Sri Aurobindo
Das Göttliche Leben
Buch 1
Kapitel XXIII. Die doppelte Seele im Menschen
Der purusha, das
innere Selbst, nicht größer als die Länge des menschlichen Daumens.
Katha Upanishad, IV.12.
Svetasvatara
Upanishad, VI.17.
Wer dieses Selbst kennt, das den Honig des Daseins genießt und der Herr dessen ist, das ist und sein wird, schreckt von da an vor nichts mehr zurück.
Katha Upanishad, IV.5.
Wovor soll jener Mensch sich ängstigen, wie soll er getäuscht werden, der überall das Einssein schaut?
Isha Upanishad, Vers 7.
Wer die Seligkeit des Ewigen gefunden hat, fürchtet sich vor keiner Bedrohung, von welcher Seite sie auch kommt.
Taittiriya Upanishad, II.9.
Wir fanden, daß der erste Status des Lebens durch einen
dumpfen, unbewußten Trieb oder Drang charakterisiert wird, durch die Kraft eines
ins materielle oder atomare Dasein involvierten Willens, der nicht frei und
Besitzer seiner selbst, seiner Werke und ihrer Ergebnisse ist, sondern ganz und
gar von der universalen Bewegung in Besitz gehalten wird, in der er als der
unerleuchtete, ungeformte Keim von Individualität entsteht. Die Wurzel des
zweiten Status ist Begehren, das ganz darauf aus ist, zu besitzen, aber in
seiner Fähigkeit begrenzt bleibt. Die Knospe des dritten Status ist Liebe, die
sich sowohl andere aneignen wie ihnen zu eigen werden will, die empfangen und
auch sich selbst geben möchte. Wir begreifen als die herrliche Blüte des vierten
Status, als sein Zeichen der Vollkommenheit und als das reine, vollständige
Hervortreten des ursprünglichen Willens die erleuchtete Erfüllung des Begehrens
der Mittelstufe, die hohe und tiefe Befriedigung im bewußten Austausch von Liebe
durch die Vereinigung des Zustands, Eigner und Eigentum zu sein, in der
göttlichen Einheit der Seelen: das ist die Grundlage des supramentalen Daseins.
Wenn wir diese Begriffe sorgfältig erforschen, erkennen wir sie als Gestaltungen
und Stufen im Suchen der Seele nach der individuellen und universalen Freude an
den Dingen. Der Aufstieg des Lebens ist seiner
Art nach der Aufstieg der göttlichen Freude in den Dingen aus ihrer dumpfen
Konzeption in Materie durch die Fährnisse und Gegensätzlichkeiten bis zu ihrer
lichtvollen Vollendung im Geist.
So wie die Welt ist, könnte das nicht anders sein. Denn die Welt ist die durch eine Maske entstellte Form von saccidananda; die Natur des Bewußtseins von saccidananda und deshalb auch das, worin sich Seine Kraft immer selbst finden und zum Ziel bringen muß, ist Göttliche Wonne, eine allgegenwärtige tiefe Freude aus dem Selbst. Da Leben eine Energie Seiner bewußten Kraft ist, muß das Geheimnis all seiner Bewegungen eine verborgene, allen Dingen innewohnende Seligkeit sein, zugleich Ursache, Beweggrund und Ziel seiner Wirkensweisen. Wenn nun aufgrund der Zerteilung durch das Ich diese Seligkeit verfehlt und hinter einem Schleier zurückgehalten wird, wenn sie sich als ihr eigener Gegensatz darstellt, sich sogar als Tod verkleidet, wenn Bewußtsein die Gestalt des Unbewußten annimmt und Kraft sich in der Vermummung von Unfähigkeit lächerlich macht, kann sich das Lebendige nicht damit zufrieden geben. Erst dann kann es von der Bewegung des Lebens ausruhen oder diese zur Erfüllung bringen, wenn es jene universale Seligkeit sicher erlangt, die zugleich die geheime volle Seligkeit seines eigenen Wesens und die ursprüngliche, alles-umfassende, alles-gestaltende, alles-erhaltende vollkommene Freude des transzendenten und immanenten saccidananda ist. Vollkommene Freude zu erstreben, ist darum der fundamentale Impuls und Sinn des Lebens. Sie zu finden, zu besitzen und zur Vollendung zu bringen, ist sein ganzes Motiv.
Wo in uns ist aber dieses Prinzip der Seligkeit? Durch
was für einen Begriff unseres Wesens offenbart und erfüllt es sich In der Aktion
des Kosmos so, wie sich das Prinzip der Bewußten Kraft im Leben offenbart und
dieses als seinen kosmischen Begriff verwendet und wie sich das Prinzip des
Supramentals im Mental offenbart und dieses verwendet? Wir haben ein vierfaches
Prinzip des göttlichen Wesens unterschieden, das das Universum erschafft: Sein,
Bewußte Kraft, Seligkeit und Supramental. Supramental ist, wie wir gesehen
haben, im materiellen Kosmos allgegenwärtig, wenn auch verhüllt. Es existiert
hinter dem aktuellen Erscheinungsbild der Dinge und drückt sich dort insgeheim
aus. Um sich wirksam zu machen, verwendet es den eigenen Unterbegriff Mental.
