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Mutters

Agenda

dreizehnten Band

12. Januar 1972

Weißt du zufällig, wo ich die zwölf Aspekte der Mutter beschrieben habe (das Symbol mit den zwölf Blättern)? 1 in der Mitte, dann 4 und außen 12.

Ja, das war für Auroville, glaube ich.

Für Auroville? Aber ich habe das schon vor Jahren gesagt...

Ich habe es kürzlich gesehen.

Die zwölf?

(Sujata geht hinaus, um das Papier zu suchen)

Hier sind keine Details angegeben.

(Mutter zeigt eine Notiz)

Der innere Kreis stellt das göttliche Bewußtsein dar.

Die vier Blätter stellen die vier Mächte der Mutter dar.

Die zwölf Blätter stellen die zwölf Mächte der Mutter dar, die sich für ihre Arbeit manifestieren.

24.1.1958
Die Mutter

(Schweigen)

Vor zwei oder drei Tagen, zwischen deinem letzten Besuch und heute, hatte ich ganz plötzlich eine Offenbarung des Ziels der Schöpfung – was sie bedeutet und das Warum: der Sinn der Schöpfung. Und das war so klar! So klar: die Vision des Warum und worauf wir zugehen – unmöglich in Worten auszudrücken.

Etwas kam (Mutter zeigt ein Papier), aber die Worte hatten eine besondere Bedeutung. Hier:

Das Resultat der Schöpfung ist eine detaillierte Vervielfältigung des Bewußtseins. Wenn die Schau des Ganzen und die Schau aller Details sich in einem aktiven Bewußtsein vereinigen können, wird die Schöpfung ihre fortschreitende Vervollkommnung erreicht haben.

"Fortschreitend"... (Geste der Ausdehnung). Alle Worte, alle Bilder können das nicht beschreiben. Es war wirklich ein Verständnis, wirklich die Schau der Sache. Das (Mutter deutet auf ihre Notiz) wirkt hohl. Aber es ist... (um ganz kindliche Bilder zu gebrauchen) wie die Schöpfung, die man auf einem Bildschirm ablaufen läßt und projiziert. Man projiziert... Nein: das höchste Bewußtsein projiziert sich wie auf einen unendlichen Bildschirm.

Die Erfahrung war so offensichtlich! Es war DAS. Aber es dauerte nur einen Augenblick. Ich versuchte, es zu erklären. Und in dem Augenblick hatten die Worte einen Sinn – eine besondere Bedeutung.

Einem Kind könnte man sagen, daß der Höchste sich vor seinem eigenen Bewußtsein entfaltet, wie jemand, der einen unendlichen Film ablaufen läßt. Das, was innen ist (Geste nach innen, auf der Höhe des Herzens), projiziert er so vor sich hin. Ein supramentales Wesen hätte die Möglichkeit, bewußt eins mit dem Göttlichen zu sein und damit gleichzeitig der Sehende und das Gesehene zu sein.

Es gibt keine Worte, um das auszudrücken.

(Schweigen,
Sujata kommt mit einem Papier zurück)

Hast du es gefunden?

Da sind keine Einzelheiten.

Ach!

Du sagst einfach:

Der Punkt im Zentrum repräsentiert die Einheit, das Höchste. Der innere Kreis repräsentiert die Schöpfung, das Konzept der Stadt [Auroville]. Die Blätter repräsentieren die Kraft des Ausdrucks,
die Verwirklichung.

Nein, das ist es nicht.

Ich schrieb etwas oder vielmehr sagte ich etwas zu Sri Aurobindo, der aufschrieb, was die zwölf waren (die vier sind die vier Hauptaspekte der Mutter, und die zwölf sind die zwölf Eigenschaften oder "Tugenden" der Mutter, die Mächte). Das hatte ich eines Tages gesagt, aber das war, als wir in dem anderen Haus 1 waren. Ich hatte es mit etlichen anderen Papieren in eine Schublade gelegt, und als wir hierher umzogen, war die Schublade nicht mehr auffindbar: jemand hat sie weggenommen – wer, was, wie? Ich habe keine Ahnung, aber die Schublade ist verschwunden. Ich erinnere mich, diese zwölf später noch mal aufgeschrieben zu haben, und ich bewahrte es auf, und jetzt finde ich auch dieses Papier nicht mehr... Seltsam 2 .

Als du die Zeichnung für Auroville machtest, sagtest du, es solle zwölf Gärten geben, und jeder habe eine Bedeutung.

Das betrifft Auroville, das ist es nicht.

Aber entsprechen die zwölf Gärten nicht den zwölf Eigenschaften?

