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Sri Aurobindo

Briefe όber den Yoga

Band 2

DIE GRUNDLAGE DER SADHANA

I. Das ruhige Mental

II. Stille, Ruhe und Schweigen

III. Friede

IV. Gleichmut

I. Das ruhige Mental

Es ist nicht möglich, eine Grundlage für den Yoga zu schaffen, solange das Mental rastlos ist. Das wichtigste Erfordernis ist Ruhe im Mental. Es ist auch nicht das vordringlichste Ziel im Yoga, das persönliche Bewusstsein aufzuheben; das vordringlichste Ziel ist vielmehr, sich einem höheren spirituellen Bewusstsein zu öffnen, und auch hierfür ist ein ruhiges Mental das wichtigste Erfordernis.

*

Das erste in der Sadhana ist, einen beständigen Frieden, eine beständige Stille im Mental zu erlangen. Andernfalls ist es zwar durchaus möglich, Erfahrungen zu haben, doch wird nichts von Dauer sein. Das stille Mental ist es, in dem man das wahre Bewusstsein errichten kann.

Ein stilles Mental bedeutet nicht, dass gar keine Gedanken oder mentalen Regungen vorhanden sind, sondern dass sich diese an der Oberfläche befinden und du dein wahres Wesen im Inneren als von ihnen getrennt empfindest; es beobachtet zwar, wird aber nicht fortgerissen und ist fähig, sie zu überwachen und zu beurteilen und alles zurückzuweisen, was zurückgewiesen werden muss, sowie alles anzunehmen und zu bewahren, was zum wahren Bewusstsein und der wahren Erfahrung gehört.

Passivität des Mentals ist in Ordnung, doch achte darauf, allein der Wahrheit und der Berührung durch die Göttliche śakti gegenüber passiv zu sein. Wenn du dich gegenüber den Vorschlägen und Einflüssen der niederen Natur passiv verhältst, wirst du nicht in der Lage sein vorwärtszuschreiten, oder aber du wirst dich feindlichen Kräften aussetzen, die dich weit vom wahren Pfad des Yoga fortführen können.

Bitte die Mutter um diese gefestigte Ruhe und Stille des Mentals, um dieses fortwährende Erspüren des inneren Wesens in dir, das von der äußeren Natur zurücksteht und dem Licht und der Wahrheit zugewandt ist.

Die Kräfte, die der Sadhana im Weg stehen, sind die Kräfte der niederen mentalen, vitalen und physischen Natur. Hinter ihnen stehen die feindlichen Mächte der mentalen, vitalen und feinstofflich-physischen Welten. Diese können erst dann besiegt werden, wenn das Mental und Herz einsinnig geworden und allein auf das Streben nach dem Göttlichen ausgerichtet sind.

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Der erste Schritt ist ein ruhiges Mental – Schweigen ist ein weiterer Schritt, doch die Ruhe muss vorhanden sein; mit einem ruhigen Mental meine ich ein mentales Bewusstsein zuinnerst, das die Gedanken ankommen und sich umherbewegen sieht, sich selbst jedoch weder als denkend empfindet noch mit den Gedanken identifiziert oder sie seine eigenen nennt. Gedanken und mentale Bewegungen können es durchkreuzen wie Wanderer, die von irgendwoher auftauchen und durch ein schweigendes Land ziehen – das stille Mental betrachtet sie oder betrachtet sie auch nicht, doch wird es in keinem Fall aktiv oder verliert seine Ruhe. Schweigen ist mehr als Ruhe; es kann erlangt werden, indem man vom inneren Mental insgesamt das Denken verbannt und es verstummen lässt oder zumindestens außerhalb hält; noch einfacher jedoch erlangt man es durch eine Herabkunft von oben – man fühlt, wie es herabkommt und in das persönliche Bewusstsein eintritt, von ihm Besitz ergreift oder es umgibt, so dass es dann bereit wird, sich in dem weiten, unpersönlichen Schweigen aufzulösen.

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Das Mental derart zu beruhigen, dass keine Gedanken aufkommen, ist nicht einfach und dauert gewöhnlich lange Zeit. Das Wichtigste ist, eine Ruhe im Mental zu fühlen, so dass die Gedanken, sobald sie auftauchen, weder stören noch das Mental ergreifen oder es veranlassen, ihnen zu folgen, sondern dass sie es einfach durchkreuzen und verschwinden. Zunächst wird das Mental zum Betrachter dieses Hindurchziehens der Gedanken und ist nicht mehr der Denker; später wird es fähig, die Gedanken gar nicht mehr zu betrachten, sondern sie unbemerkt vorbeiziehen zu lassen und sich mühelos auf sich selbst oder das gewählte Objekt zu konzentrieren.

Zwei hauptsächliche Dinge müssen als Grundlagen der Sadhana gesichert werden – das Sich-Öffnen des seelischen Wesens und die Verwirklichung des Selbstes über dir. Der unmittelbare Weg zum Sich-Öffnen des seelischen Wesens ist die Konzentration auf die Mutter und die Selbst-Darbringung an sie. Das Anwachsen der bhakti, das du fühlst, ist das erste Zeichen der seelischen Entwicklung. Das nächste Zeichen ist die Empfindung der Gegenwart oder Kraft der Mutter oder die Wahrnehmung, dass sie es ist, die dich stützt und stärkt. Schließlich beginnt dann die Seele im Streben und der seelischen Wahrnehmung zu wirken und das Mental zu den rechten Gedanken, das Vital zu den rechten Bewegungen und Gefühlen zu veranlassen und alles, was abgelegt werden muss, aufzuzeigen und zurückzuweisen sowie das gesamte Wesen in all seinen Bewegungen allein zum Göttlichen hinzuwenden. Denn die Selbstverwirklichung, der Friede und das Schweigen des Mentals sind die erste Voraussetzung. Nachher beginnt man die Erlösung, die Freiheit und Weite zu empfinden, man beginnt, in einem schweigenden Bewusstsein zu leben, das ruhig und unberührt ist von irgendwelchen oder allen Dingen, das überall und in allen besteht und das eins oder geeint mit dem Göttlichen ist. Andere Erfahrungen kommen auf oder können aufkommen, wie das Sich-Öffnen der inneren Schau, das Gefühl der innerlich wirkenden Kraft und der verschiedenen Bewegungen und Phänomene ihrer Tätigkeit usw.. Man kann auch Bewusstseinsanstiege wahrnehmen und Herabkünfte von Kraft, Frieden, Seligkeit oder Licht.

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Schweigen ist immer gut; doch meine ich mit der Ruhe des Mentals kein völliges Schweigen. Ich meine ein Mental, das frei von Beunruhigung und Sorge ist, das stetig, licht und glücklich ist, damit es sich der Kraft, welche die menschliche Natur verändert, zu öffnen vermag. Das einzig Wichtige ist, sich von der Gewohnheit des Eindringens störender Gedanken und falscher Gefühle frei zu machen, von dem Wirrwarr der Ideen, den unglücklichen Regungen usw.. Diese stören die Natur und umwölken sie und erschweren der Kraft das Wirken; wenn das Mental still und friedvoll ist, kann die Kraft leichter wirken. Es sollte möglich sein, die Dinge, die in dir verändert werden müssen, zu erkennen, ohne sich dabei erregen oder niederdrücken zu lassen; umso leichter kann dann die Veränderung stattfinden.

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Der Unterschied zwischen einem leeren Mental und einem stillen Mental ist folgender: Wenn das Mental leer ist, gibt es keinen Gedanken, keine Begriffe, keine mentale Tätigkeit irgendwelcher Art, außer einer essentiellen Wahrnehmung von Dingen ohne die geformte Idee; doch im ruhigen Mental ist es die Substanz des mentalen Wesens, die still ist – so still, dass nichts sie stört. Sobald Gedanken oder Tätigkeiten aufkommen, erheben sie sich keinesfalls aus dem Mental, sondern kommen von außerhalb und durchkreuzen das Mental wie ein Zug Vögel, der die windstille Luft durchzieht. Er fliegt vorüber, er stört nichts und hinterlässt keine Spur. Selbst wenn tausend Bilder oder die gewaltsamsten Ereignisse es durchkreuzen, bleibt diese ruhige Stille erhalten, so als wäre die eigentliche Beschaffenheit des Mentals eine Substanz aus ewigem, unzerstörbarem Frieden. Ein Mental, das diese Ruhe erlangt hat, kann zu handeln beginnen, sogar intensiv und machtvoll zu handeln beginnen, doch wird es seine grundlegende Stille bewahren – nichts aus sich hervorbringend, sondern von Oben empfangend und diesem eine mentale Form verleihend, ohne etwas Eigenes hinzuzufügen, ruhig, leidenschaftslos, doch in der Freude der Wahrheit, in der glücklichen Macht und dem glücklichen Licht ihres Hindurchziehens.