Die göttliche Bewußte Kraft ist im materiellen Kosmos überall, wenn auch verhüllt, vorhanden. Sie wirkt aber geheim hinter der aktuellen
Erscheinungsform der Dinge und drückt sich dort charakteristischerweise durch
ihren Unterbegriff Leben aus. Obwohl wir noch nicht gesondert das Prinzip von
Materie untersucht haben, können wir jetzt schon sehen, daß das göttliche
All-Sein auch im materiellen Kosmos, wenngleich verhüllt, allgegenwärtig ist:
verborgen hinter der aktuellen Erscheinungsform der Dinge. Sie manifestiert sich
dort anfangs durch den ihr untergeordneten Begriff Substanz, Form des Wesens
oder Materie. In gleicher Weise muß auch das Prinzip der göttlichen Seligkeit im
Kosmos allgegenwärtig sein, zwar verhüllt und im Besitz ihres Selbsts nur hinter
dem aktuellen Erscheinungsbild der Dinge, dennoch in uns manifest durch eines
seiner untergeordneten Prinzipien, in dem es verborgen ist, durch das es
entdeckt und in der Aktion des Universums erlangt werden muß.
Dieser Begriff ist etwas in uns, das wir manchmal in
besonderem Sinn die Seele nennen, also das psychische Prinzip, das nicht Leben
oder Mental, noch weniger Körper ist, das vielmehr in sich die Wesenheit von
ihnen allen enthält, die sich öffnet und zu ihrem eigenen besonderen Entzücken
am Selbst, zu Licht, Liebe, Freude, Schönheit und einer verfeinerten Reinheit
des Wesens aufblüht. Tatsächlich gibt es aber in uns eine doppelte Seele, einen
zweifachen psychischen Begriff, wie ja auch jedes andere kosmische Prinzip in
uns doppelt ist. Wir haben ein zweifaches Mental: das Mental der Außenseite
unseres in der Evolution zum Ausdruck gekommenen Ichs, die vordergründige, durch
uns bei unserem Hervortreten aus der Materie geschaffene Mentalität, und ein
anderes, subliminales Mental, das nicht behindert ist durch unser aktuelles
mentales Leben und seine starren Einschränkungen, etwas Umfassendes, Mächtiges,
Lichtvolles, das wahre mentale Wesen hinter jener vordergründigen Form mentaler
Persönlichkeit, die wir irrig für uns selbst halten. Ebenso haben wir zwei
Leben: ein äußeres, im physischen Körper involviertes, gebunden durch seine
vergangene Evolution in der Materie, das lebt, geboren wurde und sterben wird,
und das andere, jene subliminale Lebenskraft, die nicht eingezwängt ist in
unsere engen Grenzen von physischer Geburt und Tod, sondern die unser wahres
vitales Wesen hinter der Lebensform ist, die wir unwissend für unser wirkliches
Dasein halten. Selbst in der Materie unseres Wesens ist diese Dualität: hinter
unserem Körper haben wir ein subtileres Dasein, das die Substanz liefert nicht
nur für unsere physischen, sondern auch für
unsere vitalen und mentalen Umhüllungen und darum unsere wirkliche Substanz ist,
die die physische Form erhält, die wir irrig für den ganzen Leib unseres Geistes
halten. Ebenso haben wir in uns eine doppelte psychische Wesenheit: die
Begehren-Seele im Vordergrund, die sich in unseren vitalen Sehnsüchten, unseren
Gefühlen, in der ästhetischen Begabung und im mentalen Suchen nach Macht, Wissen
und Glück auswirkt, und eine subliminale psychische Wesenheit, eine reine Macht
von Licht, Liebe, Freude und verfeinerter Essenz des Wesens, die unsere wahre
Seele hinter der äußeren Form psychischen Daseins ist, die wir oft mit diesem
Namen ehren. Erst wenn ein Widerschein dieser umfassenderen, reineren
psychischen Wesenheit an der Außenseite hervortritt, sagen wir von einem
Menschen, er hat eine Seele. Wenn das in seinem äußeren psychischen Wesen fehlt,
sagen wir von ihm, er habe keine Seele.
Die äußeren Formen unseres Wesens sind die unseres kleinen ichhaften Daseins. Die subliminalen sind die Gestaltungen unserer umfassenderen wahren Individualität. Sie sind darum jener verborgene Teil unseres Wesens, mit dem unsere Individualität unserer Universalität nahe ist, in Berührung, ständiger Beziehung und Austausch steht. Das subliminale Mental in uns ist offen für die allumfassende Erkenntnis des kosmischen Mentals, das subliminale Leben in uns für die allumfassende Kraft des kosmischen Lebens, die subliminale Körperlichkeit in uns für die allumfassende Kraft-Gestaltung kosmischer Materie. Die dicken Wände, die unser Mental, Leben und Körper von diesen Dingen trennen und die die Natur mit so großer Mühe, so unvollkommen und mit so vielen geschickt-plumpen physischen Maßnahmen zu durchbrechen hat, sind dort, im Subliminalen, nur ein dünnes Medium zugleich der Trennung und der Kommunikation. So ist auch die subliminale Seele in uns offen für die allumfassende Freude, die die kosmische Seele in ihrem eigenen und im Dasein von Myriaden sie repräsentierender Seelen sowie in den Betätigungen von Mental, Leben und Materie genießt, an die sich die Natur zu deren Spiel und Entwicklung hingibt. Vor dieser kosmischen Freude ist aber die Vordergrund-Seele durch die starken Ich-Wände ausgeschlossen. Sie haben gewiß Durchlässe für die Einwirkungen der göttlichen kosmischen Seligkeit, aber wenn diese durch sie zu uns kommen, verkümmern sie, werden sie entstellt oder müssen uns in der Maske ihrer Gegensätze erreichen.
