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Sri Aurobindo

Das Göttliche Leben

Buch 1

Kapitel XVII. Die Göttliche Seele

Wie sollte er, dessen Selbst zu allen Wesen im Dasein geworden ist, da er das Wissen besitzt, getäuscht werden, und worüber soll er Kummer haben, er, der überall das Einssein schaut?

Isha Upanishad, Vers

Durch die Auffassung, die wir uns vom Supramental gebildet haben, indem wir es dem Mentalwesen gegenüberstellten, auf das sich unser menschliches Dasein gründet, können wir uns eine genaue, nicht bloß vage Vorstellung von Göttlichkeit und dem göttlichen Leben bilden. Wir wären sonst dazu verurteilt, diese Ausdrücke verschwommen und als ungenaue Bezeichnung für ein weites, fast unausdrückbares Streben zu gebrauchen. Darüber hinaus können wir nun diesen Ideen eine feste Grundlage philosophischen Vernunft-Denkens geben. Wir können sie in klare Beziehung zum menschlichen Wesen und Leben setzen - das alles ist, woran wir uns gegenwärtig erfreuen – und können unsere Hoffnung und unser Streben gerade durch die Eigenart der Welt, unserer eigenen kosmischen Vorfahren und die unausweichliche Zukunft unserer Evolution rechtfertigen. Wir fangen an, intellektuell zu begreifen, was das Göttliche Wesen, die Ewige Wirklichkeit, ist, und zu verstehen, wie die Welt aus ihm entstand. Wir verstehen auch immer besser, wie das, was aus dem Göttlichen Wesen kam, unvermeidlich zu ihm zurückkehren muß. Nun können wir uns mit Aussicht auf Gewinn für uns und eine klarere Antwort fragen, wie wir uns selbst umwandeln und was wir werden müssen, um dorthin zu gelangen, in unserer Natur, in unserem Leben und in unseren Beziehungen zu anderen und nicht nur durch einsame ekstatische Realisation in den Tiefen unseres Wesens. Gewiß gibt es in unseren Voraussetzungen noch einen Mangel. Denn wir haben uns bisher bemüht, für uns selbst zu definieren, was das Göttliche Wesen in seinem Herniederkommen in die begrenzte Natur ist, während das, was wir tatsächlich sind, das Göttliche Wesen im individuellen Menschen ist, das aus der begrenzten Natur zurück zu seiner eigenen wahren Göttlichkeit emporsteigt. Dieser Unterschied der Bewegung muß auch ein Unterschied zwischen dem Leben der Götter, die niemals den Absturz gekannt haben, und dem Leben des erlösten Menschen sein, der die verlorene Göttlichkeit gewonnen hat und die Erfahrung und vielleicht auch die neuen Reichtümer in sich trägt, die er sammeln konnte, indem er das Herniederkommen bis in die äußersten Tiefen annahm. Trotzdem kann es keinen Unterschied in den wesentlichen Eigenschaften geben, sondern nur in der äußeren Prägung und Färbung. Auf der Grundlage unserer Schlußfolgerungen können wir schon jetzt mit Gewißheit die wesentlichen Züge des göttlichen Lebens darstellen, nach dem wir streben.

Wie würde nun das Dasein einer göttlichen Seele sein, die nicht durch den Absturz des Geistes in die Materie und durch die Verfinsterung der Seele durch die materielle Natur in die Unwissenheit herabgesunken ist? Wie würde ihr Bewußtsein sein, würde sie so, wie das Göttliche Sein selbst, in der ursprünglichen Wahrheit der Dinge, in der unveränderlichen Einheit, in der Welt ihres eigenen unendlichen Wesens leben, dabei aber fähig sein, durch das Spiel der Göttlichen maya und durch die Unterscheidung des (intuitiv) begreifenden und (logisch) erfassenden Wahrheits-Bewußtseins, ihre Verschiedenheit von Gott zugleich als Einheit mit Ihm zu genießen und im unendlichen Spiel des selbst-vervielfachten Identischen Verschiedenheit und dennoch Einheit mit anderen göttlichen Seelen zugleich zu umfassen?