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Es ist nichts Unerwünschtes, wenn das Mental zum Schweigen kommt, wenn es zu denken aufhört und still wird – denn dann findet meist die volle Herabkunft eines weiten Friedens statt, und in dieser weiten Ruhe breitet sich allenthalben die Verwirklichung des schweigenden Selbstes über dem Mental in seiner Unermesslichkeit aus. Sobald jedoch der Friede und dieses mentale Schweigen eingetreten sind, versucht das vitale Mental einzudringen und den Platz einzunehmen, oder aber das mechanische Mental versucht mit dem gleichen Ziel, seine kreisenden, banalen und gewohnten Gedanken geltend zu machen. Der Sadhak hat daher diese Eindringlinge vorsichtig zurückzuweisen und zu vertreiben, damit zumindest während der Meditation der Friede und die Stille des Mentals und Vitals vollständig bewahrt werden. Dies geschieht am besten, indem man einen starken und schweigenden Willen bewahrt. Dieser Wille ist der Wille des puruṣa hinter dem Mental, und sobald das Mental zu Frieden und Schweigen gelangt ist, kann man diesen puruṣa wahrnehmen – der ebenfalls schweigend und von der Tätigkeit der Natur getrennt ist.

Ruhig zu sein, stetig, im Spirit, gefestigt dhīra, sthira, diese Ruhe des Mentals, die Trennung des inneren puruṣa von der äußeren prakṛti – all dies ist durchaus hilfreich und beinahe unerlässlich. Solange das Wesen dem Gedankenwirbel oder dem Durcheinander der vitalen Bewegungen unterworfen ist, kann man nicht ruhig und im Spirit gefestigt sein. Es ist unerlässlich sich abzulösen, zurückzustehen, sie als nicht zu sich gehörend zu empfinden.

Für die Entdeckung der wahren Individualität und ihren Aufbau in der Natur sind zwei Dinge notwendig: erstens, sich seines seelischen Wesens hinter dem Herzen bewusst zu werden, und dann, diese Trennung von puruṣa und prakṛti zu vollziehen. Denn die wahre Individualität befindet sich dahinter und ist durch die Tätigkeiten der äußeren Natur verhüllt.

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Der Grund ist darin zu suchen, dass du voller mentaler und vitaler Aktivitäten und Beziehungen steckst. Man muss die Fähigkeit erlangen, Mental und Vital zu beruhigen; wenn es anfangs nicht ständig möglich ist, dann wenigstens wann immer man es will; denn Mental und Vital verhüllen sowohl das seelische Wesen als auch das Selbst (ātman), und um zu einem von ihnen zu gelangen, muss man sich durch ihre Verhüllung hindurch nach innen wenden; wenn sie [Mental und Vital] aber immer tätig sind und du dich immer mit ihren Tätigkeiten identifizierst, wird die Verhüllung immer bestehen bleiben. Es ist auch möglich sich abzulösen und diese Tätigkeiten so zu betrachten, als wären sie nicht deine eigenen, sondern ein mechanisches Wirken der Natur, das du als unbeteiligter Betrachter beobachtest. Dann kann man ein inneres Wesen wahrnehmen, das für sich besteht, ruhig und nicht verwickelt in die Natur. Das kann der innere mentale oder vitale puruṣa sein und noch nicht die Seele, doch zu diesem Bewusstsein des inneren manomaya und prāṇamaya puruṣa zu gelangen, ist auf jeden Fall der erste Schritt zur Enthüllung des seelischen Wesens.

Ja, es wäre besser, die volle Kontrolle über das Sprechen zu erlangen – es ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg nach innen und für die Entwicklung eines wahren inneren und yogischen Bewusstseins.

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Denke immer daran, dass eine innere Ruhe, die durch die Läuterung des rastlosen Mentals und Vitals entsteht, die erste Voraussetzung für eine sichere Sadhana ist. Denke als nächstes daran, dass es bereits ein großer Schritt ist, die Gegenwart der Mutter zu fühlen, während man eine äußere Tätigkeit verrichtet, das heißt, ein Schritt, den man ohne beträchtlichen inneren Fortschritt nicht zu tun vermag. Wahrscheinlich ist das, was du so sehr – zu brauchen meinst und was du nicht ausdrücken kannst, ein immerwährendes und lebendiges Gefühl der Kraft der Mutter, die in dir wirkt, die herabkommt und von den verschiedenen Ebenen deines Wesens Besitz ergreift. Das ist oft eine erste Voraussetzung für die doppelte Bewegung des Aufsteigens und des Herabkommens, die mit Sicherheit zur rechten Zeit kommen wird. Es kann lange Zeit beanspruchen, bis diese Dinge beginnen sichtbar zu werden, besonders wenn das Mental daran gewöhnt ist sehr aktiv zu sein, und man die Gewohnheit des mentalen Schweigens nicht besitzt. Wenn diese verhüllende Tätigkeit vorhanden ist, hat hinter dem beweglichen Schirm des Mentals viel Arbeit zu geschehen, und während der Sadhak glaubt, dass gar nichts geschieht, geht tatsächlich eine große Vorbereitung vonstatten. Ein schneller und sichtbarer Fortschritt kann nur dann erzielt werden, wenn du deine Seele durch fort währende Selbst-Darbringung hervortreten lässt. Strebe intensiv, doch ohne Ungeduld.

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Bleibe ruhig und kümmere dich nicht darum, wenn es für einige Zeit eine leere Ruhe ist; das Bewusstsein ist oft wie ein Gefäß, dessen vermischten und unerwünschten Inhalt man leeren muss; und dann muss es eine Weile leer bleiben, bis es mit neuen und wahren, mit rechten und reinen Dingen gefüllt werden kann. Eines gilt es zu vermeiden, das Wiederauffüllen des Gefäßes mit dem alten, trüben Inhalt. Warte in der Zwischenzeit, öffne dich nach oben, rufe sehr ruhig und stetig und mit nicht zu rastlosem Eifer den Frieden, damit er in das Schweigen eintreten möge – und ist einmal der Friede vorhanden, dann bitte um die Freude und Gegenwart.

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Stille, selbst wenn sie zu Beginn etwas Negatives zu sein scheint, ist so schwierig zu erlangen, dass sie überhaupt zu besitzen als ein großer Fortschritt angesehen werden muss.

Tatsächlich ist Stille nichts Negatives, sie ist die eigentliche Natur des Sat-Purusha und die unbedingte Grundlage des göttlichen Bewusstseins. Was immer man sonst erstrebt und gewinnt, diese Stille muss bewahrt werden. Selbst Wissen, Macht und ānanda können, wenn sie kommen und diese Grundlage nicht vorfinden, nicht verweilen, sondern müssen sich zurückziehen, bis die göttliche Reinheit und der göttliche Friede des Sat-Purusha immer gegenwärtig sind.

Strebe nach den übrigen Aspekten des göttlichen Bewusstseins, jedoch mit einem ruhigen und tiefen Streben. Es kann glühend und gleichzeitig ruhig sein, jedoch nicht ungeduldig, rastlos oder voll rajasischem Eifer.

Nur in einem ruhigen Mental und Wesen kann die supramentale Wahrheit ihre wahre Schöpfung aufbauen.

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Zuerst strebe und bitte die Mutter um die Ruhe im Mental, um Reinheit, Stille und Frieden, um ein erwachtes Bewusstsein, um die Intensität der Hingabe, um Stärke und spirituelle Fähigkeit und darum, allen inneren und äußeren Schwierigkeiten begegnen und bis zum Ende des Yogaweges durchhalten zu können. Sobald das Bewusstsein erwacht und die Hingabe und Intensität des Strebens vorhanden sind, vermag das Mental – vorausgesetzt, es lernt Ruhe und Frieden – in das [wahre] Wissen hineinzuwachsen.

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Ruhig, unberührt und still zu sein, ist nicht die erste Voraussetzung der Sadhana, sondern der siddhi. Nur wenige Menschen (tatsächlich sehr wenige, ein, zwei oder drei unter hundert Sadhaks) sind es von Anfang an. Die meisten müssen sich einer langen Vorbereitung unterziehen, bevor sie auch nur entfernt das erreichen können. Selbst später, wenn sie den Frieden und die Ruhe zu fühlen beginnen, dauert es noch lange, diese zu festigen – sie pendeln zwischen Frieden und Unruhe, bis schließlich alle Teile der Natur die Wahrheit und den Frieden angenommen haben. Daher besteht kein Grund zu glauben, du könntest nicht vorankommen oder zum Ziel gelangen. Du hast große Schwierigkeiten mit einem Teil deiner Natur, der immer daran gewöhnt war, sich derartigen Gefühlen wie Abkehr von der Mutter und Bindung an Verwandte zu öffnen, und der nicht willens ist, diese aufzugeben – das ist alles. Doch jeder findet solche hartnäckigen Schwierigkeiten in diesem Teil der menschlichen Natur, selbst die erfolgreichsten Sadhaks hier. Man hat durchzuhalten, bis das Licht auch dort siegt.

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Man kann voranschreiten, selbst wenn der Friede noch nicht vorhanden ist – Ruhe und Konzentration sind notwendig. Friede ist für die Entwicklung der höheren Stadien erforderlich.

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II. Stille, Ruhe und Schweigen

Jedes der Worte “Friede, Stille, Ruhe, Schweigen” hat seine eigene nuancierte Bedeutung, es ist aber nicht leicht, sie zu definieren.