Daraus ergibt sich, daß
in dieser Vordergrund- oder Begehren-Seele kein wahres Seelen-Leben, sondern nur
psychische Entstellung und falscher Empfang der Berührung durch die Dinge
entsteht. Die Krankheit der Welt besteht darin, daß der Einzelne seine wahre
Seele nicht finden kann, und die Ursache an der Wurzel dieser Krankheit ist
wieder, daß er, wenn er die äußeren Dinge ganz umfassen will, mit der wirklichen
Seele der Welt, in der er lebt, nicht in Verbindung kommen kann. Er sucht dort
das Wesentliche des Wesens, die wahre Essenz der Macht, des bewußten Seins, der
Seligkeit. Er empfängt statt dessen eine Masse widersprüchlicher Kontakte und
Eindrücke. Wenn er die Essenz finden könnte, würde er auch das eine
allumfassende Wesen, die eine universale Macht, das eine bewußte Sein und die
eine Seligkeit selbst in diesem Getümmel der Einwirkungen und Eindrücke finden.
Die Widersprüche in dem, was äußere Erscheinungen sind, würden in der Einheit
und Harmonie der Wahrheit, die in diesen Kontakten auf uns einwirkt, ausgesöhnt.
Zugleich würde er seine wahre Seele und durch diese sein Selbst entdecken, denn
die wahre Seele ist der Delegierte seines Selbsts, und sein Selbst und das
Selbst der Welt sind eines. Das bringt der Mensch aber nicht fertig wegen der
ichhaften Unwissenheit im Mental des Denkens, im Herz der Gefühle und in den
Sinnen. Diese reagieren auf die Einwirkung der Dinge nicht mit mutiger,
warmherziger Umarmung der Welt, sondern mit dem ständigen Hin und Her von
Zufassen und Zurückschrecken, vorsichtigen Annäherungen oder eifrigem
Vorwärtsstürmen, verdrossenem, unzufriedenem, panischem oder ärgerlichem
Zurückweichen, je nachdem der Kontakt in ihm Freude oder Mißfallen, Wohlbefinden
oder Warnungen, Zufriedenheit oder Unzufriedenheit hervorruft. Es ist die
Begehren-Seele, die durch ihren falschen Empfang des Lebens die Ursache für eine
dreifache Mißdeutung von rasa, der den Dingen innewohnenden Seligkeit,
gelangt, so daß diese, statt die reine wesenhafte Freude des Seienden
darzustellen, unausgeglichen in den drei Begriffen von Lust, Schmerz und
Gleichgültigkeit zu uns kommt.
Als wir die Seins-Seligkeit in ihren Beziehungen zur
Welt betrachteten, sahen wir, daß es in unseren Maßstäben von Lust, Schmerz und
Gleichgültigkeit keine Unbedingtheit oder wesenhafte Geltung gibt, daß sie
völlig durch die Subjektivität des empfangenden Bewußtseins bestimmt sind und
daß der Grad beider, Lust und Schmerz, bis zu einem Maximum erhöht, bis zu einem
Minimum herabgedrückt oder sogar in seiner
Sichtbarkeit völlig ausgelöscht werden kann. Lust kann zu Schmerz, Schmerz zu
Lust werden, weil sie ihrer geheimen Wirklichkeit nach dasselbe sind, nur
unterschiedlich wiedergegeben in Empfindungen und Gefühlen. Gleichgültigkeit ist
entweder die Unaufmerksamkeit der vordergründigen Begehren-Seele in ihrem
Mental, ihren Empfindungen, Gefühlen und Sehnsüchten gegenüber dem rasa
der Dinge, oder die Unfähigkeit, es zu empfangen und darauf zu antworten, oder
die Ablehnung, überhaupt eine äußere Reaktion zu zeigen, oder auch ihre Tendenz,
Lust oder Schmerz durch den Willen in die neutrale Färbung von Unerwünschtheit
zu verdrängen oder herabzudrücken. In all diesen Fällen kommt es dazu, daß man
das, was stets subliminal aktiv ist, entweder positiv zurückweist oder in
negativer Weise unwillig oder unfähig ist, es wiederzugeben oder irgendwie
positiv an der Oberfläche zu repräsentieren.
