Ihren Anhängern über mich sagen?" (Ich habe dir das schon erzählt). Das beweist, daß er...

Ich erinnere mich, über meine eigene Antwort verblüfft gewesen zu sein. Ich antwortete ihm: "Ich werde sagen, daß wir in unserer Liebe zum Höchsten kommuniziert haben." 2

Seltsam... Wir werden sehen.

P.L. sagte mir, dieser Papst sei ein angsterfüllter Mann: Er hat schlaflose Nächte, er zermartert sich den Geist. Er wird gedrängt, Reformen einzuführen, und dann zieht er seine Entscheidung in letzter Minute wieder zurück; zwei- oder dreimal hatte er beschlossen, einen Schritt nach vorn zu tun, und jedes Mal machte er einen zurück. Er ist tatsächlich umzingelt und ein Gefangener von sehr mächtigen Leuten. Es muß wirklich eine Tortur für ihn sein.

Wir werden sehen.

*
*   *

Was bringst du?

Da ist etwas, das überhaupt nicht zu meiner Rolle hier bei dir gehört, aber ich glaube, es ist dringend, und ich sollte dir das erzählen. Es handelt sich um G.

Ach!

Ja, er ringt mit dem Tod. Er hat mich aufgesucht und mir alles erklärt. Seit zwei Jahren kämpft er gegen Herzattacken. Er hat noch nie mit jemandem darüber gesprochen. Er hat ein ungeheures Vertrauen in die Gnade und sagte mir: "Ich hatte wunderbare Erfahrungen, in denen ich Mutter rief, und Mutter kam, und im Nu war die Gefahr gebannt." (Dies wiederholte sich mehrere Male.) Er sagte mir zum Beispiel, er habe das Bulletin vom Februar hundertmal wiedergelesen und eine enorme Hilfe darin gefunden – besonders die Stelle, wo du von dieser Gegenwart sprichst, die herabkommt, und alles löst sich auf, als existiere es gar nicht. Aber trotzdem kommt er an den Punkt, wo sein Körper sehr schwach geworden ist. Da schrieb er dir einen Brief:

(Auszug aus dem Brief)

"Seit etwa zwei Jahren ist meine Gesundheit nicht normal. Manchmal wird es so ernst, daß ein Kampf zwischen Leben und Tod stattfindet. Es begann mit einem kleinen Schmerz in der Brust und einem Unbehagen im Herzen. Nach einiger Zeit begann es meinen ganzen Körper so sehr zu beeinträchtigen, daß ich öfter spürte, ich würde zusammenbrechen. In solchen Augenblicken rufe ich nur Mutter und ihre Gnade an, und sobald ich das tue, wird alles gut und fast normal. Ich suchte keinen Arzt auf und versuchte keine Behandlung. Ich ließ es nicht einmal die Leute um mich herum wissen, weil ich von Kindheit an glaube, daß solche Attacken keine Unterstützung durch Worte erhalten sollten... Manchmal ereigneten sich völlig unerklärliche Dinge: zweimal fühlte ich eine Kraft in meinen Körper eindringen, die ihn umbringen wollte. Da ich aber immer bereit war, ihr mit einem Anruf an die Gnade gegenüberzutreten, mußte sie jedesmal verschwinden, mich mit der Gnade umhüllt zurücklassend. Eines Nachts (die Attacken kommen meistens nachts) sah ich eine etwa vierzig, fünfundvierzig Jahre alte Frau mit einem schrecklichen Gesicht, die verkündete: "Ich bin der Tod, und ich komme, um dich mitzunehmen. Jetzt kannst du nicht mehr entfliehen." Ich weiß nicht, wie mir geschah, aber ich setzte mich im Bett auf und begegnete ihr mit einem Anruf an Mutter und ihre Gnade. Darüber lachte die Frau, mir eine Grimasse schneidend, und zu meiner Überraschung hörte ich ihr Lachen mit meinem physischen Ohr und sah sie mit meinen physischen Augen. Trotzdem verschwand sie augenblicklich, sobald die Gnade gegenwärtig war, und ich fand mich wieder mit all meinen Kräften, nur von Gnade umgeben. In diesem Kampf hatte ich auch die Erfahrung meines wirklichen "Ichs" in Mutters Herzen, mit einer unbegrenzten Kraft. Ich fand nicht nur Mutters Gegenwart sondern Mutter selbst viele Stunden lang bei mir (hinter mir oder vor mir). Ich sah Mutter auch in einem sehr jungen Körper – so anders, daß ich sie für einen Augenblick nicht erkennen konnte, aber Mutter nahm mich mit ihrer ungeheuren Liebe auf ..."

(nach einem langen Schweigen)

Sah er diese Frau mit offenen oder geschlossenen Augen?

Mit weit offenen Augen.

Dann ist es im Subtilphysischen.

Sah sie wie jemand aus, den er kennt?

Ich weiß es nicht.

(Mutter tritt in eine lange Meditation)

Ich werde sehen... Wir werden es versuchen... Bitte ihn, in ein paar Tagen zu dir zu kommen und dir zu berichten, wie er sich fühlt.

 

1 Am 14. morgens empfing Mutter den Präsidenten Giri. Bei dieser Gelegenheit sagte ihm Mutter: "Laßt uns alle für die Größe Indiens arbeiten!"

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2 Siehe Agenda Bd. 5, am 2. Dezember 1964.

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