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Mutters

Agenda

zwölften Band

4. Dezember 1971

(Am 2. Dezember, acht Monate nach der blutigen Unterdrückung in Bangladesh, startete Indien seine Generaloffensive gegen die pakistanischen Truppen.)

Man hat also den Krieg erklärt.

Es ist getan.

Ja, gestern hat es angefangen.

Aber die Minister haben in Delhi eine Broschüre über Sri Aurobindo herausgegeben, und sie baten mich um eine Botschaft. Ich schickte sie auf englisch. Hier (Mutter reicht einen Text) ist das Französische.

"Sri Aurobindo ist gekommen, um der Welt eine glorreiche Zukunft zu verkünden, und er öffnete die Tür zu ihrer Erfüllung."

(Schweigen)

Werden sie es diesmal durchziehen, ohne unterwegs stehenzubleiben?

Weiß nicht... Es scheint ernst zu sein.

Wir erhalten Nachrichten von der Front (von einem General, der an der Front ist 1). Aber heute morgen wurden die Nachrichten, glaube ich, am Radio verkündet. Man wird es dir genau sagen.

Das weiß ich. Ich hoffe nur, daß Pakistan für den 15. August 1972 aufgelöst sein wird.

Ach! Das wäre gut... Das ist schon bald.

Hast du etwas?

Nein, liebe Mutter... Die Schwierigkeit ist, daß die Regierenden Indiens in ihrem Bewußtsein noch nicht erkannt haben, daß Indien EINS ist; sie haben die Nichtexistenz Pakistans noch nicht erkannt, das ist das Problem.

(Mutter nickt und geht dann für zwanzig Minuten in sich)

*
*   *

(Etwas später hört sich Mutter die Lektüre verschiedener Briefe Sri Aurobindos an, sodann einen von ihr selbst während des Zweiten Weltkriegs geschriebenen Brief, die Haltung der Schüler gegenüber Hitler und den Alliierten betreffend.)

25. Mai 1941

Die Weltlage ist heute kritisch. Auch Indiens Schicksal steht auf der Waagschale. Zu einer gewissen Zeit war Indien in völliger Sicherheit, und es bestand keinerlei Gefahr, Opfer einer asurischen Aggression zu werden. Aber die Lage hat sich verändert. Die Leute und die Kräfte in Indien haben sich so verhalten, daß sie asurische Einflüsse über Indien herbeigezogen haben: diese Einflüsse haben heimtückisch gearbeitet und die vorherige Sicherheit untergraben.

Wenn Indien in Gefahr ist, kann Pondicherry nicht erwarten, außerhalb der Gefahrenzone zu bleiben. Pondicherry wird die Bestimmung des übrigen Landes teilen. Der Schutz, den ich geben kann, ist nicht bedingungslos. Es ist eine Illusion zu hoffen, der Schutz werde trotzdem über allem liegen. Mein Schutz ist da, wenn die Bedingungen erfüllt sind. Es erübrigt sich zu sagen, daß jegliche Sympathie oder Unterstützung für die Nazis (oder irgendeines ihrer Verbündeten) automatisch den Schutzkreis durchbricht. Abgesehen von diesem offensichtlichen äußeren Faktor müssen gewisse grundlegende psychologische Bedingungen erfüllt sein. Das Göttliche kann nur jenen Schutz zukommen lassen, die mit ihrem ganzen Herzen dem Göttlichen treu sind, die wirklich im Geist der Sadhana leben und die ihr Bewußtsein und ihre Aufmerksamkeit auf das Göttliche und den Dienst für das Göttliche richten. Begierden und das Verhaftetsein an Vorlieben und Bequemlichkeiten, alle Bewegungen der Heuchelei, Unaufrichtigkeit und Lüge sind große Hindernisse, die den Schutz des Göttlichen verhindern. Wenn ihr dem Göttlichen euren Willen aufzwingen wollt, ist es, als ob ihr eine Bombe herbeiruft, die auf euch fallen wird. Ich sage nicht, daß die Dinge sich notwendigerweise so ereignen werden, aber es ist sehr wahrscheinlich, daß sie geschehen werden, wenn die Leute nicht bewußt und höchst wachsam werden und wenn sie nicht im wahren Geist eines spirituellen Suchers handeln. Wenn die psychologische Atmosphäre hier dieselbe bleibt wie die der äußeren Welt, kann es keine Schutzmauer geben, um die dunklen Kräfte aufzuhalten, die all die quälenden Gefahren, Leiden und Zerstörungen aussäen.

Mutter

Ich möchte sagen: It is terribly to the point! [Es ist von erschreckender Aktualität.]

Genau, was ich gerade sehe... Wäre es von Sri Aurobindo, würde ich sagen: Veröffentliche es!

Mir scheint, man sollte den Brief unter den gegebenen Umständen veröffentlichen.

Ich hätte das jetzt schreiben können.

Willst du diesen Brief im nächsten Bulletin veröffentlichen, mit dieser Bemerkung: "It is terribly to the point"?

Im Bulletin? Aber im Bulletin wird nie über Politik gesprochen.

Aber das ist keine Politik: Dies sind die Weltgeschehnisse!

(Mutter lacht) Man könnte meinen, es sei jetzt geschrieben worden.

Im Februar, gut.