Genauso wie wir durch psychologische Beobachtung und
Experimente wissen, daß das subliminale Mental all diese Berührungen der Dinge,
die das Oberflächen-Mental ignoriert, aufnimmt und im Gedächtnis behält, so
finden wir, daß die subliminale Seele auch auf das rasa antwortet, auf
die Essenz in einer Erfahrung dieser Dinge, die die Begehren-Seele der
Außenseite entweder mit Abscheu oder Verweigerung zurückweist oder durch
neutrales Nicht-Annehmen ignoriert. Eine Erkenntnis des Selbsts ist unmöglich,
wenn wir nicht hinter unser vordergründiges Dasein zurücktreten, da es nur das
Ergebnis ausgewählter äußerer Erfahrungen ist, ein unvollkommenes Brett zur
Schalldämpfung oder die abstoßende, inkompetente und fragmentarische Übertragung
eines geringfügigen Teils aus dem Vielen, das wir sind, – es sei denn, wir gehen
dahinter zurück, senken unser Lot hinab in das Unterbewußte und öffnen uns für
das Überbewußte, damit wir ihre Beziehung zu unserem vordergründigen Wesen
erkennen. Denn zwischen diesen drei Dingen bewegt sich unser Dasein, es findet
in ihnen seine Totalität. Das Überbewußte in uns ist eins mit dem Selbst und der
Seele der Welt. Es wird von keiner Unterschiedlichkeit äußerer Erscheinungen
beherrscht. Darum besitzt es die Wahrheit der Dinge und ihre Seligkeit in ganzer
Fülle. Das Unterbewußte,1 das man im lichtvollen Höhepunkt seiner selbst das Subliminale nennt, ist im Gegensatz dazu nicht
wahrer Besitzer der Erfahrung, sondern ihr Instrument. Es ist praktisch nicht
eins mit der Seele und dem Selbst der Welt, aber es ist für sie durch seine
Welt-Erfahrung offen. Die subliminale Seele ist sich im Innern des rasa
der Dinge bewußt und findet gleichmäßig Entzücken an allen Kontakten. Sie ist
auch der Werte und Maßstäbe der vordergründigen Begehren-Seele inne und empfängt
an ihrer Außenseite entsprechende Einwirkungen von Lust, Schmerz und
Gleichgültigkeit, hat jedoch gleichmäßig Freude an allen. Mit anderen Worten:
unsere wahre Seele im Innern findet Freude an all ihren Erfahrungen, gewinnt aus
ihnen Stärke, Lust und Erkenntnis, wächst durch sie in ihrem Bestand an Leben
und in ihrer Fülle. Diese wahre Seele in uns zwingt das zurückschreckende Mental
des Begehrens, das zu ertragen, was für es schmerzvoll ist, es sogar zu suchen
und Lust daran zu finden, sowie das zurückzuweisen, was für es lustvoll ist,
oder dessen Werte zu ändern oder sogar umzukehren, Dinge in Indifferenz zum
Ausgleich zu bringen oder sie in Freude gleichmütig hinzunehmen, in der Lust an
der Unterschiedlichkeit des Daseins. Das tut sie, weil sie durch das
Allumfassende gezwungen ist, durch alle Arten von Erfahrung sich zu entwickeln,
um an Natur zu wachsen. Würden wir andererseits nur aus der vordergründigen
Begehren-Seele leben, könnten wir uns nicht verändern und ebensowenig
fortentwickeln wie Pflanze und Stein, in deren Unbeweglichkeit oder
Routine-Dasein – weil Leben dort noch nicht an der Oberfläche bewußt geworden
ist – die geheime Seele der Dinge noch kein Instrument besitzt, durch das sie
das Leben aus seiner festgelegten engen Skala retten kann, in die es geboren
ist. Würde man die Begehren-Seele sich selbst überlassen, sie würde immer und
ewig in denselben Bahnen kreisen.
Nach Ansicht alter Philosophien sind Lust und Schmerz
ebenso untrennbar wie intellektuelle Wahrheit und Unwahrheit, Macht und
Ohnmacht, Geburt und Tod. Darum sei der einzig mögliche Ausweg ihnen gegenüber
die totale Indifferenz, eine leere Reaktion auf die Aufregungen durch das
Welt-Selbst. Eine verfeinerte psychologische Erkenntnis zeigt uns aber, daß
diese nur auf oberflächliche Tatsachen des Daseins gegründete
Anschauung die Möglichkeiten des Problems nicht wirklich erschöpft. Wenn man die
wahre Seele in den Vordergrund bringt, kann man die vom Ich bedingten Maßstäbe
von Lust und Schmerz durch eine ausgeglichene allumfassende personal-apersonale
Seligkeit ersetzen. Das tut der Liebhaber der Natur, wenn er an allen Dingen der
Natur allgemein Freude empfindet, ohne in sich Abscheu, Furcht oder nur das