Offensichtlich wäre das Sein einer solchen Seele durch ihr Selbst stets im bewußten Spiel von saccidananda enthalten. Es wäre in seinem Wesen reines und unendliches Selbst-Sein, in seinem Werden ein freies Spiel unsterblichen Lebens, in das Tod, Geburt und Wechsel des Körpers nicht eindringen, da die Seele nicht durch Unwissenheit verdunkelt und nicht in die Finsternis unseres materiellen Wesens involviert ist. Ihr Sein wäre in seiner Kraft reines, unbegrenztes Bewußtsein, gelassen in ewiger leuchtender Ruhe als ihrem Fundament und doch fähig, frei mit Gestaltungen von Erkenntnis und Formen von bewußter Macht zu spielen: ruhig, unbeirrt durch das Straucheln mentalen Irrtums und die Mißgriffe unseres ringenden Willens, da sie nie von Wahrheit und Einssein abweicht, nie aus dem ihr eingeborenen Licht und der natürlichen Harmonie ihres göttlichen Seins herausfällt. Schließlich wäre sie in ihrer ewigen Selbst-Erfahrung reine unveränderliche Seligkeit und in der Zeit eine freie Variation von Entzücken, nicht beeinträchtigt, da in ihrem Wesen unzerteilt, durch unsere Verkehrtheiten wie Abneigung, Haß, Unzufriedenheit und Leiden, nicht gehemmt durch Eigenwillen und nicht entstellt durch den ignoranten Antrieb von Verlangen.

Das Bewußtsein der göttlichen Seele wäre aus keinem Teil der unendlichen Wahrheit ausgeschlossen. Es wäre durch kein Kräfte-Gleichgewicht und keinen Status, den sie in ihren Beziehungen zu anderen annehmen könnte, begrenzt und zu keinem Verlust an Selbst-Wissen deshalb verurteilt, weil sie rein phänomenale Individualität und das Spiel praktischer Differenzierung angenommen hat. In ihrer Selbst-Erfahrung würde sie ewig in der Gegenwart des Absoluten leben. Für uns ist das Absolute nur ein intellektueller Begriff undefinierbaren Seins. Der Intellekt sagt uns einfach: Es gibt ein brahman, das höher ist als das Höchste, paratpara, ein Unerkennbares, das sich selbst erkennt auf eine andere Art als die unseres Erkennens. Aber der Intellekt kann uns nicht in seine Nähe bringen. Da die göttliche Seele in der Wahrheit der Dinge lebt, würde sie, im Gegensatz dazu, immer sich selbst bewußt als Manifestation des Absoluten empfinden. Sie würde ihres unveränderlichen Seins als der ursprünglichen “Selbst-Form”, svarupa, jenes Transzendenten, des saccidananda, innesein. Sie würde ihr Spiel bewußten Wesens gewahren als eine Manifestation von Jenem in Formen von saccidananda. In jeder Art des Zustands oder Wirkens der Erkenntnis wäre ihr durch eine Form veränderlichen Selbst-Erkennens das Unerkennbare gegenwärtig, das um sich selbst weiß. In jedem Zustand und Wirken von Macht, Willen oder Kraft würde sie durch eine Form bewußter Macht des Wesens und Wissens der Transzendenz bewußt sein, die sich selbst besitzt. In jedem Zustand und Wirken von Seligkeit, Freude und Liebe würde sie durch eine Form bewußten Erlebens ihres Selbsts der Transzendenz innesein, die sich selbst umarmt. Diese Gegenwart des Absoluten würde für die göttliche Seele nicht ein gelegentlicher flüchtiger Anblick sein oder einer, zu dem sie schließlich nur mit Schwierigkeit gelangt und den sie als zusätzlichen Gewinn oder als höchste Erfahrung festhält, die ihr über ihren gewöhnlichen Seins-Zustand hinaus beschert wird. Sie wäre vielmehr die eigentliche Grundlage ihres Wesens sowohl in der Einheit wie in der Verschiedenheit. Sie wäre ihr gegenwärtig bei allem Erkennen, Wollen, Tun und Genießen, nie von ihr abwesend: weder von ihrem zeitlosen Selbst noch von irgendeinem Augenblick in der Zeit, weder von ihrem raumlosen Wesen noch von irgendwelcher Bestimmung ihres ausgedehnten Daseins, weder von ihrer durch keine Bedingungen beeinträchtigten Reinheit jenseits von Ursache und Umstand, noch von irgendeiner Beziehung des Umstands, der Bedingung und Kausalität. Diese ständige Gegenwart des Absoluten wäre also die Basis ihrer unendlichen Freiheit und Seligkeit. Sie würde ihre Sicherheit im Spiel gewiß machen und ihr Wurzel, Saft und Essenz ihres göttlichen Wesens gewähren.

