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Mutters

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zehnten Band

24. September 1969

Hast du den Heiler gesehen?

Ja, ich habe mit ihm gesprochen.

Erzähl!

Ich bin sehr verblüfft, muß ich sagen. Zunächst, um die Dinge physisch zu beschreiben, blieb ich am ersten Tag, als ich ihn traf, dreieinhalb Stunden an einem Stück mit ihm zusammen – und er sprach ununterbrochen...

Oh!

Was wirklich außerordentlich ist: Wenn ich sonst Leute sehe, bin ich nach einer halben Stunde erschöpft – aber hier war ich nach dreieinhalb Stunden (ich rührte mich nicht, ich hörte nicht auf, ihn anzuschauen) frisch wie eine Rose und so voller Energie, daß ich die ganze Nacht nicht schlafen konnte. Dreieinhalb Stunden hörte ich diesem Mann zu... Und gestern abend war ich müde, ich hatte einen recht anstrengenden Tag hinter mir – dann sah ich ihn, ich plauderte nur eine halbe Stunde mit ihm – und war wieder frisch wie eine Rose.

Erstaunlich!

Ich war ganz erfrischt, wie ich es sonst nicht einmal nach dem Ausruhen bin... Aber ich wollte dir erst etwas anderes erzählen: BEVOR er hier in Pondicherry ankam, sah ich ihn – an dem Tag, als er in Bombay ankam, hatte ich eine Art Vision, die ich nicht verstand: Ich sah ein riesiges weißes Pferd, gigantisch, massiv, wie ein riesiges Arbeitstier, ein Ackergaul: nicht schön, aber mit einer gewaltigen, massiven Kraft. Ein gigantisches weißes Pferd. Und als ich ihn hier sah, sagte ich mir: "Er ist mein weißes Pferd!"

Ja, sicherlich.

Ein Arbeitstier, weißt du, nicht schön, aber gewaltig.

Und was sagt er?

Er ist mit einer Frage gekommen – keine mentale Frage... Aber vielleicht sollte ich dir die Etappen seiner Entdeckung erzählen. Er entdeckte experimentell an sich selbst, was geschah, und wollte verstehen. Also kaufte er Bücher und besuchte sogenannte "Heiler". Als erstes belehrten ihn die "Spiritisten". Sie sagten ihm: "Verwenden Sie ein Pendel!" Also benutzte er ein Pendel, um Krankheiten ausfindig zu machen, und es funktionierte sehr gut. Nach einer Weile sagte er sich: "Aber dies ist nicht die Realität." Da hörte sein Pendel auf zu funktionieren. Danach besuchte er eine andere Person, die ihm sagte: "Legen Sie doch Magnete auf!" Und man lehrte ihn die Verwendung von Magneten, und es funktionierte sehr gut. Mit den Fingern erfühlte er die Organe, die nicht in Harmonie waren (denn für ihn ist das große Wort "Harmonie" oder "Disharmonie"). Nach einiger Zeit sagte er sich: "Aber das ist auch nicht die Realität." Und dann ging nichts mehr.

Wie interessant!

Er sagte sich: "Jetzt habe ich nichts mehr, weder ein Pendel noch meine Hände, nichts ..." Und plötzlich hatte er eine Offenbarung: "Du hast nichts mehr, weil du nichts mehr brauchst!" Da begann er zu merken, daß, wenn sein Gedanke auf den Gedanken oder Anruf einer Person traf, die Heilung im Bruchteil einer Sekunde getan war. Zum Beispiel schickte ihm eines Tages eine Frau in Paris eine Rohrpost: sie hatte nach der Entbindung einen Dammriß gehabt. Sobald er das Telegramm erhielt, dachte und sagte er: "Sie ist geheilt." Am nächsten Morgen besuchte er sie: das Perineum war verheilt... Oder ein anderer außergewöhnlicher Fall: eine Frau liegt im Sterben (mit einer tuberkulösen Hirnhautentzündung), im fünften Monat schwanger. Das Krankenhaus kann nichts mehr tun, man bringt die Frau nach Hause. In Wirklichkeit wollte die Frau ihr Kind nicht. Er besucht die Frau mehrmals, und eines Tages hat sie schreckliche Krämpfe und stirbt in seinen Armen. Da, wie er erzählte, habe er ein Gebet in der Tiefe seines Herzens gespürt und gesagt: "Diese Frau folgte nicht dem Gesetz der Liebe, und es ist gerecht, daß sie stirbt, aber warum muß dieses Kind in ihr sterben?..." Er trug dies wie ein Gebet in sich. Und zehn Minuten später lebte die Frau in seinen Armen wieder auf. Sie öffnete die Augen und sagte: "Ich bin geheilt." Sie war wirklich geheilt, aber sie konnte sich nicht mehr bewegen. Zwei Wochen später wurde ihr Kind geboren, und es war nicht nur gesund und lebensfähig sondern hatte ein normales Gewicht, das heißt, die Entwicklung des Kindes hatte sich in diesen zwei Wochen beschleunigt, und das Kind war voll entwickelt wie ein Kind von neun Monaten...