bloße Gefallen und Mißfallen zuzulassen, weil er in allem, was anderen als
gewöhnlich und bedeutungslos, als roh und wild, schrecklich und abstoßend
erscheint, Schönheit wahrnimmt. Das tut auch der Künstler und der Dichter, wenn
sie das rasa des Allumfassenden aus dem ästhetischen Gefühl, der
körperlichen Linie oder mentalen Form von Schönheit erfahren oder es aus dem
inneren Sinn und der Macht sowohl dessen erleben, von dem sich der gewöhnliche
Mensch abwendet, wie von dem, woran er mit einem Empfinden von Lust hängt. Auf
ihre Art tun das alle: der nach Erkenntnis Suchende, der Gott-Liebende, der den
Gegenstand seiner Liebe überall findet, der Spirituelle, der Intellektuelle, der
Empfindsame, der Ästhet; alle tun das und müssen das tun, wenn sie allumfassend
die Erkenntnis, Schönheit, Freude oder die Gottheit finden wollen, die sie
suchen. Nur in jenen Schichten, in denen das kleine Ich meist zu stark für uns
ist, nur in unserem emotionalen oder physischen Frohsein und Leiden, in Lust und
Schmerz des Lebens, vor denen die Begehren-Seele in uns so äußerst schwächlich
und feige ist, wird die Anwendung des göttlichen Prinzips besonders schwierig,
erscheint sie vielen unmöglich oder gar als ungeheuerlich und abstoßend. Hier
schreckt die Unwissenheit des Ichs vor dem Prinzip der Apersonalität zurück, das
sie doch ohne zu große Schwierigkeit in Wissenschaft und Kunst und sogar bei
einer gewissen Art unvollkommenen spirituellen Lebens anwendet, weil dort das
Gesetz der Apersonalität nicht das von der vordergründigen Seele bevorzugte
Begehren und auch nicht die vom vordergründigen Mental festgelegten Werte des
Begehrens angreift, an denen unser äußeres Leben vital interessiert ist. In den
freieren und höheren Bewegungen werden von uns ein festgelegter höher
entwickelter Gleichmut und Apersonalität gefordert, die einem bestimmten Bereich
des Bewußtseins und seiner Aktivität eigentümlich sind, während die egoistische
Basis unseres praktischen Lebens uns überlassen bleibt. In den niedrigeren
Bewegungen muß die Grundlage unseres Lebens umgewandelt werden, um für die
Apersonalität Raum zu schaffen; das findet aber die Begehren-Seele unmöglich.
Die in uns verborgene
wahre Seele – wir nannten sie subliminal, aber dieses Wort ist irreführend, denn
diese psychische Erscheinung findet sich nicht unterhalb der Schwelle des wachen
Mentals, sie strahlt vielmehr im Tempel tief innen im Herzen hinter dem dichten
Vorhang eines unwissenden Mentals, Lebens und Körpers, also nicht subliminal,
sondern hinter dem Vorhang –, diese verschleierte psychische Wesenheit ist die
stets in uns brennende Flamme der Gottheit, die auch nicht durch jene dichte
Unbewußtheit, die nichts von einem inneren spirituellen Selbst weiß, ausgelöscht
werden kann, durch die unsere äußere Natur verdunkelt wird. Sie ist eine aus dem
Göttlichen Wesen geborene Flamme, die als lichtvoller Bewohner der Unwissenheit
in dieser so lange wächst, bis er sie in Wissen verwandeln kann. Sie ist der
verborgene Zeuge, die Aufsicht, der geheime Lenker, der Dämon des Sokrates, das
Innere Licht oder die Innere Stimme des Mystikers. Dieses psychische Wesen
überdauert uns unzerstörbar von Geburt zu Geburt, unberührt durch Tod, Verfall
oder Verderben, ein unauslöschlicher Funke Göttlichen Wesens. Es ist zwar nicht
das ungeborene Selbst, atman. Denn das Selbst, wenn es auch über dem
Dasein des Einzelnen waltet, ist immer seiner Universalität und Transzendenz
bewußt. Es ist jedoch sein Stellvertreter in den Gestaltungen der Natur, die
individuelle Seele, caitya purusha, die Mental, Leben und Körper trägt
und erhält, die hinter dem mentalen, vitalen, subtil-physischen Wesen in uns
steht, ihre Entwicklung und Erfahrung beobachtet und daraus Nutzen zieht. Die
anderen Person-Mächte im Menschen, diese Wesen aus seinem Wesen, sind in ihrer
wahren Seinsgestalt auch verschleiert, stellen aber zeitweilige Personalitäten
heraus, die zusammen unsere äußere Individualität bilden, von deren kombinierter
vordergründiger Aktivität und Status-Erscheinung wir sagen: das sind wir selbst.