Eine solche göttliche Seele würde ferner zugleich in den beiden Begriffen des ewigen Seins von saccidananda, in der untrennbaren Bi-Polarität der Selbst-Entfaltung des Absoluten leben, die wir das Eine und die Vielen nennen. Alles Seiende lebt in Wirklichkeit so. Für unsere geteilte Selbst-Bewußtheit gibt es etwas Unvereinbares, eine Kluft zwischen den beiden, die uns zu einer Entscheidung treibt, entweder in der Vielfalt zu leben, die verbannt ist aus dem unmittelbaren und vollständigen Bewußtsein des Einen, oder in der Einheit, die das Bewußtsein der Vielen zurückweist. Die göttliche Seele würde nicht unter diese Trennung und Dualität versklavt sein. Sie wäre in sich selbst sofort der unendlichen Selbst-Konzentration sowie der unendlichen Selbst-Ausdehnung und Ausbreitung bewußt. Sie würde zugleich das Eine gewahren, das in seinem unitarischen Bewußtsein die zahllose Vielfalt in sich enthält – als sei sie potentiell, unausgedrückt und darum für unsere mentale Erfahrung dieses Zustands nicht-existent – und das Eine, das in seinem ausgebreiteten Bewußtsein die Vielfalt enthält, nach außen geworfen und aktiv als das Spiel seines eigenen bewußten Wesens, Wollens und Seligseins. Die göttliche Seele wäre so in gleicher Weise der Vielen inne, die das Eine, das der ewige Ursprung und die Wirklichkeit ihres Daseins ist, immer zu sich herniederziehen, und jener Vielen, die, angezogen von dem Einen, immer zu ihm emporsteigen, weil es höchste Höhe und wonnevolle Rechtfertigung all ihres Spiels der Verschiedenheit ist. Diese weite Betrachtung der Dinge ist die Prägeform des Wahrheits-Bewußtseins, die Grundlage der großen Wahrheit und des Richtigen, die von den vedischen Sehern in ihren Hymnen gepriesen werden. Diese Einheit aller einander gegenüberstehenden Begriffe ist das wahre advaita, das höchste umfassende Wort der Erkenntnis des Unerkennbaren.

Die göttliche Seele wird jeder Variation von Wesen, Bewußtsein, Willen und Seligkeit innesein als des Ausströmens, der Ausbreitung und Ausgießung jener in sich selbst konzentrierten Einheit, die sich entfaltet – nicht in Verschiedenheit und Zertrennung, sondern in eine andere, weit ausgebreitete Form unendlicher Einheit. Sie selbst wird in der Wesenhaftigkeit ihres Seins immer im Einssein konzentriert und manifestiert sein bei unterschiedlicher Ausdehnung ihres Wesens. Alles was in ihr selbst Form annimmt, werden die offenbarten Potentialitäten des Einen sein: das Wort oder der Name, die aus dem namenlosen Schweigen hervorschwingen; die Form, die die formlose Wesenhaftigkeit verwirklicht; der aktive Wille oder die Macht, die aus der ruhigen Kraft hervorgehen; der Strahl der Selbst-Kenntnis, der aus der Sonne zeitlosen Selbst-Inneseins hervorbricht; die Woge des Werdens, die aus dem ewig seiner selbst bewußten Sein in die Gestaltung eines selbst-bewußten Daseins emporsteigt; die Freude und Liebe, die immer aus der ewigen stillen Seligkeit hervorquellen. Das wird das in seiner Selbst-Entfaltung zwei-einige Absolute sein, und jede Relativität in ihm wird sich selbst gegenüber absolut sein, da sie ihrer gewahr wird als das manifestierte Absolute, jedoch ohne jene Unwissenheit, die andere Relativitäten als ihrem eigenen Wesen fremd oder weniger vollständig als sie selbst ausschließt.

