SRI AUROBINDO
Briefe über den Yoga
Band 3
3. Erfahrung des inneren und des kosmischen Bewusstseins
I.
Das Durchdringen des Schleiers zwischen dem äußeren Bewusstsein und dem inneren Wesen ist eine der entscheidenden Bewegungen im Yoga. Denn Yoga bedeutet Einung mit dem Göttlichen, er bedeutet aber auch, dass du dir als erstes deines inneren Selbstes und dann deines höheren Selbstes bewusst wirst: eine nach innen gewandte und eine nach oben gewandte Bewegung. Tatsächlich kannst du nur durch das Erwachen und Hervortreten des inneren Wesens zur Einung mit dem Göttlichen gelangen. Der äußere, physische Mensch ist lediglich eine als. Instrument dienende Persönlichkeit, und aus eigener Kraft vermag er nicht diese Einung zu erreichen – er kann nur gelegentliche Kontakte, religiöse Gefühle und unvollständige Andeutungen empfangen. Und selbst diese stammen nicht vom äußeren Bewusstsein, sondern von dem, was in uns ist.
Es gibt zwei sich gegenseitig ergänzende Bewegungen; bei der einen tritt das innere Wesen hervor und prägt die ihm eigenen normalen Bewegungen dem äußeren Bewusstsein auf, für welches sie unüblich und anormal sind; die andere besteht darin, sich vom äußeren Bewusstsein zurückzuziehen, sich nach innen, den inneren Ebenen zuzuwenden, in die Welt deines inneren Selbstes einzutreten und in den verborgenen Teilen deines Wesens zu erwachen. Hat dieses Eintauchen einmal stattgefunden, dann bist du für das yogische, das spirituelle Leben ausersehen, und nichts vermag das Siegel, mit dem du geprägt bist, zu tilgen.
Diese nach innen gerichtete Bewegung findet auf vielerlei Weise statt, und manchmal ist es eine komplexe Erfahrung, die alle Merkmale des vollständigen Eintauchens in sich vereinigt. Es besteht das Gefühl, sich nach innen oder tief nach unten zu wenden, die Empfindung einer Bewegung hin zu den inneren Tiefen; häufig stellt sich eine Stille, eine angenehme Dumpfheit, eine Steifheit der Glieder ein. Das ist das Zeichen, dass sich das Bewusstsein unter dem Druck einer Kraft von oben vom Körper nach innen zurückzieht – ein Druck, der den Körper zu einer regungslosen Stütze des inneren Lebens macht, eine Art kraftvoller und doch spontaner āsana. Es entsteht ein Gefühl von Wellen, die emporbranden und zum Kopf aufsteigen, womit eine äußere Unbewusstheit und ein inneres Erwachen verbunden ist. Es ist das Aufsteigen des niederen Bewusstseins im adhara, damit es dem größeren Bewusstsein über uns begegne. Es ist eine Bewegung analog mit jener, auf die im tantrischen Vorgang so viel Wert gelegt wird, das Erwachen der Kundalini, der im Körper zusammengerollten, latent vorhandenen Energie und ihr Aufsteigen durch die Wirbelsäule, die Zentren (cakras) und das brahmarandra [die Öffnung am Scheitelpunkt des Kopfes], um dem Göttlichen darüber zu begegnen. In unserem Yoga ist es kein gesonderter Vorgang, sondern ein spontanes Emporbranden des gesamten niederen Bewusstseins, manchmal in Strömen oder Wellen, manchmal in einer weniger konkreten Bewegung, und auf der anderen Seite eine Herabkunft des Göttlichen Bewusstseins und seiner Kraft in den Körper. Diese Herabkunft wird als ein Einströmen von Stille und Frieden empfunden, von Kraft und Macht, von Licht, von Freude und Ekstase, von Weite und Freiheit und Wissen, eines Göttlichen Wesens oder einer [Göttlichen] Gegenwart – manchmal eines von diesen, manchmal mehrere oder alle zusammen. Die Bewegung des Anstiegs hat verschiedene Ergebnisse; sie kann das Bewusstsein befreien, so dass man das Gefühl hat, nicht mehr im Körper, sondern über ihm zu sein, ausgebreitet in einer Weite, wobei der Körper beinahe nicht mehr oder nur als Punkt in der eigenen freien Ausdehnung existiert. Sie kann das Wesen oder einen Teil des Wesens befähigen, aus dem Körper herauszutreten und sich woandershin zu begeben, und dies wird meist von einer Art teilweisem samādhi oder auch von einer vollständigen Trance begleitet. Sie [die Bewegung des Aufstiegs] kann aber auch zur Folge haben, das Bewusstsein, das nicht länger durch den Körper und die Gewohnheiten der äußeren Natur begrenzt ist, zu befähigen, sich nach innen zu wenden, in die inneren mentalen Tiefen einzutreten, in das innere Vital, das innere (feine) Physische, in die Seele, um sein innerstes seelisches Selbst zu erfahren oder sein innerstes mentales, vitales und feinstoffliches Wesen und sich unter Umständen in den Bereichen, Ebenen und Welten, die mit diesen Teilen der [menschlichen] Natur korrespondieren, zu bewegen und dort zu leben. Der wiederholte und fortwährende Anstieg des niedrigeren Bewusstseins ermöglicht es dem Mental, dem Vital und dem Physischen, mit den höheren Ebenen bis hinauf zur supramentalen in Berührung zu kommen und von ihrem Licht, ihrer Macht und ihrem Einfluss durchdrungen zu werden. Und die wiederholte und fortwährende Herabkunft des Göttlichen Bewusstseins und seiner Kraft ist das Mittel für die Umwandlung des gesamten Wesens und der gesamten Natur. Ist diese Herabkunft einmal zur Gewohnheit geworden, beginnt die Göttliche Kraft, die Macht der Mutter zu wirken, nun nicht mehr allein von oben her oder hinter dem Schleier, sondern bewusst im adhara selbst, und sich mit seinen Schwierigkeiten und Möglichkeiten auseinanderzusetzen und den Yoga weiterzuführen.
Zuletzt kommt das überschreiten der Grenze. Es ist kein In-den-Schlaf-Fallen oder Verlust des Bewusstseins, denn das Bewusstsein ist die ganze Zeit über vorhanden; es verlagert sich lediglich vom äußeren und physischen [Bewusstsein], es verschließt sich gegenüber äußeren Dingen und zieht sich in den inneren seelischen und vitalen Teil des Wesens zurück. Dort durchläuft es viele Erfahrungen, und einige von ihnen können und sollten auch im Wachzustand gefühlt werden; denn beide Bewegungen sind notwendig, sowohl das Hervortreten des inneren Wesens in den Vordergrund als auch die Nach-innen-Wende des Bewusstseins, um das innere Selbst und die innere Natur wahrzunehmen. Für viele Zwecke ist die nach innen gerichtete Bewegung sogar unerlässlich. Ihre Auswirkung besteht darin, die Schranke zu brechen oder mindestens zu öffnen und zu durchschreiten, die zwischen diesem äußeren, als Instrument dienenden Bewusstsein und jenem inneren Wesen liegt, welchem das erstere sehr begrenzt versucht Ausdruck zu verleihen, sowie die Voraussetzung einer künftigen bewussten Wahrnehmung zu schaffen von all den endlosen Reichtümern von Möglichkeiten, Erfahrungen, von neuem Sein und neuem Leben, die ungenutzt hinter dem Schleier dieser kleinen, sehr blinden und begrenzten stofflichen Persönlichkeit liegen, die die Menschen irrtümlicherweise für ihr ganzes Selbst halten. Der Beginn und das fortwährende Erweitern dieser tieferen, volleren und reicheren Wahrnehmung vollzieht sich zwischen dem Eintauchen nach innen und der Rückkehr von dieser inneren Welt in den Wachzustand.
Der Sadhak muss verstehen, dass diese Erfahrungen nicht bloße Einbildungen oder Träume sind, sondern tatsächliche Ereignisse; denn selbst wenn sie – wie es oft der Fall ist – nur Gestaltungen von falscher, irreführender oder feindlicher Art sind, besitzen sie dennoch ihre Macht als Gestaltungen und müssen verstanden werden, bevor sie zurückgewiesen und getilgt werden können. Jede innere Erfahrung ist auf ihre Weise durchaus wirklich, obwohl die Werte verschiedener Erfahrungen sehr verschieden sind – doch ist sie wirklich mit der Wirklichkeit des inneren Selbstes und der inneren Ebenen. Es ist ein Fehler zu glauben, dass wir nur physisch leben, also mit dem äußeren Mental und Leben. Wir leben und handeln die ganze Zeit über auf anderen Bewusstseinsebenen, treffen andere Menschen dort und wirken auf sie ein – und was wir dort tun und fühlen und denken, die Kräfte, die wir sammeln, die Ergebnisse, die wir vorbereiten, haben eine unschätzbare und uns unbekannte Wichtigkeit für unser äußeres Leben und wirken darauf ein. Nicht alles davon dringt durch, und was durchdringt, nimmt eine andere Form im Physischen an – obwohl manchmal eine genaue Übereinstimmung besteht; dieses Wenige aber befindet sich an der Basis unseres äußeren Daseins. Alles, was wir im physischen Leben werden und tun und ertragen, wird hinter dem Schleier in uns vorbereitet. Es ist daher von ungeheurer Wichtigkeit für einen Yoga, der auf die Umwandlung des Lebens abzielt, sich dessen bewusst zu werden, was innerhalb dieser Bereiche vor sich geht, dort Meister und fähig zu sein, die geheimen Kräfte, die unser Geschick und inneres und äußeres Wachsen oder Verfallen bestimmen, zu fühlen, zu kennen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Es ist in gleicher Weise für jene wichtig, die diese Einung mit dem Göttlichen wollen, ohne die die Umwandlung unmöglich ist. Das Streben könnte nicht verwirklicht werden, wenn du weiterhin durch dein äußeres Selbst gebunden und an das physische Mental und seine kleinen Bewegungen gefesselt wärst. Nicht das äußere Wesen ist der Ursprung des spirituellen Verlangens; das äußere Wesen unterwirft sich lediglich dem inneren Antrieb, der aus dem Bereich hinter dem Schleier kommt. Das innere seelische Wesen in dir ist der bhakta, der Suchende nach Einung und Ananda, und was der sich selbst überlassenen äußeren Natur unmöglich ist, wird durchaus möglich, wenn die Schranke gefallen ist und das innere Selbst im Vordergrund steht. Denn sobald es kraftvoll hervorgetreten ist oder das Bewusstsein machtvoll in sich hineingezogen hat, beginnen Friede, Ekstase, Freiheit, Weite, das Sich-Öffnen gegenüber dem Licht und ein höheres Wissen natürlich und spontan zu werden und treten oft unmittelbar zutage.
Ist einmal die Schranke infolge der einen oder anderen Bewegung durchbrechen, beginnst du zu erkennen, dass alle für den Yoga notwendigen Vorgänge und Bewegungen innerhalb deiner Reichweite liegen und nicht, wie es dem äußeren Mental erscheint, schwierig und unmöglich sind. Das innerste seelische Selbst in dir ist bereits vom Yogi und bhakta geprägt, und wenn es voll auftauchen und die Führung übernehmen kann, ist die spirituelle Wende deines äußeren Lebens vorherbestimmt und unvermeidlich. In dem von Anfang an erfolgreichen Sadhak hat es [das seelische Selbst] bereits ein inneres Leben aufgebaut, yogisch und spirituell, das lediglich durch ein starkes Nach-außen-gewandt-Sein verhüllt ist, welches durch Erziehung und vergangene Tätigkeiten dem denkenden Mental und den niederen vitalen Teilen aufgeprägt wurde. Gerade um diese nach außen gewandte Orientierung zu korrigieren und den Schleier zu entfernen, muss er den Yoga intensiver ausüben. Wenn sich einmal das innere Wesen kraftvoll geoffenbart hat, sei es durch die nach innen oder die nach außen gerichtete Bewegung, wird es mit Sicherheit seinen Druck erneuern und den Durchgang frei machen, um schließlich seine Herrschaft anzutreten. Ein Anfang dieser Art ist das Anzeichen dafür, was künftighin in einem größeren Ausmaß geschehen wird.
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Der Schrei, den du hörtest, kam nicht aus dem physischen Herzen, sondern dem emotionalen Zentrum. Der Einsturz der Mauer bedeutete das Zusammenbrechen des Hindernisses oder zumindest irgendeines Hindernisses dort zwischen deinem inneren und äußeren Wesen. Die meisten Menschen leben in ihrer gewöhnlichen äußeren, unwissenden Persönlichkeit, die sich nicht ohne weiteres dem Göttlichen öffnet; es gibt jedoch ein inneres Wesen in ihnen, das sie nicht kennen und das sich leicht der Wahrheit und dem Licht öffnen kann. Von ihm aber werden sie durch eine Mauer getrennt, eine Mauer der Dunkelheit und Unbewusstheit. Wenn sie einstürzt, findet eine Befreiung statt; das Gefühl der Stille, des Ananda, der Freude, das du unmittelbar danach hattest, wurde durch diese Befreiung ausgelöst. Der Schrei, den du hörtest, war der Schrei des vitalen Teils in dir, der durch die Plötzlichkeit des Einsturzes der Mauer und des Sich-Öffnens überwältigt wurde.
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Zu Beginn ist es nicht möglich, das seelische Wesen zu erkennen. Es ist daher notwendig, sich eines inneren Wesens bewusst zu werden, das von der äußeren Persönlichkeit und Natur getrennt ist – eines stillen und vom äußeren Wirken der Prakriti losgelösten Bewusstseins oder Purushas.
Die Erfahrungen, die du beschreibst, sind psycho-physisch, deren einzig wichtige die des aufsteigenden Stromes ist; sie stellt den anfänglichen Versuch dar, einen Verbindungspfad zwischen dem mentalen Zentrum hinter der Stirn (inneres Mental, innerer Wille, innere, Schau) und dem darüberliegenden höheren Zentrum herzustellen.
Von den Hindernissen kann man sich nur allmählich durch beharrliche Sadhana befreien. Das Schwanken zwischen dunklen und lichten Zuständen ist normal und unvermeidlich.
Das Licht in deiner Erfahrung zeigt die Tätigkeit einer Kraft an (bläulich zeigt vermutlich die spirituelle Mental-Kraft an) – das übrige geschah, um das höhere spirituelle Zentrum (sahasradala) zu öffnen.
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Es ist recht schade, dass Furcht aufkam und die nach innen gerichtete Bewegung vereitelte – denn diese nach innen gerichtete Bewegung ist äußerst wichtig für die Sadhana. Die Tatsache, dass das seelische Bewusstsein in dir immer häufiger und vollständiger aufkam und das gewöhnliche [Bewusstsein] ersetzte, war bislang das hoffnungsvollste Zeichen des Fortschritts – doch eine nach innen gewandte Bewegung zu festigen, wäre eine noch größere Sache; denn ihr natürliches Ergebnis wäre, die Seele im Inneren zu befreien und dir einen Halt im inneren Wesen zu geben, damit du fähig wärst, alle Schwankungen im äußeren Bewusstsein ohne jede Störung des inneren Gleichgewichts und der inneren Freiheit zu betrachten und ohne ihnen unterworfen zu sein. Aber die Bewegung wird zwangsläufig zurückkehren und sich vollenden. Es ist sehr gut, dass die Hilfe kommt, wenn du sie rufst, und dass du dich freischütteln kannst – es ist ein weiteres Zeichen des seelischen Wachsens.
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Was du beschreibst, ist nicht etwas in dir, sondern ein Symbol für die Dinge in der vitalen Natur. Skorpione und meist auch Schlangen sind Symbole von schädlichen Energien; die vitale Natur der Erde ist voll von diesen Energien, weshalb auch die Läuterung der äußeren vitalen Natur des Menschen so schwierig ist und es so viele falsche Bewegungen und Vorkommnisse in ihm gibt – da sein Vital sich willig all diesen Erd-Bewegungen öffnet. Um sich von ihnen zu befreien, muss das innere Wesen erwachen und wachsen und seine Natur muss an die Stelle der äußeren Natur treten. Manchmal weisen Schlangen einfach auf Energien hin, unschädliche Energien, häufiger aber ist es umgekehrt. Die Pfauen hingegen, die du sahst, waren Mächte des Sieges – eines Sieges der Energien des Lichtes über die Energien der Finsternis.
Was du über das äußere Wesen sagst, ist richtig; es muss sich ändern und offenbaren, was innen, in der inneren Natur ist. Hierfür aber bedarf man der Erfahrungen in der inneren Natur und durch sie wächst die Macht dieser inneren Natur, bis sie das äußere Wesen ganz und gar beeinflussen und beherrschen kann. Das äußere Bewusstsein gänzlich zu verändern, ohne dieses innere Bewusstsein zu entwickeln, wäre zu schwierig. Daher wird durch diese inneren Erfahrungen laufend das Wachsen des inneren Bewusstseins vorbereitet. Es gibt ein inneres mentales, ein inneres vitales, ein inneres physisches Bewusstsein, die leichter als das äußere das höhere Bewusstsein empfangen und zu einer Harmonie mit dem seelischen Wesen gelangen können; ist das einmal geschehen, empfindet man die äußere Natur lediglich als einen Rand an der Oberfläche und nicht als sich selbst, und alles in allem wird sie leichter umgewandelt.