Nein, nein. Das andere hatte ich vor mindestens fünfundzwanzig Jahren geschrieben, mindestens – oh, sogar noch früher, ich weiß nicht mehr, wann wir von dort hierher umgezogen sind, wann war das?

1927... vor fünfundvierzig Jahren!

Und die vier, was sind die vier?

Das müssen wohl Mahakali, Maheshwari, Mahalakshmi und Mahasaraswati sein.

Ja, aber ich meine nicht die volkstümlichen Gottheiten. Sri Aurobindo hatte jeder eine besondere Bedeutung gegeben.

Das, was er in "Die Mutter" geschrieben hat.

Das ist ein langer Text.

Wer sind die vier?... (Mutter versucht vergeblich, sich zu erinnern) Wie seltsam, ich habe es vergessen.

(Schweigen)

Hast du in der Kosmischen Revue über das kosmische Viereck gelesen? 1, 2, 3, 4 und eins in der Mitte. Das kosmische Viereck war von Théon entworfen worden, und ich weiß, daß er in die Mitte die Liebe gesetzt hatte. Aber die vier darum herum... Was sind die vier? Ich erinnere mich nicht mehr. Ich wußte all das so gut, jetzt ist alles weg. Ich weiß, daß da das Licht, das Leben und die Nützlichkeit war – Nützlichkeit war die vierte, aber die erste?... All das ist weg.

Denn das würde mir einen Hinweis geben.

Und die zwölf, ich erinnere mich, sie aufgeschrieben zu haben. Gestern habe ich drei davon wiedergefunden, aber jetzt erinnere ich mich nicht mehr. Ich weiß, daß die erste die Aufrichtigkeit war...

Ich weiß nichts mehr.

(Schweigen,
Sujata geht hinaus, um einen anderen Text zu suchen)

Wenn es kommt, kommt es nicht als Gedanke sondern als Vision. Und wenn es weg ist, ist es weg.

Ich weiß, daß Ausdauer dabei war.

Wenn es da ist, ist es klar, offensichtlich, wie eine Vision, und sobald es verschwunden ist, ist es weg.

Was für einen Hinweis hätte es dir gegeben?

(Mutter verharrt absorbiert)

Es ist wie dieses Papier, das ich dir gegeben habe ["Das Resultat der Schöpfung"], als es da war, war alles offensichtlich, und es war der Schlüssel zu allem, um zu verstehen, wie es abläuft – warum und wohin es führt, und wie es ist. Es war vollkommen klar. Und du siehst das Papier, es sieht nach nichts aus. Als es da war, war es so offensichtlich! Einfach wunderbar. Und es war der Schlüssel zum Verständnis: der Schlüssel zum HANDELN – das enthüllte Geheimnis. So, als gäbe das die Macht. Und dann ging es wieder weg.

Ich erinnere mich, als ich mir das notierte, gab ich den Worten eine besondere Bedeutung, eine tiefere Bedeutung, die sie sonst nicht haben. Also...

(Sujata kommt zurück mit "Worte von damals")

Liebe Mutter, hier in "Worte von damals" hast du die zwölf "Tugenden" erwähnt. Zuerst erwähntest du die Aufrichtigkeit.

Ja.

Dann Demut.

Ja.

Und Mut. Dann Umsicht, Wohltätigkeit, Gerechtigkeit, Güte, Geduld, Sanftheit, Fürsorge... Und schließlich Dankbarkeit.

Ja.

Die erste ist Aufrichtigkeit; die zweite ist Demut – ja, in dieser Reihenfolge kam es neulich wieder: Aufrichtigkeit, Demut.

Und Mut.

Vorher war Durchhaltevermögen und nachher Mut. Aufrichtigkeit, Demut, Durchhaltevermögen und Mut. Daran erinnere ich mich. Aber es gab zwölf.

Nachher erwähnst du: Umsicht.

Das ist es nicht.

Wohltätigkeit.

Nein.

Güte.

Nein.

Geduld, Sanftheit, Fürsorge...

Nein... Diese Version schrieb ich, bevor ich Sri Aurobindo kannte 3 .

(Schweigen)

Wenn du da gewesen wärest, als es kam 4, hättest du verstanden, was ich sagte, denn das Bewußtsein war da (es kam in Bezug auf eine Frage, die T.J. mir stellte). Aber ich weiß nicht im voraus, wann es kommt – es kommt nicht auf Wunsch. Ich erinnere mich, als die Erfahrung kam, spürte ich plötzlich, daß ich verstand: alles war klar. Aber als ich es zu formulieren versuchte, war es schon in den Hintergrund getreten.