Mit nur fünf Monaten...

Ja, und am Morgen nach der Entbindung starb die Frau. Das Kind ist jetzt siebzehn, glaube ich... Er sagte mir: das ist einfach so, es gibt KEINE "MACHT" – es gibt nur Das, die Harmonie; und alle Menschen sind fähig, diese Harmonie herbeizurufen, und dann wirkt Das, handelt Das. Und "Das" handelt in Sekundenschnelle... Aber er sagte mir: "Hier meine Frage ..." (soweit ich dir vermitteln kann, was er sagte.) Im Grunde ist er sich einer wirklich außerordentlichen Macht bewußt – obwohl ich sagen muß, daß ich bei diesem Mann nicht den leisesten Schatten eines Egos spürte. Er hat mein Buch gelesen, aber das lehrte ihn eigentlich nichts Neues: es bestätigte ihm seine Erfahrungen. Er sprach drei Stunden lang mit mir, und außer dir und Sri Aurobindo hörte ich noch nie jemanden so sprechen wie ihn. Er sprach wie ein Weiser, lebendige Erfahrung offenbarte sich, und er sagte nichts, was du nicht bekräftigen würdest: diese "großen Kräfte der Harmonie", die auf Erden inkarniert werden müssen, auf die Erde herabgebracht werden müssen... Da sprach wirklich ein Weiser, und es waren deine Worte, die Worte Sri Aurobindos.

Auch A sagte mir das, als er ihn am ersten Tag empfing: "Ich glaubte dich oder Sri Aurobindo sprechen zu hören."

Aber das Erstaunliche ist, als er mit mir sprach, war es nicht sein Mental, das sprach, sondern eine lebendige Erfahrung, die hervorströmte – wirklich außerordentlich!... Er sagt: "Ich habe die Erfahrung der Transformation, die Erfahrung der Regenerierung der Zellen ..." Er sagt: "Ich weiß aus Erfahrung, daß in der Tiefe der Zellen eine Intelligenz, eine Göttlichkeit liegt – ich weiß all das, aber man muß es inkarnieren. Man muß etwas tun." Hier also seine Frage...

Was will er wissen?

Er ist sich dieser Macht bewußt, aber er sagt mir: "Man muß die TOTALE Vision haben, man muß die Vision einer TOTALEN Harmonie haben. Denn all das," sagt er, "ist ein Gleichgewicht, eine wunderbare Harmonie, und man darf keine Störung des Gleichgewichts verursachen, man muß dem Gesetz gehorchen, man muß dem Gesetz der Harmonie folgen, und es ist ein TOTALES Gesetz – man darf keinen Fehler machen. Ich muß die totale Vision haben." Er sagte mir: "Nehmen wir zum Beispiel den Ashram, er ist ein Zentrum des Lichts, in dem eine totale Harmonie herrscht; dann gibt es den weiteren Umkreis von Pondicherry, der aber bereits obskurer ist ..."

Sehr obskur!

"... und weniger aufnahmebereit. Man kann also nicht das Gesetz des Ashrams in diese Obskurität einführen, ohne eine Störung des Gleichgewichts hervorzurufen. Man kann nur einen Bruchteil davon einführen oder etwas, das sich dieser Obskurität anpaßt. Dann gibt es einen dritten, noch weiteren Kreis, noch obskurer, wo es noch viel schwieriger ist, das Gesetz der totalen Harmonie anzuwenden. Wie kann man nun wissen, was man in Einklang mit dem jeweiligen Punkt tun soll? Wie kann man das richtige Gesetz kennen, das totale Gesetz?..." Er sagt: "Ich möchte keine Störung des Gleichgewichts hervorrufen, ich will dem Gesetz gehorchen ..."

A sagte mir, daß du ihn Samstag mitbringen möchtest?

Ich dachte nur, es wäre vielleicht interessant, wenn er dir seine Frage selbst darlegen könnte.

Es wäre interessant zu wissen, was er fühlt, wenn er mich sieht 1 . Das wäre sehr interessant... Morgen sehe ich ihn zum ersten Mal, aber es wäre gut, wenn du ihn Samstag mitbringst. Ich glaube nicht, daß er morgen sprechen wird.

Ich habe ihm erklärt: "Mutter spricht nicht." Er sagte mir: "Natürlich! Ich suche keine Worte, es ist nutzlos zu sprechen – ich bin auf der Suche nach der Schwingung, der Erfahrung." Er versteht das Schweigen sehr gut.