in der Ausdehnung wird die göttliche Seele drei Grade des supramentalen Seins wahrnehmen, jedoch nicht so, wie wir sie durch unser Mental betrachten müssen, als verschiedene Grade, sondern als ein dreieiniges Faktum der Selbst-Offenbarung von saccidananda. Sie wird sie in ein und derselben intuitiv begreifenden Selbst-Realisation umfassen können, denn die Fähigkeit zu solch einem umfassenden Begreifen ist die Grundlage des der Wahrheit bewußten Supramentals. Sie wird in göttlicher Weise alle Dinge als das Selbst begreifen, verstehen und erfühlen, als ihr eigenes Selbst, als das eine Selbst aller, als das eine Selbst-Seiende und Selbst-Werden, jedoch nicht aufgeteilt in seinen Werdeformen, da sie, losgetrennt von seinem eigenen Selbst-Bewußtsein, kein Dasein besitzen. Sie wird in göttlicher Weise alle Wesen im Dasein begreifen, verstehen und erfühlen als Seelen-Gestaltungen des Einen, von denen jedes sein eigenes Wesen im Einen hat, seinen eigenen festen Stand im Einen, seine eigenen Beziehungen zu allen anderen existierenden Wesen, die die unendliche Einheit bevölkern, aber alle von dem Einen abhängen, eine bewußte Form von Ihm in Seiner eigenen Unendlichkeit. Die Seele wird in göttlicher Weise all diese Seienden begreifen, verstehen und erfühlen können in ihrer Individualität, an ihrem besonderen Ort lebend als das individuelle Göttliche Wesen, jedes den innewohnenden Einen und Höchsten besitzend. Darum ist keines nur eine Form oder Truggestalt, illusorischer Teil eines wirklichen Ganzen, bloß schäumende Woge auf der Oberfläche eines unbeweglichen Ozeans – das alles sind schließlich nur unangemessene mentale Bilder, sondern ein Ganzes im Ganzen, eine Wahrheit, die die unendliche Wahrheit wiederholt, eine Welle, die das ganze Meer ist, ein Relatives, das sich als das Absolute selbst erweist, wenn wir hinter die Form schauen und es in seiner Vollständigkeit sehen.

Denn diese drei sind Aspekte des Einen Seins. Der erste gründet sich auf jene Selbst-Erkenntnis, die, in unserer menschlichen Realisation des Göttlichen Wesens, von der Upanishad als das Selbst beschrieben wird, das in uns zu allen existierenden Wesen wird. Der zweite Aspekt ist das, was als das Schauen aller existierenden Wesen im Selbst beschrieben wird. Der dritte Aspekt des Einen Seins wird beschrieben als das Sehen des Selbsts in allen existierenden Wesen. Das Selbst, das zu allen existierenden Wesen wird, ist die Grundlage unseres Einsseins mit allen. Das Selbst, das alle Existenzen in sich enthält, ist die Basis für unser Einssein mit ihnen in der Verschiedenheit. Das Selbst, das alle bewohnt, ist die Grundlage für unsere Individualität im Universalen. Wenn der Mangel unseres Mentals, wenn sein Bedürfnis nach exklusiver Konzentration es zwingt, sich auf einen dieser Aspekte der Erkenntnis des Selbsts unter Ausschluß der anderen festzulegen, und wenn eine unvollkommene ebenso wie exklusive Realisation uns ständig dazu veranlaßt, in die eigentliche Wahrheit ein menschliches Element von Irrtum und in die umfassende Einheit ein Element von Konflikt und gegenseitiger Verneinung zu tragen, müssen sich diese Aspekte einem göttlichen supramentalen Wesen durch den wesenhaften Charakter des Supramentals, das umfassendes Einssein und unendliche Totalität ist, dennoch als dreifache, besser dreieinige Realisation darstellen.