Welche Schwierigkeiten es auch immer in der äußeren Natur geben mag, sie werden die Tatsache nicht ändern, dass du innerlich nun erwacht bist, dass die Kraft der Mutter in dir arbeitet und du in jeder Weise dazu ausersehen bist, ihr wahres Kind zu sein. Glaube an sie und richte deine Gedanken gänzlich auf sie und du wirst unbeschadet durch alles hindurchgehen.
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Es ist die Oberfläche, an der die Umwandlung stattfindet. Mit dem in der Tiefe Gewonnenen kommt man zur Oberfläche empor, um sie zu wandeln. Vielleicht ist es dir ein Bedürfnis, dich wieder nach innen zu wenden, und du findest es schwierig, diese Bewegung zurück rasch zu vollziehen. Wenn das gesamte Wesen plastisch wird, wirst du jede erforderliche Bewegung schneller durchführen können.
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Es erfordert natürlich einige Zeit, den Übergang von einem Bewusstseinszustand in einen anderen zu vollziehen. Die Tiefe der Empfindung wird in dem Maß immer mehr wachsen, wie dein Bewusstsein sich von dem Anspruch der äußeren Dinge zurückzieht und tiefer in den Herz-Bereich wendet und, von der Seele angespornt und erleuchtet, von dorther sieht und fühlt. Auch der Glaube wird mit dieser Bewegung wachsen, denn es ist der Glaube des äußeren Verstandes, der schwankend und unzureichend ist, nicht der des inneren Wesens im Herzen.
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Was du in dem Brief zum Ausdruck bringst, ist die richtige Art zu denken und zu sehen. Der Eigenwille des Mentals, der die Dinge auf seine Weise und nicht auf die Göttliche Weise will, war ein großes Hindernis. Ist das einmal überwunden, sollte der Weg viel weniger holprig und beschwerlich werden.
Glaube, Treue zum Göttlichen, Ehrfurcht, Liebe, Verehrung und Anbetung, als solche große Dinge, können im äußeren Wesen wachsen – obwohl tatsächlich auch diese Dinge von innen kommen –, die Verwirklichung aber kann allein dann stattfinden, wenn das innere Wesen mit seiner Schau und dem Gefühl für nicht wahrnehmbare Dinge erwacht ist. Bis dahin kann man die Ergebnisse der göttlichen Hilfe spüren und, wenn man Glauben hat, sie als das Wirken des Göttlichen erkennen; aber tatsächlich erst dann fühlt man deutlich die Kraft am Werk, die göttliche Gegenwart, die unmittelbare Gemeinschaft [mit dem Göttlichen].
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Schweigen bedeutet nicht das Fehlen von Erfahrungen. Es ist ein inneres Schweigen, eine innere Ruhe, in der alle Erfahrungen stattfinden können, ohne irgendeine Störung zu verursachen. Es wäre ein großer Fehler, das Entstehen der inneren Bilder zu beeinträchtigen. Es spielt keine Rolle, ob sie mental oder seelisch sind. Man muss nicht nur die Erfahrung der wahren Seele haben, sondern auch die der inneren mentalen, der inneren vitalen und feinstofflichen Welten oder Bewusstseins-Ebenen. Das Erscheinen der Bilder ist ein Zeichen, dass diese [Ebenen] sich öffnen, und sie aufzuhalten würde bedeuten, die Ausweitung des Bewusstseins aufzuhalten, ohne die dieser Yoga nicht ausgeübt werden kann.
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Alle Erfahrungen kommen im Schweigen, sie kommen anfangs aber nicht massenhaft und kunterbunt durcheinander. Das innere Schweigen und der innere Frieden müssen zuerst gefestigt werden.
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Das Problem, das du in deinem letzten (langen) Brief angedeutet hast, zeigt, dass du in das innere Wesen eintrittst und beginnst, dort Erfahrungen zu haben; es besteht aber die Schwierigkeit, sie zu ordnen oder zusammenhängend zu sehen. Die Schwierigkeit besteht deshalb, weil das innere Mental noch nicht hinreichend daran gewöhnt ist zu handeln und die inneren Dinge zu sehen, und sich daher das gewöhnliche Mental einmischt und versucht, sie von sich aus zu ordnen; das äußere Mental aber ist unfähig, die Bedeutung der inneren Dinge zu erkennen. Wenn das äußere Mental gänzlich ausgeschlossen wird, beginnt man, die inneren Dinge klar und deutlich zu sehen; ist aber das innere Mental untätig, wird entweder ihr Zusammenhang nicht erkannt, oder das Bewusstsein verweilt bei den wirren Erfahrungen der niederen vitalen Ebene und stößt zu den tieferen, deutlicheren und bedeutsameren Erfahrungen nicht durch. Eine Entwicklung des inneren Bewusstseins ist erforderlich – wenn diese Entwicklung stattfindet, wird alles klarer und deutlicher werden. Sie wird dann erfolgen, wenn du, ohne dich stören zu lassen, ruhig strebst und damit fortfährst, die Kraft der Mutter zu rufen, damit sie das Nötige tue.
Dein Ruf wird die Mutter immer erreichen. Wenn du ruhig und vertrauensvoll bleibst, wirst du zur rechten Zeit die Antwort wahrnehmen. Je ruhiger das Mental, umso deutlicher wird sie für dich werden und du wirst ihr Wirken fühlen. Von Zeit zu Zeit kannst du mir über deine Erfahrungen schreiben, und ich werde antworten, wann immer es erforderlich ist.
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Das ist, was unter Kontakt zu verstehen ist, und so entsteht er.
Was das anbelangt, ihn nicht immer zu haben, so deshalb, weil es Wesensteile gibt, die noch unbewusst sind, oder vielleicht Stadien von Unbewusstheit auftreten. Wenn die Menschen zum Beispiel einander Briefe schreiben, sind sie sich durchaus nicht bewusst, dass sie dabei Kräfte austauschen. Du bist dir dessen bewusst geworden, da sich dein inneres Bewusstsein durch den Yoga entwickelt hat – und dennoch wird es voraussichtlich Zeiten geben, in denen du allein von der äußeren Wahrnehmung her schreibst, und dann wirst du nur die Worte sehen, ohne zu erkennen, was hinter ihnen steht. Aufgrund der Entwicklung des inneren Bewusstseins aber vermagst du zu verstehen, was Kontakte sind, und wirst den wahren Kontakt erhalten; doch zeitweilig kann das äußere Bewusstsein stärker als das innere sein und dann bist du (in dieser Zeit) nicht länger fähig, den [wahren] Kontakt herzustellen.
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Es ist nicht so, dass dir etwas weggenommen wurde, sondern wie du zum Schluss sagst, dass du dein Wesen in zwei Teilen siehst. Das ist etwas, was in dem Maß geschieht, wie die Sadhana fortschreitet, und es muss geschehen, damit man vollständig das Wissen von sich und vom wahren Bewusstsein erhält. Diese beiden Teile sind das innere und das äußere Wesen. Das äußere Wesen (Mental, Vital und das Physische) ist nun zur Stille fähig geworden und tritt in freier, glücklicher und leerer Ruhe in die Meditation ein, was der erste Schritt zum wahren Bewusstsein ist. Das innere Wesen (inneres Mental, Vital und inneres Physisches) ist nicht verloren, sondern hat sich nach innen gewandt – der äußere Teil weiß nicht wohin –, vermutlich nach innen zur Einung mit der Seele. Das einzige, was verschwunden sein kann, ist ein Teil der alten Natur, der dieser Erfahrung im Wege stand.
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Es gibt ein inneres Wesen und em innerstes Wesen, das wir Seele nennen. Beim Meditieren versucht man, in das innere Wesen einzutreten. Wenn das geschieht, empfindet man sehr genau, dass man sich nach innen gewandt hat. Das, was in der Meditation verwirklicht werden kann, kann auch zum gewöhnlichen Bewusstsein werden, in dem wir leben. Dann empfindet man das, was bisher das gewöhnliche Bewusstsein war, als etwas völlig Äußerliches und Oberflächliches, nicht als das eigene wirkliche Selbst.
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Was du als das neue Leben empfindest, ist das Wachsen des inneren Wesens in dir; das innere Wesen ist das wahre Wesen, und in dem Maß, wie es wächst, beginnt sich das gesamte Bewusstsein zu verändern. Dieses Gefühl und deine neue Einstellung den Menschen gegenüber sind Zeichen dieser Veränderung. Auch das Sehen innerer Dinge kommt meist mit diesem Wachsen des inneren Wesens und Bewusstseins; es ist eine innere Schau, die in den meisten Sadhaks erwacht, wenn sie in dieses Stadium eintreten.
Eine weitere Eigenart dieses inneren Bewusstseins ist, dass man, auch wenn es tätig ist, hinter dieser Tätigkeit oder in ihr eine vollkommene Ruhe oder ein vollkommenes Schweigen fühlt. Je mehr man sich konzentriert, desto mehr wachsen diese Ruhe und dieses Schweigen. Das ist der Grund, weshalb innen alles ruhig zu sein scheint, obwohl dort alle möglichen Dinge vor sich gehen können.
Es ist auch durchaus üblich, dass das, was im innerem Bewusstsein stattfindet, sich nicht gleichzeitig im äußeren Physischen ausdrückt. Es schafft zuerst Veränderungen im Äußeren, nimmt aber die äußeren Instrumente erst später in Besitz.
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Es ist ein sehr gutes Zeichen, dass etwas vorhanden ist, das gelassen und kühl bleibt, wenn Gedanken und der Versuch der Beunruhigung aufkommen – denn es zeigt, ebenso wie die seelische Erwiderung von innen, dass das innere Bewusstsein gefestigt ist oder im Begriff ist, sich in einem Teil des Wesens zu festigen. Das ist ein wohlbekanntes Stadium der inneren Wandlung in der Sadhana. Genauso ist das Auftauchen des selbstbestehenden Anandas von innen her nicht von äußeren Dingen abhängig. Es ist eine Tatsache, dass dieses innere Glück, diese Freude etwas Friedvolles und zugleich Frohes sind – es ist keine erregte Bewegung wie das vitale äußerliche Vergnügen, obwohl es glühender und intensiver sein kann. Ein weiteres gutes Ergebnis ist das Schwinden des Gefühls, dass „es meine Arbeit ist“, sowie die Fähigkeit, sie mit dem äußeren Bewusstsein zu tun, ohne das innere Wesen mit hineinzuziehen.
Das Auftauchen des seelischen Wesens oder die Verwirklichung des Selbstes über uns wird immer von dem Gefühl begleitet, wie aus einem Kerker befreit zu sein. Deshalb bezeichnet man es als Befreiung, mukti. Es ist eine Befreiung in den Frieden, in das Glück, in die Freiheit der Seele, die nicht durch die tausend Bande und Sorgen des äußeren unwissenden Daseins gefesselt ist.
Natürlich war es das Antlitz der Mutter, das du in deiner Vision sahst, vermutlich aber im überphysischen und nicht ihre physische Form und ihr physisches Gesicht – darauf weist auch das große Licht hin, das von der Gestalt ausging und sie unsichtbar machte.
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Das Nicht-Vorhandensein des Denkens ist durchaus das Richtige – denn das wahre innere Bewusstsein ist ein schweigendes Bewusstsein, das die Dinge nicht auszudenken braucht, sondern die richtige Wahrnehmung, das richtige Verstehen und Wissen in einer spontanen Weise von innen erhält und demgemäß spricht oder handelt. Es ist das äußere Bewusstsein, das sich auf äußere Dinge verlassen und über sie nachdenken muss, weil es diese spontane Führung nicht besitzt. Wenn man in diesem inneren Bewusstsein gefestigt ist, kann man sich mit Willenskraft sogar wieder der alten Tätigkeit zuwenden; es ist aber nicht länger eine natürliche Bewegung und führt, wenn sie lange aufrechterhalten wird, zur Ermüdung. Etwas anderes ist es mit den Träumen. Träume über alte, vergangene Dinge steigen aus dem Unterbewusstsein empor, das die alten Eindrücke und die Keime alter Bewegungen und Gewohnheiten speichert, lange nachdem das Wachbewusstsein sie fallengelassen hat. Vom Wachbewusstsein aufgegeben, erscheinen sie dann in Träumen; denn im Schlaf geht das äußere physische Bewusstsein in das Unterbewusste hinab oder wendet sich dorthin, und viele Träume steigen von dort her auf.
Das Schweigen, in dem alles ruhig ist und man ein Betrachter bleibt, während etwas im Bewusstsein spontan die höheren Dinge herabruft, ist das völlige Schweigen, das eintritt, wenn die ganze Kraft des höheren Bewusstseins das Mental, Vital und den Körper ergriffen hat.
Innere Dinge können ebenso deutlich wie äußere Dinge gesehen werden, sei es in einem Bild durch die feinstoffliche Schau oder in ihrer Essenz durch eine noch feinere und machtvollere Art des Sehens; all dies aber muss sich erst entwickeln, um seine volle Macht und Intensität zu erlangen.
Es gibt ein Stadium in der Sadhana, in dem das innere Wesen zu erwachen beginnt. Das erste Ergebnis ist oft ein Zustand, der sich folgendermaßen zusammensetzt:
1. Eine gewisse Art „Betrachter-Einstellung“, in der das innere Bewusstsein alles, was geschieht, als Zuschauer oder Beobachter sieht, der die Dinge betrachtet, aber kein lebhaftes Interesse oder Vergnügen an ihnen hat.
2. Ein Zustand aus neutralem Gleichmut, in dem es weder Freude noch Sorge, sondern nur Ruhe gibt.
3. Ein Gefühl, von allem, was geschieht, getrennt zu sein, es beobachtend, aber kein Teil davon.
4. Dingen, Leuten oder Ereignissen nicht verhaftet zu sein.
Es scheint, als würde dieser Zustand versuchen, von dir Besitz zu ergreifen; aber alles ist noch unvollständig. Zum Beispiel sollten (1) in diesem Zustand, wenn die Menschen sich unterhalten, kein Ekel, keine Ungeduld, kein Ärger aufkommen, sondern nur Gleichgültigkeit, ein innerer Friede und inneres Schweigen herrschen. Es sollte (2) nicht nur eine bloße neutrale Ruhe und Gleichgültigkeit sein, sondern eine positive Empfindung der Stille, der Loslösung und des Friedens. Weiterhin (3) solltest du dich nicht aus deinem Körper entfernen, derart dass du nicht weißt, was geschieht oder was du tust. Du kannst das Gefühl haben, nicht der Körper zu sein, sondern etwas anderes – das ist gut; du solltest dir aber all dessen vollkommen bewusst sein, was in dir oder um dich geschieht.
Außerdem ist dieser Zustand, selbst wenn er vollkommen ist, nur ein Übergangsstadium – er soll einen gewissen Zustand der Unabhängigkeit und Befreiung herbeiführen. In diesen Frieden aber muss das Fühlen der Göttlichen Gegenwart einströmen, das Empfinden der Macht der Mutter, die auf dich einwirkt, der Freude oder des Anandas.
Wenn du dich sowohl im Herz-Zentrum als auch im Kopf-Zentrum konzentrieren kannst, können diese Dinge leichter kommen.
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Deine Erfahrung einer Teilung im Wesen, verbunden mit einer inneren Leere und Gleichgültigkeit, udasina – nicht sorgenvoll, sondern neutral und unbeteiligt –, ist eine Erfahrung, die vielen zuteil wird und die von den sannyasins hoch eingeschätzt wird. Für uns ist sie nur ein Durchgang zu etwas Umfassenderem und Positiverem. In diesem Zustand fallen die alten, kleinen menschlichen Gefühle ab und es entsteht eine Art stille, neutrale Leere, um eine höhere Natur zu offenbaren. Das muss vollendet und durch ein Gefühl von großem Schweigen und großer Freiheit ersetzt werden, in welches das Bewusstsein der Mutter herabfließen kann.
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Der Zustand, in dem alle Bewegungen oberflächlich und leer werden, ohne eine Verbindung mit der Seele zu haben, ist ein Zustand des Sich-Zurückziehens vom Oberflächen-Bewusstsein in das innere Bewusstsein. Wenn man sich in das innere Bewusstsein wendet, wird es als eine Stille empfunden, als reines Dasein ohne jede Bewegung, doch ewig ruhig und unbewegt und von der äußeren Natur getrennt. Dieses Ergebnis stellt sich ein, wenn man sich von den Bewegungen ablöst und sich von ihnen distanziert – es ist ein sehr wichtiger Vorgang in der Sadhana. Die erste Auswirkung ist völlige Ruhe; später aber beginnt diese Ruhe (ohne dass sie aufhört), sich mit seelischen und anderen inneren Bewegungen zu füllen, wodurch ein wahres inneres und spirituelles Leben hinter dem äußeren Leben und der äußeren Natur geschaffen wird. Es ist dann leichter, letztere zu lenken und zu verändern.