Auch diese innerste Wesenheit, die als die psychische Person in uns Gestalt
annimmt, stellt eine psychische Personalität heraus, die sich wandelt, die
wächst und sich von Leben zu Leben fortentwickelt. Das ist der Wanderer zwischen
Geburt und Tod und zwischen Tod und Geburt. Unsere äußeren Schichten sind nur
sein vielfältiges, wechselhaftes Gewand. Anfangs kann das psychische Wesen nur
im Verborgenen, partiell, mittelbar durch Mental, Vital und Körper wirken, da
gerade diese Teile der Natur als Instrumente zum Ausdruck seines Selbsts erst
entwickelt werden müssen, und es ist lange Zeit durch ihre Evolution
eingeschränkt. Da es seine Mission ist, den Menschen in der Unwissenheit zum
Licht Göttlichen
Bewußtseins zu führen,
verwendet es die Essenz aller Erfahrung in der Unwissenheit, um einen Grundstock
für das Seelen-Wachstum in der Natur zu bilden. Das übrige verwandelt es in
Material für die künftige Entwicklung der Werkzeuge, die es verwenden muß, bis
sie als lichtvolle Instrumentation dem Göttlichen Wesen dienen können. Diese
verborgene psychische Wesenheit ist das wahre ursprüngliche Gewissen in uns,
tiefer als das konstruierte konventionelle Gewissen des Moralisten, denn dieses
allein weist stets hin auf Wahrheit, Recht und Schönheit, auf Liebe und
Harmonie, auf alles, was göttliche Möglichkeit in uns ist. Es wirkt fort, bis
uns diese Dinge zum natürlichen Hauptbedürfnis werden. Die psychische
Personalität blüht in uns auf als der Heilige, der Weise, der Seher. Wenn sie
ihre stärkste Entfaltung erreicht, wendet sie das Wesen der Erkenntnis des
Selbsts und des Göttlichen Wesens zu, der höchsten Wahrheit, dem erhabenen
Guten, der äußersten Schönheit, Liebe und Wonne, den göttlichen Höhen und
Weiten. Sie öffnet uns für die unmittelbare Erfahrung spiritueller Sympathie,
Universalität, Einheit. Wo aber umgekehrt die psychische Personalität schwach,
primitiv oder fehlentwickelt ist, fehlen die feineren Wesensseiten und Regungen
in uns oder sind dürftig an Charakter und Macht, selbst wenn das Mental
kraftvoll und brillant, das Herz vitaler Emotionen fest, stark und meisterhaft,
die Lebenskraft dominierend und erfolgreich, die körperliche Existenz reich, von
Glück begünstigt und scheinbar Herr und Sieger ist. Dann regiert die äußere
Begehren-Seele, die pseudo-psychische Wesenheit, und wir halten ihre
Fehlinterpretationen einer psychischen Anregung und Strebung, ihre Ideen und
Ideale, ihr Begehren und Sehnen fälschlich für wahren Seelen-Stoff und Reichtum
spiritueller Erfahrung.2 Wenn die verborgene psychische
Person ganz hervortreten und, indem sie die Begehren-Seele ersetzt,
offen und vollständig, nicht nur partiell und aus dem Bereich hinter dem
Vorhang, die äußere Seite von Mental, Vital und Körper regieren kann, können
diese in Seelen-Ebenbilder dessen umgeprägt werden, was wahr, recht und schön
ist. Schließlich kann die gesamte Natur des Menschen dem wahren Ziel des Lebens,
dem erhabenen Sieg, dem Aufstieg in ein spirituelles Dasein zugewendet werden.
Indem wir diese psychische Wesenheit, diese wahre Seele
in uns, in den Vordergrund bringen und ihr hier die Führung und Herrschaft
übertragen, könnte es so aussehen, als ob wir dadurch die Erfüllung unseres
natürlichen Wesens, nach der wir suchen, gewinnen und auch die Pforten vom Reich
des Geistes öffnen können. Man könnte daraus schließen, daß dann kein höheres
Wahrheits-Bewußtsein oder Supramental-Prinzip zu unserer Hilfe eingreifen müßte,
damit wir den göttlichen Status oder die göttliche Vollkommenheit erlangen. Ist
auch die psychische Transformation eine der notwendigen Voraussetzungen für eine
vollständige Umwandlung unseres Daseins, so ist sie doch nicht alles, was für
die umfassendste spirituelle Wandlung notwendig ist. Die individuelle Seele kann
sich zwar anfänglich in der Natur für die verborgenen göttlichen Bereiche
unseres Wesens öffnen und deren Licht, Macht und Erfahrung empfangen und
reflektieren. Dann ist aber für uns spirituelle Transformation von oben nötig,
damit wir unser Selbst in seiner Universalität und Transzendenz besitzen können.
Das psychische Wesen könnte auf einer gewissen Stufe damit zufrieden sein, daß
es aus eigener Kraft eine Gestaltung des Wahren, Guten und Schönen erschafft und
dort zunächst stehen bleibt. Auf einer weiteren Stufe könnte es sich passiv dem
Welt-Selbst als ein Spiegel des universalen Seins, Bewußtseins, seiner Macht und
Seligkeit unterordnen, würde aber nicht voll an ihnen teilnehmen und sie
besitzen. Wenn es auch in Erkenntnis, Gefühl und sogar unter Billigung der Sinne
enger und begeisternder mit dem kosmischen Bewußtsein vereinigt wäre, würde es
nur empfangend und passiv weit entfernt bleiben von Meisterschaft und Wirken in
der Welt. Oder es könnte eins werden mit dem statischen
Selbst hinter dem Kosmos, wäre aber innerlich getrennt von der Welt-Bewegung,
würde seine Individualität an seinen Ursprung verlieren, könnte zu diesem
Ursprung zurückkehren und hätte weder den Willen noch die Macht für das, was
hier seine endgültige Mission ist: auch die Natur zur göttlichen Verwirklichung
hinzuführen. Denn das psychische Wesen kam aus dem Selbst, dem Göttlichen Wesen,
in die Natur und kann aus der Natur zum schweigenden Göttlichen Wesen durch das
Schweigen des Selbsts und eine erhabene spirituelle Bewegungslosigkeit
zurückkehren. Ferner ist, als ewiger Anteil am Göttlichen Wesen (Gita,
XV. 7.) dieser Teil durch das Gesetz des Unendlichen unabtrennbar von seinem
Göttlichen Ganzen; dieser Teil ist tatsächlich selbst das Ganze, abgesehen von
seiner vordergründigen Erscheinung und seiner vordergründigen absondernden
Selbst-Erfahrung. Er könnte also zu dieser Wirklichkeit erwachen und sich bis
zur scheinbaren Vernichtung in sie hineinstürzen, zumindest das individuelle
Dasein mit ihr verschmelzen. Als kleiner Kern hier in der Masse unserer
unwissenden Natur – nach der Beschreibung der Upanishad nicht größer als eines
Menschen Daumen – kann es sich durch das Einströmen des Geistes ausweiten und
die ganze Welt mit Herz und Mental in intimer Gemeinschaft oder Einung umfassen.