Setzen wir voraus, diese Seele nimmt ihr Gleichgewicht, ihren Mittelpunkt im Bewußtsein des individuellen Göttlichen Wesens ein, lebt und handelt in einer fest umrissenen Beziehung zu den “anderen”, so wird sie dennoch im Fundament ihres Bewußtseins die völlige Einheit besitzen, aus der alles hervorgeht. Im Hintergrund dieses Bewußtseins wird sie die ausgebreitete und modifizierte Einheit haben. Sie wird stets zu jeder von diesen zurückkehren und von ihnen aus ihre Individualität betrachten können. Im Veda wird von den Göttern behauptet, daß sie alle diese Positionen einnehmen können. Ihrem Wesen nach sind die Götter ein einziges Sein, das die Weisen mit verschiedenen Namen bezeichnen. Ihrem Wirken nach, das auf das erhabene Wahre und Rechte gegründet ist und von da ausgeht, sagt man jedoch: Agni oder ein anderer seien zugleich alle übrigen Götter. Er ist der Eine, der zu allen wird. Zugleich sagt man von ihm, er enthalte alle Götter so in sich, wie die Nabe eines Rads alle Speichen in sich enthalte: Er ist der Eine, der alle in sich enthält. Dennoch wird er als Agni, als eine gesonderte Gottheit, beschrieben, als einer, der allen anderen hilft, sie an Kraft und Wissen übertrifft, dennoch in kosmischer Stellung ihnen untergeordnet ist und von ihnen als Bote, Priester, Arbeiter angestellt wird, – er, der Weltenschöpfer und Vater, der doch der Sohn ist, der aus unseren Werken geboren wird, er heißt das ursprüngliche und das manifestierte innewohnende Selbst oder Göttliche Wesen, der Eine, der in allen wohnt.

Die Beziehungen der göttlichen Seele zu Gott oder ihrem höchsten Selbst und zu ihren anderen Selbsten in anderen Gestalten werden durch diese umfassende Erkenntnis des Selbsts festgelegt. Diese Relationen werden Beziehungen von Seiendem, Bewußtsein und Erkenntnis, von Willen und Kraft, von Liebe und Seligkeit sein. Da sie in ihrer Variationspotenz unendlich sind, brauchen sie keine mögliche Beziehung von Seele zu Seele auszuschließen, die mit der Bewahrung des unveräußerlichen Empfindens der Einheit vereinbar ist, auch wenn dem jedes Phänomen von Verschiedenheit entgegensteht. So wird die göttliche Seele in ihren Beziehungen freudiger Art die Seligkeit ihrer ganzen eigenen Erfahrung in sich selbst haben. Sie wird die Seligkeit all ihrer Erfahrung von Beziehung zu anderen als Kommunion mit anderen Selbsten in anderen Gestalten erleben, die für ein unterschiedliches Spiel im Universum erschaffen sind. Sie wird auch die Seligkeit der Erfahrungen ihrer anderen Selbste so haben, als wären sie ihre eigenen -was sie auch wirklich sind. Sie wird die Befähigung zu alledem haben, weil sie ihre eigenen Erfahrungen, ihre Beziehungen zu anderen und die Erfahrungen anderer und deren Beziehungen zu ihr als die ganze Freude oder das ananda des Einen erlebt, des höchsten Selbsts, ihres eigenen Selbsts, dadurch differenziert, daß es alle diese Gestalten von seinem eigenen Wesen umfaßt, bewohnt und doch in der Verschiedenheit nur eines ist. Da diese Einheit die Basis all ihrer Erfahrung ist, ist sie frei von den Disharmonien unseres zerteilten Bewußtseins, das durch Unwissenheit und separatistischen Egoismus zertrennt ist. Alle diese Selbste und ihre Beziehungen werden einander bewußt in die Hände spielen. Sie werden sich trennen und wieder miteinander verschmelzen wie die zahllosen Töne einer ewigen Harmonie.

Dasselbe Gesetz wird für die Beziehungen ihres Wesens, Erkennens und Wollens zum Wesen, Erkennen und Wollen anderer gelten. Denn all ihre Erfahrung und Seligkeit wird das Spiel einer in ihrem Selbst freudvollen bewußten Kraft des Wesens sein, in dem, durch Gehorsam gegenüber dieser Wahrheit der Einheit, Wille nicht der Erkenntnis und beide nicht der Seligkeit widerstreiten können. Auch werden Erkenntnis, Wille und Seligkeit der einen Seele nicht mit Erkenntnis, Willen und Seligkeit einer anderen Seele zusammenstoßen, da dort, infolge des Inneseins ihrer Einheit, aller Zusammenstoß, Kampf und alle Disharmonie in unserem zertrennten Wesen zu einem Sichbegegnen, Sichumschließen und Wechselspiel der verschiedenen Noten einer einzigen unendlichen Harmonie wird.