Gegenwärtig gibt es Schwankungen in deinem Bewusstsein, da dieser innere Zustand noch nicht voll entwickelt und gefestigt ist. Wenn das [einmal] der Fall ist, wird es zwar noch Schwankungen im äußeren Bewusstsein geben, aber die innere Ruhe, Kraft, Liebe usw. werden unverändert bleiben, und die oberflächlichen Schwankungen vom inneren Wesen beobachtet werden, ohne dass es erschüttert oder gestört wird, bis sie durch die vollkommene äußere Wandlung verschwinden.
Was X anbelangt, so ist es das beste, wenn du es vorübergehen lässt und versuchst, innerlich ruhig und distanziert zu bleiben; man kann sich nicht von allen Kontakten lösen. Man muss vielmehr immer mehr über ihren üblichen Rückwirkungen stehen.
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Der von dir beschriebene Zustand während deiner Arbeit bedeutet, dass das innere Wesen erwacht ist und es nun ein doppeltes Bewusstsein gibt. Im inneren Wesen herrschen das innere Glück, die Stille, die Ruhe, das Schweigen, frei von jeder Gedankenwelle, mit der inneren schweigenden Wiederholung des Namens. Die selbsttätige Wiederholung des mantras gehört mit zur gleichen Erscheinung – das ist es, was mit dem mantra geschehen sollte, nämlich etwas Bewusstes und Spontanes zu werden, das sich in der eigentlichen Substanz des Bewusstseins wiederholt und keiner Bemühung des Mentals mehr bedarf. All die Zweifel und Fragen des Mentals sind nutzlos. Dieses innere Bewusstsein mit dem fortwährenden Schweigen, dem inneren Glück, der inneren Ruhe, von keiner Störung beeinträchtigt, sollte immer vorherrschen, während das äußere Bewusstsein das tut, was im Rahmen der Arbeit notwendig ist, oder, noch besser, es durch sich geschehen lässt; diese letztere Erfahrung hattest du einige Tage lang als du die Arbeit mit viel unermüdlicher Kraft vorantriebst, ohne eine Ermüdung zu empfinden.
Wenn du dich ruhiger fühlst und die Empfindung der Hingabe intensiver wird, ist das eine gute und keine schlechte Verfassung – und wenn es aus dem Mental einen leeren Raum macht, der das Licht empfängt, umso besser. Erfahrungen und Einwirkungen von oben sind zur Vorbereitung sehr gut, aber die Wandlung des Bewusstseins ist die gewollte Sache – sie ist der Beweis, dass die Erfahrungen und Einwirkungen von oben eine Auswirkung hatten. Das Herabkommen des Friedens ist in Ordnung, aber die Ruhe und das Schweigen des Mentals, die ständig zunehmen, sind etwas Wertvolleres. Wenn das vorhanden ist, können andere Dinge kommen – meist eines nach dem anderen, Licht oder Stärke und Kraft, oder Wissen oder Ananda. Es ist nicht notwendig, dass man immer wieder die gleichen vorbereitenden Erfahrungen hat – es kommt eine Zeit, in der das Bewusstsein eine neue Haltung einnimmt und in einen anderen Zustand übergeht.
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Der Grund ist einfach der, dass du voller mentaler und vitaler Tätigkeiten und Beziehungen steckst. Man muss die Macht erlangen, das Mental und Vital zu beruhigen, wenn es auch anfangs nicht ständig sein kann, so doch wann immer man will – denn Mental und Vital verbergen sowohl das seelische Wesen als auch das Selbst (Atman), und um zu einem von ihnen zu gelangen, muss man sich durch den Schleier [des Mentals und Vitals] hindurch nach innen wenden; wenn sie aber immer tätig sind und du dich stets mit ihren Tätigkeiten identifizierst, wird der Schleier immer vorhanden bleiben. Es ist aber auch möglich, dich loszulösen und diese Tätigkeiten zu betrachten, als ob es nicht deine eigenen wären, sondern ein mechanisches Wirken der Natur, das du als unbeteiligter Betrachter beobachtest. Man kann dann ein inneres Wesen wahrnehmen, das für sich ist, still und nicht in die Natur verwickelt. Das kann der innere mentale oder vitale Purusha sein und nicht die Seele; aber das Bewusstsein des inneren manomaya und prāṇamaya-Purusha zu erlangen, ist immer ein Schritt auf die Enthüllung des seelischen Wesens zu.
Ja, es wäre besser, die volle Kontrolle über das Sprechen zu erlangen – es ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg nach innen und zur Entwicklung eines wahren inneren und yogischen Bewusstseins.
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Das innere Wesen setzt sich aus dem inneren Mental, dem inneren Vital, dem inneren Physischen zusammen. Die Seele ist zuinnerst und stützt alle übrigen. Gewöhnlich findet diese Trennung zuerst im inneren Mental statt, und es ist der innere mentale Purusha, der schweigend bleibt und die Prakriti als von sich getrennt betrachtet. Es kann auch der innere vitale oder der innere physische Purusha sein, aber auch ohne örtliche Festlegung das ganze Purusha-Bewusstsein, das von der gesamten Prakriti getrennt ist. Manchmal wird es über dem Kopf gefühlt, dann wird es meist als Atman bezeichnet, und die Verwirklichung ist die des schweigenden Selbstes.
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Das Bewusstsein, von dem du sprichst, würde in der Gita als der betrachtende Purusha beschrieben werden. Das Purusha- oder grundlegende Bewusstsein ist das wahre Wesen oder verkörpert zumindest das wahre Wesen – auf welcher Ebene auch immer es sich offenbart. In der gewöhnlichen Natur des Menschen aber ist es vom Ego und vom unwissenden Spiel der Prakriti überdeckt und bleibt als der unsichtbare Betrachter, der das Spiel der Unwissenheit stützt, im Hintergrund verborgen. Wenn es zutage tritt, empfindest du es als ein Bewusstsein im Hintergrund, still, zentral und nicht identisch mit dem „Spiel“, das von ihm abhängt [die Göttliche lila]. Es mag verborgen sein, aber es ist immer da. Das Hervortreten des Purushas ist der Beginn der Befreiung. Es [das Purusha-Bewusstsein] kann aber auch langsam der Meister werden – langsam deshalb, weil die ganze Verhaltensweise des Egos und das Spiel der niederen Kräfte sich dagegen wehren. Dennoch vermag es zu diktieren, welch höheres Spiel die niedrigere Bewegung ersetzen soll, und dann findet der Vorgang jener Ersetzung statt, dass das Höhere kommt, während das Niedrigere darum ringt zu bleiben und die höhere Bewegung wegzustoßen. Wie du richtig sagst, wird die ganze Sache durch die Selbst-Darbringung an das Göttliche verkürzt und wirksamer gemacht; meist aber kann sie aufgrund vergangener Gewohnheit nicht auf einmal in ihrer Vollständigkeit durchgeführt werden, und die beiden Methoden (Ersetzung und Hingabe] bestehen weiterhin nebeneinander, bis die völlige Hingabe möglich ist.
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Als solcher ist der Purusha unpersönlich; indem er sich aber mit den Bewegungen der Prakriti vermischt, bildet er eine Oberfläche aus Ego und Persönlichkeit. Wenn er in seiner eigenen, gesonderten Natur erscheint, sieht man ihn losgelöst und beobachtend.
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Das betrachtende Wesen bleibt nicht immer ein Punkt. Es wird zu etwas Ausgedehntem, welches das übrige stützt.
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Das innere Betrachter-Bewusstsein einzunehmen, ist ein sehr wesentliches Stadium während des Fortschritts – wobei ich nicht glaube, dass es unbedingt eine äußere Zurückgezogenheit miteinbezieht, obwohl auch das möglich ist. Es [das Betrachter-Bewusstsein] trägt zur Befreiung von der niederen Prakriti bei – nicht mehr in die gewöhnlichen Bewegungen der Natur verwickelt zu werden; es trägt zur Errichtung einer vollkommenen Stille und eines vollkommenen Friedens im Inneren bei, denn dann bleibt ein Teil des Wesens losgelöst und beobachtet, ohne durch die Störungen an der Oberfläche beunruhigt zu werden; es unterstützt ferner das Ansteigen in das höhere Bewusstsein und das Herabkommen des höheren Bewusstseins, denn durch dieses stille, losgelöste und befreite innere Wesen können Anstieg und Herabkunft leicht stattfinden. Ebenso ist es eine große Hilfe, sowohl für die Befreiung als auch für die Universalisierung des Wesens, mit dem gleichen Blick des Betrachters die Bewegungen der Prakriti in anderen zu sehen und zu verstehen, von ihnen jedoch in keiner Weise gestört zu werden. Aus diesem Grund konnte ich auf keinen Fall etwas gegen diese Bewegung in einem Sadhak einwenden.
Was die Hingabe anbelangt, so ist sie mit der Haltung des Betrachters nicht unvereinbar. Im Gegenteil, durch die Befreiung von der gewöhnlichen Prakriti wird die Hingabe an die höhere oder göttliche Macht leichter. Sehr häufig, wenn die Haltung des Betrachters nicht eingenommen wurde, aber ein erfolgreicher Ruf um das Wirken der Kraft ergangen ist, sorgt diese Kraft mit als erstes dafür, diese Betrachter-Haltung zu errichten, um mit weniger Einmischung und Störung durch die Bewegungen der niederen Prakriti wirken zu können.
Bleibt noch die Frage, ob Kontakte mit anderen zu meiden sind, und hier besteht tatsächlich einige Schwierigkeit oder Ungewissheit. Ein Teil deiner Natur hat einen starken Hang, Kontakt mit anderen zu pflegen, auf sie einzuwirken und sich mit ihnen auszutauschen – beinahe ein Bedürfnis danach. Dies führt zu einem gewissen Schwanken zwischen der Hinwendung zu innerer Isolierung und der Hinwendung zu Kontakt und Tätigkeit. Diese gleiche zwiespältige und schwankende Bewegung besteht auch in anderen hier, zum Beispiel in X. In solchen Fällen lege ich im allgemeinen kein Gewicht auf eine der beiden Neigungen, sondern überlasse es dem Bewusstsein, sein eigenes Gleichgewicht zu finden, denn ich habe erkannt, dass es nicht sehr erfolgreich ist, die Neigung zur Isolierung stark zu fördern, wenn die Natur nicht überwiegend kontemplativ [veranlagt] ist – ausgenommen natürlich, der Sadhak findet selbst zu einer kraftvollen und bestimmten Entscheidung in dieser Richtung. Dies kann die Ursache deines Gefühls sein. Aber die Frage, ob Betrachter-Haltung oder Hingabe [einander ausschließen], erhebt sich aus dem von mir erklärten Grund nicht; das eine kann durchaus das andere fördern oder zu ihm hinführen, da unser Yoga diese Dinge verbindet und sie nicht für immer getrennt hält.
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Das Schweigen kommt zuerst in das innere Wesen herab – wie auch andere Dinge aus dem höheren Bewusstsein. Man kann dieses innere Wesen wahrnehmen, still, schweigend, unberührt von den Bewegungen der Natur, voller Wissen oder Licht, und kann gleichzeitig ein anderes geringeres Wesen wahrnehmen, die kleine Persönlichkeit an der Oberfläche, die sich aus den Bewegungen der Natur zusammensetzt oder ihnen noch unterworfen ist – und wenn auch nicht unterworfen, so doch für ihr Eindringen offen. Das ist ein Zustand, den unzählige Yogis und Sadhaks erfahren haben. Unter dem inneren Wesen versteht man die Seele, das innere Mental, das innere Vital, das innere Physische. In diesen Zustand [der kleinen Persönlichkeit an der Oberfläche] kann keines von ihnen auch nur berührt werden, daher hat eine grundlegende Läuterung stattgefunden. Nicht alle brauchen diese Spaltung in zwei Arten von Bewusstsein zu empfinden, doch die meisten fühlen sie. Wenn sie sie fühlen, befindet sich der das Handeln bestimmende Wille im inneren und nicht im äußeren Wesen – daher kann die Überflutung des äußeren [Wesens] durch vitale Bewegungen in keiner Weise das Handeln bestimmen. Es ist im Gegenteil ein sehr förderliches Stadium in der Umwandlung: das innere Wesen kann die ganze Kraft des höheren Bewusstseins in sich empfangen, um die Natur völlig zu wandeln, es kann das Wirken der Natur beobachten, ohne dadurch beeinträchtigt zu werden, die Kraft zur Wandlung da einsetzen, wo immer sie gebraucht wird, und das ganze Wesen in Ordnung bringen, so wie es mit einer Maschine geschieht. Das für den Fall, dass man die Umwandlung will. Viele Vedantins halten sie nämlich nicht für erforderlich – sie sagen, das innere Wesen sei mukta [befreit], das übrige nur eine mechanische Weiterführung des Antriebs der Natur im physischen Menschen, die mit dem Körper abfallen würde, so dass man in das nirvana eingehen könne.
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Das ist die alte vedantische Vorstellung – innerlich frei und losgelöst zu sein und die Prakriti sich selbst zu überlassen. Wenn du stirbst, wird der Purusha in die Herrlichkeit eingehen und die Prakriti wird abfallen – vielleicht in die Hölle. Diese Theorie ist die Quelle jeder Menge von Selbsttäuschung und bewusster Nachsicht gegenüber sich selbst.
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Sicher, du kannst damit fortfahren, das Bewusstsein des betrachtenden Purushas, der darüber steht, zu entwickeln, wenn es aber nur der Beobachter ist und der niederen Prakriti erlaubt wird, ihre eigenen Wege zu gehen, gäbe es keinen Grund, warum diese Zustände jemals aufhören sollten. Viele sind der Ansicht, dass der Purusha sich selbst befreien muss, indem er abseits steht, und der Prakriti erlaubt werden kann, bis zum Lebensende ihren eigenen Belangen nachzugehen – es ist prārabdha karma; sobald der Körper abfällt, fällt auch die Prakriti ab, und der Purusha geht in das eigenschaftslose Brahman ein. Das ist eine bequeme Theorie, aber von mehr als zweifelhafter Wahrheit; ich glaube nicht, dass Befreiung eine derart unkomplizierte und leichte Angelegenheit ist. Auf alle Fälle aber würde die Umwandlung, die das Ziel unseres Yoga ist, nicht stattfinden.
Der Purusha über uns ist nicht nur ein Beobachter, er erteilt die Zustimmung (oder hält sie zurück); wenn er beharrlich die Zustimmung zu einer Bewegung der Prakriti verweigert und sich davon losgelöst hält, verliert sie meist nach einer Weile ihre Kraft, selbst wenn sie noch eine Zeitlang durch ihren vorangegangenen Antrieb fortbesteht, sie wird schwächer, weniger beharrlich, weniger konkret und schwindet am Ende dahin. Wenn du in das Purusha-Bewusstsein eintrittst, sollte es nicht nur als Beobachter sein, sondern als der anumanta, der die Einwilligung zu den störenden Bewegungen verweigert und nur Friede, Stille, Reinheit und all das, was sonst noch Teil der göttlichen Natur ist, zulässt. Diese Verweigerung der Zustimmung braucht nicht Kampf mit der niederen Prakriti zu bedeuten; es sollte eine ruhige, beharrliche und losgelöste Verweigerung sein, welche dem entgegensetzten Wirken der Natur keine Unterstützung, Zustimmung oder Rechtfertigung gewährt oder ihm Bedeutung beimisst.
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Wenn man das unpersönliche Selbst zum Ziel hat, bewegt man sich zwischen zwei gegensätzlichen Prinzipien – dem Schweigen und der Reinheit des unpersönlichen, untätigen Atman und der Tätigkeit der unwissenden Prakriti. Man kann in das Selbst eintreten und die unwissende Natur zurücklassen oder sie zum Schweigen bringen. Oder aber man kann im Frieden und in der Freiheit des Selbstes leben und die Tätigkeit der Natur als ein Betrachter beobachten. Man kann sogar durch tapasya über die Tätigkeit der Prakriti eine Art sattwische Kontrolle ausüben; das unpersönliche Selbst aber hat keine Macht, die [menschliche] Natur zu wandeln oder zu vergöttlichen. Hierzu muss man das unpersönliche Selbst überschreiten und das Göttliche suchen, das sowohl persönlich als auch unpersönlich sowie jenseits dieser beiden Aspekte ist. Wenn du dich jedoch darin übst, im unpersönlichen Selbst zu leben, und ein gewisse spirituelle Unpersönlichkeit erlangen kannst, wächst du an Gleichmut, Reinheit, Frieden, Loslösung, du erlangst die Fähigkeit, in einer inneren Freiheit zu leben, unberührt von der Oberflächenbewegung oder vom Ringen der mentalen, vitalen und physischen Natur; und dies wird zu einer großen Hilfe, wenn du über das Unpersönliche hinausgehen und auch die verworrene [menschliche] Natur in etwas Göttliches wandeln musst.