Friede (peace) – śānti

Stille (calm) – sthiratā

Ruhe (quiet) – acañcalatā

Schweigen (silence) – niścala-nīravatā

Ruhe ist ein Zustand, in dem es keine Rastlosigkeit oder Unruhe gibt.

Stille ist ein regloser, unbewegter Zustand, den keine Unruhe beeinträchtigen kann – es ist ein weniger negativer Zustand als Ruhe.

Friede ist ein noch positiverer Zustand; er bringt das Gefühl einer gefestigten und harmonischen Ruhe und Befreiung mit sich.

Schweigen ist ein Zustand, in dem es keine Regung des Mentals oder des Vitals gibt, vielmehr eine große Stille, die keine Oberflächenbewegung durchdringen oder verändern kann.

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Ruhe ist eher negativ – es ist die Abwesenheit von Unruhe.

Stille ist eine positive Ruhe, die trotz oberflächlicher Störungen vorhanden sein kann.

Friede ist eine Stille, die sich in etwas sehr Positives vertieft, das beinahe an einen ruhigen, unbewegten Ananda heranreicht.

Schweigen ist das Fehlen jeglicher Gedankenbewegung oder einer anderen Schwingung von Aktivität.

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Stille ist eine starke und positive Ruhe, fest und solid – gewöhnliche Ruhe ist reine Verneinung, einfach die Abwesenheit von Störung.

Friede ist eine tiefe Ruhe, die nichts stören kann – eine Ruhe mit dem Gefühl einer gefestigten Sicherheit und Loslösung.

Im vollkommenen Schweigen gibt es entweder keine Gedanken oder aber die auftauchenden Gedanken werden als etwas von außen Kommendes empfunden, die das Schweigen nicht stören.

Das Schweigen des Mentals und der Friede oder die Ruhe im Mental sind drei Dinge, die sehr eng zusammengehören und einander bedingen.

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Ruhe ist, wenn das Mental oder Vital nicht unruhig oder rastlos ist und nicht von Gedanken oder Gefühlen fortgerissen oder bedrängt wird. Wir sprechen von einem ruhigen Mental oder Vital besonders dann, wenn beide losgelöst sind und Gedanken und Gefühle als Oberflächenbewegung betrachten.

Stille ist ein positiverer Zustand und nicht nur die Abwesenheit von Rastlosigkeit, Überaktivität oder Sorge. Wenn eine klare, große oder kraftvolle Ruhe eingetreten ist, die nichts stört oder stören kann, sagen wir, dass die Stille gefestigt ist.

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Diese Gelassenheit und Stille sind allgemeine Worte von einer allgemeinen und nicht von einer bestimmten yogischen Bedeutung. Ruhe, Stille, Friede können alle als Gelassenheit beschrieben werden. Schweigen ist mit Stille verwandt.

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Es ist das Schweigen des Mentals und Vitals – ein Schweigen, das hier nicht allein ein Aufhören der Gedanken miteinbezieht, sondern eine Stille der mentalen und vitalen Substanz. Es gibt verschiedene Abstufungen in der Tiefe dieser Stille.

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Das erste ist die gewöhnliche grundlegende Stille des individuellen ādhāras, das zweite ist die grundlegende unbegrenzte Stille des kosmischen Bewusstseins, eine Stille, die immer vorhanden ist, gleichgültig ob sie von allen Bewegungen abgetrennt ist oder diese stützt.

Dies ist die Stille des ātmans, des Selbstes darüber, schweigend, reglos, unendlich.

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Friede ist positiver als Stille – die Stille kann negativ sein und ist dann lediglich eine Abwesenheit von Unruhe oder Sorge, Friede aber ist immer etwas Positives, er bringt nicht nur wie die Stille ein Freiwerden mit sich, sondern auch ein bestimmtes Glücksgefühl, einen ānanda seiner selbst.

Es gibt ebenfalls eine positive Stille, etwas das sich gegen alle Dinge wendet, die zu stören versuchen, und zwar nicht unbestimmt und neutral wie die negative Stille, sondern kraftvoll und massiv.

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Im Frieden ist außer der Empfindung der Stille eine Harmonie, die das Gefühl der Befreiung und vollen Zufriedenheit gibt.

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śānti ist Friede oder Stille, es ist nicht ānanda. Es gibt natürlich auch einen stillen ānanda.

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Friede ist ein Zeichen von mukti – ānanda geht mehr in Richtung der siddhi.

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Friede muss nicht ernst oder freudlos sein, er sollte nichts Graues an sich haben – doch das Glück, die Freude oder das Gefühl der Leichtigkeit, die mit dem Frieden kommen, müssen notwendigerweise etwas Innerliches sein, sie müssen für sich bestehen können oder durch eine sich vertiefende Erfahrung ausgelöst werden; sie können nicht wie das Lachen, von dem du sprichst, durch eine äußere Ursache ausgelöst werden oder von ihr abhängen, zum Beispiel von etwas Erheiterndem, Aufregendem usw..

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Die Freude sollte ebenfalls tief innerlich sein, dann wird sie mit der Tiefe des Friedens und des inneren Bewusstseins nicht in Widerstreit geraten.

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Sie (Friede und Geduld) gehören zusammen. Das Erlernen der Geduld unter allen Arten von Umständen ist die Grundlage des Friedens.

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Sie (die Reinheit) ist mehr ein Zustand als eine Substanz. Friede verhilft zur Reinheit, denn im Frieden finden die störenden Einflüsse ein Ende; das Wesen der Reinheit besteht darin, allein auf den Göttlichen Einfluss zu reagieren und sich zu keinen anderen Bewegungen hingezogen zu fühlen.

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Reinheit bedeutet, keinen anderen Einfluss anzunehmen als allein den Einfluss des Göttlichen.

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Reinheit bedeutet, von allem Schmutz oder aller Trübung frei zu sein. Die göttliche Reinheit ist etwas, worin es den Wirrwarr der erregten, unwissenden Bewegungen der niederen Natur nicht gibt. Meist wird das Wort Reinheit (in der gewöhnlichen Sprache) dazu benutzt, um das Freisein von sexueller Leidenschaft und sexuellem Impuls auszudrücken.

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Die Göttliche Reinheit ist eine größere und allumfassendere Erfahrung als die seelische [Reinheit].

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Reinheit oder Unreinheit hängt vom Bewusstsein ab; im göttlichen Bewusstsein ist alles rein, in der Unwissenheit ist alles der Unreinheit unterworfen, nicht nur der Körper oder ein Teil des Körpers, sondern auch das Mental und Vital und alles übrige. Allein das Selbst und das seelische Wesen bleiben immer rein.

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Ein reines Mental bedeutet ein Mental, das ruhig und ohne Gedanken von nutzlosem oder störendem Charakter ist.

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Ein ruhiges Mental ist ein Mental, das sich nicht stören lässt, das nicht rastlos ist und nicht ständig unter dem Zwang einer mentalen Tätigkeit vibriert.

Was du meinst, ist ein konzentriertes Mental, das auf irgendetwas oder auf ein Objekt konzentriert ist. Das ist etwas ganz anderes.

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Glaubst du wirklich, dass ein ruhiges Mental nicht alles zurückweisen kann und dass nur das unruhige Mental dies vermag? Es ist das ruhige Mental, das dies am besten zu tun vermag. Ruhe bedeutet aber nicht Trägheit oder tamas.

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Das ist absurd. Mental untätig zu sein, ist nicht gleich Ruhe oder Schweigen. Gerade die Untätigkeit ist es, die das Mental mechanisch und ziellos denken lässt, statt sich auf ein Objekt zu konzentrieren – das ist alles.

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Ein passiver Friede kann vermutlich gar nichts ausrichten. Allein durch die volle, feste Gegenwart des Friedens können alle Störungen an die Oberfläche oder aus dem Bewusstsein hinausgestoßen werden.

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Es ist nicht das übliche Merkmal eines passiven Friedens, wenn man sich nur in der Untätigkeit konzentrieren kann. Wenn er vorhanden ist, kann man sich auch in oder hinter der Tätigkeit konzentrieren.

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Diese ruhige und spontane Tätigkeit ist das Charakteristikum des göttlichen Tuns. Eine aggressive Tätigkeit findet, wie du richtig sagst, nur dann statt, wenn Widerstand und Kampf vorhanden sind. Dies heißt aber nicht, dass die ruhige Kraft nicht intensiv sein kann. Sie kann intensiver sein als die aggressive und ihre Intensität steigert noch die Intensität des Friedens.

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Ja sicher, es gibt einen mentalen Frieden, einen vitalen Frieden und einen Frieden der physischen Natur. Es ist der Friede eines höheren Bewusstseins, der von oben herabkommt.

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Es ist immer der gleiche Friede – ob er stofflich in der stofflichen Substanz gefühlt wird, konkret im physischen Mental und Nervenwesen, seelisch im Mental und Vital oder feinstofflich im feinstofflichen Körper.

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Friede, Reinheit und Schweigen können in allen stofflichen Dingen gefühlt werden – denn das Göttliche Selbst ist in allem vorhanden.

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Auf dem Schweigen hinter dem Kosmos beruht alle Bewegung des Universums.

