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Mutters

Agenda

zwölften Band

3. Juli 1971

Weißt du, die beiden Extreme – ein wunderbarer Zustand und ein allgemeiner Zerfall – sind so dicht beieinander (Geste eines unentwirrbaren Miteinandervermischtseins). Alles, alles gerät in Unordnung: die Leute, auf die man sich verläßt, lassen einen im Stich. Eine allgemeine Unehrlichkeit scheint sich zu verbreiten, die Leute werden ständig krank... Die Schwierigkeiten waren noch NIE zuvor so zahlreich und gebündelt: gewaltige und ruinöse Schwierigkeiten. Und gleichzeitig... blitzartig (das kommt für einige Minuten und verschwindet wieder)... ein wunderbarer Zustand (der Körper selbst fühlt das), unvorstellbar, wie das äußerste Gegenteil davon. Als wolle genau das den Platz des alten einnehmen – aber der Rest verteidigt sich auf schreckliche Weise. Alle Umstände sind so, alle Leute sind so, angefangen von der Regierung bis zu den Leuten hier. Und dann dieser wunderbare Zustand: für einige Minuten kommt das in meinen Körper, um wieder wegzugehen.

Die Dinge sind derartig... abscheulich – alle, alle Leute, auf die man zählt, alles-alles-alles stürzt ein; dies geht so weit, daß das Bewußtsein sich fragt: "Aber was soll diese Hölle, das ist doch kein Leben!" Im nächsten Augenblick – aber nur für einige Minuten – ein unvorstellbar wunderbarer Zustand. Das ist es, was ich lebe seit... Tag und Nacht, unaufhörlich.

Heute morgen war es einige Minuten lang absolut wunderbar, und die übrige Zeit ist es höllisch. So ist das Leben jetzt. Scheinbar gerät alles-alles in Unordnung; die Leute, auf die man sich verläßt, lassen einen im Stich, gleichzeitig kommt plötzlich... Zu 90% ist das so, aber die anderen 10% sind unvorstellbar wunderbar.

Alle Ideen eines persönlichen Willens, einer einzunehmenden Haltung... Mein Körper sagt andauernd, Tag und Nacht, bei allen Schwierigkeiten einfach: "Mein Gott, möge Dein Wille geschehen!" Die Haltung des Körpers ist unbeirrbar: völlig so (Hände offen in Darbietung). Und das Gefühl seiner Unfähigkeit... Nein: soweit das Gefühl der Persönlichkeit bestehen bleibt (nicht viel, es bleibt nicht viel davon), aber das wenige, das noch bleibt, ist von einer solchen Machtlosigkeit, einer solchen Unfähigkeit, einer solchen Unwissenheit!... Unwissenheit, schrecklich, von allem. Das ist etwas... Man fragt sich, warum er so ist (Mutter berührt ihren Körper). Und dann... (Geste eines wunderbaren Blitzes).

Die andere Seite macht kein Aufhebens. Es ist... als sei man schwer krank, ein völliger Zerfall, und ganz plötzlich fühlt man sich wunderbar wohl und kräftig. Dies kommt ganz natürlich, ohne Aufsehen zu erregen. Es bleibt, und dann pfft!

Alle unsere vernünftigen Begründungen, alle unsere... Alle zunichte – sie sind nichts mehr wert.

Alle Leute, die nötig sind, damit die Organisation läuft, alle Leute, auf die man zählt, paff! versagen.

So sehr, daß sogar das Essen ein Problem wird, und das Schlafen und das Sprechen – alles wird zu einem Problem –, und gleichzeitig... es geschieht, man weiß nicht wie: die Dinge ordnen sich, man ißt und ruht sich aus... Ein Beispiel: man liegt und hat solche Schmerzen, daß man sich sagt: "Das ist unmöglich, in dem Zustand kann ich nicht bleiben", und plötzlich, paff! nichts mehr: eine wunderbare Ruhe. Es gibt weder den Körper, noch Probleme. Dann, ohne zu wissen warum oder wie, kehren alle Schwierigkeiten wieder zurück. So ist es, und das ganze Leben ist so.

Die Leute kommen und sagen mir: "Ich habe diese und jene Schwierigkeit ..." "Ach", sage ich ihnen (in einem verzweifelten Tonfall), "was wollt ihr, die ganze Welt ist so! Sie kann untergehen, dies würde mir... es wäre eine Erleichterung." Und dann... (Geste eines wunderbaren Blitzes). Drei Minuten einer Pracht für zwölf Stunden Elend. In so einem Verhältnis steht das. Und für einen Körper, der wirklich aufrichtig... Er denkt nur an das Göttliche und will nur das Göttliche. Aber er ist sich seiner Unfähigkeit voll bewußt.

Wie eine konkrete Demonstration der Existenz des Göttlichen und dessen, was die göttliche Existenz ist – eine absolute Existenz und was sie ist –, und auf der anderen Seite das, was aus ihr geworden ist.

(Schweigen)

Ich höre nicht, ich sehe nicht, ich kann nicht essen, ich kann nicht sprechen – all dies ist wie eine Zerstörung – ich begreife nicht, ich erinnere mich nicht mehr; und gleichzeitig plötzlich das Gefühl einer... überlegenen Allmacht in... so etwas wie einer Glückseligkeit, für die es in unserer Welt nichts Vergleichbares gibt. So ist das. Wie um mir zu sagen: "Ja, es ist wahr: es ist Das. Das wollen wir, Das soll sein ..." Aber wann? Das ist die Frage.