(Schweigen)

Liebe Mutter, wird dieser große Aufruhr jetzt deine Arbeit für die Transformation beeinträchtigen?

Das weiß ich nicht.

Ich erinnere mich, daß Sri Aurobindo gesagt hatte, der Krieg habe 1939 seine Arbeit an der Transformation unterbrochen...

Ja, ja.

Heißt das...?

(Schweigen)

Wir werden sehen, ich weiß es nicht.

Eine Schülerin (die noch nichts über die im Radio angekündigte Neuigkeit wußte) hatte letzte Nacht einen Traum. Im Traum sah sie Armeen, die in die Schlacht zogen (sie wußte nicht, daß ein Krieg bevorstand, sie befand sich ganz außerhalb der Umstände), indische Armeen, die in den Kampf zogen – sie schaute näher und sah, daß alle Soldaten mein Gesicht hatten.

Das ist interessant.

Sie ließ es mir heute morgen ausrichten, und sie wußte noch nicht, daß der Krieg ausgebrochen war. Bis jetzt stört es noch nicht. Aber wir werden sehen.

Sujata sagt, sie habe den Eindruck, daß die Transformation jetzt so stabil geworden ist, die Basis so fest etabliert ist, daß, was auch immer geschieht, sie nichts mehr stören kann.

Ich habe auch ein wenig diesen Eindruck, aber...

Hat sich vielleicht deshalb der Krieg so lange verzögert...

Ja.

... Um zu warten, daß alles wirklich gefestigt sei.

Das ist möglich.

Das ist möglich. Oh, ich lebe immer mehr in einer... es ist mehr als eine Überzeugung: in einer offensichtlichen Gewißheit, daß die Dinge das Ergebnis der göttlichen Weisheit sind.

Selbst, wenn man auf die Nase fällt?

Selbst, wenn man auf die Nase fällt – das ist das Beste, was einem passieren kann.

Immer?

Immer.

Selbst wenn man sich täuscht?

Selbst, wenn man sich täuscht... Man kann sich auf verschiedene Arten täuschen. Ich kann das nicht erklären... Ich sah auch, daß gerade dieses Gefühl, sich zu täuschen oder Opfer eines Unfalls zu sein oder all das, nötig ist – dieses Gefühl in einem ist nötig, damit alles genau so geschieht, wie es soll. Nur jene (wie soll ich sagen?), die die Bestimmung oder die Rolle haben, die Wahrheit zu sehen oder die Wahrheit zu leben, jene tun dies in jedem Fall... Ich kann es nicht erklären.

(Schweigen)

Ich könnte sagen, daß meine materiellen Fähigkeiten durch das Alter schrecklich vermindert wurden, aber ich sehe, warum das so ist, warum dieses fortgeschrittene Alter abgewartet werden mußte.

Ja, das verstehe ich: Wenn es dir mit dreißig Jahren zugestoßen wäre, hätte niemand die physische Prüfung verstanden, die du durchstehen mußtest – denn es ist, als ob der Körper sterben müßte, um auf die andere Seite überzugehen...

Ja, ja. Ja. Ach! Der Körper weiß das sehr genau.

Wenn es dir in jungem Alter zugestoßen wäre, hätte das niemand verstanden...

Ja.

Während man es jetzt dem Alter zuschiebt.

Ja, man schreibt es dem Alter zu.

So wirkt es vernünftig.

(Mutter lacht, Schweigen)

Mein Körper ist in diesem Zustand (Mutter öffnet die Hände): "Was Du willst ..." – aber nicht einmal mit Worten.

(langes Schweigen)

Ja, alles ist Teil eines göttlichen Plans.

Ja, ja.

Nur die Notwendigkeit zu kämpfen läßt uns sagen: "Dies ist böse, jenes ist nicht so ..."

Ja, ja.

... Das ist ein "Irrtum", man "täuscht" sich – weil man kämpfen muß.

Ja, das ist der Grund: weil man kämpfen MU&Szlig;. Und hätten wir nicht diese Illusion, würden wir passiv bleiben – passiv und lächelnd. Weißt du, etwas im Bewußtsein lächelt jetzt über alles – ich weiß es sehr wohl –, aber ich sehe auch, daß es physisch noch nicht so sein soll.

Ja.

Wir befinden uns noch in der Zeit des Kampfes.

(Satprem schickt sich an zu gehen)

Jetzt hat der Körper die Überzeugung, daß er nur dann, wenn er sterben müßte, aufhörte, sich zu transformieren. Das ist unmöglich. Nur irgendein gewaltsamer Tod, ein "Unfall" (etwas von der Art) könnte die Transformation aufhalten, ansonsten vollzieht sich die Arbeit stetig, stetig... (Geste eines unwiderstehlichen Vormarsches). So ist es, dies ist die Überzeugung des Körpers: daß ihn nur etwas Gewaltsames aufhalten könnte – und falls das eintritt, ist es sicherlich so, weil es geschehen soll, aus irgendeinem Grund ..., den er nicht einmal kennen möchte, das ist ihm egal. Aber sonst weiß er, daß die Arbeit weitergehen wird, solange er da ist – immer weiter, immer weiter... trotz allem. So ist es.

 

1 Der Befehlshaber der östlichen Division, der Mutter um Segnungen gebeten hat.

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