In den Beziehungen zu ihrem höchsten Selbst, zu Gott, wird die göttliche Seele dieses Gefühl des Einsseins des transzendenten und universalen Göttlichen Wesens mit ihrem eigenen Wesen haben. Sie wird sich an diesem Einssein Gottes mit ihr in der eigenen Individualität und mit ihren anderen Selbsten in der Universalität erfreuen. Ihre Beziehungen der Erkenntnis werden das Spiel der göttlichen Allwissenheit sein, denn Gott ist Wissen. Was bei uns Unwissenheit ist, ist dort nur das Einbehalten von Wissen in der Ruhe eines bewußten Selbst-Inneseins, so daß gewisse Formen dieses Selbst-Gewahrseins in die Aktivität von Licht hervorgebracht werden können. Ihre Beziehungen des Willens werden dort das Spiel der göttlichen Allmacht sein, denn Gott ist Kraft, Wille und Macht. Was bei uns Schwäche und Unfähigkeit ist, wird dort das Zurückhalten von Willen in ruhiger konzentrierter Kraft sein, so daß sich gewisse Formen göttlicher bewußter Kraft verwirklichen können, indem sie in einer Form von Macht hervorgebracht werden. Ihre Beziehungen der Liebe und Seligkeit werden das Spiel göttlicher Ekstase sein, denn Gott ist Liebe und Seligkeit. Was bei uns ein Verneinen von Liebe und Seligkeit wäre, wird dort ein Zurückhalten von Freude im stillen Meer von Wonne sein, so daß gewisse Formen göttlicher Einung und Freude in aktivem Aufwallen von Wonne nach außen verströmt werden mögen. So wird für die göttliche Seele auch all ihr Werden eine Gestaltung des göttlichen Wesens in Antwort auf dieses Wirken sein. Was bei uns Aufhören, Tod, Vernichtung ist, wird nur Ruhe, Übergang oder das Zurückhalten der freudvollen schöpferischen maya im ewigen Wesen von saccidananda sein. Zugleich wird dieses Einssein Beziehungen der göttlichen Seele zu Gott, zum höchsten Selbst, nicht ausschließen, die sich auf die Freude der Verschiedenheit gründen, so daß sich die Seele deshalb aus der Einheit trennt, um sich dieser Einheit auf eine andere Weise zu erfreuen. Sie wird die Möglichkeit solcher erlesenen Formen der Freude in Gott nicht vernichten, die das höchste Entzücken des Gott-Liebenden in seiner Umarmung des Göttlichen Wesens sind.

Welches werden aber die Bedingungen sein, unter denen und durch die sich diese Lebensart der göttlichen Seele verwirklichen wird? Alle Erfahrung in einer Beziehung verläuft durch gewisse Kräfte des Wesens, die durch eine Instrumentation Gestalt annehmen, der wir die Namen von Eigenschaften, Qualitäten, Aktivitäten, Fähigkeiten geben. So wie sich etwa das Mental in verschiedenen Formen von Mental-Macht ausprägt, wie Urteil, Beobachtung, Erinnerung, Sympathie, die seinem Wesen entsprechen, so muß auch das Wahrheits-Bewußtsein oder Supramental die Beziehungen von Seele zu Seele durch Kräfte, Befähigungen, Funktionsweisen bewirken, die dem supramentalen Wesen eigentümlich sind. Andernfalls gäbe es kein Spiel der Differenzierung. Was diese Funktionsweisen sind, werden wir sehen, wenn wir später die psychologischen Bedingungen des Göttlichen Lebens betrachten. Gegenwärtig erforschen wir nur seine metaphysischen Grundlagen, seine wesenhafte Natur und Prinzipien. Hier möge die Bemerkung genügen, daß die eine wesentliche Bedingung für das Göttliche Leben Abwesenheit oder Beseitigung des separatistischen Egoismus und der wirksamen Zerteilung des Bewußtseins ist. Ihr Vorhandensein in uns konstituiert unsere Sterblichkeit und unseren Fall aus dem Göttlichen Wesen. Das ist unsere “Ur-Sünde” oder, in einer mehr philosophischen Sprache ausgedrückt, das Abirren aus der Wahrheit und aus dem Rechten des Geistes, aus seiner Einheit, Ganzheit und Harmonie, was die notwendige Voraussetzung schuf für jenen großen Absturz in die Unwissenheit, der das Abenteuer der Seele in der Welt ist und aus der unsere leidende und strebende Menschheit geboren ward.