Was die Darbringung der Tätigkeiten an das Göttliche anbelangt und die vitalen Schwierigkeiten, die sich hierdurch erheben, so ist es nicht möglich, letztere zu vermeiden – du musst durch sie hindurch und sie bewältigen. Denn in dem Augenblick, in dem du diesen Versuch [der Darbringung] machst, erhebt sich das Vital mit all seinen rastlosen Unvollkommenheiten, um sich der Wandlung zu widersetzen. Drei Dinge jedoch kannst du tun, um die Schwierigkeit zu mildern und zu verkürzen:
1. Löse dich von diesem Vital-Physischen – betrachte es als etwas, was du nicht selbst bist; weise es zurück, verweigere ihm deine Billigung seiner Forderungen und Impulse, jedoch ruhig, als der betrachtende Purusha, dessen Verweigerung der Zustimmung letztlich obsiegen muss. Das sollte für dich nicht schwierig sein, wenn du bereits gelernt hast, mehr und mehr im unpersönlichen Selbst zu leben.
2. Wenn du dich nicht in dieser Unpersönlichkeit befindest, gebrauche dennoch deinen mentalen Willen und seine Fähigkeit der Zustimmung oder Verweigerung – nicht in leidvollem Ringen, sondern in der gleichen Weise, ruhig, die Forderungen des Begehrens abweisend, bis sie durch mangelnde Gewährung und Zustimmung ihre Kraft zur Rückkehr verlieren und immer schwächer und äußerlicher werden.
3. Wenn du das Göttliche über dir oder in deinem Herzen wahrnimmst, rufe zur Wandlung des Vitals die Hilfe, das Licht und die Macht von dort, beharre aber gleichzeitig diesem Vital gegenüber darauf, dass es selbst lernt, um die Wandlung zu bitten.
Schließlich wird die Schwierigkeit in dem Augenblick auf ihr Mindestmaß verringert werden, in dem du durch die Aufrichtigkeit deines Strebens nach dem Göttlichen und durch Hingabe das seelische Wesen in dir erwecken kannst (den Purusha im geheimen Herzen), so dass es hervortritt, im Vordergrund bleibt und seinen Einfluss auf alle Bewegungen des Mentals, Vitals und physischen Bewusstseins ausströmt. Die Arbeit der Umwandlung wird dann immer noch zu leisten sein, doch ist sie von diesem Augenblick an nicht mehr so hart und leidvoll.
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Die Haltung des Betrachtenden ist nicht als bequemes Mittel gedacht, die Verantwortung für die eigenen Mängel abzulehnen und auf diese Weise ihre Richtigstellung zurückzuweisen. Sie soll zur Selbsterkenntnis verhelfen und wird in unserem Yoga als ein geeigneter Ausgangspunkt angesehen (losgelöst und nicht verhaftet und daher der Prakriti nicht unterworfen), von dem aus man durch die Verweigerung der Zustimmung auf die falschen Bewegungen einwirken kann und sie durch das Wirken des wahren Bewusstseins von innen oder oben ersetzt.
Das ist eine sehr ernsthafte Schwierigkeit im Yoga – das Fehlen eines zentralen Willens, der immer über den Wogen der Prakriti-Kräfte steht, immer in Verbindung mit der Mutter ist und sein zentrales Ziel und Streben der [menschlichen] Natur auferlegt. Es kommt daher, weil du noch nicht gelernt hast, in deinem zentralen Wesen zu leben; du warst daran gewöhnt, dich jeder Kraftwelle zu überlassen, gleichgültig welcher Art, die auf dich einstürzte, und dich für den jeweiligen Augenblick damit zu identifizieren. Es ist eines der Dinge, die man vergessen muss; du musst dein zentrales Wesen mit der Seele als seiner Grundlage finden und darin leben.
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Solange das Mental umhertanzt oder sich auf äußere Dinge stürzt, ist es nicht möglich, nach innen gewandt, gesammelt und innerlich bewusst zu sein.
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Das eigene zentrale Bewusstsein wahrzunehmen und das Wirken der Kräfte zu verstehen, ist der erste entscheidende Schritt zur Selbstmeisterung.
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Bewusstsein bedeutet beides. Man muss sich all seiner Zustände und Bewegungen bewusst sein sowie der Ursachen und Einflüsse, auf die sie zurückzuführen sind; man muss sich auch des Göttlichen bewusst sein, des Gedenkens, der Gegenwart, des Friedens, des Lichtes, des Wissens, der Liebe, des Anandas des Göttlichen.
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Loslösung ist der Beginn der Meisterung, die vollständige Meisterung aber erfordert, dass keinerlei Reaktionen vorhanden sein sollten. Wenn im Inneren etwas ist, das durch Reaktionen nicht gestört wird, bedeutet dies, dass das innere Wesen frei und Meister seiner selbst ist, doch ist es noch nicht Meister der ganzen Natur. Sobald dies der Fall ist, lässt es keine falschen Reaktionen zu – wenn irgendwelche kommen, werden sie sofort zurückgewiesen und abgeschüttelt und bleiben schließlich ganz aus.
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Du musst dich innerlich stärker sammeln. Wenn du dich ständig zerstreust und den inneren Kreis verläßt, wirst du dich fortwährend in der Kleinheit der gewöhnlichen äußeren Natur bewegen und dich den Einflüssen; denen sie ausgesetzt ist, öffnen; lerne innerlich zu leben, immer von innen her zu handeln, aus einer fortwährenden Verbindung mit der Mutter heraus. Das stets und vollkommen zu tun, mag zu Beginn schwierig sein, doch ist es möglich, wenn man darauf beharrt; und um diesen Preis – indem man lernt, das zu tun –, kann man die siddhi im Yoga erreichen.
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Du musst dich irgendwie zu sehr nach außen gewandt haben. Der richtige seelische Zustand kann nur bewahrt werden, wenn man in seinem inneren Bewusstsein lebt und alles von dorther tut. Im anderen Fall verlagert er sich nach innen und wird vom äußeren [Zustand] verdeckt. Er ist zwar nicht verloren, aber verborgen – und man muss sich abermals nach innen wenden, um ihn wiederzufinden.
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Es ist die alte Gewohnheit des Vitals, die dich immer wieder in den äußeren Teil [der Natur] hinaustreten lässt; du musst ausharren und die entgegensetzte Gewohnheit festigen, in deinem inneren Wesen, deinem wahren Wesen zu leben und alles von dorther zu betrachten. Von dort kommt das wahre Denken, die wahre Schau Und das wahre Verstehen der Dinge und deines Selbstes und deiner Natur.
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Ja, wenn man das richtige Bewusstsein hat, ist die richtige Bewegung vorhanden, das echte Glück; alles ist in Einklang mit der Wahrheit.
Wenn man das falsche Bewusstsein hat, entstehen daraus Begehren; Unbefriedigtsein, Zweifel und alle Arten von Disharmonie.
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Es besteht ein Unterschied, ob man eine Sache mit dem inneren Mental oder nur dem äußeren Gehirn tut. Du fühlst, dass das innere Mental sie aufnimmt – dann wird sie zu einem Teil des Bewusstseins, und die Dinge werden wirklich erfasst –, das Arbeiten des äußeren Mentals ist immer schwierig und oberflächlich.
Es ist offenkundig, dass das innere Wesen in dir immer mehr beginnt hervorzutreten. In dem Maß, wie es das tut, werden die äußeren Schwierigkeiten mehr und mehr hinausgedrängt, und das Bewusstsein wird den Frieden und die Kraft bewahren, zunächst in seinem größeren Teil, später dann vollständig.
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Ja, das stimmt. Sich hauptsächlich auf äußere Methoden zu verlassen, ist niemals sehr erfolgreich. Nur wenn das innere Gleichgewicht vorhanden ist, wird die äußere Bewegung tatsächlich wirksam, und dann kommt sie von selbst.
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Es ist in Ordnung. Halte dich an die wahre Sache, an die Konzentration im inneren Wesen und inneren Leben. All diese äußeren Dinge sind von geringer Wichtigkeit, und nur wenn das innere Leben wohl gegründet ist, können die Schwierigkeiten, die sie behindern, ihre wahre Lösung finden. Das hast du selbst mehrere Male festgestellt, als du dich nach innen wandtest. Wenn das Mental mit den äußeren Schwierigkeiten zu sehr beschäftigt ist, bleibt es nach außen orientiert. Wenn du innerlich lebst, wirst du die Mutter dir nahe finden und ihren Willen und ihr Wirken erkennen.
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Die Schwierigkeit ist, dass du Dingen von recht untergeordneter Bedeutung so große Wichtigkeit beimisst Du benimmst dich, als wäre es von höchster Bedeutung, einen Tisch zu haben oder nicht zu haben; du sorgst und erregst dich über das Recht und Unrecht der Angelegenheit so sehr, dass du zulässt, wie durch sie der ganze Friede des Mentals gestört wird und du selbst aus der rechten Verfassung gerätst. Diese Dinge sind geringfügig und relativ – du magst einen neuen Tisch haben oder nicht; weder das eine noch das andere ist von sehr großer Wichtigkeit und ausschlaggebend für das Göttliche Ziel in dir. Das einzig Wichtige ist, die Stille, den Frieden und das Herabkommen den Göttlichen Kraft zu mehren und an Gleichmut, an innerem Licht und Bewusstsein zu wachsen. Äußere Dinge müssen in großer Ruhe verrichtet werden; du musst alles tun, was notwendig ist, ohne dich über irgendetwas aufzuregen oder dich aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen. Nur so kannst du stetig und schnell vorankommen. Das einzig Wichtige ist, die Kraft der Mutter um dich zu fühlen, den Frieden, der dich eng umschließt – diese kleinen äußerlichen Dinge können auf hundert verschiedene Arten gelöst werden und spielen tatsächlich keine Rolle.
Der Traum über X war natürlich eine Fortsetzung des Vorgangs, Reste der alten Bewegungen aus dem unterbewussten Vital auszuräumen.
Die Erfahrung, von der du berichtest, die Stille, die Leere des Mentals und Vitals und der Stillstand der Gedanken und anderer Bewegungen zeichneten den Zustand ab, der „samadhi“ genannt wird, in dem sich das Bewusstsein nach innen in eine tiefe Stille und ein tiefes Schweigen wendet. Dieser Zustand ist förderlich für die innere Erfahrung, für die Verwirklichung, für die Schau der unsichtbaren Wahrheit der Dinge, obwohl man all dies auch im Wachzustand erhalten kann. Es ist kein Schlaf, sondern der Zustand, in welchem man sich im Inneren und nicht länger im Äußeren bewusst fühlt.
Der Diamant in deinem Herzen war eine Lichtformung des Bewusstseins der Mutter – denn das Licht der Mutter ist weiß und hat, wenn es am intensivsten ist, eine diamantene Ausstrahlung. Das Licht ist ein Zeichen der Mutter in deinem Herzen und das ist es, was du einmal gesehen und einen Augenblick lang gefühlt hast.
Die Unfähigkeit, Bücher oder Zeitungen zu lesen, wird oft empfunden, wenn das Bewusstsein dazu neigt, sich nach innen zu wenden.
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Bei deiner Erfahrung handelt es sich natürlich um die Wende des Bewusstseins nach innen, die meist Trance oder samādhi genannt wird. Ihr wichtigster Teil ist jedoch das Schweigen des Mentals und Vitals, das sich auch voll auf den Körper ausdehnt. Die Fähigkeit, dieses Schweigen und diesen Frieden zu erlangen, ist ein höchst wichtiger Schritt in der Sadhana. Sie [das Schweigen und der Frieden] treten zuerst in der Meditation auf und können das Bewusstsein nach innen, in die Trance versetzen, nachher aber müssen sie im Wachzustand stattfinden und sich als dauernde Grundlage für alles Leben und alle Tätigkeit festigen. Das ist die Voraussetzung für die Verwirklichung des Selbstes und die spirituelle Umwandlung per Natur.
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1. Nein, es war kein Schlaf. Du hast dich nach innen, in ein inneres Bewusstsein gewandt; in diesem inneren Bewusstsein ist man innerlich wach und nicht äußerlich, man ist sich nur innerer und nicht äußerer Dinge bewusst. Dein inneres Bewusstsein war damit beschäftigt, das zu tun, was dein äußeres Mental zu tun versuchte, nämlich auf die Gedanken und Suggestionen einzuwirken, durch welche die Rastlosigkeit verursacht wird, und sie in Ordnung zu bringen; das kann viel leichter durch das innere Bewusstsein als durch das äußere Mental geschehen.
2. Was die Dinge anbelangt, die zu tun notwendig sind, so können sie viel leichter durch die herabkommende Kraft und den herabkommenden Frieden geschehen (welche die kompakte Stärke bringen) als durch deine eigene mentale Bemühung.
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Es gibt keinen Grund, warum man im Schlaf nicht ein brennendes Sehnen empfinden sollte; die Voraussetzung hierfür ist, dass man im Schlaf bewusst ist. In Wirklichkeit war der Zustand, den du beschreibst, kein Schlaf – es war einfach der Versuch des Bewusstseins, sich nach innen, in eine Art von verinnerlichten Zustand (eine Art von Halb-samadhi) zu wenden, während das äußere Mental ihn fortwährend verließ. In diesem nach innen gewandten Zustand hast du nicht Träume, sondern spirituelle Erfahrungen oder Visionen oder Erfahrungen auf anderen überphysischen Bewusstseinsebenen. Dein brennendes Streben war eine derartige spirituelle Erfahrung.
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Über deine Erfahrungen:
1. Was du während der Meditation als Schlaf empfunden hast, war in Wirklichkeit kein Schlaf, sondern ein innerlicher Bewusstseins-Zustand. Wenn dieser innerliche Zustand nicht sehr tief ist, kann man mannigfache Szenen, Stimmen usw. wahrnehmen, die nicht der physischen, sondern einer inneren Bewusstseinsebene angehören – ihr Wert oder ihre Wahrheit hängt von der Ebene ab, die man erreicht. Die an der Oberfläche sind ohne Bedeutung, und man braucht einfach nur hindurchzugehen, bis man mehr in die Tiefe gelangt.
2. Die Furcht, der Ärger, die Niedergeschlagenheit usw., die während des japa der Namen aufzukommen pflegten, stammten von einem vitalen Widerstand in der Natur (dieser Widerstand ist in jedem vorhanden); durch ihn wurden diese Dinge hervorgerufen und zwar infolge des Druckes, der zur Veränderung auf den vitalen Teil ausgeübt wird – das bringt die Sadhana mit sich. Diese Widerstände erheben sich und, wenn man die richtige Haltung einnimmt, verschwinden dann wieder, langsam oder schnell. Man muss sie beobachten, sich von ihnen lösen und in der Konzentration und Sadhana ausharren, bis das Vital ruhig und klar wird.
3. Du sahst diese Dinge (Mond, Himmel usw.), weil sich die innere Schau auftat; das findet meist dann statt, wenn durch die Konzentration das innere Bewusstsein, zu dem diese feinstoffliche Schau gehört, sich zu öffnen beginnt. Diese Fähigkeit der [inneren] Schau hat ihre Bedeutung für die Entwicklung des inneren Wesens und braucht nicht verhindert zu werden, wenn auch den Dingen, die man in den frühen Stadien sieht, keine zu große Wichtigkeit beigemessen werden sollte.
4. Es gibt jedoch Dinge, die Teil der wachsenden spirituellen Erfahrung sind, wie die Sonne, die du über deinem Kopf sahst, und das goldene Licht –, denn sie sind Zeichen eines inneren Sich-Öffnens und von symbolischer Art. Beide sind Symbole der Göttlichen Wahrheit und des Göttlichen Lichtes und ihres gemeinsamen beeinflussenden Wirkens.
5. Die wichtigste Erfahrung aber ist die des Friedens und der Ruhe, die durch eine gute Konzentration herbeigeführt wird. Das ist es, was wachsen und sich im Mental, Vital und Körper festigen muss – denn dieser Friede und diese Ruhe sind es, die eine feste Grundlage für die Sadhana bilden.
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1. Alle diese Gedanken und Einflüsse kommen in Wirklichkeit von außen, von der universalen Natur – sie bilden Gestaltungen in uns, oder das individuelle Wesen reagiert gewohnheitsmäßig auf sie. Sobald sie abgewiesen werden, kehren sie in die äußere universale Natur zurück; wenn man bewusst wird, kann man fühlen, wie sie von außen kommen und versuchen, sich innerlich wieder festzusetzen oder die gewohnte Reaktion wiederzuerwecken. Man hat sie beharrlich zurückzuweisen, bis die Möglichkeit einer Reaktion nicht mehr besteht. Das wird sehr beschleunigt, wenn man eine gewisse innere Stille und Reinheit sowie ein inneres Schweigen errichten kann, von denen diese Dinge abfallen, ohne sie berühren zu können.