In einer "Agenda" hast du mir einmal von einer solchen Erfahrung erzählt.

Ach, ja?

Du sagtest, das Ziel der Schöpfung sei, im Individuum zugleich das globale Bewußtsein (des Ganzen) und das individuelle Bewußtsein zu vereinen – beide zusammen 5 .

Ja, so etwas ist es, aber es war klarer und präziser... Nicht ich bin es, die "denkt", verstehst du.

Sicherlich.

Es ist, als sei ich darin eingetaucht, und dann sehe ich... ich weiß nicht. Nein, es ist nicht etwas, das ich "sehe" (nicht etwas mir Fremdes, das ich sehe), sondern... ich BIN plötzlich das. Und in dem Moment gibt es keine Person mehr, kein... Für all diese Erfahrungen kann ich keine Worte finden.

Alles, was ich sage, alles, was ich notiere, gibt mir den Eindruck, in eine leblose Materie projiziert zu sein – wie ein Foto.

Gewiß. Während du zu mir sprichst, spüre ich die ganze Welt des Bewußtseins, die dahinter steht – die Worte sind nur ein Träger für all das, was ich spüre, was du mich wahrnehmen läßt.

Ja.

Wenn nachher nur noch die geschriebenen Worte auf dem Papier übrigbleiben, ist offensichtlich der tiefere Sinn weg.

Ja, das ist weg... Leider kommt er nicht immer zurück.

Was soll's!

(Schweigen)

Ich erinnere mich, die Erfahrung ist noch sehr lebendig. Wie ich dir sagte, hat T.J. ein sehr kindliches Bewußtsein, und so sagte ich ihr: Sieh, es ist, als ob das Ganze (nicht das Göttliche abgetrennt von der Schöpfung: das Ganze) sich auf einen Bildschirm projizierte, um sich zu sehen. So ist es unendlich, es ist "immer" – es ist niemals dasselbe, und es ist niemals abgeschlossen. Wie eine Projektion, um die Details zu sehen und sich seiner selbst auf eine andere Art bewußt zu werden 6 .

Natürlich ist dies recht kindlich als Bild, aber sehr vielsagend – so sah ich es in jenem Moment. Exakt der Eindruck eines unendlichen Ganzen, das sich endlos projiziert.

(Mutter bleibt lange absorbiert)

Ich habe das Erinnerungsvermögen verloren, aber ich fühle, daß dies absichtlich so ist; daß meine Sicht der Dinge viel weniger spontan und aufrichtig wäre (ich weiß es nicht), wenn ich mich erinnerte.

Ja, ich verstehe gut.

Es ist stets wie eine neue Offenbarung – und nie auf die gleiche Weise.

Es ist so: man WIRD die Sache – man wird sie. Man "sieht" sie nicht; es ist nicht etwas, das man sieht oder versteht oder weiß, es ist... etwas, das man IST.

Als ich diese Erfahrung der Welt hatte, enthielt die Erfahrung ihr eigenes Bewußtsein. Es war nicht etwas, das ich "wußte", es war etwas, das WAR.

Aber die Sprache, die Worte ergeben nicht den richtigen Sinn.

 

1 Das Bibliothekshaus oder der Westflügel des Ashrams, den sie am 8. Februar 1927 verlassen hatten, um sich im Meditationshaus niederzulassen, dem Ostflügel des Ashrams. Die beiden Häuser bilden den aktuellen Kern des Ashrams mit zwei anderen Häusern (Rosary und Sekretariat).

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2 Nach Sri Aurobindo "sind diese zwölf Mächte die notwendigen Schwingungen für eine vollkommene Manifestation" (XXV.359).

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3 Später stellte Mutter die Liste der zwölf Mächte oder Eigenschaften wieder her: "Aufrichtigkeit, Demut, Dankbarkeit, Durchhaltevermögen, Aspiration, Empfänglichkeit, Fortschritt, Mut, Güte, Großzügigkeit, Gleichmut, Friede."

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4 Die Erfahrung der simultanen Schau des Ganzen und aller Details.

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5 Siehe Agenda Bd. 12 am 30. Oktober und 25. Dezember 1971.

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6 Mutter fügte dieser Notiz folgende Erläuterung bei: "Es gibt keine zwei gleichen Bewußtseinsinstanzen unter den Menschenwesen in Zeit und Raum. Und die Summe all dieser Bewußtseinsinstanzen ist eine teilweise und verminderte Manifestation des göttlichen Bewußtseins. Deshalb sprach ich von "fortschreitender Vervollkommnung", denn die Manifestation des Bewußtseins im Einzelnen ist unendlich und niemals abgeschlossen."

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