Aus dem Schweigen entsteht der Friede; in dem Maß wie der Friede sich vertieft, wird er mehr und mehr zum Schweigen.

In einem mehr äußeren Sinn wird das Wort Schweigen auf den Zustand angewandt, in dem es keine Gedankenbewegung, kein Gefühl usw. gibt, sondern nur die große Stille des Mentals.

Im Schweigen aber kann eine Tätigkeit stattfinden, genauso ungestört, wie die universale Tätigkeit im kosmischen Schweigen stattfindet.

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Passives Schweigen ist, wenn das innere Bewusstsein leer und ruhig bleibt und auf äußere Dinge und Kräfte nicht reagiert.

Im aktiven Schweigen hingegen ist eine große Kraft vorhanden, die zu den Dingen und Kräften hinausströmt, ohne das Schweigen zu stören.

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Bezüglich des Ausruhens des Wesens von Anstrengung und Unruhe: Der Spirit ist ewig in der Ruhe, selbst mitten in der Tätigkeit – der Friede gibt diese spirituelle Ruhe. Eine Entartung davon ist tamas, das zu Untätigkeit führt.

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Im gänzlich schweigenden Mental hat man gewöhnlich die statische Empfindung des Göttlichen ohne jede aktive Bewegung. Doch alles höhere Denken und Streben, alle höheren Bewegungen können in es eintreten. Dies ist dann kein absolutes Schweigen, man fühlt aber ein grundlegendes Schweigen dahinter, das von keiner Bewegung gestört wird.

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Du scheinst zu glauben, wenn das Bewusstsein zum Schweigen gelangt ist, müsse das gesamte Bewusstsein gleichermaßen davon beeinflusst sein. Doch das menschliche Bewusstsein ist nicht derart aus einem Stück.

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Ein spontaner schweigender Zustand kann nicht immer gleich andauern, er muss in einem wachsen, bis ein immerwährendes inneres Schweigen vorhanden ist – ein Schweigen, das durch keine äußere Tätigkeit gestört werden kann, nicht einmal durch einen Angriffs-oder Störungsversuch.

Der Zustand, den du beschreibst, zeigt deutlich das Wachsen dieses inneren Schweigens. Es muss sich letzten Endes als die Grundlage jeder spirituellen Erfahrung und Tätigkeit festigen. Es macht nichts aus, wenn man nicht weiß, was hinter diesem Schweigen vor sich geht. Denn es gibt zwei Zustände im Yoga: einen, in dem alles schweigt und es keinen Gedanken, kein Gefühl, keine Regung gibt, selbst wenn man wie andere äußerlich tätig ist, und einen anderen Zustand, in dem ein neues Bewusstsein wirksam wird, eines, das Wissen und Liebe und Freude sowie andere spirituelle Gefühle und innere Tätigkeiten bringt, und dennoch gleichzeitig ein grundlegendes Schweigen und eine grundlegende Ruhe besteht. Beide sind zur Entwicklung des inneren Wesens notwendig. Der absolut schweigende Zustand, der Zustand der Leichte und Leere und Erlösung bereitet den anderen vor und stützt ihn, wenn er eintritt.

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III. Friede

Ja, die wahre Grundlage ist ein gefestigter Friede und eine Stärke, die die Intensität und Gelassenheit stützen und in denen alles Fremde abfällt.

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Das ist natürlich wie es sein sollte. Tatsächlich solltest du diesen Frieden und diese Weite als dein eigentliches Selbst, als den bleibenden Stoff deines Bewusstseins empfinden, die unveränderlich in diesem bestehen.

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Sehr gut, in der Tat. Der Friede und das. Schweigen müssen sich tief verankern, so tief, dass alles was von außen kommt, nur die Oberfläche berührt, ohne die gefestigte Stille innen zu stören. Es ist ebenfalls gut, dass die Meditation von selbst kommt – es bedeutet, dass die Yoga-Kraft beginnt, die Sadhana zu übernehmen.

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Ist der Friede im Wesen einmal voll gefestigt, dann werden diese Dinge (die Reaktionen des niederen Vitals) ihn nicht mehr erschüttern können. Sie mögen zunächst als kleine Wellen an der Oberfläche erscheinen, dann nur als Einflüsse, die man betrachtet oder die zu betrachten man nicht der Mühe wert hält, auf keinen Fall aber gelangen sie in das Innere und beeinflussen oder stören auf irgendeine Weise.

Es ist etwas schwierig auszudrücken, aber es ist gewissermaßen wie ein Berg, auf den man Steine wirft; wenn der Berg durch und durch bewusst wäre, würde er die Berührung der Steine zwar spüren, doch als etwas so Leichtes und Oberflächliches, dass es ihn nicht im geringsten stören würde. Zuletzt verschwindet sogar diese Empfindung.

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Sobald der Friede und das Schweigen einmal völlig gefestigt sind, können keinerlei Bewegungen an der Oberfläche sie verletzen oder zerstören. Sie vermögen alle Bewegungen des Universums zu tragen und bleiben dennoch unverändert.

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Natürlich. Es ist durchaus normal, einen gefestigten Frieden im inneren Wesen zu empfinden, auch wenn es Störungen an der Oberfläche gibt. Tatsächlich ist das der normale Zustand eines Yogi, bevor er die absolute samatā im ganzen Wesen erlangt hat.

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Auch wenn Friede und Weite vorhanden sind, können diese Dinge (vital-physische Ego-Bewegungen) an der Oberfläche treiben und versuchen einzudringen – sie ergreifen aber dann das Bewusstsein nicht, sondern berühren es lediglich. Die alten Yogis betrachteten dies als ein mechanisches Überbleibsel der prakṛti, als Fortsetzung ihrer blinden Gewohnheit, die nach der eigentlichen Befreiung des Selbstes zurückgeblieben war. Man sah darüber als von nicht großer Wichtigkeit hinweg; dieser Standpunkt aber ist in unserer Sadhana unhaltbar, da sie nicht nur auf die Befreiung des puruṣa abzielt, sondern auch auf eine völlige Umwandlung der prakṛti.

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Ja, die innere Bewegung ist die richtige. Innen zu leben, im Frieden und Schweigen, ist das erste Erfordernis. Ich sprach von der Weite, denn in der Weite des Schweigens und Friedens(die die Yogis als die individuelle und gleichzeitig universale Verwirklichung des Selbstes betrachten) liegt die Grundlage für die Harmonisierung des Inneren und Äußeren. Es wird kommen.

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Wenn der Friede weit oder tief ist, befindet er sich meist im inneren Wesen. Die äußeren Teile überschreiten gewöhnlich nicht ein bestimmtes Maß an Ruhe – sie erlangen den tiefen Frieden erst dann, wenn sie damit aus dem inneren Wesen überflutet werden.

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Ja sicher, der Friede beginnt im inneren Wesen, er ist spirituell und seelisch, doch überflutet er auch das äußere Wesen; wenn er im Tun gegenwärtig ist, dann bedeutet es entweder, dass das gewöhnliche rastlose Mental, Vital oder Physische in der Flut des inneren Friedens untergetaucht ist, oder aber – in einem fortgeschritteneren Stadium –, dass es teilweise oder gänzlich in Gedanken, Kräfte, Empfindungen und Wahrnehmungen gewandelt wurde, die in ihrer eigentlichen Substanz eine Essenz des inneren Schweigens und Friedens enthalten.

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Der innere spirituelle Fortschritt hängt nicht so sehr von äußeren Umständen ab als von der Art, wie wir von innen auf diese reagieren – das war immer ein höchstes Werturteil spiritueller Erfahrung. Daher bestehen wir darauf, die rechte Haltung einzunehmen und in ihr zu verbleiben, wir bestehen auf einem inneren Zustand, der nicht von äußeren Bedingungen abhängig ist, einem Zustand des Gleichmuts und der Stille – wenn es nicht von Anfang an der einer inneren Glücklichkeit sein kann – und darauf, sich immer mehr nach innen zu wenden, von innen nach außen zu blicken, statt an der Oberfläche zu leben, die immer den Erschütterungen und Schlägen des Lebens ausgeliefert sein wird. Allein von diesem inneren Zustand her kann man stärker als das Leben und seine störenden Kräfte sein und hoffen, ihrer Herr zu werden.

Eines der ersten Dinge, die auf dem Weg gelernt werden müssen, ist, innerlich ruhig zu bleiben, den festen Willen zu bewahren hindurchzugehen und sich durch Schwierigkeiten oder Schwankungen nicht stören oder entmutigen zu lassen. Dies nicht zu tun bedeutet, die Unbeständigkeit des Bewusstseins zu fördern und eine Bewahrung von Erfahrungen nur unter Schwierigkeiten – das, worüber du dich beklagst. Nur wenn du ruhig und stetig nach innen gewandt bleibst, können die Erfahrungen mit einiger Beständigkeit weiterhin stattfinden, obwohl es immer Zeitspannen der Unterbrechung und Schwankung geben wird; doch werden diese, wenn man die richtige Einstellung hat, dann eher zu Zeiten der Assimilation, in denen die Schwierigkeit sich erschöpft, als zu einem Fehlschlag in der Sadhana.