2. Es ist ein übliches Hindernis für alle, die mit der Ausübung des Yoga beginnen. Der Schlaf {während der Meditation) verschwindet allmählich auf zwei Arten: a) indem man das Feuer der Konzentration intentisiviert und b) indem der Schlaf selbst zu einer Art svapna-samādhi wird, in welchem man sich der inneren Erfahrungen, die keine Träume sind, bewusst wird (d. h., das Wachbewusstsein geht für diese Zeit verloren und wird nicht durch den Schlaf ersetzt, sondern durch einen inneren, bewussten Zustand, in welchem man sich im überphysischen, mentalen oder vitalen Wesen bewegt).
3. Über die Unbewusstheit, die im Schlaf aufkommt: Das ist durchaus üblich. Bewusstsein im Schlaf kann nur allmählich errichtet werden. Hand in Hand mit der Entwicklung des wahren Bewusstseins im Wach-Zustand.
4. Das Kardial-Zentrum und das Herz-Zentrum sind das gleiche.
5. Konkrete Symbolik, so wie du sie gebrauchst, kann dazu beitragen, die Herabkunft herbeizuführen.
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Was du als Traum schilderst, war in Wirklichkeit kein Traum, sondern eine Erfahrung des inneren Wesens in einem bewussten Traum-Zustand, svapna-samādhi. Die Betäubung und das Gefühl, das Bewusstsein zu verlieren, werden stets durch den Druck oder die Herabkunft einer Kraft verursacht, woran der Körper nicht gewöhnt ist, es aber stark fühlt. Hier war es nicht der physische Körper, der unter unmittelbarem Druck stand, sondern der feinstoffliche Körper, sūkṣma śarīra, in dem das innere Wesen vertrauter wohnt und in den es sich im Schlaf oder der Trance oder im Augenblick des Todes begibt. Der physische Körper aber glaubt bei diesen intensiven Vorgängen selbst die Erfahrung zu haben; [das Gefühl] der Dumpfheit war die Auswirkung des Druckes. Der Druck auf den ganzen Körper würde einem Druck auf das ganze innere Bewusstsein gleich kommen, vielleicht mit dem Ziel einer Modifikation oder Wandlung, die es für Wissen oder Erfahrung empfänglicher machen würde; die dritte oder vierte Rippe zeigt einen Bereich an, welcher zur vitalen Natur gehört, den Bereich der Lebenskraft – einen Druck zu einer Wandlung dort.
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Die Frage erübrigt sich. In diesem Stadium hast du lediglich die Erfahrungen zu beobachten und ihre Bedeutung wahrzunehmen. Nur wenn die Erfahrungen im vitalen Bereich stattfinden, sind einige davon wahrscheinlich falsche Gestaltungen. Die von dir beschriebenen sind lediglich die üblichen Erfahrungen eines sich öffnenden yogischen Bewusstseins, und man muss sie ganz einfach verstehen.
Hier ist es das Aufbrechen des kleinen Oberflächen-Vitals in die Weite des wahren oder inneren vitalen Wesens, das sich unmittelbar dem Höheren Bewusstsein, seiner Macht, seinem Licht, seinem Ananda öffnen kann. Ein ähnliches Aufbrechen des kleinen physischen Mentals und Sinnes in die Weite des inneren physischen Bewusstseins hat begonnen. Die inneren Ebenen sind immer weit und offen für das Universale, während die äußeren Oberflächen-Teile in sich eingeschlossen und voller enger und unwissender Bewegungen sind.
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Die Reihe deiner Erfahrungen ist aufgrund der stetigen (obwohl unterbrochenen) Entwicklung, die sie aufweisen, sehr interessant. Diese beiden neuen, bedeutsamen Elemente wurden der vorhergehenden Substanz der Erfahrung hinzugefügt: Das erste [Element] ist die sehr genaue örtliche Festlegung, wonach das Bewusstsein von der Magengrube emporschießt – das heißt also, von oberhalb des Nabels, während die eigentliche Bewegung vom Nabel selbst ausgeht, sogar von unterhalb. Das Nabel-Zentrum (nābhi-padma) ist der Hauptsitz des zentralisierten vitalen Bewusstseins (dynamisches Zentrum), das von der Herz-Ebene (dem Emotional) bis zum Zentrum unterhalb des Nabels (niederes Vital, Zentrum des sinnlichen Begehrens) reicht. Diese drei [Zentren] umfassen den Bereich des vitalen Wesens. Es ist daher klar, dass es dein inneres vitales Wesen war, das diese Erfahrung hatte, und ihre Intensität und Heftigkeit rührten vermutlich daher, dass das ganze Vital (oder sein größter Teil) erwacht war und diesmal daran teilnahm. Die Erfahrung als solche war in ihrem Ursprung seelisch, sie drückte sich aber durch eine stark emotional-vitale Form aus. Ich möchte der Vollständigkeit halber hinzufügen, dass sich das Zentrum der Seele hinter dem Herzen befindet und dass durch die geläuterten Gefühle die Seele am leichtesten ein Ventil findet. Alles oberhalb des Herzens ist mit dem Mental-Vital verbunden, und darüber befindet sich das Mental mit seinen drei Zentren. Eines ist im Hals (das nach außen gerichtete oder sich Ausdruck verleihende Mental), eines zwischen den Augen oder vielmehr in der Mitte der Stirn (das Zentrum der Vision und des Willens) und eines darüber, das mit dem Gehirn in Verbindung steht und der tausendblättrige Lotos genannt wird. Dort sind das höchste Denken und der höchste Verstand zentralisiert, die mit den größeren Mental-Ebenen darüber in Verbindung stehen (erleuchtetes Mental, Intuition, Obermental).
Das zweite, neue bedeutsame Merkmal ist die Selbst-Offenbarung des inneren Mentals; denn es war dein inneres Mental, das die seelische Erfahrung des vitalen Wesens bewachte, beobachtete und kritisierte. Du hast diese klare Trennung in dir seltsam gefunden, doch wird sie dir nicht länger seltsam erscheinen, wenn du einmal die durchaus normale Trennbarkeit der verschiedenen Teile des Wesens kennst. In der äußeren Oberflächennatur sind Mental, Seele, Vital und das Physische alle miteinander vermengt, und es bedarf einer ausgeprägten Fähigkeit der Selbstprüfung, Selbst-Analyse, genauen Beobachtung und Entwirrung der Fäden des Denkens, Fühlens und Antriebs, um die Zusammensetzung unserer Natur sowie die Beziehung und Wechselwirkung dieser Teile aufeinander ausfindig zu machen. Wenn man sich aber nach innen wendet, wie du es getan hast, entdeckt man die Ursprünge dieser ganzen Oberflächentätigkeit, und dort sind die Teile unseres Wesens völlig getrennt und deutlich voneinander verschieden. Tatsächlich fühlt man sie als verschiedenartige Wesen in sich und kann, genau wie bei zwei Menschen, die etwas gemeinsam tun, auch bei ihnen erkennen, dass sie einander beobachten, kritisieren, sich gegenseitig helfen oder Widerstand leisten und in Schach halten; es ist, als wären wir ein Gruppen-Wesen, in dem jedes Glied der Gruppe seinen eigenen Platz und seine eigene Aufgabe hätte und alle von einem zentralen Wesen gelenkt würden, das sich zuweilen im Vordergrund über den anderen und manchmal hinter dem Schauplatz befindet. Dein mentales Wesen beobachtete das Vital und war ziemlich besorgt über sein Ungestüm; denn die natürliche Grundlage des mentalen Wesens ist Ruhe, Nachdenklichkeit, Beherrschung, Kontrolle und Gleichgewicht, während die natürliche Neigung des Vitals aus Dynamik besteht, aus Energie, die sich auf das Gefühl stürzt, aus Erregung und Tätigsein. Alles war daher durchaus normal und in Ordnung.
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Die Erklärung deiner Erfahrung ist einfach. Das niedere Wesen (das Vital und das Physische) empfing einen Einfluss (mentales Licht, gelb) vom denkenden Mental und höheren Vital, der die alten, gewohnheitsmäßigen niederen vitalen Reaktionen ausräumte; sehr oft fühlt man in der Sadhana, wie das innere Wesen zum äußeren spricht oder wie das Mental oder höhere Vital zum niederen [Wesen] spricht, um es zu erleuchten.
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Die wesentliche Erfahrung ist die des weißen Strahls im Herzen – das weiße Licht und die Erleuchtung des Herzens durch das Licht sind etwas sehr Machtvolles in dieser Sadhana. Die Intuitionen, von denen sie spricht, sind ein Zeichen dafür, dass das innere Bewusstsein in ihr wächst – das Bewusstsein, das für den Yoga notwendig ist.
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Die drei Erfahrungen, von denen du sprichst, gehören alle zur gleichen Bewegung oder zu dem gleichen Stadium deines spirituellen Lebens: es sind anfängliche Bewegungen des Bewusstseins, damit es dein inneres Wesen wahrnimmt, das, wie bei den meisten, durch das äußere wache Selbst verhüllt war. Es gibt, um es so auszudrücken, zwei Wesen in uns, eines an der Oberfläche, unser gewöhnliches äußeres Mental-, Lebens- [Vital-] und Körper-Bewusstsein, und ein anderes hinter dem Schleier, ein inneres Mental, ein inneres Leben, ein inneres physisches Bewusstsein, die ein ganz anderes oder inneres Selbst bilden. Dieses innere Selbst, sobald es einmal erwacht ist, öffnet sich seinerseits unserem wahren, wirklichen, ewigen Selbst. Es öffnet sich innerlich der Seele, die in der Sprache dieses Yoga das seelische Wesen genannt wird, das unsere aufeinanderfolgenden Geburten stützt und in jedem Leben ein neues Mental, Leben und einen neuen Körper annimmt. Und es öffnet sich nach oben dem ungeborenen Selbst oder Spirit, und indem wir es bewusst wiederentdecken, überschreiten wir die sich verändernde [Oberflächen-] Persönlichkeit und erreichen die Freiheit und volle Meisterung über unsere Natur.
Du tatest gut daran, zuerst die sattwischen Eigenschaften zu entwickeln und die innere meditative Ruhe aufzubauen. Man kann, bevor man diese vorbereitende Selbst-Disziplin beendet oder auch nur aufgenommen hat, durch angestrengte Meditation oder bestimmte Methoden eines angespannten Bemühens die Türen zum inneren Wesen öffnen oder gar einige Wände zwischen dem inneren und äußeren Selbst niederreißen; aber es ist nicht immer weise, das zu tun, da es zu Zuständen in der Sadhana führen kann, die sehr trübe, chaotisch und von unnötigen Gefahren bedroht sein können. Indem du den geduldigeren Weg eingeschlagen hast, bist du an einem Punkt angelangt, an dem die Türen des inneren Wesens beinahe von selbst begonnen haben sich aufzutun. Nun können sich beide Vorgänge Hand in Hand weiterentwickeln; es ist aber notwendig, die sattwische Ruhe, Geduld und Wachsamkeit zu bewahren – nichts zu beschleunigen, nichts zu erzwingen und sich nicht durch eine machtvolle Verlockung oder einen Ruf des nun beginnenden Zwischenbereiches verleiten zu lassen, bis du nicht sicher bist, dass es der richtige Ruf ist. Denn die Kräfte der inneren Ebenen üben manch heftigen Sog aus, dem nachzugeben nicht ungefährlich ist.
Deine erste Erfahrung ist ein Sich-Öffnen gegenüber dem inneren mentalen Selbst – der Ort zwischen den Augenbrauen ist das Zentrum des inneren Mentals, der inneren Schau und des inneren Willens; das blaue Licht, das du sahst, gehörte einer höheren Mental-Ebene an, gleichsam einem spirituellen Mental, das über dem gewöhnlichen menschlich-mentalen Verstand steht. Ein Sich-Öffnen gegenüber diesem höheren Mental wird meist von dem Schweigen des gewöhnlichen mentalen Denkens begleitet. Unsere Gedanken werden in Wirklichkeit nicht unabhängig in uns geformt – in der kleinen, begrenzten Denkmaschine, die wir unser Mental nennen; sie kommen vielmehr aus einem weiten mentalen Raum oder Äther; zu uns, entweder als Mental-Wellen oder als Wellen der Mental-Kraft, die eine Bedeutung haben, die in unserem persönlichen Mental Form annimmt; oder sie kommen als fertige Gedankengestaltungen, die wir annehmen und unser eigen nennen. Unser äußeres Mental ist blind gegenüber diesem Vorgang der Natur; wenn das innere Mental erwacht, können wir ihn aber wahrnehmen. Was du gesehen hast, war das Zurückweichen dieser fortwährenden mentalen Überflutung und der Rückzug der Gedankenformen hinter den Horizont des weiten Raumes der mentalen Natur. Du fühltest, dass dieser Horizont irgendwo in dir ist, er befand sich aber offensichtlich in jenem größeren Selbst-Raum, den du sogar in seinem begrenzteren Feld genau zwischen den Augenbrauen größer als den entsprechenden physischen Raum empfunden hast. Tatsächlich erstrecken sich die inneren Mental-Räume, obwohl sie Horizonte haben, über diese Horizonte hinaus – unermesslich. Das innere Mental ist etwas sehr Weites, das sich ins Unendliche projiziert und sich schließlich mit der Unendlichkeit des universalen Mentals identifiziert. Wenn wir aus den engen Grenzen des äußeren physischen Mentals ausbrechen, beginnen wir, innerlich zu sehen und diese Weite zu fühlen und schließlich auch diese Universalität und Unendlichkeit des mentalen Selbst-Raumes. Gedanken sind nicht die Essenz des Mental-Wesens, sie sind lediglich eine Tätigkeit der Mental-Natur; wenn diese Tätigkeit aufhört, ist das, was sich an ihrer Stelle offenbart und als gedankenfreies Dasein erscheint, nicht ein leerer Raum oder eine Leere, sondern etwas durchaus Wirkliches, Substantielles, gleichsam Konkretes – ein mentales Wesen, das sich weit ausdehnt und sein eigener Daseinsbereich sein kann, schweigend oder tätig oder als der Betrachter, der Wissende, der Meister jenes Bereiches und seiner Tätigkeit. Einige empfinden es zuerst als Leere, das kommt aber nur deshalb, weil ihre Beobachtungsgabe ungeübt und ungenügend ist und ihnen die fehlende Tätigkeit das Gefühl der Leere gibt; eine Leere ist tatsächlich vorhanden, es ist aber ein Leersein von den gewöhnlichen Tätigkeiten, keine Leere des Daseins.
Die wiederholte Erfahrung des Zurückweichens der Gedanken, der Stillstand des gedankenerzeugenden Mechanismus und seine Ersetzung durch den mentalen Selbst-Raum ist normal und muss so sein; denn dieses Schweigen – oder zumindest die Fähigkeit hierzu – muss wachsen, bis es auf Wunsch eintritt oder sich sogar in automatischer Dauerhaftigkeit festigt. Das Schweigen des gewöhnlichen Mental-Mechanismus ist deshalb notwendig, damit die höhere Mentalität sich offenbaren, herabkommen und stufenweise den Platz der gegenwärtigen unvollkommenen Mentalität einnehmen und deren Tätigkeiten in ihre eigenen, reicheren Bewegungen umwandeln möge. Die Schwierigkeit, dass dies während deiner Arbeit geschieht, besteht nur zu Beginn – später, wenn es sich mehr gefestigt hat, erkennt man, dass es möglich ist, alle Tätigkeiten des Lebens entweder in dem alles beherrschenden Schweigen oder zumindest mit seiner Hilfe und mit ihm als Hintergrund fortzusetzen. Das Schweigen bleibt dahinter, und die notwendige Tätigkeit findet an der Oberfläche statt, oder das Schweigen ist unser weites Selbst und eine tätige Macht irgendwo in ihm verrichtet, ohne es zu stören, die Arbeit der Natur. Es ist daher durchaus in Ordnung, die Arbeit zu verschieben, solange die Erfahrung stattfindet – die Entwicklung dieses inneren schweigenden Bewusstseins ist wichtig genug, um eine kurze Pause oder Unterbrechung zu rechtfertigen.
Der Fall der beiden anderen Erfahrungen hingegen liegt anders. Man darf die Traum-Erfahrung nicht auf die Wachstunden übergreifen und das Bewusstsein nach innen ziehen lassen; sie muss ihre Tätigkeit auf die Schlafstunden beschränken. Es sollte aber genausowenig ein Drängen oder Druck bestehen, die Wand zwischen dem inneren Selbst und dem äußeren „ich“ niederzureißen – man muss die Verschmelzung durch eine sich entwickelnde innere Tätigkeit zu ihrem natürlichen Zeitpunkt stattfinden lassen. In einem anderen Brief werde ich erklären, warum.
