SITE OF SRI AUROBINDO'S & MOTHER'S  YOGA
      
Home Page | 11 Bande

Mutters

Agenda

elften Band

27. Juni 1970

(Mutter hat ein geschwollenes Gesicht wegen eines Zahnabszesses.)

Wir bräuchten noch "Notizen" für die August-Ausgabe des Bulletins.

Du hast doch welche! (Lachen)

Es gibt zwar einiges, aber du hast schon lange nicht mehr gesprochen...

(langes Schweigen)

Ich habe mich ein- oder zweimal gefragt, ob es wohl an mir liegt, daß du nicht sprichst?

Nein!

Etwas in meiner Haltung oder...?

Nein, nein, mein Kind! Nein, das ist es nicht.

Das ist es nicht.

Wenn das der Fall wäre, könnte ich mit jemand anderem sprechen – doch es ist für alle das gleiche.

Etwas geschieht – es ist nicht, als geschähe nichts, aber...

(sehr langes Schweigen,
Mutter stöhnt)

Die Formulierungen erfordern ein Minimum an Mentalisierung, doch genau das ist sehr schwierig, denn der Körper macht alle möglichen Erfahrungen und lernt Dinge. Sobald es sich jedoch auszudrücken versucht, sagt er: "Nein, das ist nicht wahr, so ist es nicht"... (Mutter zeichnet kleine Quadrate wie Schachteln). Es ist, als ob man geometrische Zeichnungen mit dem Leben machen wollte; das ist sein Eindruck.

Ansonsten ist es unmöglich, dies auszudrücken, denn es ist vielfältig, komplex, und wenn man es nicht in einer Erklärung darlegt,... läßt es sich nicht einmal beschreiben. Und sobald man es in einer Erklärung veranschaulichen will, ist es nicht mehr wahr.

Die ganzen letzten Tage ging das Bewußtsein durch diese Erfahrung, daß eine winzige Verlagerung (wie soll ich sagen?), eine winzige Veränderung in der Haltung, die sich nicht einmal beschreiben läßt, dazu führt, daß man im einen Fall in der göttlichen Glückseligkeit ist, und während die Dinge genau dieselben sind, wird es im anderen Fall fast zur Folter. Und so geht es ständig. In bestimmten Augenblicken könnte der Körper vor Schmerz aufschreien, und... eine winzig kleine, fast unmerkliche Änderung, und schon wird es eine Glückseligkeit – es wird... dieses andere, diese außergewöhnliche Allgegenwärtigkeit des Göttlichen. Und so geht der Körper ständig vom einen zum anderen über, eine Art Gymnastik, ein Kampf des Bewußtseins zwischen diesen beiden Zuständen.

Und es wird äußerst heftig; in gewissen Sekunden, wo der Körper sagt: "Ach, jetzt habe ich aber genug, mir reichts!...", kommt manchmal, paff! (Geste einer Umkehrung)

Deshalb ist es unmöglich, etwas zu sagen. Alles, was man sagt, ist nicht mehr wahr.

Alle Schwingungen des Leidens (Mutter berührt ihre geschwollene Wange) werden unterstützt und irgendwie aufrechterhalten von der Masse des allgemeinen menschliches Bewußtseins – das ist es. Und der andere Zustand wird unterstützt von... etwas, das nicht einzugreifen scheint, sondern einfach so verharrt (unwandelbare Geste), im Gegensatz zu dieser menschlichen Masse, die sich Ausdruck verschafft... Es ist einfach unmöglich, all dies zu sagen.

Und ständig ist da dieser unwandelbare Friede – ein höchster Friede: mehr als irgendein Friede, den man fühlen kann –, und gleichzeitig weiß man (man kann nicht sagen, daß man es "fühlt", aber man weiß), daß es sich um eine so rapide Transformationsbewegung handelt, daß sie materiell gar nicht wahrnehmbar ist. Beides besteht gleichzeitig, und der Körper wechselt vom einen zum anderen über, und... manchmal ist er fast gleichzeitig in beiden. (Mutter schüttelt den Kopf über die Unmöglichkeit, sich auszudrücken)

Für die gewöhnliche Sicht der Dinge – des Lebens, so wie es ist, im Vergleich zum Göttlichen – entsteht der Eindruck eines allgemeinen Wahnsinns, ohne einen spürbaren Unterschied zwischen dem, was die Menschen verrückt nennen, und dem, was sie vernünftig nennen. Es ist komisch, welchen Unterschied die Menschen daraus machen. Man ist versucht, ihnen zu sagen: Aber ihr seid ALLE so, nur in unterschiedlichen Abstufungen. Folglich...

All das ist eine WELT gleichzeitiger Wahrnehmungen, deshalb ist es wirklich unmöglich, darüber zu sprechen.

Hier ist nichts (Mutter berührt ihren Kopf), es geht nicht hierdurch. Es ist etwas, das keine präzise Form hat und eine ZAHLLOSE Erfahrung gleichzeitig erlebt, während die Ausdrucksfähigkeit noch so geblieben ist, wie sie war, das heißt unfähig.

(Schweigen)

Bei allen Geschehnissen kommt jetzt gleichzeitig die Erklärung ("Erklärung" ist nicht das genaue Wort, aber nun...), die Erklärung des gewöhnlichen menschlichen Bewußtseins (mit "gewöhnlich" meine ich nicht ordinär: ich meine das menschliche Bewußtsein) und außerdem die Erklärung, wie sie Sri Aurobindo im erleuchteten Mental gibt, und die göttliche Wahrnehmung. Alle drei gleichzeitig, für die gleiche Sache – wie soll man das beschreiben?

Und so ist es ständig, die ganze Zeit. Und dies (Mutter deutet auf ihren Körper) ist nicht imstande, es auszudrücken – es ist nicht der Augenblick, die Dinge auszudrücken.

Sogar wenn ich schreiben will, ist es genau so. Da versuche ich, so viel als möglich mit unseren idiotischen Ausdrucksformen zu erfassen – und ich lege so vieles hinein, das sich durch Worte gar nicht ausdrücken läßt –, wenn man mir dann das, was ich geschrieben habe, wieder vorliest, möchte ich immer sagen: "Ihr macht euch über mich lustig, ihr habt alles weggelassen!..."

in French

in English