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Mutters

Agenda

zwölften Band

28. August 1971

Was gibt es denn Neues?

...

Was möchtest du oder hast du mir zu sagen?... Nichts?

Nichts oder immer dasselbe.

Was?

Ich warte.

Ach! du wartest – ich auch. (Lachen)

(Schweigen)

Alle Anschauungsweisen der Welt ziehen gleichsam eine nach der anderen an mir vorbei: die abscheulichsten und die wunderbarsten – so, so, so... (Mutter dreht ihre Hand wie ein Kaleidoskop) und alle kommen, um zu sagen: "Man kann es so oder so ansehen, man kann ..." Und die Wahrheit... Was ist wahr?... Was ist wahr?... All das (gleiche Bewegung eines Kaleidoskops), und "etwas", das man nicht kennt.

Vor allem bin ich der Überzeugung, daß diese Notwendigkeit, die Dinge zu betrachten und sie zu durchdenken, rein menschlich und ein vorübergehendes Mittel ist. Es ist eine Übergangszeit, die uns äußerst lang erscheint, in Wirklichkeit aber recht kurz ist.

Selbst unser Bewußtsein ist eine Abänderung des wahren Bewußtseins. DAS Bewußtsein, das wahre Bewußtsein, ist etwas anderes.

Die Schlußfolgerung für meinen Körper ist... (was mir als die beste Annäherung erscheint): sich an das Göttliche schmiegen. Nicht zu verstehen versuchen, nicht zu wissen versuchen: versuchen ZU SEIN... Und sich anschmiegen. So verbringe ich meine Zeit.

Nicht "versuchen": eine Minute davon genügt (gelassene Geste, zurückzutreten). Und die Zeit zählt nicht mehr. Das ist sehr merkwürdig, ich mache Erfahrungen bei all den kleinen Bewegungen des Lebens wie zum Beispiel die Mahlzeiten. Und wenn ich mich so anschmiege und aufhöre zu denken, einfach im Bewußtsein (Geste einer Verinnerlichung), erscheint alles unmittelbar. Es gibt keine Zeit. Wenn ich mich im äußeren Bewußtsein befinde ("äußerlich" nenne ich ein Bewußtsein, das die Schöpfung sieht), dauert es mehr oder weniger lang, je nach aufgewendeter Aufmerksamkeit. Alles-alles erscheint... Nichts erscheint absolut im Sinne von wirklich – wirklich, von einer konkreten Wirklichkeit – nichts erscheint so. Außer bei Unannehmlichkeiten im Körper, zum Beispiel eine Funktionsstörung – da nimmt man immer noch eine Unvollkommenheit wahr. Die Unvollkommenheit macht die Sache spürbar, sonst ist es so (gleiche Bewegung einer Verinnerlichung, an den Höchsten geschmiegt). Und "so" ist die Macht gewaltig, in dem Sinne... Zum Beispiel verschwindet bei den Leuten eine Krankheit (und in der Tat, ohne daß ich äußerlich etwas tue, ohne daß ich auch nur zu der Person spreche, gar nichts: geheilt). Für eine andere Person... ist es das Ende, sie landet auf der anderen Seite. Die andere Seite ist zugleich völlig vertraut geworden und... absolut unbekannt.

Es gab eine Zeit, wo die Erinnerung an vergangene Leben oder an nächtliche Tätigkeiten überaus konkret war; die sogenannte unsichtbare Welt war völlig konkret – jetzt... jetzt ist alles wie ein Traum, alles; wie ein Traum, der eine Wirklichkeit verschleiert... eine unbekannte Wirklichkeit, und dennoch fühlbar. Ich scheine dummes Zeug zu reden.

Nein, nein!

Es läßt sich nämlich nicht ausdrücken.

Neulich fragtest du mich (die Frage blieb), du fragtest: Was geschieht, wenn ich so still und reglos bin... Es ist eben ein Versuch... ich kann nicht sagen, ein Bestreben, man kann nicht sagen eine Anstrengung – es ist das Wort urge im Englischen, ein Drang: die Wahrheit, wie sie ist. Das ist es. Und nicht zu wissen oder zu verstehen versuchen (all das ist völlig egal): sein, sein, sein... Und dann... (Mutter lächelt voller Sanftheit)

(Schweigen)

Ganz merkwürdig: gleichzeitig – gleichzeitig – weder eins im anderen noch eins mit dem anderen, sondern eins UND das andere, zugleich (Mutter verschränkt die Finger ihrer rechten Hand zwischen denen ihrer linken): wunderbar und schrecklich. Das Leben, wie es ist, wie wir es in unserem gewöhnlichen Bewußtsein empfinden – so wie es für die Menschen beschaffen ist –, scheint etwas... so Schreckliches, daß man sich fragt, wie man auch nur eine Minute darin leben kann; und das andere, GLEICHZEITIG: ein Wunder. Ein Wunder an Licht, an Bewußtsein, an Macht – wunderbar. Oh, eine solche Macht!... Und es ist nicht die Macht einer Person (Mutter zwickt die Haut ihrer Hände), es ist etwas... etwas, das alles ist... Aber es läßt sich nicht in Worte fassen.

Das Interessanteste ist natürlich, Das zu finden. Ganz natürlich, wenn ich nichts zu tun habe... (Geste einer Verinnerlichung, an den Herrn geschmiegt). Deshalb frage ich dich immer, ob es Fragen gibt oder ob da etwas ist, denn in mir ist keine "Person" mehr, um aktiv zu sein, das sind nur Dinge... (Geste, daß nur die Bewegungen und Schwingungen der Leute oder Dinge Mutters Aktivität auslösen). Wenn das nicht da ist... (Geste in der Schwebe, Schweigen)... Sehr weit, sehr weit... ganz nah am anderen Bewußtsein, gibt es Augenblicke (Mutter spricht mit ernster tiefer Stimme): OM Namo Bhagavaté... Das ist das Materiellste. Das ist schon... das erscheint so... lifeless [leblos]. Das gibt einem ein Gefühl wie ein Holzscheit. Und dennoch ist es... Man kann zugleich in einem schmerzlichen, unverständlichen und absurden Leben sein und absolut zur selben Zeit... unbeschreiblich wunderbar.

Natürlich kann ich mit niemandem mehr sprechen, ich sage das nur dir, denn die Leute würden glauben, ich werde verrückt.

(langes Schweigen)

Nur "Du" – voilà.

Und es ist ganz offensichtlich, daß die Schöpfung Das als Ziel hat, diese wunderbare Freude... sich als Du zu fühlen.

(Mutter geht lächelnd in sich)

Was wünschst du denn? Willst du Das?

Ja, liebe Mutter.

Oder willst du mich etwas fragen?

Nein, nein, Das ist gut!

(Mutter lacht)

(Mutter nimmt Satprems Hände und verharrt mit geschlossenen Augen, dann zeichnet sich ein Lächeln auf ihren Lippen ab, sie geht in sich)

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