Eine spirituelle Atmosphäre ist wichtiger als äußere Umstände; wenn man diese erhalten und sich seine eigene spirituelle Luft schaffen kann, in der man zu leben und zu atmen vermag, ist dies die wahre Voraussetzung für den Fortschritt.

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Du solltest erkennen, dass eine ruhige Umgebung zwar wünschenswert ist, dass aber die wahre Ruhe innerlich ist und allein sie dir den ersehnten Zustand zu geben vermag.

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Strebe, konzentriere dich in der rechten Haltung, und welcher Art auch immer die Schwierigkeiten sind, du wirst mit Sicherheit das dir gesetzte Ziel erreichen.

Du musst lernen, im Frieden dahinter und in diesem “etwas Wahreren” in dir zu leben, und musst erkennen, dass du selbst es bist. Du darfst das übrige nicht als dein wirkliches Selbst betrachten, sondern lediglich als ein Fließen von wechselnden oder wiederkehrenden Bewegungen an der Oberfläche, die mit Sicherheit verschwinden werden, sobald das wahre Selbst auftaucht.

Friede ist die wahre Lösung; die Ablenkung durch harte Arbeit verschafft nur eine zeitweilige Erleichterung, obwohl ein gewisses Maß an Arbeit für das rechte Gleichgewicht der verschiedenen Teile des Wesens notwendig ist. Den Frieden über dir und im Bereich des Kopfes zu fühlen, ist ein erster Schritt; du musst mit ihm verbunden bleiben, er muss in dich herabkommen und dein Mental, dein Leben und deinen Körper erfüllen und dich umgeben, damit du in ihm lebst; denn dieser Friede ist ein Zeichen der Gegenwart des Göttlichen in dir; und hast du ihn einmal erlangt, wird das übrige kommen.

Wahrheit in der Rede und Wahrheit im Denken sind sehr wichtig. Je mehr du die Falschheit als nicht zu dir gehörend empfindest, als etwas von außen zu dir Kommendes, umso leichter wird es sein, sie zurückzuweisen und abzulehnen.

Halte durch, und was noch krumm ist, wird geglättet werden; du wirst die Wahrheit der Göttlichen Gegenwart erkennen und sie fortwährend fühlen, und dein Glaube wird durch die direkte Erfahrung gerechtfertigt werden.

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Licht und Friede, wenn sie einmal voll im vitalen und physischen Bewusstsein verankert sind, bleiben immer die Grundlage für die rechte Bewegung der gesamten Natur.

Innen zu leben, darüber, unberührt, voll des inneren Bewusstseins, der inneren Erfahrung – wenn es sein muss, auf das eine oder andere mit dem Oberflächen-Bewusstsein zu hören, doch selbst unbeeinflusst zu sein, weder nach außen gezogen noch überflutet –, das ist der vollkommene Zustand für die Sadhana.

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Was du über deinen Zustand schreibst, scheint als Ganzes gesehen richtig zu sein. Du hast bestimmt eine größere Ruhe erlangt und eine Freiheit des inneren Wesens, die du vorher nicht hattest. Dies gibt dir den Gleichmut und die Fähigkeit, den ernsthafteren Störungen zu entgehen. Wenn man diese Grundlage der inneren Ruhe hat, kann man den Schwierigkeiten und Unvollkommenheiten der Oberfläche ohne Aufregung und Niedergeschlagenheit begegnen. Auch die Fähigkeit, sich unter andere zu mischen, ohne dabei überflutet zu werden, hat die gleiche Ursache.

Was die zweite Frage anbelangt, so gibt es hier keine allgemeine Regel, vielmehr ist deine Haltung die richtige für dich; du bedarfst nicht der besonderen Entwicklung einer Fähigkeit, da dir eine aufrichtige Einstellung von einem eher allgemeinen, umfassenden und beherrschenden Charakter eigen ist. Andere, welche die Notwendigkeit einer besonderen Entwicklung fühlen, bitten darum und erhalten sie.

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Das Schweigen ist das des inneren Bewusstseins, und in diesem Schweigen, das von äußeren Dingen unberührt ist, kann die wahre Tätigkeit des Bewusstseins stattfinden, ohne das Schweigen zu stören – die rechten Wahrnehmungen, der rechte Wille, die rechten Gefühle, die rechte Tat. In ihm kann man auch leichter das Wirken der Mutter fühlen. Was die Hitze anbelangt, so muss es die Hitze Agnis sein, das Feuer der Läuterung und tapasyā; man hat oft dieses Gefühl, wenn die innere Arbeit vorangeht.

Das, was du über den Umgang mit Menschen empfindest, ist durchaus in Ordnung. Es ist die seelische Weise, die Dinge so zu betrachten.

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Ich habe die Botschaft des Yogi, die du in deinem Brief anführst, nochmals gelesen, doch derart aus dem Zusammenhang gerissen, kann ich nicht viel oder nichts sehr Wesentliches daraus entnehmen. Zwei Äußerungen sind klar: “Im Schweigen liegt Weisheit” – es ist das innere Schweigen des Mentals, in welches das wahre Wissen kommen kann; denn die gewöhnliche Tätigkeit des Mentals schafft nur oberflächliche Ideen und Vorstellungen, die nicht das wahre Wissen sind. Das Sprechen ist meist der Ausdruck der Oberflächen-Natur; sich daher im Sprechen zu sehr zu verausgaben, vergeudet die Energie und verhindert das innere Lauschen, welches das Wort des wahren Wissens bringt... “Hörend wirst du das gewinnen, woran du denkst”, bedeutet vermutlich, dass im Schweigen die wahren Gedanken kommen und sich auswirken oder verwirklichen. Denken kann eine Kraft sein, die sich verwirklicht, doch das gewöhnliche Oberflächendenken ist nicht von dieser Art; es enthält mehr Energievergeudung als sonst irgendetwas. Allein in jenem Denken, das in ein ruhiges oder schweigendes Mental gelangt, liegt Macht.

“Sprich weniger und gewinne Macht” hat im wesentlichen die gleiche Bedeutung; nicht nur ein wahreres Wissen, sondern auch eine größere Macht kommen zu einem in der Ruhe und dem Schweigen eines Mentals, das, statt an der Oberfläche zu schäumen, sich in seine Tiefen zu wenden und dort das zu hören vermag, was von einem höheren Bewusstsein kommt.

Vermutlich ist dies gemeint; diese Dinge sind allen bekannt, die einige Erfahrung im Yoga haben.

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Friede befreit von aller Abhängigkeit von äußeren Kontakten – er bringt das, was die Gita ātmarati, das Entzücken des Selbstes, nennt. Zu Beginn jedoch, solange Kontakt mit anderen besteht, ist es schwierig, ihn unversehrt zu bewahren, da das Bewusstsein die Gewohnheit hat, sich in der Rede oder im äußeren Austausch zu zerstreuen oder aber auf die normale Ebene abzusinken. Man hat daher, solange der Friede nicht gefestigt ist, sehr vorsichtig zu sein; ist er jedoch einmal gefestigt, verteidigt er sich meist selbst, und alle äußeren Kontakte werden für ein Bewusstsein, das voll des höheren Friedens ist, zu Dingen an der Oberfläche.

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Du hast das schweigende innere Bewusstsein erlangt, doch kann es von Störungen überlagert werden; der nächste Schritt ist, die Stille und das Schweigen als Grundlage im äußeren Bewusstsein zu errichten... Dann wird das Spiel der gewöhnlichen Kräfte nur an der Oberfläche stattfinden, und man kann ihm leichter begegnen.

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Das ist der rechte Weg – bewahre den Frieden des höheren Bewusstseins; selbst wenn dann eine vitale Störung auftritt, wird sie nur an der Oberfläche stattfinden. Die Grundlage wird erhalten bleiben, bis die Kraft das wahre Vital befreien kann.

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Wenn du den Frieden erlangt hast ist es einfach, das Vital zu läutern. Wenn du aber nur fortwährend läuterst und sonst nichts tust, wird es lange dauern – denn das Vital wird immer wieder unrein und muss hundertmal von neuem geläutert werden. Der Friede ist etwas in sich selbst Reines, ihn zu erlangen also ein positiver Weg, dir dein Ziel zu sichern. Nach Schmutz Ausschau zu halten und ihn zu beseitigen, ist der negative Weg.

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Wie willst du Frieden und Ruhe erlangen, wenn du immer an “niedere Kräfte” denkst, an “Angriffe”, “Besessenheiten” usw.? Nur wenn du diese Dinge natürlich und ruhig betrachtest, kannst du zu Ruhe und Frieden gelangen.

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Die Depression und das vitale Ringen in deinem früheren Bestreben hatten vermutlich ihre Ursache in Übereifer und der Bemühung um ein Ergebnis; als dann ein Absinken des Bewusstseins eintrat, kam ein niedergeschlagenes, enttäuschtes und verwirrtes Vital zum Vorschein, das den Einflüssen des Zweifels, der Verzagtheit und Trägheit, die von der feindlichen Seite der Natur stammen, voll Einlass gewährte. Du musst eine feste Grundlage der Stille und des Gleichmuts im Vital und Physischen erstreben und ebenso im mentalen Bewusstsein; lass ein volles Herabströmen der Macht und des ānanda geschehen, doch in einen starken ādhāra, der in der Lage ist, sie aufzunehmen – diese Fähigkeit und Stärke werden durch vollständigen Gleichmut verliehen.