Es mag auch seines ewigen Gefährten und Freundes innewerden und vorziehen, für
immer in Seiner Gegenwart, als der ewig Liebende mit dem ewig Geliebten, in
unvergänglicher Eintracht und im Einssein zu leben. An Schönheit und Entzücken
ist das die intensivste aller spirituellen Erfahrungen. All das sind große
herrliche Gewinne unseres spirituellen Selbst-Findens. Sie sind aber nicht
notwendig das letzte Ziel und die erhabene Höhe: mehr ist möglich.
Denn das sind alles nur Errungenschaften des
spirituellen Mentals im Menschen. Es sind Bewegungen des Mentals, wenn es, immer
noch auf eigener Ebene, in die Herrlichkeiten des Geistes über sich hinausgeht.
Selbst auf seinen höchsten Stufen weit jenseits unserer gegenwärtigen Mentalität
handelt das Mental immer noch seiner Art nach durch Zerteilung, nimmt es die
Aspekte des Ewigen und behandelt jeden Aspekt, als ob er die ganze Wahrheit des
Ewigen Wesens wäre, und kann in jedem seine vollkommene Erfüllung finden. Es
hebt sie sogar zu Gegensätzen empor und erschafft eine ganze Reihe solcher
Gegensätze: das Schweigen des Göttlichen Wesens und die Entfaltung der
göttlichen Kraft; das unbewegliche brahman, unerreichbar fern allem Dasein, ohne Eigenschaften, und den aktiven brahman im
Besitz aller Eigenschaften, Herr des Seins, Wesens und Werdens; die Göttliche
Person und das apersonale reine Sein. Es kann sich dann von dem einen lostrennen
und sich in das andere stürzen als in die einzig bleibende Wahrheit des Seins.
So kann es die Person als die einzige Wirklichkeit ansehen oder das Apersonale
als allein wahr. Es kann den Liebenden als die einzige Art verstehen, wie ewig
Liebe sich ausdrückt, oder Liebe als einzigen Selbst-Ausdruck des Liebenden. Es
kann Wesen als rein persönliche Mächte apersonalen Seins sehen oder ein
apersonales Sein als nur einen Zustand des einen Wesens, als die Unendliche
Person. Diesen trennenden Linien wird sein spiritueller Gewinn, sein Zugangsweg
zum höchsten Ziel entsprechen. Aber jenseits dieser Bewegung des spirituellen
Mentals liegt die höhere Erfahrung des supramentalen Wahrheits-Bewußtseins. Dort
verschwinden diese Gegensätze. Die parteiischen Auffassungen werden in der
reichen Totalität höchster, integraler Realisation ewigen Wesens aufgehoben. Das
ist das Ziel, das wir ins Auge gefaßt haben, die Gipfelhöhe unseres Daseins
hier, erreicht durch einen Aufstieg zum supramentalen Wahrheits-Bewußtsein und
durch dessen Abstieg in unsere Natur. Wenn sich also die psychische
Transformation zur spirituellen Wandlung erhoben hat, muß sie vollendet,
integriert, übertroffen und emporgehoben werden durch eine supramentale
Transformation, die sie bis zum Gipfel des mühevollen Aufstiegs emporträgt.
Allein supramentale Bewußtseins-Energie könnte, ebenso
wie zwischen den anderen zerteilten und entgegengesetzten Begriffen des
manifestierten Seins, auch zwischen diesen beiden Begriffen von Geist-Status und
Welt-Dynamik in unserem verkörperten Dasein, die offensichtlich nur wegen der
Unwissenheit gegensätzlich sind, vollkommene Harmonie schaffen. In der
Unwissenheit zentriert Natur die Ordnung ihrer psychischen Bewegungen nicht um
das verborgene spirituelle Selbst, sondern um seinen Ersatz, um das Ich-Prinzip:
Eine gewisse Zentrierung im Ich ist die Grundlage, auf der wir unsere
Erfahrungen und Beziehungen zusammenfügen inmitten der komplexen Kontakte,
Widersprüche, Dualitäten, Zusammenhanglosigkeiten der Welt, in der wir leben.