Das läßt einen... Alle beklagen sich, alle stöhnen, alle erzählen sie von ihrem Elend – das läßt einen indifferent werden und ihnen sagen: "Was wollt ihr, so ist die Welt!"

"Die Welt ist so", aber das ist nicht wahr! Sie ist NICHT so – nur für unser Bewußtsein ist sie so... Einen Moment lang fragte ich mich heute morgen: "Wie mag es wohl für das Bewußtsein der wilden Tiere sein?..." Da sah ich, daß das Bewußtsein, das fähig ist, das Ganze zu sehen, für die Tiere nicht existiert, sie haben es nicht – sie leben von Tag zu Tag und von Minute zu Minute das, was ihnen geschieht. Das ist alles. Ich verstand das, ich sah es, dies ist... (Geste zur Stirn als Zeichen, daß das Mental alles verdirbt.)

(Schweigen)

Das heißt, es spitzt sich äußerst zu: Wie sehr die Welt nicht das ist, was sie sein soll. Immer heißt es: "Ja, ja, es ist eine Mischung von guten und schlechten Dingen"; aber all dies sind Kindermärchen – die guten Dinge sind nicht mehr wert als die schlechten. Es ist nicht DAS. Das Göttliche ist etwas anderes.

(Mutter geht in sich)

Und du, was bringst du?

Nichts Besonderes.

Nichts?

Ich möchte etwas wissen: Habe ich noch eine Arbeit zu verrichten?

Oh, nonsense! [Unsinn] Das ist Teil der gegnerischen Kräfte. Wenn das kommt, mußt du nur sagen: "Ah! Gut, da ist die Lüge wieder ..." Du hast ein ganzes Leben der Verwirklichungen vor dir.

Ich will sagen: etwas zu schaffen?

Aber ganz bestimmt!

(Schweigen)

Sobald ein niederziehender Einfluß da ist – sei es eine Empfindung, ein Gedanke oder irgend etwas – sag dir: das ist der Teufel.

Aber es ist keine Niedergeschlagenheit, tatsächlich ist ALLES ZERSCHLAGEN.

Aber ja! So ist es. Genau dies nenne ich einen niederziehenden Einfluß.

Aber es ist keine Empfindung sondern eine Tatsache.

Ja, eben das meine ich: alles gerät in Unordnung – alles-alles, die ganze Welt. Das ist eine Tatsache – nun gut, diese Tatsache ist da, um uns zu sagen: "Genau dies soll nicht mehr sein!" Für das gewöhnliche menschliche Bewußtsein ist es eine Realität – aber es ist nicht wahr, das ist alles. Man muß sich nur sagen: das ist nicht wahr.

Ich will sagen, daß zum Beispiel das, was ich geschrieben habe, keine lebendige Realität mehr für mich hat.

Ja, nun... Das ist so, weil du dabei bist, auf die andere Seite überzuwechseln wie ich. Das ist alles.

Nichts hat Realität.

Nichts, ja.

Nichts, nichts...

Du sagst mir "das Göttliche" oder du sagst mir "Dieses"... – für mich hat nichts Wirklichkeit.

Oh, pardon! Ich sage dir und bestehe darauf: für mich ist das Göttliche ebenso konkret geworden – konkreter und zwingender – als... Nur sind wir nicht fähig, Es zu fühlen: eine Minute, mehrere Minuten, ganz plötzlich, und dann, prrt!

Hast du nie plötzlich gespürt...

Ich spüre die Kraft.

Ja, so ist es.

Dies allein hat Realität.

Ja.

Denn alles andere erscheint mir wie ein Machwerk des höheren Mentals.

Ja, genau.

Willentlich kann man sich denken oder vorstellen, in unermeßliche Bewußtseinszustände zu tauchen, und dann nichts, rein gar nichts.

Ja, genau. Das ist eine andere Art, das auszudrücken, was ich sagte.

Aber dann plötzlich... plötzlich die Kraft... eine Kraft... – wir sagen "Kraft", denn... wir wissen nicht, was es ist – eine allmächtige Kraft. Aber auf die Weise: es kommt und verschwindet wieder.

Mein Körper hat die Erfahrung, mein Körper weiß, daß es nicht fortgeht; er weiß, daß er zwar unfähig ist, es zu spüren, aber er weiß, daß es nicht fortgeht.

Für mich ist es wie ein Zusammenbruch aller Lehren. Jegliche Lehre erscheint mir wie ein Machwerk des höheren Mentals und sonst nichts – etwas, das keine konkrete Realität hat.

Mein Kind...

Ich will nichts mehr davon wissen. Das Mental will NICHTS MEHR damit zu tun haben.

Das Mental sind wir leid – es müßte still sein und sich ruhig verhalten.

Ja, gleichzeitig ist es aber auch ein Instrument – jedenfalls WAR es eine Stütze. Ich selbst bediente mich seiner, es war eine Art Basis im Hintergrund – eine Basis für die dahinterliegende Erfahrung. Nun ist es so, als sei diese Basis verschwunden.

Ja, aber es gibt eine andere, die... Eine andere, von der ich dir gerade sprach, und diese, mein Kind, ist unvorstellbar. Das gewöhnliche Bewußtsein kann sich nicht vorstellen, was das ist. Es sind so wunderbare Augenblicke, daß alles andere einem noch schlimmer erscheint.

(Mutter geht in sich)

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in English