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Der Fehlschlag wurde nicht durch mangelnde Fähigkeit, sondern durch mangelnde Stetigkeit verursacht – Rastlosigkeit im Vital und eine Art fieberhafte Hast, denen die Sorgfalt im Detail und die Ausdauer fehlten. Was du brauchst, ist das innere Schweigen und die feste Stärke und Kraft, die durch dieses innere Schweigen wirken und das Vital zu seinem Instrument machen können, ihm jedoch nicht erlauben, durch seine Mängel die Tat zu bedingen.

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Der Friede muss zuerst zum Herzen und Nabel herabgebracht werden. Das gibt eine gewisse innere Festigkeit, wenn auch keine absolute. Es gibt keine andere Methode als das Streben, als einen starken und ruhigen Willen zu bewahren und alles zurückzuweisen, was in jenen Teilen, in die du den Frieden rufst, nicht auf das Göttliche ausgerichtet ist – in deinem Fall das emotionale und höhere Vital.

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Die Bewegung der Universalität als solche kann das Vital nicht daran hindern zu stören – allein die vollkommene Hingabe und die vollkommene Herabkunft des Friedens in das gesamte Wesen bis hinunter zum Allerstofflichsten sind hierzu in der Lage.

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Mehr als das Stoffliche sind das Mental und Vital den universalen Kräften geöffnet. Sie aber sind rastloser als das Stoffliche, solange sie nicht dem Frieden von oben unterworfen sind.

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Die Ruhe, die über dir ist, trat in dich ein und festigte deine Verbindung mit diesem “Darüber”; wenn du dich fest an sie hältst, wirst du in der Lage sein, ruhig zu bleiben. Um dich jedoch von diesen vitalen Störungen zu befreien, musst du die Macht und den Willen herabrufen, die ebenfalls über dir sind – oder zumindest derart mit ihnen verbunden sein, dass sie wirken können, wann immer du sie gegen die Kräfte der Unwissenheit rufst.

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Gleichmut und Friede in allen Umständen, in allen Teilen des Wesens sind die erste Grundlage eines yogischen Zustandes. Als nächstes kann entsprechend der Veranlagung der Natur entweder das Licht kommen (welches das Wissen mit sich bringt) oder die Kraft (welche Stärke und Dynamik von vielerlei Art bringt) oder der ānanda (welcher die Liebe und Freude des Daseins bringt). Der Friede aber ist die erste Voraussetzung, ohne den nichts sonst dauerhaft sein kann.

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Es ist wahr, dass durch das, was in ihm am stärksten ist, sich der Sadhak am leichtesten dem Göttlichen öffnen kann. Doch der Friede ist für alles notwendig; ohne den Frieden und eine wachsende Reinheit kann man, auch wenn man sich öffnet, nicht alles vollständig empfangen, was durch das Öffnen herabkommt. Licht ist ebenfalls für alles notwendig – ohne Licht kann man von dem, was herabkommt, keinen vollen Nutzen haben.

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Im stillen Mental wohnt der Friede, und im Frieden können alle göttlichen Dinge kommen. Wenn das Mental ausgeschaltet ist, tritt das Selbst hervor, das größer ist als das Mental.

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Schweigen und Friede sind Teile des höheren Bewusstseins – alles übrige kommt im Schweigen und Frieden.

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Der Vaishnava ist der Ansicht, dass der vedantische Friede nicht genug sei, dass die Liebe und Freude des Göttlichen kostbarer seien. Doch solange diese beiden Dinge nicht Hand in Hand gehen, werden Liebe und Freude zwar stark empfunden, doch sind sie unbeständig oder werden leicht vermischt oder fehlgelenkt oder sie wenden sich etwas zu, das ganz und gar nicht die wahre Sache ist. Friede und Reinheit müssen als Grundlage des Bewusstseins erlangt werden, andernfalls hat das göttliche Spiel keinen festen Grund und Boden.

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Endlich hast du die wahre Grundlage der Sadhana gefunden. Diese Ruhe, der Friede und die Hingabe sind die echte Atmosphäre, damit alles übrige kommen kann – Wissen, Stärke, ānanda. Lass sie vollkommen werden.

Sie dauert während der Arbeit deshalb noch nicht an, da diese noch auf das eigentliche Mental beschränkt ist, das gerade eben die Gabe des Schweigens empfangen hat. Erst wenn das neue Bewusstsein voll geformt wurde und von der vitalen Natur und dem physischen Wesen voll Besitz ergriffen hat (das Vital wird bislang vom Schweigen lediglich berührt oder gelenkt, aber noch nicht beherrscht) , wird dieser Mangel verschwinden.

Das ruhige Bewusstsein des Friedens, das jetzt in deinem Mental ist, sollte nicht nur still, sondern auch weit werden. Du musst es überall fühlen, du musst dich selbst in ihm und alles darin fühlen. Das wird dir ebenfalls dazu verhelfen, die Stille zur Grundlage der Tätigkeit zu machen.

Je umfassender dein Bewusstsein wird, desto fähiger wirst du sein, von oben zu empfangen. Die śakti wird herabkommen können, sie wird sowohl Stärke und Licht als auch den Frieden in das System bringen. Was du als eng und begrenzt in dir empfindest, ist das physische Mental; dieses kann sich nur dann weiten, wenn das umfassendere Bewusstsein und das Licht herabkommen und von der Natur Besitz ergreifen.

Die physische Trägheit, unter der du leidest, wird sich vermutlich erst dann mindern und wird verschwinden, wenn die Stärke von oben in das menschliche System herabgekommen ist.

Bleibe ruhig, öffne dich und rufe die göttliche śakti, dass sie die Stille und den Frieden festigen, das Bewusstsein weiten und ihm soviel Licht und Macht bringen möge; wie es gegenwärtig empfangen und assimilieren kann!

Achte darauf, nicht übereifrig zu sein, da dies die Ruhe und das Gleichgewicht erneut stören könnte, nachdem sie in der vitalen Natur bereits gefestigt waren!

Habe Vertrauen in das endgültige Ergebnis und lass der Macht etwas Zeit, ihre Arbeit zu tun!

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Wenn du nicht streben kannst, dann denke wenigstens an das, was notwendig ist: 1. Dass Schweigen und Frieden zu einer Weite anwachsen, die du als das Selbst erkennen wirst. 2. An die Ausweitung des schweigenden Bewusstseins nach oben, damit du seinen Ursprung über dir fühlst. 3. An die ständige Gegenwart des Friedens usw.. Diese Dinge brauchen sich nicht alle sofort einzustellen, doch wenn du erkennst, was du bewahren musst, kann jedes Absinken in einen Zustand der Trägheit vermieden werden.

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Weite und Ruhe sind die Grundlage des yogischen Bewusstseins und die beste Voraussetzung für inneres Wachsen und innere Erfahrung. Sobald eine weite Stille im physischen Bewusstsein gefestigt werden kann, die den Körper und all seine Zellen ergreift und erfüllt, kann dies die Grundlage für seine Umwandlung werden; tatsächlich ist ohne diese Weite und Ruhe die Umwandlung kaum möglich.

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Es ist das richtige grundlegende Bewusstsein, das du jetzt hast. Zwangsläufig werden tamas und andere Bewegungen der niederen universalen Natur einzudringen suchen, doch wenn man die Stille des inneren Wesens erlangt hat, durch die man jene als etwas Äußeres betrachten kann, wenn man das Licht der Seele hat, das diese [Bewegungen] augenblicklich enthüllt und zurückweist, dann bedeutet dies, dass man das wahre Bewusstsein hat, in dem man sicher ist, während die unumstößliche Umwandlung sich vorbereitet oder stattfindet.

Die Umwandlung kommt durch die Herabkunft der Kraft, des Lichtes, des Wissens, des ānanda usw.. Dein Gefühl ist also richtig, dass du dich mit einem ruhigen Streben oder mit einer ruhigen Bitte um die Herabkunft des Lichtes öffnen solltest. Diese Stille und Weite müssen jedoch ein Streben enthalten, das sie nicht im mindesten beeinträchtigt; das Ergebnis darfst du jedoch nicht sofort erwarten – es kann schnell kommen, es kann aber auch eine gewisse Zeit auf sich warten lassen.

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Die Erfahrung dieses Gefühls eines “festen Blocks” zeigt die Herabkunft einer Stärke, eines festen Friedens in das äußere Wesen an – hauptsächlich jedoch in das Vital-Physische. Dies ist immer die sichere Grundlage, auf die in Zukunft alles übrige (ānanda, Licht, Wissen, bhakti) herabkommen kann, um darauf Fuß zu fassen oder sicher zu spielen. Die Dumpfheit in der anderen Erfahrung war deshalb vorhanden, da die Bewegung nach innen gerichtet war; doch hier kommt die Yoga-Shakti nach außen in die voll bewusste äußere Natur, um dort als ersten Schritt den Yoga und seine Erfahrungen zu festigen. Daher gibt es hier diese Dumpfheit nicht, die das Zeichen für ein Bewusstsein ist, das sich von den äußeren Teilen zurückziehen will.