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Deine andere Erfahrung ist ein erstes Erwachen des inneren Wesens im Schlaf. Wenn man schläft, spielt sich gewöhnlich ein komplizierter Vorgang ab. Das Wachbewusstsein ist nicht länger vorhanden, da sich alles nach innen, in die inneren Bereiche zurückgezogen hat, deren wir uns im Wachzustand nicht bewusst sind, obwohl sie existieren; denn dann wird durch das Wach-Mental alles verhüllt, und nichts außer dem oberflächlichen Selbst und der äußeren Welt bleibt übrig – etwa so, wie der Schleier des Sonnenlichtes uns die weiten Welten der Sterne dahinter verbirgt. Schlaf ist eine Nach-innen-Wende, durch die das Oberflächen-Selbst und die äußere Welt unseren Sinnen und unserer Schau entschwinden. Im gewöhnlichen Schlaf jedoch werden wir uns der inneren Welten nicht bewusst; das Wesen scheint in ein tiefes Unterbewusstsein versunken zu sein. An der Oberfläche dieses Unterbewusstseins treibt eine dunkle Schicht, in der, wie es uns scheint, die Träume stattfinden – oder richtiger ausgedrückt, in der sie aufgezeichnet werden. Wenn wir in sehr tiefen Schlaf fallen, kommt es uns so vor, als ob wir traumlos schlummern; tatsächlich aber setzen sich die Träume fort, sie sind aber entweder zu tief unten, um die aufzeichnende Oberfläche zu erreichen, oder werden vergessen, und jede Erinnerung daran, selbst dass sie existiert haben, wird in dem Übergang zum Wach-Bewusstsein ausgelöscht. Gewöhnliche Träume sind zum größten Teil zusammenhangslos oder scheinen es zu sein, denn sie werden entweder vom Unterbewusstsein gewoben aus tiefliegenden Eindrücken, die unser vergangenes inneres und äußeres Leben darin zurückgelassen hat – auf eine phantastische Weise gewoben, die der Erinnerung des Wach-Bewusstseins nicht ohne weiteres einen Hinweis auf ihre Bedeutung gibt – oder sie sind unfertige, meist entstellte Aufzeichnungen von Erfahrungen, die hinter dem Schleier des Schlafes fortdauern – tatsächlich werden diese beiden Elemente größtenteils miteinander vermischt. Denn in Wirklichkeit versinkt ein großer Teil unseres Schlaf-Bewusstseins nicht in diesen unterbewussten Zustand; es wandert jenseits des Schleiers zu anderen Seins-Ebenen, die mit unseren eigenen inneren Ebenen verbunden sind, Ebenen überphysischen Daseins, Welten eines größeren Lebens, Mentals oder einer größeren Seele, die sich im Hintergrund befinden und uns ohne unser Wissen beeinflussen. Gelegentlich gelangt ein Traum von diesen Ebenen zu uns, etwas mehr als ein Traum – eine Traum-Erfahrung, die ein direkter oder symbolischer Bericht dessen ist, was wir dort erleben oder was um uns herum geschieht. In dem Maß, wie das innere Bewusstsein durch die Sadhana wächst, nehmen diese Traum-Erfahrungen an Zahl, Deutlichkeit, Zusammenhang und Genauigkeit zu, und nach einer gewissen Entwicklung der Erfahrung und des Bewusstseins können wir, wenn wir genau beobachten, sie und ihre Bedeutung für unser inneres Leben verstehen lernen. Durch Übung können wir sogar so bewusst werden, dass wir unser Durchwandern vieler Bereiche – unserer Wahrnehmung und Erinnerung gewöhnlich verhüllt – sowie den Vorgang der Rückkehr zum Wach-Zustand verfolgen können. An einem bestimmten Punkt inneren Wachsens kann diese Art von Schlaf, ein Schlaf der Erfahrungen, den üblichen unterbewussten Schlummer ersetzen.
Es ist natürlich ein inneres Wesen oder Bewusstsein oder ein Teil des inneren Selbstes, das auf diese Weise wächst, nicht wie es üblicherweise der Fall ist, hinter dem Schleier des Schlafes, sondern im Schlaf selbst. In dem Zustand, den du beschreibst, wird es sich gerade des Schlafes und Traumes bewusst und beobachtet sie – vorläufig aber noch nicht mehr –, es sei denn, dass dir etwas in der Natur deiner Träume entgangen ist. Aber es [das innere Wesen] ist so weit erwacht, dass sich das Oberflächen-Bewusstsein dieses Zustandes erinnert, das heißt, die Aufzeichnung empfängt und sie bewahrt selbst im Übergang vom Schlaf zum Wachzustand, in welchem durch Vergessen meist alles ausgelöscht wird, außer Bruchstücken der Aufzeichnung der Schlaf-Ereignisse. Deine Empfindung, dass das Wach-Bewusstsein und das, was im Schlaf wacht, nicht das gleiche sind, ist richtig – es sind verschiedene Teile des Wesens.
Wenn dieses Wachsen des inneren Schlaf-Bewusstseins beginnt, besteht oft, selbst wenn man nicht müde ist oder das Bedürfnis zu schlafen hat, ein Sog, sich nach innen zu wenden und die Entwicklung wieder aufzunehmen. Eine weitere Ursache trägt zu diesem Sog bei. Es ist meist der vitale Teil des inneren Wesens, der zuerst im Schlaf erwacht, und die ersten Traum-Erfahrungen (im Gegensatz zu den gewöhnlichen Träumen) sind meist überwiegend Erfahrungen der vitalen Ebene – einer Welt überphysischen Lebens, voller Mannigfaltigkeit und Anziehungskraft, mit vielen Bereichen, leuchtend oder dunkel, schön oder gefährlich, häufig äußerst verlockend, in der wir auch viel Wissen erwerben können, sowohl über die verborgenen Teile unserer Natur als auch über Dinge, die uns hinter dem Schleier widerfahren und anderes, was für die Entwicklung unserer Wesens-Teile wichtig ist. Das vitale Wesen in uns kann sich dann von diesem Erfahrungs-Bereich sehr stark angezogen fühlen und lieber darin leben wollen als im äußeren Leben. Darauf wäre dann jener Wunsch zurückzuführen, zu etwas Interessantem und Fesselndem zurückkehren zu wollen, der von dem Verlangen, in Schlaf zu fallen, begleitet wird. Dies darf aber in den Wachstunden nicht gefördert, sondern sollte für jene Stunden bewahrt werden, die für den Schlaf vorgesehen sind, in denen es dann seinen natürlichen Rahmen erhält. Im anderen Fall könnte Unausgeglichenheit eintreten, ein Hang, mehr und zuviel in den Visionen der überphysischen Bereiche zu leben, und ein Nachlassen des festen Haltes in den äußeren Realitäten. Die Kenntnis dieser Bereiche der inneren Natur und die Erweiterung unseres Bewusstseins in ihnen sind sehr wünschenswert, müssen aber auf ihren Platz verwiesen und in ihren Grenzen gehalten werden.
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In meinem letzten Brief hatte ich die Erklärung deiner dritten Erfahrung aufgeschoben. Deine Empfindung war tatsächlich eine Fühlungnahme mit dem Selbst, nicht dem ungeborenen Selbst über uns, dem Atman der Upanishaden – denn dieses wird auf andere Weise, durch das Schweigen des denkenden Mentals erfahren –, sondern mit dem inneren Wesen, der Seele, die das innere mentale, vitale und physische Wesen stützt, über die ich bereits gesprochen habe. Für jeden Suchenden muss die Zeit vollständiger Selbst-Erkenntnis kommen, in der er sich bewusst wird, in zwei Welten zu leben, in zwei Arten von Bewusstsein zur gleichen Zeit, in zwei Teilen des gleichen Daseins. Gegenwärtig lebt er im äußeren Selbst; er wird aber mehr und mehr die Wende nach innen vollziehen, bis sich die Situation umkehrt und er innerlich in diesem neuen inneren Bewusstsein, dem inneren Selbst lebt und das äußere als etwas an der Oberfläche Befindliches empfindet, das als zweckdienliche Persönlichkeit für den Selbstausdruck des inneren Selbstes in der stofflichen Welt geformt wurde. Es wirkt dann von innen eine Macht auf das äußere [Selbst] ein, damit es ein bewusstes, plastisches Instrument wird, und schließlich das innere und das äußere [Selbst] zu einem verschmelzen. Die Wand, die du fühlst, ist tatsächlich die Wand des Egos, das auf der beharrlichen Identifizierung des Menschen mit der äußeren Persönlichkeit und ihren Bewegungen beruht. Durch diese Identifizierung wird hauptsächlich die Begrenzung und das Verhaftetsein gestützt, an denen das äußere Wesen leidet, und welche die Ausweitung, Selbsterkenntnis und spirituelle Freiheit verhindern. Dennoch darf die Wand nicht vorzeitig niedergerissen werden, da das aufgrund der Bewegungen der beiden getrennten Welten, die zu einer Harmonie noch nicht bereit sind, zu einer Spaltung, Verwirrung oder Überflutung von beiden Teilen führen kann. Eine gewisse Trennung ist eine Zeit lang notwendig, nachdem man sich dieser beiden Wesensteile als nebeneinander bestehend bewusst geworden ist. Man muss der Yoga-Kraft Zeit lassen, die notwendigen Anpassungen und Ausweitungen durchzuführen und das Wesen nach innen zu wenden, um dann von dieser inneren Haltung heraus auf die äußere Natur einzuwirken.
Das heißt nicht, dass man dem Bewusstsein nicht erlauben soll, sich nach innen zu wenden, damit es so schnell wie möglich in der inneren Daseinswelt lebt und von dorther alles neu sieht. Diese Nach-innen-Wende ist höchst wünschenswert und notwendig und die Veränderung der Betrachtungsweise auch. Ich meine lediglich, dass alles in einer natürlichen Bewegung ohne Hast geschehen sollte. Die Wende nach innen kann rasch kommen, aber selbst dann wird noch ein Stück der Ego-Wand vorhanden sein, das stetig und geduldig abgebaut werden muss, damit kein Stein davon übrigbleibt Meine Warnung, der Schlaf-Welt nicht zu erlauben, die Wachstunden in Beschlag zu legen, beschränkt sich allein hierauf und bezieht sich nicht auf die nach innen gerichtete Bewegung in der Wach-Konzentration oder dem gewöhnlichen Wach-Bewusstsein. Diese [nach innen gerichtete] Wach-Bewegung führt uns am Ende in das innere Selbst, und durch dieses innere Selbst wachsen wir hinein in den Kontakt mit den überphysischen Welten und in das Wissen um sie; aber dieser Kontakt und dieses Wissen brauchen nicht und sollen nicht dahin führen, dass man auf übertriebene Weise von ihnen in Anspruch genommen wird oder sich ihren Wesen und Kräften unterwirft. Im Schlaf treten wir tatsächlich in diese Welten ein, und wenn uns das Schlaf-Bewusstsein zu sehr anzieht und auf das Wach-Bewusstsein übergreift, besteht die Gefahr dieser übertriebenen Inanspruchnahme und Beeinflussung.
Es ist durchaus richtig, dass eine innere Reinheit und Wahrhaftigkeit, in denen man allein durch den höheren Ruf bewegt wird, der beste Schutz gegen die Verlockungen des Zwischenbereiches sind. Sie halten einen auf der richtigen Spur und schützen vor Abweichung, bis das seelische Wesen voll erwacht und hervorgetreten ist – ist das einmal geschehen, besteht keine weitere Gefahr. Wenn sich zu dieser Reinheit und Wahrhaftigkeit ein klares Mental mit Unterscheidungsvermögen gesellt, mehrt das die Sicherheit in den frühen Stadien. Ich glaube, ich brauche nicht zu ausführlich oder genau die voraussichtlichen Formen, die die Verlockung oder der Sog möglicherweise annehmen, einzeln darzulegen – und sollte es auch nicht. Es ist vielleicht besser, diese Kräfte nicht durch unnötige Beachtung heraufzubeschwören. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass du dich durch eine der großen, gefahrvollen Verlockungen vom Pfade abwenden lässt! Was die kleineren Unannehmlichkeiten des Zwischenbereiches anbelangt, so sind sie nicht gefährlich und können leicht in Ordnung gebracht werden, wenn man sich an die Entwicklung des Bewusstseins, an Unterscheidungsvermögen und die gesicherte Erfahrung hält.
Wie gesagt, der innere Sog, der Sog, sich nach innen zu wenden, ist wünschenswert, und man braucht sich ihm nicht zu widersetzen. In einem bestimmten Stadium kann er von einem Übermaß an Visionen begleitet sein, ausgelöst durch das Wachsen der inneren Schau, welche Dinge sieht, die allen Daseins-Ebenen angehören. Das ist eine wertvolle und die Sadhana fördernde Fähigkeit, die nicht gestört werden sollte. Man muss aber ohne Verhaftetsein [innerlich] sehen und beobachten und immer das oberste Ziel im Auge behalten, die Verwirklichung des inneren Selbstes und Göttlichen – diese Dinge sollten lediglich als etwas Beiläufiges und für die Entwicklung des Bewusstseins Hilfreiches betrachtet werden und nicht als Ziele an sich, die man um ihrer selbst willen verfolgt. Ein unterscheidendes Mental sollte vorhanden sein, das jedem Ding seinen Platz zuweist und innehalten kann, um seine Natur zu verstehen. Es gibt Menschen, die ein derartiges Verlangen nach diesen untergeordneten Erfahrungen hegen, dass sie jeglichen Sinn für wahre Unterscheidung und Abgrenzung zwischen den verschiedenen Bereichen der Wirklichkeit zu verlieren beginnen. Nicht alles, was in diesen Erfahrungen geschieht, darf als wahr hingenommen werden – man muss unterscheiden und erkennen, was eine mentale Gestaltung oder subjektive Konstruktion und was wahr ist, was nur eine Beeinflussung seitens der größeren mentalen und vitalen Ebenen ist oder nur dort Wirklichkeit besitzt und was für die Förderung oder Führung der inneren Sadhana oder des äußeren Lebens von Wert ist.
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Xs Erfahrungen sind von der Art, wie sie gewöhnlich das Zurückziehen vom äußeren Bewusstsein zu einer inneren Erfahrungs-Ebene begleiten. Das Gefühl der Kälte des Körpers bei der ersten [Erfahrung] ist eines dieser Zeichen – ähnlich wie die Reglosigkeit und Steifheit in Ys Erfahrung –, dass sich das neue Bewusstsein von der äußeren oder physischen Hülle nach innen zurückzieht. Die Kristallisierung war die Form, in der er die Bildung eines inneren Bewusstseins erfahren hat, das sicher und zugleich frei von oben empfangen konnte. Die Kristalle weisen gleichzeitig auf eine geordnete Formung und eine feste Transparenz hin, worin die größere Schau und Erfahrung, die von den höheren Ebenen herabkam, klar widergespiegelt werden konnte.
Was die andere Erfahrung anbelangt, so hatte seine Zurückweisung des Wachbewusstseins offensichtlich das Ergebnis, ihn in eine innere Wahrnehmung zu versetzen, in der er einen ersten Kontakt mit den überphysischen Ebenen hatte. Was mit dem Meer aus roter Farbe und den Sternen gemeint war, hängt von der Schattierung der roten Farbe ab. Wenn es hochrot war, dann sah er das Meer des physischen Bewusstseins und physischen Lebens, wie es sich der inneren symbolischen Schau darbietet; wenn es purpurrot war, war es das Meer des vitalen Bewusstseins und der vitalen Lebens-Kraft. Wenn er die Empfindung der Gegenwart der Mutter nicht unterbrochen hätte, wäre es vielleicht besser gewesen – stattdessen hätte er sie, wenn möglich, mit zu den inneren Ebenen nehmen sollen und hätte dann keinen Anlass zur Furcht gehabt.
Auf jeden Fall, wenn er in das innere Bewusstsein eintreten und sich auf den inneren Ebenen bewegen will – was unweigerlich geschehen wird, wenn er das Wachbewusstsein in der Meditation ausschließt –, muss er die Furcht ablegen. Er erwartete vermutlich, das Schweigen oder den Kontakt mit dem Göttlichen Bewusstsein zu empfangen, wenn er der Anweisung der Gita folgen würde. Aber das Schweigen oder die Berührung des Göttlichen Bewusstseins kann ebensogut – und für einige [Menschen] sogar noch einfacher – in der Wach-Meditation durch die Gegenwart der Mutter und die Herabkunft von oben erlangt werden. Die nach innen gerichtete Bewegung ist jedoch wahrscheinlich unumgänglich, und er sollte versuchen, sie zu verstehen und anzunehmen ohne zurückzuschrecken oder Furcht zu haben, mit dem gleichen Vertrauen in die Mutter und dem gleichen Glauben an sie, die er in seiner Wach-Meditation hat. Seine Träume sind natürlich Erfahrungen auf der inneren (vitalen) Ebene; ich brauche die Erklärung, die ich Y bereits gegeben habe, nicht zu wiederholen.
PS. Der Traum von dem Mahadeva-Bild kann bedeuten, dass jemand (nicht von dieser Welt natürlich) ihn in die Irre führen wollte und ihn eine begrenztere, traditionellere Form der Vergangenheit mit der größeren, lebendigen Wahrheit, die er sucht, verwechseln ließ.