Wir werden sehen. Das Resultat wird Samstag auf diese Weise kommen.

Es wäre nämlich interessant, wenn er versuchen würde, dir gegenüber seine Frage äußerlich zu formulieren... Er versteht sehr gut, daß die Evolution einen Punkt erreicht hat, wo sich die Dinge beschleunigen müssen und wo es nötig ist, diese Kräfte der Harmonie in die Welt herabzubringen, aber im Grunde fühlt er eine solche Kraft in sich, daß er nicht willkürlich handeln will: er will nicht das "Gleichgewicht brechen", er will "dem Gesetz folgen". Dafür benötigt man die totale Vision... Er sagt mir: "Zum Beispiel die Wunder, die Christus vollbrachte (übrigens sagt er, dies seien keine "Wunder", es gebe keine Wunder), all das kann ich tun, aber mit den Kommunikationsmitteln der modernen Wissenschaft wäre es sofort in der ganzen Welt bekannt, und so etwas würde einen "großen Schlag" gegen das gewöhnliche Mental bedeuten, das nur an die Wahrheiten der Materie glaubt." Er sagt: "Das wäre ein Aktionsmittel, aber soll ich es tun? ..." Sein Problem ist ein Problem der Aktion...

Was tut er im Moment?

Jetzt fastet er seit drei Tagen, er ißt nicht mehr. Er sagt: "Ich werde Mutter so sehen, ohne etwas zu mir genommen zu haben." Seit drei Tagen trinkt er nur Wasser... Das Wunderbare daran ist, daß da kein Atom von Mentalisierung ist, alles ist ein Hervorströmen von Erfahrungen. Und alles, was du gesagt hast, alles, was Sri Aurobindo gesagt hat, hat er als Erfahrung erlebt... Er ist sich des "Augenblicks" der Erdgeschichte bewußt, er spürt all das. Er will an der Arbeit teilnehmen.

(nach einem Schweigen)

Was spricht denn in ihm? Sein Mental oder sein physisches Mental?

Ich glaube, er ist inspiriert. Denn am ersten Tag, als ich dreieinhalb Stunden mit ihm verbrachte, ging es in der ersten Stunde sehr langsam (er braucht lange, um in Schwung zu kommen); er suchte seine Worte wie jemand, der ungebildet ist und sich richtig ausdrükken möchte. Nachher versuchte ich, ihn auf seine Erfahrung zu konzentrieren, da floß es. Was er sagte, war schön. Ein spontanes Hervorquellen. Er war wirklich inspiriert... Und gleichzeitig so bewegt, denn zum ersten Mal in seinem Leben kann er mit Leuten, die ihn verstehen, über diese Dinge sprechen. Er sagte mir: "Man versteht mich nicht, niemand versteht mich – hier verstehen mich alle." Da strömt es heraus, es sprudelt hervor.

Ich sehe ihn morgen. Aber ich glaube, es ist besser, ihm zu sagen, daß dies nur eine erste Kontaktaufnahme ist und nicht lang sein wird, denn morgen habe ich eine so lange Liste – jeden Tag ist es so. Und Samstag wird er mit dir kommen und länger bleiben.

(langes Schweigen)

Wie alt ist er? Kennst du sein Geburtsjahr?

Nein, liebe Mutter, er ist um die fünfundsechzig. 2

In welchem Alter hat er das gemerkt?

Er bemerkte es, als er einmal fast gestorben wäre, mit fünfundvierzig Jahren.

Ach, so spät!

Als er völlig verloren war, wurde er in fünf Minuten geheilt; das brachte ihn ganz plötzlich auf die Suche nach der wahren Sache.

Das liegt also fünfundzwanzig Jahre zurück...

Hat er dir nicht erzählt, in welchem Jahr ihm das passierte?

Nein, aber ich kann ihn fragen.

Frag ihn! 3

Um seine Frage kurz zusammenzufassen: "Wie kann man die Bewegung beschleunigen, ohne eine Störung des Gleichgewichts zu verursachen," und: "Wie kann man das Gesetz anwenden, ohne Fehler zu machen". Das sucht er.

 

1 Genau dies wird eine Offenbarung FÜR SATPREM sein und eine entscheidende Wende in seinem eigenen Verständnis von Mutter kennzeichnen.

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2 Er wurde im April 1904 geboren.

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3 Tatsächlich war diese Macht seit seiner Geburt vorhanden, denn seine Mutter, die krank war, bemerkte, daß sich ihr Leiden verstärkte, wenn er nicht da war, und verminderte, wenn er im Haus anwesend war. Er ist das dreizehnte Kind in einer Bauernfamilie.

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