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Voller Frieden zu sein, nicht gepeinigt vom Schmerz, nicht erregt von der Freude – das ist ein sehr guter Zustand. Was den ānanda anbelangt, so kann er, wenn das Mental friedvoll und das Herz von der gewöhnlichen Freude und Sorge befreit sind, nicht nur in seiner vollsten Intensität kommen, sondern auch mit einer anhaltenderen Beständigkeit. Wenn Mental und Herz rastlos sind, wechselhaft, unruhig, kann ebenfalls eine Art ānanda kommen, doch ist er mit vitaler Erregung vermischt und kann nicht verweilen. Zuerst muss man den Frieden und die Ruhe im Bewusstsein festigen, damit eine solide Grundlage vorhanden ist, auf der sich der ānanda ausbreiten und zu einem dauernden Teil des Bewusstseins und der Natur werden kann.

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Eine große Woge (oder ein Meer) der Ruhe und das immerwährende Bewusstsein einer weiten und leuchtenden Wirklichkeit – das ist genau der Charakter der grundlegenden Verwirklichung der Höchsten Wahrheit, wenn sie zum ersten Mal das Mental und die Seele berührt. Man könnte um keinen besseren Anfang, um keine bessere Grundlage bitten – sie ist wie ein Felsen, auf dem das übrige aufgebaut werden kann. Sie bedeutet mit Sicherheit nicht nur eine Gegenwart, sondern auch die Gegenwart, und es wäre ein großer Fehler, den Charakter der Erfahrung zu mindern, indem man sie nicht annimmt oder sie bezweifelt.

Es ist nicht notwendig, sie zu beschreiben, und man sollte nicht einmal versuchen, sie bildlich auszudrücken, denn diese Gegenwart ist ihrer Natur nach unendlich. Was immer sie auch von sich oder aus sich heraus zu offenbaren hat, wird sie unweigerlich durch ihre eigene Macht tun, wenn eine ständige Bereitschaft zur Annahme besteht.

Es ist wahr, dass es eine Gnade ist, die dir gesandt wurde, und die einzige Erwiderung darauf ist Annahme und Dankbarkeit, und der Macht, die das Bewusstsein berührt hat, zu erlauben, dass sie das entwickelt, was im Wesen entwickelt werden muss – indem du dich für sie offen hältst. Die völlige Umwandlung der Natur kann nicht in einem Augenblick geschehen; sie dauert lange und schreitet stufenweise voran; was du jetzt erfährst, ist nur eine Initiation, eine Grundlage für das neue Bewusstsein, in dem die Umwandlung möglich wird. Die unmittelbare Spontaneität der Erfahrung selbst zeigt, dass sie weder vom Mental noch vom Willen oder den Gefühlen geformt wurde; sie entspringt vielmehr einer Wahrheit, die jenseits von diesen liegt.

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Wenn du die Weite und Stille und im Herzen die Liebe für die Mutter bewahren kannst, dann ist alles sicher, denn es bedeutet die doppelte Grundlage des Yoga: die Herabkunft des höheren Bewusstseins mit seinem Frieden, seiner Freiheit und Heiterkeit und eine offene Seele, die alle Bemühung oder die ganze spontane Bewegung dem wahren Ziel zuwendet.

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Die Ruhe und das Schweigen, die du fühlst, und die Empfindung des Glücks sind tatsächlich die eigentliche Grundlage einer erfolgreichen Sadhana. Sobald man sie erlangt hat, kann man sicher sein, dass sich die Sadhana auf gesundem Boden aufbaut. Es ist richtig, sobald diese Ruhe sich voll gefestigt hat, wird alles Verborgene zum Vorschein kommen. Es stimmt ebenfalls, dass das Glücksgefühl dieses Friedens weit größer ist als es irgendwelche äußeren Dinge zu geben vermögen. Es gibt gar keinen Vergleich. Gegenüber dem Reiz äußerer Dinge gleichgültig zu werden, ist eine der ersten Regeln des Yoga, denn dieses Nicht-Verhaftetsein befreit das innere Wesen in den Frieden und das wahre Bewusstsein. Allein wenn man das Göttliche in allem sieht, erhalten die Dinge einen Wert für den Yoga; doch auch dann nicht um ihrer selbst willen oder weil es Dinge sind, die man begehrt, sondern um des innewohnenden Göttlichen willen und damit sie der göttlichen Arbeit und Manifestation dienen.

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IV. Gleichmut

Gleichmut bedeutet, in allen Umständen unberührt zu bleiben. Gleichmut ist die wichtigste Stütze des wahren spirituellen Bewusstseins, von dem der Sadhak sich abwendet, sobald er sich von einer vitalen Bewegung im Fühlen, in der Rede oder im Handeln fortreißen lässt. Gleichmut ist nicht dasselbe wie Nachsicht – obwohl ohne Zweifel ein fester Gleichmut die Fähigkeit eines Menschen, zu dulden und Nachsicht zu üben, ungeheuer, ja unbegrenzt erhöht.

Gleichmut bedeutet, ein ruhiges und unbewegtes Mental und Vital zu haben; er bedeutet, von Dingen, die geschehen, die gesagt oder dir angetan wurden, nicht berührt oder gestört zu werden, sondern sie mit geradem Blick zu betrachten, frei von den Verzerrungen, die durch das persönliche Gefühl entstehen; er bedeutet, zu erkennen zu versuchen, was hinter ihnen steht, warum sie geschehen, was von ihnen gelernt werden kann, was es in einem selbst ist, wogegen sie geworfen werden, und welchen inneren Nutzen oder Fortschritt man durch sie gewinnen kann; Gleichmut bedeutet die Meisterung der vitalen Regungen, wie Ärger, Empfindlichkeit und Stolz, Begehren und all das übrige; er bedeutet, dass man ihnen nicht erlaubt, vom emotionalen Wesen Besitz zu ergreifen und den inneren Frieden zu stören; er bedeutet, im Ansturm oder Impuls dieser Dinge nicht zu sprechen und zu handeln, sondern immer nur in der ruhigen inneren Ausgeglichenheit des Spirits. Es ist nicht leicht, diesen Gleichmut in vollem Umfang zu haben, doch sollte man versuchen, ihn mehr und mehr zur Grundlage des inneren Zustandes und der äußeren Bewegungen zu machen.

Gleichmut bedeutet noch etwas anderes – eine gleichmütige Ansicht von den Menschen und ihrer Natur zu haben sowie von den Taten und Kräften, die sie bewegen; es gelingt einem eher, die Wahrheit über sie zu erkennen, wenn man aus der Betrachtungsweise und dem Urteil des Mentals alle persönlichen Gefühle und sogar alle geistigen Vorurteile entfernt. Persönliche Gefühle verzerren immer und lassen einem in den Taten der Menschen nicht nur diese Taten selbst sehen, sondern auch Dinge dahinter, die meist gar nicht vorhanden sind. Missverständnisse und Fehlurteile, die man hätte vermeiden können, sind das Ergebnis, und Geschehnisse von geringfügiger Bedeutung zeitigen große Auswirkungen. Ich habe beobachtet, dass mehr als die Hälfte solcher widrigen Ereignisse im Leben darin ihre Ursache haben. Im gewöhnlichen Leben jedoch sind das persönliche Gefühl und die Empfindlichkeit feste Teile der menschlichen Natur und mögen dort als eine Art Selbstverteidigung ihren Zweck erfüllen – obwohl vermutlich auch dort eine kraftvolle, weite und gleichmütige Haltung den Menschen und Dingen gegenüber eine wesentlich bessere Art der Verteidigung wäre. Für einen Sadhak aber besteht ein großer Teil seines Fortschritts darin, diese Dinge zu überwinden und nur in der stillen Kraft des Spirits zu leben.

Die erste Voraussetzung für den inneren Fortschritt ist, zu erkennen, worin eine falsche Bewegung in einem Teil der Natur besteht oder bestand – eine falsche Vorstellung, ein falsches Gefühl oder falsches Reden und Tun; und mit “falsch” ist gemeint, was sich von der Wahrheit, vom höheren Bewusstsein und höheren Selbst, vom Weg des Göttlichen entfernt. Wenn man dies einmal erkannt und zugegeben hat – und es nicht vertuscht oder verteidigt –, dann wird es dem Göttlichen dargeboten, damit das Licht und die Gnade herabkommen und es durch die rechte Bewegung des wahren Bewusstseins ersetzen können.

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Es gibt keine feste Grundlage in der Sadhana ohne Gleichmut, samatā. Wie unerfreulich die Umstände und wie unangenehm das Verhalten der anderen auch sein mögen, du musst lernen, es mit vollkommener Ruhe und ohne aufgeregte Reaktion hinzunehmen. Diese Dinge sind der Prüfstein des Gleichmuts. Es ist ein leichtes, ruhig und gleichmütig zu sein, solange alles gut geht und Menschen und Umstände angenehm sind; erst wenn das Gegenteil der Fall ist, wird die Vollständigkeit der Stille, des Friedens und des Gleichmuts geprüft, gestärkt und vollendet werden.