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Deine Empfindungen rühren von der Tatsache her, dass das Bewusstsein sich nach innen wendet, weshalb physische Dinge so wahrgenommen werden, als würden sie sich in einer Entfernung befinden. Das gleiche Phänomen kann sich ereignen, wenn man sich auf eine andere Bewusstseins-Ebene begibt und von dort physische Dinge sieht. Aber wahrscheinlich ist es das erstere, was mit dir geschieht. Wenn man sich ganz nach innen wendet, verschwinden physische Dinge – wenn eine gewisse Verbindung mit ihnen bewahrt wird, treten sie weit zurück. Das aber ist eine vorübergehende Veränderung. Später wirst du fähig sein, beide Arten von Bewusstsein gleichzeitig zu haben, mit einem Teil von dir in deiner Seele zu sein – mit aller Erfahrung und allen Tätigkeiten des seelischen Wesens und der seelischen Natur –, während dennoch dein Oberflächenselbst voll erwacht und in physischen Dingen tätig ist und die seelische Stütze und der seelische Einfluss hinter dieser äußeren Tätigkeit stehen.
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Es ist offensichtlich eine feinstoffliche Welt und nicht die physische, in der du dich bewegst; das geht aus der andersartigen Anordnung der Dinge hervor, aber solche Einzelheiten, wie der dritte Arm und das weggelegte und dennoch vorhandene Lesezeichen zeigen, dass es eine feinstoffliche Welt sehr nahe der physischen ist; entweder ist es eine feinstoffliche Welt oder ein sehr stofflicher vitaler Bereich. In allen feinstofflichen Bereichen wird das Physische verändert wiedergeben und in dem Maß, wie man sich vom Stofflichen entfernt, wird die Veränderung freier und elastischer. Einzelheiten wie die Lahmheit, lassen das gleiche erkennen – die Macht des Physischen besteht noch. Es ist möglich [nachdem man in die feinstoffliche Welt eingetreten ist], sich in der physischen Welt umherzubewegen, es kann aber meist nur dann geschehen, wenn man mit der Atmosphäre anderer physischer Wesen Kontakt aufnimmt, um eine stärkere Materialisierung der Form herbeizuführen – dann bewegt man sich unter ihnen und sieht sie und die ganze Umgebung genau wie sie zu diesem Zeitpunkt in der physischen Welt sind; man kann die Genauigkeit der Einzelheiten nachprüfen, wenn man unmittelbar nach der Rückkehr in den Körper (welche meist mit einer klaren Bewusstheit des ganzen Vorgangs des Wiedereintretens geschieht) den gleichen Schauplatz im physischen Körper durchwandert. Das aber ist etwas Seltenes. Das feinstoffliche Umherwandern hingegen ist ein häufiges Phänomen, und nur wenn es nahe der physischen Welt stattfindet, scheint alles sehr stofflich und konkret zu sein, und die Assoziierung von physischen Gewohnheiten und physischen mentalen Bewegungen mit den feinstofflichen Ereignissen ist enger.
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Es war ein teilweises Verlassen des Körpers: ein Teil des Bewusstseins wandte sich hinaus zu dem Schauplatz und der Umgebung, die du beschreibst, während das übrige [Bewusstsein] im Körper blieb und sowohl die gewohnte Umgebung wahrnahm als auch – sei es durch Kommunikation oder indirekte Teilnahme – das, was der andere [Bewusstseins-Teil] erfuhr. Das ist durchaus möglich, und hierfür bedarf es weder einer Form der Trance noch eines Verlustes des äußeren Bewusstseins. Was die Ursache einer derartigen Erfahrung anbelangt, so hängt sie ganz und gar nicht von den eigenen gewöhnlichen mentalen oder anderen Interessen ab; sie entsteht dadurch, dass jemand, der sich auf dem Schauplatz befindet, eine Art Anziehung ausübt oder einen Kontakt herstellt und das Bedürfnis nach Sympathie, Unterstützung oder irgendeiner Art von Hilfe hat – ein Bedürfnis, das so stark ist, dass es einen Ruf auslöst; es ist sehr häufig jemand ganz Unbekannter, und wen nun gerade der Ruf erreicht, hängt ganz davon ab, wer zu diesem Zeitpunkt empfangsbereit ist, die Schwingung aufnimmt und die Fähigkeit zu einer Erwiderung hat. Meist findet eine Art Identifizierung des Bewusstseins mit jenem der rufenden Person statt, so dass man ihre Umgebung und die Dinge, die durch sie geschehen, sehen kann. Es ist das Physische, das bei diesen Erfahrungen nervös wird, und das muss überwunden werden; in dem Maß, wie sich das innere mentale, vitale und physische Bewusstsein den Dingen hinter dem dicken physischen Schleier öffnet, können alle Arten von Erfahrungen stattfinden, die dem physischen Mental fremd sind, und seine Neigung, dabei ängstlich oder nervös zu werden, muss verschwinden. Es muss fähig sein, selbst schrecklichen Dingen ohne Furcht zu begegnen.
Hinsichtlich der Augen: diese Erfahrung hat sich gewissermaßen in dir festgesetzt, und es war nicht zu erwarten, dass sie sofort völlig verschwinden würde. Diese Dinge versuchen weiterzubestehen; wenn aber die Zurückweisung fest und unveränderlich ist, verblassen sie nach einer Weile oder finden ein Ende. Dass sich die Intensität des Anandas vermindert, ist bereits ein Zeichen, dass die Zurückweisung ihre Auswirkung hat. Du musst nur ausharren, und nach einer gewissen Zeit wird das vitale Bewusstsein frei sein.
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Der Ort, an dem du dich befandest, ist so sehr eine Welt der Tatsache und Wirklichkeit wie die stoffliche Welt, und die Ereignisse dort haben manchmal eine große Auswirkung auf diese Welt. Welch eine Sippschaft von unwissenden Jüngern ihr doch alle seid! Viel zu viel Modernisierung und Europäisierung!
Diese Dinge sind Begegnungen auf der vitalen Ebene; aber sehr häufig geraten in die Übertragung dessen, was sich ereignet, einige Einzelheiten, die vom Unterbewusstsein beigesteuert werden. Das übrige scheint in Ordnung zu sein. Die Schrift auf der Stirn bedeutet natürlich etwas, das sich auf der vitalen Ebene in dir gefestigt hat und später im physischen Bewusstsein in Erscheinung treten muss.
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Du bist zu realistisch und phantasielos! Außerdem weißt du fast nichts von okkulten Dingen. Das Vital ist ein Teil von dem, was die europäischen Psychologen manchmal das Unterschwellige [subliminal] nennen, und das Unterschwellige kann, wie jedermann wissen sollte, Dinge tun, die das Physische nicht tun kann – zum Beispiel in einigen Minuten ein Problem lösen, über dem das Physische einige Tage vergebens zugebracht hatte, usw. usw..
Was hat es für einen Zweck, wenn auf beiden Ebenen die gleichen Dinge geschehen? Es wäre unnötig und müßig. Die vitale Ebene ist ein Bereich, wo Dinge geschehen können, die bislang aus dem einen oder anderen Grund auf der physischen Ebene nicht möglich waren.
Es gibt natürlich Hunderte von verschiedenen Dingen im Vital, da es ein viel reicherer und plastischerer Bewusstseins-Bereich als das Physische ist, und alle sind nicht gleichermaßen gültig und von Wert. Ich habe oben von jenen Dingen gesprochen, die gültig sind. Ohne diese vitale Ebene gäbe es übrigens keine Kunst, Dichtung oder Literatur – diese Dinge kommen durch das Vital, bevor sie sich hier offenbaren können.
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Was du über die verschiedenen vitalen Welten sagst, ist ohne Zweifel interessant und von einiger Richtigkeit, doch darfst du nicht vergessen, dass diese Welten, die sich vom wahren oder göttlichen Vital unterscheiden, voller Verzauberungen und Illusionen sind und dir schöne Erscheinungsformen vorgaukeln, deren Lockung dich nur verführt oder zerstört. Es sind die Welten der „rakshasimaya“ [die Illusion der Mächte der Finsternis], und ihre Himmel sind gefährlicher als ihre Höllen. Man muss sie kennengelernt haben und wenn nötig, ihren Mächten begegnet sein, darf sie aber nicht akzeptieren; unser Anliegen ist das Supramental und nur dann das Vital, wenn es supramentalisiert ist; bis dahin aber müssen wir vor den Verlockungen aus jenem anderen Bezirk immer auf der Hut sein. Ich glaube, die Welten von denen du sprichst, sind jene, die für Dichter, phantasiebegabte Menschen und einige Künstler von besonderer Anziehung und besonderer Gefahr sind. Es gibt eine Veranlagung von ästhetisierter vitaler Empfänglichkeit, Empfindung oder gar Sentimentalität, durch die sie auf das Wesen einwirken, und sie ist eines der Dinge, das geläutert werden muss, bevor man sich zur höchsten Dichtung, Kunst oder einfallsreichen Schaffenskraft erheben kann.
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Wenn das vitale Wesen hinausgeht [den Körper verläßt], bewegt es sich auf der vitalen Ebene und im vitalen Bewusstsein, und selbst wenn es physische Vorfälle und Dinge wahrnimmt, geschieht es nicht durch eine physische Schau. Für jemand, der seine Fähigkeiten geübt hat, ist es möglich, obwohl er sich im vitalen Körper umherbewegt, mit physischen Dingen in Berührung zu kommen, sie genau zu erkennen und zu fühlen, sogar auf sie einzuwirken und sie physisch zu bewegen. Der gewöhnliche Sadhak hingegen, der das Wissen oder die gesicherte Erfahrung oder Übung in diesen Dingen nicht hat, kann das nicht. Er hat zu begreifen, dass sich die vitale Ebene von der physischen unterscheidet und die Dinge, die dort geschehen, keine physischen Ereignisse sind, dass sie aber, wenn sie von der rechten Art sind und richtig verstanden und angewandt werden, Sinn und Wert für das Erdenleben haben können. Aber auch das vitale Bewusstsein ist voll falscher Gestaltungen und vieler Verworrenheiten, und es ist nicht ungefährlich, sich unter ihnen zu bewegen ohne das Wissen, den direkten Schutz und die direkte Führung zu haben.
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Du musst wohl deinen Körper verlassen und ihn ungeschützt zurückgelassen haben, währenddessen ein Angriff stattfand, von dem du dich nach deiner Rückkehr in den Körper frei machen konntest. Dieser Teil des Kopfes, von den Ohren bis hinunter zum Nacken, ist der Sitz des physischen Mentals – das Zentrum des physischen oder sich ausdrückenden Mentals ist im Hals und schließt im Rücken an die Wirbelsäule an. Es war ein Angriff auf das physische Mental.
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Die drei Erfahrungen, über die du in deinem Brief berichtest, bedeuten, dass du dich in deinem vitalen Körper in die vitalen Welten begibst und den Wesen und Gestaltungen dieser Welten begegnest. Der alte Mann im Tempel und die Mädchen, die du sahst, sind feindliche Wesen der vitalen Ebene.
Es ist besser, diesen Weg nicht einzuschlagen, außer man steht unter dem Schutz von jemandem (der physisch anwesend ist), der Kenntnis der vitalen Welt und Macht über sie hat. Da es niemanden gibt, der das für dich tun kann, solltest du dich von dieser Bewegung zurückziehen. Strebe nach vollkommener Hingabe, nach Ruhe, Frieden, Licht, Bewusstsein und Stärke im Mental und Herzen. Wenn das mentale Wesen und das seelische Wesen auf diese Weise offen, leuchtend und hingegeben sind, kann auch das Vital sich öffnen und die gleiche Erleuchtung empfangen. Bis dahin sind vorzeitige Abenteuer auf der vitalen Ebene nicht ratsam.
Wenn die Bewegung nicht zum Stillstand gebracht werden kann, beachte die folgenden Anweisungen:
1. Lass dich niemals von Furcht ergreifen! Tritt allem, dem du in dieser Welt begegnest, und allem, was du siehst, mit Abstand und Mut entgegen.
2. Bitte um unseren Schutz, bevor du einschläfst oder meditierst. Gebrauche unsere Namen, wenn man dich angreift oder in Versuchung führt.
3. Sympathisiere in keiner Weise mit dem alten Mann im Tempel und höre nicht auf solche Einflüsterungen wie zum Beispiel die, dass er dein spiritueller Lehrer gewesen sei, was ganz offensichtlich falsch war, da du keinen anderen spirituellen Lehrer als uns haben kannst. Aufgrund dieser Sympathie und der Einflüsterung, der gegenüber du offen warst, konnte er in dich eindringen und den Schmerz, den du fühltest, verursachen.
4. Erlaube keinem fremden Wesen, in dich einzudringen, nur dem Licht, der Macht usw. von oben.
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Es sieht so aus, als ob sie ihren Körper verlassen und in ihrem vitalen Körper [in die vitale Welt] hinausgehen würde. Wenn man das bewusst und nach Wunsch tut, ist es in Ordnung; aber dieses unbewusste Verlassen des Körpers ist nicht immer ungefährlich. Die wichtige Frage ist, welche Auswirkung es auf sie hat. Wenn sie daraus stark und erfrischt oder ganz normal hervorgeht, besteht kein Grund zur Sorge oder Furcht; wenn sie erschöpft oder niedergeschlagen daraus hervorgeht, sind Kräfte am Werk, die sie zum Schaden ihrer vitalen Hülle in die vitale Welt hinausziehen, und es sollte nicht fortgesetzt werden.
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Unter Xs‘ Erfahrungen befindet sich eine Schrift mit dem Titel „Oberflächen-Bewusstsein“. Was dort beschrieben wird, ist die nervöse oder physisch-vitale Hülle. Sie ist es, die von den Medien beobachtet wird, und indem sie in dieser den Körper verlassen, bringen sie ihre Phänomene hervor. Wie konnte X etwas darüber wissen? War es durch Intuition, Vision oder persönliche Erfahrung? Wenn es das letztere war, warne ihn davor, in dieser vitalen Hülle den Körper zu verlassen, denn wenn er es tut ohne den hinreichenden Schutz durch eine mit diesen Dingen vertraute und zu jenem Zeitpunkt physisch anwesende Person, kann es ernsthafte seelische Gefahren und auch Schäden für das Nervenwesen und den Körper oder sogar Schlimmeres mit sich bringen.
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Solche Erfahrungen sind nutzlos; sie können auf der vitalen Ebene stattfinden, solange man noch durch den vitalen Bereich der Erfahrungen zu gehen hat; aber das Ziel sollte darin bestehen, über sie hinauszugelangen und in einer reinen, seelischen und spirituellen Erfahrung zu leben. Die Überflutung durch andere [Erfahrungen] im eigenen Wesen zuzulassen oder sie zu rufen bedeutet, für immer in den Verworrenheiten des Zwischenbereichs zu bleiben. Allein das Göttliche sollte in den persönlichen adhar gerufen werden – womit nicht gemeint ist, dass man sein persönliches Wesen aufgibt oder vielleicht die Idee hegt, göttlich zu werden, dies wäre zu vermeiden. Das Ego muss überwunden werden, während das zentrale persönliche Wesen (das nicht das Ego, sondern das individuelle Selbst ist, die Seele, ein Teil des Göttlichen) ein Kanal und Instrument der Göttlichen Shakti bleiben muss. Was andere anbelangt, andere Sadhaks usw., so kann man sie in seinem universalisierten Bewusstsein fühlen, ihre Bewegungen wahrnehmen, mit ihnen in Harmonie in der Göttlichen Allheit leben, aber nicht ihre Gegenwart in den persönlichen adhar rufen oder dort zulassen. Das führt sehr häufig zur Überflutung des Bewusstseins durch vitale Mächte oder Gegenwarten, welche die Gestalt von jenen [Sadhaks] annehmen, die auf solche Art und Weise zugelassen wurden – und das ist höchst unerwünscht. Der Sadhak muss sein grundlegendes Bewusstsein schweigend, ruhig, rein und friedvoll werden lassen und eine absolute Kontrolle über das bewahren oder erlangen, was er in ihm [in diesem Bewusstsein] zulassen oder nicht zulassen soll – im anderen Fall, wenn er diese Kontrolle nicht ausübt, besteht die Gefahr, dass er zu einem Bereich von verworrenen und unliebsamen Erfahrungen wird oder zu einem Spielball aller Arten von mentalen und vitalen Wesen und Kräften. Nur eine einzige Herrschaft oder Beeinflussung, die nicht die eigene ist, sollte zugelassen werden, die Herrschaft der Göttlichen Shakti über den adhar.