Diese Zentrierung im Ich ist unser sicherer Fels gegen das Anbranden des
Kosmischen und des Unendlichen, unsere Verteidigung. Bei der spirituellen
Umwandlung müssen wir aber diese Verteidigung aufgeben. Das Ich muß
verschwinden. Die Person findet sich aufgelöst in
unendliche Apersonalität. In dieser Apersonalität gibt es zunächst keinen
Schlüssel, keinen Hinweis auf eine geordnete Dynamik des Handelns. Ein sehr
gewöhnliches Ergebnis ist, daß wir in zwei Teile unseres Wesens zerfallen: den
spirituellen innen und den natürlichen außen. In dem einen gibt es die göttliche
Realisation, auf eine vollkommene innere Freiheit gegründet, aber der natürliche
Teil fährt noch mit dem alten Wirken der Natur fort und setzt ihren schon
übertragenen Impuls durch mechanische Bewegung vergangener Energien fort. Gerade
wenn es zu völliger Auflösung der begrenzten Person und der alten egozentrischen
Ordnung kommt, kann die äußere Natur zum Feld scheinbar nicht-koordinierter
Vorgänge werden, obwohl im Innern alles vom Selbst erleuchtet ist. Nach außen
werden wir dadurch träge und inaktiv, nur Umstände oder Kräfte bewegen uns,
nicht wir uns selbst, jadavat, auch wenn das Bewußtsein im Innern
erleuchtet ist. Oder wir sind wie ein Kind, obwohl wir im Innern reiche
Selbst-Erkenntnis haben, balavat. Oder wir sind wie jemand, der in Denken
und Impuls inkonsequent ist, wenn auch im Innern äußerste Stille und frohe
Gelassenheit herrschen, unmattavat. Oder die Seele äußert sich wild und
ungeordnet, obwohl in ihrem Innern die Reinheit und Ausgeglichenheit des Geistes
waltet, pisacavat. Gibt es in der vordergründigen Natur eine geordnete
Dynamik, mag es eine Fortsetzung der oberflächlichen Ich-Aktion sein, die vom
inneren Wesen nur beobachtet, nicht akzeptiert wird, oder eine mentale Dynamik,
die nicht in der Lage ist, die innere spirituelle Realisation vollkommen
auszudrücken, denn es gibt keine Gleichwertigkeit zwischen der Aktivität des
Mentals und dem Status des Geistes. Selbst dort, wo uns im besten Fall ein
intuitives inneres Licht führt, ist das, was es in der Dynamik des Handelns
ausdrückt, durch die Unvollkommenheiten von Mental, Leben und Körper
gekennzeichnet wie ein König mit unfähigen Ministern oder wie ein Wissen, das
sich in den Werten der Unwissenheit ausdrückt. Nur die Herabkunft des
Supramentals mit seiner vollkommenen Einheit von Wahrheits-Wissen und
Wahrheits-Willen kann in unserer äußeren wie inneren Existenz die Harmonie des
Geistes herstellen. Es allein kann die Werte der Unwissenheit völlig in Werte
des Wissens verwandeln. Zur Erfüllung unseres psychischen Wesens ist es wie bei
der Vollendung unserer mentalen und vitalen Schichten unentbehrlich, es mit
seinem göttlichen Ursprung, mit der ihm entsprechenden Wahrheit in der Höchsten
Wirklichkeit in Beziehung zu bringen. Hier wie dort kann
das nur durch die Macht des Supramentals mit integraler
Vollständigkeit und einer Innigkeit getan werden, die zur authentischen
Identität wird. Das Supramental ist es, das die höhere Hemisphäre mit der
niederen des Einen Seins verbindet. Im Supramental ist das integrierende Licht,
die überhöhende Kraft, der weite Eingang in das erhabene ananda. Das von
diesem Licht und dieser Kraft emporgehobene psychische Wesen kann sich mit der
ursprünglichen Seins-Seligkeit einen, aus der es kam. Es kann die Dualitäten von
Schmerz und Lust überwinden, Mental, Vital und Körper von Furcht und Schaudern
ganz befreien und die Seinsbeziehungen in der Welt in Begriffe des Göttlichen
ananda umprägen.
1 Das wirkliche Unterbewußte ist ein niederes herabgemindertes Bewußtsein, dem Unbewußten nahe. Das Subliminale ist ein umfassenderes Bewußtsein als das unseres vordergründigen Daseins. Beide gehören aber zum inneren Bereich unseres Wesens, dessen unser vordergründiges Dasein nicht gewahr ist. Darum werden die beiden in unserer gewöhnlichen Auffassung und Sprechweise durcheinandergebracht.
2 Das Wort “psychisch” wird in unserem gewöhnlichen Sprachgebrauch häufiger in bezug auf diese Begehren-Seele verwendet als für das wahre psychische Wesen. Noch ungenauer wird es für psychische und andere Phänomene eines unnormalen oder übernormalen Charakters gebraucht, die in Wirklichkeit mit dem inneren Mental, dem inneren Vital und dem subtilen physischen Wesen verbunden sind, das in uns subliminal und absolut kein direktes Wesen der Psyche ist. Auch solche Phänomene wie Materialisation und Dematerialisation werden in den Begriff “psychisch” einbezogen, obwohl sie, wenn sie tatsächlich erwiesen sind, offensichtlich keine Seelenaktion darstellen und kein Licht auf Art oder Existenz der psychischen Wesenheit werfen würden, vielmehr unnormales Wirken einer okkulten subtilen physischen Energie wären, die in den gewöhnlichen Status des groben Körpers der Dinge eingreift, ihn erst zurück in seinen eigenen subtilen Zustand verwandelt und ihn dann wieder in den Begriffen der groben Materie rekonstruiert.