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Es ist sehr gut, dass du diese Erfahrung hattest; denn dieses Bewusstsein des Gleichmuts (samatā) ist genau das, was erlangt werden muss, und die eigentliche Grundlage, auf der ein gesundes yogisches Bewusstsein, das von der Mutter erfüllt ist, aufgebaut werden kann. Wenn man es zu festigen vermag, schwindet der größte Teil der Mühen und Schwierigkeiten der Sadhana dahin – alle notwendigen Veränderungen können ruhig voranschreiten ohne diese Störungen und Aufregungen, die den Fortschritt unterbrechen und behindern. Es kann dann auch ein rechtes und klares Verständnis für Dinge und Menschen entstehen und dafür, wie man mit ihnen reibungslos umzugehen hat, was die Arbeit und Tätigkeit wesentlich erleichtern kann. Hat sich dieses Bewusstsein einmal gezeigt, muss es notwendigerweise zurückkehren und sich ausweiten.

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Es ist nutzlos, auf das zu hören, was die Leute sagen, oder sich davon beeinflussen zu lassen. Man muss lernen, unberührt zu bleiben. Eine gewisse samatā ist in diesen Dingen erforderlich, um die Haltung zu festigen. Das einzige was zählt, ist die Verwirklichung des Göttlichen.

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Die wahre Tätigkeit der Sinne besteht darin, die göttliche oder eigentliche Erscheinung der Dinge wiederzugeben und ihnen mit gleichmütigem ānanda ohne Missfallen oder Begehren zu begegnen.

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Die Festigung der vollkommenen samatā dauert lange und hängt von drei Dingen ab: von dem Selbstgeben der Seele an das Göttliche durch die innere Hingabe, von der Herabkunft der spirituellen Stille und des spirituellen Friedens und von der stetigen, langwierigen und beharrlichen Zurückweisung aller egoistischen, rajasischen und anderen Gefühle, die der samatā entgegengerichtet sind.

Das erste, was zu geschehen hat, ist die volle Weihung und Darbringung des Herzens; das Anwachsen der spirituellen Stille und Hingabe ist die Voraussetzung, damit die Zurückweisung des Egos, des rajoguṇa usw. wirksam wird.

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Wenn der Friede des höheren Bewusstseins herabkommt, bringt er immer den Gleichmut mit sich, da ohne samatā der Friede notwendigerweise von den Wogen der niederen Natur ergriffen werden würde.

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Gleichmut ist ein sehr wichtiger Teil dieses Yoga; es ist notwendig, bei Schmerz und Leiden den Gleichmut zu bewahren – damit ist gemeint, sie stark und still zu ertragen und nicht rastlos, beunruhigt oder niedergeschlagen zu sein –, und es bedeutet, mit stetem Glauben an den Göttlichen Willen vorwärtszuschreiten. Gleichmut aber heißt nicht träge Hinnahme. Wenn zum Beispiel ein Bemühen in der Sadhana zeitweilig fehlschlägt, hat man den Gleichmut zu bewahren und nicht besorgt oder bedrückt zu sein; doch darf man den Fehlschlag nicht als Zeichen des Göttlichen Willens betrachten und die Bemühung aufgeben. Du solltest vielmehr den Grund und die Bedeutung des Fehlschlags erkennen und voller Glauben auf den Sieg zuschreiten. Ebenso ist es mit der Krankheit – du darfst nicht besorgt, erschüttert oder beunruhigt sein, du darfst die Krankheit nicht als Göttlichen Willen annehmen, sondern musst sie vielmehr als eine Unvollkommenheit des Körpers betrachten, von der du dich zu befreien hast, so wie du dich von mentalen Unvollkommenheiten oder mentalen Irrtümern zu befreien suchst.

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Yogische samatā ist die Gleichheit der Seele, der Gleichmut, der sich auf dem Gefühl des einen Selbstes gründet, des einen Göttlichen überall – den Einen trotz aller Verschiedenheiten, Abstufungen und Ungleichheiten der Manifestation erkennend. Das mentale Prinzip der Gleichheit hingegen versucht alle Verschiedenheiten, Abstufungen und Ungleichheiten zu übergehen oder auch zu zerstören, es versucht so zu handeln, als ob alles gleich wäre, oder es versucht, alles gleichzumachen. Wie Hridaya, der Neffe Ramakrishnas, der, als ihn Ramakrishna berührte, ausrief: “Ramakrishna, du bist Brahman und auch ich bin Brahman; es besteht kein Unterschied zwischen uns”. Und Ramakrishna musste schließlich, als er sich nicht beruhigte, seine Macht zurückziehen. Oder wie der Jünger, der nicht auf den mahut hören wollte, und vor dem Elefanten stehenblieb und sagte: “Ich bin Brahman”, bis ihn der Elefant mit seinem Rüssel packte und auf die Seite stellte. Als der Jünger sich darüber bei seinem Guru beschwerte, sagte dieser: “Ja, aber warum hast du denn nicht auf den mahut Brahman gehört? Was blieb dem Elefanten Brahman anderes übrig, als dich hochzuheben und auf die Seite zu stellen, damit du keinen Schaden nimmst?” In der Manifestation gibt es zwei Seiten der Wahrheit, und du kannst keine von ihnen ignorieren.

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Zweifellos sind Hass und Fluchen nicht die richtige Haltung. Es ist ebenfalls richtig, dass die gebührende yogische Haltung jene ist, alle Dinge und Menschen mit ruhigem Blick zu betrachten und in seinem Urteil distanziert und unparteiisch zu sein. Ein Zustand vollkommenen Gleichmuts, samatā, kann erreicht werden, wenn man alles als gleich betrachtet, einschließlich der Freunde und Feinde, und wenn man sich durch das Tun der Menschen oder durch die Geschehnisse nicht erregen lässt. Die Frage ist, ob dies alles ist, was von uns gefordert wird. Wenn dem so ist, dann wird die allgemeine Einstellung die sein, eine neutrale Gleichgültigkeit gegenüber allem zu bewahren. Die Gita jedoch, die so sehr auf vollkommener und absoluter samatā beharrt, sagt weiterhin: “Kämpfe, vernichte den Gegner, siege!” Solange keine gezielte Tätigkeit verlangt wird, keine Treue gegenüber der Wahrheit im Gegensatz zur Falschheit – außer für die persönliche Sadhana –, kein Wille, dass die Wahrheit siege, dann genügt die samatā der Neutralität. Doch hier [in diesem Yoga] hat eine Arbeit zu geschehen, eine Wahrheit muss sich durchsetzen, gegen die ungeheure Kräfte aufgeboten sind, unsichtbare Kräfte, welche sichtbare Dinge, Personen und Tätigkeiten als ihre Instrumente benützen können. Wenn man zu den Jüngern gehört, zu den nach Wahrheit Suchenden, dann muss man sich auf die Seite der Wahrheit und gegen die Kräfte stellen, die sie angreifen und unterdrücken wollen. Arjuna wollte auf keiner Seite stehen, er wollte jede feindliche Handlung, selbst die gegen die Angreifer meiden; Sri Krishna, der so sehr samatā forderte, tadelte diese Haltung aufs entschiedenste und bestand gleichzeitig darauf, dass er den Gegner bekämpft. “Sei gleichmütig” sagt er, “erkenne genau die Wahrheit – und kämpfe.”

Es ist daher mit dem Gleichmut durchaus nicht unvereinbar, sich auf die Seite der Wahrheit zu stellen und der angreifenden Falschheit nichts zuzugestehen sowie makellos treu zu sein und dem Feind und Angreifer entgegenzutreten. Das persönliche und egoistische Gefühl muss abgelegt und Hass und vitaler böser Wille müssen zurückgewiesen werden. Von großer Wichtigkeit ist einerseits die Treue, andrerseits aber die Weigerung, mit dem Angreifer und Feind einen Vergleich zu schließen, seine Ideen oder Forderungen zu erwägen und zu sagen: “Schließlich können wir uns über das, was sie wollen, einigen, oder sie als Gefährten oder als zu uns gehörend betrachten”. Wenn der Angriff eine physische Bedrohung der Arbeit oder jener wäre, die sie leiten und durchführen, würde man dies sofort erkennen. Darf man jedoch deshalb, weil der Angriff von subtilerer Art ist, eine passive Haltung einnehmen? Es ist ein spirituelles Gefecht, innerlich und äußerlich; durch Neutralität, Übereinkunft oder selbst durch Passivität würde man den gegnerischen Kräften Einlass gewähren und ihnen erlauben, die Wahrheit und ihre Kinder zu verderben. Wenn du es von diesem Standpunkt aus betrachtest, erkennst du, dass zwar innerer spiritueller Gleichmut richtig ist, dass aber eine aktive Treue und eine eindeutige Parteinahme ebenso gültig sind und beides durchaus nicht unvereinbar ist.

Ich habe dies natürlich allgemein behandelt, ungeachtet aller besonderen Fälle oder persönlichen Fragen. Es ist ein Prinzip des Handelns, das in seinem rechten Licht und Verhältnis gesehen werden muss.

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