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Ich bin mir nicht sehr klar darüber, was die Äußerung deines Freundes über Erfahrungen bedeutet. Die „doppelte Stimme“ ist ein häufiges Phänomen; wenn man lange ein mantra wiederholt hat, beginnt sehr oft eine innere Stimme oder ein inneres Bewusstsein, es automatisch zu wiederholen – auch ein Gebet kann auf die gleiche Weise von innen her wiederholt werden. Das geschieht meist durch ein Erwachen des inneren Bewusstseins oder indem sich das Bewusstsein von seiner äußerlichen Einstellung tiefer nach innen wendet. Dies wird in seinem Fall durch die Tatsache unterstützt, dass er sich halb auf dem Weg zur Trance fühlt, sein Körper hinwegzuschmelzen scheint und er das Gewicht des Buches nicht empfindet usw.; all dies sind wohlbekannte Anzeichen dafür, dass das innere Bewusstsein erwacht und großenteils das äußere ersetzt. Die moralischen Auswirkungen seines neuen Zustandes weisen ebenfalls auf ein Erwachen des inneren Bewusstseins hin, vielleicht des seelischen oder seelisch-mentalen. Auf der anderen Seite aber scheint er diese zweite Stimme so zu empfinden, als wäre sie außerhalb seiner selbst, und das Gefühl eines anderen Wesens als er selbst, einer unsichtbaren Gegenwart im Raum zu haben. Das innere Wesen wird häufig als jemand empfunden, der vom gewöhnlichen Selbst getrennt oder von anderer Art ist, es wird aber meist nicht als außerhalb befindlich gefühlt. Daher kann es sein, dass er in diesem Zustand des Zurückgezogenseins mit einer anderen Ebene oder Welt in Kontakt kommt und eines ihrer Wesen an sich zieht, das an seiner Sadhana teilhaben und sie lenken will. Letzteres ist keine ganz ungefährliche Erscheinung, denn es ist schwierig, aus den Angaben zu schließen, um welche Art von Wesen es sich handelt; und die Lenkung seiner inneren Entwicklung jemand anderem als dem Göttlichen, dem Guru oder seinem eigenen seelischen Wesen zu überlassen, kann eine ernste Gefahr mit sich bringen. Das ist alles, was ich im Augenblick sagen kann.
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Aus deiner Beschreibung geht hervor, dass es eine vitale Kraft war, die versuchte, von deinem Körper gewaltsam Besitz zu ergreifen. Nichts kann gefährlicher sein als zuzulassen, dass man die Kontrolle auf diese Weise verliert und ein fremder Einfluss eindringt. In deinem gegenwärtigen Zustand der Unwissenheit, in welchem das vitale Wesen noch nicht genügend geöffnet und die Seele noch nicht hinreichend erwacht ist, kann eine feindliche Macht leicht eindringen und sich als Göttliche Kraft ausgeben. Denke daran, dass keiner Person und keiner Macht erlaubt werden darf, dich zu besitzen. Die Göttliche Kraft wirkt nicht auf diese Weise; ihr Wirken besteht darin, zuerst das Bewusstsein zu läutern, zu weiten und zu erleuchten, es dem Licht und der Wahrheit zu öffnen und das Herz und seelische Wesen zu erwecken. Sie wird erst später durch deine reine und bewusste Überantwortung die allmähliche und ruhige Herrschaft antreten.
Du musst außerdem begreifen, dass nur eine Kraft am Werk ist und weder du noch er noch sonst irgend jemand wichtig ist. Lass jeden sich dem Wirken dieser inneren Kraft öffnen, und mache keinen Versuch, eine Gruppe von Sadhaks zu bilden, die von jemandem geführt wird, der zwischen der einen Macht und den Sadhaks vermittelt.
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Alle anderen Umstände, über die du berichtest, sind normal und das Kennzeichen einer Überflutung mit Ananda, der das ganze äußere Wesen ergreift, während das schweigende innere Wesen sich absondert – wie es meist der Fall ist – von allem was von außen kommt. Unklar ist, worum es sich bei der „Gegenwart“ handelt. Es gibt nichts, was darauf hinweist, wer oder was sie ist. Wenn es eine unerwünschte vitale Gegenwart wäre, die eine vitale Freude hervorruft, wären meist vitale Erscheinungsformen vorhanden, die dich befähigen würden, ihren Ursprung aufzudecken; sie sind aber hier nicht zu erkennen. Unter diesen Umständen besteht der einzig einzuschlagende Weg darin, die Erfahrung zu beobachten, ohne zuzulassen, dass dein Wesen von dem, was kommt, ergriffen wird, sie vielmehr nur als Erfahrung ansieht, auf die das innere Wesen als Betrachter blickt, bis der Punkt, der noch unklar ist, geklärt wird.
PS. Es gibt verschiedene mögliche Erklärungen, über die ich aber nicht spreche, da das die reine Beobachtung der Erfahrung durch einen mentalen Hinweis beeinflussen oder behindern könnte.
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Ich habe deinen Brief gelesen und ihn auch der Mutter vorgelesen. Meine Ansicht über die Erfahrung – ich hatte mein Urteil bis jetzt aufgeschoben – stimmt mit ihrer überein.
Wir sind der Meinung, dass es besser für dich wäre, [bezüglich dieser Erfahrung] in Zukunft auf der Hut zu sein. Zunächst einmal kann es sich nicht um den Buddha handeln, denn die Gegenwart des Buddha würde Frieden, aber niemals diese Art von Ananda bringen. Und dann scheint die Eingebung, die auf einem alten, subjektiven Gefühl von dir beruht, dir aufgedrängt worden zu sein, damit du bereitwilliger einer bestimmten Beeinflussung zustimmst, dessen Ausdruck die Erfahrung ist. Überdies ist dein Gefühl, dass der Ananda stärker ist, als du ertragen kannst, kein günstiges Zeichen für die Erfahrung; deiner Meinung nach beruht dieses Gefühl auf einem Mangel an Anpassung, wahrscheinlicher aber ist, dass durch das Vital dir etwas Fremdes aufgedrängt wurde, mit dem das seelische Wesen in dir sich nicht wohl fühlt. Und schließlich ist es, während du den Yoga hier ausübst, nicht ungefährlich, einen anderen Einfluss zuzulassen – welcher Art er auch immer sein mag – als den unseren oder einen, der nicht zu der Bewegung dieser Sadhana gehört. Andernfalls könnte alles mögliche geschehen, und wir wären nicht in der Lage, dich davor zu schützen, da du aus dem Schutzkreis herausgetreten bist. Bislang bist du einer sehr vernünftigen Richtung der Erfahrung gefolgt; eine Ablenkung dieser Art, die auf der vitalen Ebene zu sein scheint, könnte eine ernsthafte Beeinträchtigung darstellen. Der Schönheit von Augen oder eines Gesichtes kann man nicht trauen. Es gibt viele Wesen der niederen Ebenen von fesselnder Schönheit, mit der sie [die Menschen] bezaubern können, und sie können zudem einen Ananda vermitteln, der aber nicht von der höchsten Art ist und dich durch seinen Reiz sogar völlig vom Pfade wegführen kann. Wenn du das Stadium der klaren Unterscheidung erreicht hast, in dem das höchste Licht alle Dinge erhellt, denen man begegnet, kannst du ungefährdet Erfahrungen von vielfältiger Art haben; jetzt aber muss strenge Wachsamkeit ausgeübt und alle Ablenkungen zurückgewiesen werden. Es ist notwendig, dass man unbeirrt auf dem geraden Weg zum Höchsten ausschreitet; alles übrige muss auf die richtige Zeit warten.
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Ohne Zweifel wird die Tätigkeit dieser Kraft, wenn sie einmal zurückgewiesen wurde, mit der Zeit aufhören. Es handelt sich um etwas, mit dem du in Kontakt gebracht wurdest, und nicht um etwas in dir, auf das ein Teil deines Wesens auf natürliche Weise reagiert. Das kam hierin zum Ausdruck, dass du nicht fähig warst zu verstehen, was das manifestierte Wesen dir vermitteln wollte. Es scheint ein Angriff gewesen zu sein, wie du sagst, ein Versuch, mit Gewalt und List [in dich] einzudringen. Es ist durchaus richtig, dass, wenn es ihnen möglich ist, sowohl die feindlichen als auch die niederen Kräfte aktiv werden, sobald das Sich-Öffnen gegenüber dem Licht stattfindet. Das Bewusstsein des Suchenden hat seine normalen Grenzen verlassen und öffnet sich sowohl dem Universalen als auch dem Selbst über uns, und sie [die feindlichen Kräfte] machen sich das zunutze, indem sie einzudringen versuchen. Derartige Angriffe können jedoch vermieden werden, und du hast vermutlich recht, wenn du annimmst, all das in der Atmosphäre von X aufgefangen zu haben. Er hat im okkulten Bereich vielerlei Experimente gemacht, und dort kommt man leicht mit Kräften und Wesen von dunklerer Natur in Berührung; man braucht große Macht und viel Licht und Reinheit – wenn nicht die eigene, so die einer hilfreichen Macht –, um ihnen die Stirn zu bieten und sie zu überwinden. Auch durch die Mängel und Fehler in unserer eigenen Natur können diese Wesen Einlass finden. Das beste jedoch ist, wenn man nichts mit ihnen zu tun haben braucht; denn auch ohne diese Komplikation ist die Überwindung der Kräfte der niederen Natur eine hinreichend schwere Aufgabe. Wenn die zu verrichtende Arbeit den Kontakt und die Auseinandersetzung mit ihnen erfordert, ist das eine andere Sache. In deinem Fall, glaube ich, war es eine Art Missgeschick und nicht notwendig für die Entwicklung deiner Sadhana.
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Nein, zu dieser Zeit fand keine besondere Konzentration seitens der Mutter oder ein Ruf von ihr statt. Es war zu einer Zeit, in der sie nie jemand empfängt; sie hätte dir zweifellos weder eine derartige Kraft gesandt, noch übt sie im allgemeinen ihre Macht auf diese Weise aus. Du tatest gut daran, dem Impuls zu widerstehen. Es ist immer notwendig, die innere Wahrnehmung und den inneren Willen rein, bewusst und in vollkommener Ausgewogenheit zu bewahren und niemals ohne ihre abwägende Zustimmung einem Impuls – wie immer er sich auch darstellen mag – zu erlauben, das Vital oder den Körper in die Tat zu treiben. Solchen Kräften, welche Erscheinungsform auch immer sie annehmen mögen, kann man nicht trauen; wenn einmal der kritische Verstand seine Kontrolle aufgibt, kann sich auf diesem Weg jede Kraft einmischen und unausgeglichene vitale Impulse können unbehindert der Sadhana schaden. Eine seelische oder spirituelle Kontrolle, die das Mental ersetzt, würde sich nicht auf diese Weise auswirken; sie würde, abgesehen von der Intensität oder Inbrunst, die sie vermittelt, eine klare Wahrnehmung der Dinge, ein vollkommenes Unterscheidungsvermögen, eine Harmonie zwischen der inneren und äußeren Wirklichkeit aufrechterhalten. Nur das Vital wird von diesen Impulsen fortgerissen; das Vital muss immer unter der Kontrolle des Verstandes, der Seele oder, sobald es [das Vital] dynamisch wird, des höheren spirituellen Bewusstseins gehalten werden.
All diese Erfahrungen sind von der gleichen Art, und was für die eine zutrifft, stimmt auch für die andere. Abgesehen von einigen Erfahrungen von persönlichem Charakter sind sie entweder Wahrheits-Ideen, die in das Bewusstsein niederströmen, wenn man mit bestimmten Seins-Ebenen in Berührung kommt, oder aber es brechen starke Gestaltungen aus den größeren mentalen und vitale Welten ein, die – insofern man diesen Welten unmittelbar geöffnet ist – den Sadhak zu ihrer Befriedigung benutzen wollen. Diese Dinge, sobald sie herniederströmen oder eindringen, präsentieren sich mit großer Kraft, mit einem intensiven Gefühl der Inspiration oder Erleuchtung, mit viel Empfindung von Licht und Freude, mit dem Eindruck des Sich-Weitens und der Macht. Der Sadhak fühlt sich von den normalen Begrenzungen befreit und in eine wunderbare neue Welt der Erfahrung versetzt, erfüllt und geweitet und erhaben; das was zu ihm kommt, verbindet sich zudem mit seinen Bestrebungen, seinem Ehrgeiz, seinen Vorstellungen von spiritueller Erfüllung und yogischer siddhi [Vollendung]; es stellt sich sogar als die Verwirklichung und Erfüllung schlechthin dar. Sehr leicht wird er von dem Glanz und Ansturm dieser Dinge fortgerissen und der Meinung sein, er habe mehr verwirklicht als er es in Wahrheit tat, nämlich etwas Endgültiges oder mindestens zuhöchst Wahres. In diesem Stadium fehlen gewöhnlich das notwendige Wissen und die notwendige Erfahrung, die ihm sagen würden, dass dies nur ein sehr ungewisser und vermischter Anfang sei; möglicherweise erkennt er nicht sogleich, dass er sich noch in der kosmischen Unwissenheit befindet und nicht in der kosmischen Wahrheit, viel weniger in der Transzendenten Wahrheit, und dass die formenden oder dynamischen Wahrheits-Ideen, die in ihn herabkommen – wie immer sie auch sein mögen –, nur etwas Teilweises sind und durch ein noch getrübtes Bewusstsein in ihrer Darstellung ihm gegenüber weiterhin vermindert werden. Er mag ebenfalls nicht erkennen, dass eine voreilige Anwendung dessen, was er als etwas Endgültiges verwirklicht oder empfängt, entweder in Verwirrung und Irrtum enden oder aber ihn in einer teilweisen Gestaltung einschließen kann, in der zwar ein Element spiritueller Wahrheit enthalten sein mag, das aber voraussichtlich durch ziemlich zweifelhafte mentale und vitale Beifügungen, die es insgesamt entstellen, überwogen wird. Nur wenn er (entweder sogleich oder später) fähig ist, sich von seinen Erfahrungen loszulösen und über ihnen mit einem leidenschaftslos betrachtenden Bewusstsein zu stehen, ihre wahre Natur, ihre Begrenzungen, ihre Zusammensetzung und Vermischung zu beobachten, kann er auf seinem Wege vorwärtsschreiten, einer wirklichen Freiheit und einer höheren, weiteren und wahreren siddhi entgegen. Das hat bei jedem Schritt zu geschehen. Denn was auch immer auf diesem Weg zum Sadhak dieses Yoga kommt, sei es vom Obermental oder dem Intuitiven oder Erleuchteten Mental oder von einer erhabenen Lebens-Ebene oder von allen diesen zusammen, ist nichts Sicheres und Endgültiges; es ist nicht die höchste Wahrheit, in der er weilen kann, sondern nur ein [Zwischen-] Stadium. Und dennoch muss man diese Stadien durchlaufen, denn das Supramental oder die Höchste Wahrheit kann nicht in einem Sprung und nicht einmal in vielen Sprüngen erreicht werden; man muss ruhig, geduldig und stetig durch viele Zwischen-Stadien hindurch vorwärtsschreiten, ohne sich an ihre Wahrheit, ihr Licht, ihre Macht oder ihren Ananda, die von geringerer Art sind, zu binden oder zu klammern.
Tatsächlich ist dies ein Zwischenstadium, eine Zone des Übergangs zwischen dem gewöhnlichen Bewusstsein im Mental und dem wahren Yoga-Wissen. Man kann sie nur dann unbeschadet durchqueren, wenn man sofort oder in einem frühen Stadium ihre wahre Natur erkennt und sich durch ihre Halblichter und verlockenden, doch unvollkommenen und oft vermischten und irreführenden Erfahrungen nicht aufhalten lässt; man kann sich auch in ihr verirren, falschen Stimmen und einer lügnerischen Führung folgen – und das endet in einem spirituellen Verhängnis; oder man kann in diesem Zwischenbereich verweilen und nicht weitergehen wollen und dort eine Halb-Wahrheit aufbauen, die man für die ganze Wahrheit hält, oder das Instrument der Mächte dieser Übergangs-Ebenen werden – dies widerfährt vielen Sadhaks und Yogis. Überwältigt von dem ersten Ansturm und dem Gefühl der Macht eines übernormalen Zustandes, werden sie geblendet von einem kleinen Licht, das ihnen wie eine ungeheure Erleuchtung vorkommt, oder von der Berührung durch eine Kraft, die sie fälschlicherweise für die volle Göttliche Kraft halten oder zumindest für eine sehr große Yoga-Shakti; oder sie akzeptieren eine Zwischen-Macht (nicht immer eine Macht des Göttlichen) als das Höchste und ein Zwischen-Bewusstsein als die höchste Verwirklichung. Nur allzu bereitwillig sind sie der Meinung, das volle kosmische Bewusstsein erlangt zu haben, obwohl es doch nur ein vorderer oder kleiner Teil davon ist, oder ein größeres Mental, eine Lebens-Macht oder feinstoffliche Bereiche, mit denen sie eine dynamische Verbindung eingegangen sind. Oder sie glauben, sich in einem völlig erleuchteten Zustand zu befinden, während sie in Wirklichkeit von oben durch die nur teilweise Erleuchtung einer mentalen oder vitalen Ebene auf unvollständige Weise Dinge empfangen; denn das, was kommt, wird abgeschwächt und beim Durchgang durch diese Ebenen häufig entstellt; auch missversteht oder missdeutet das aufnehmende Mental und Vital des Sadhaks oft das Empfangene oder benutzt es, um seine persönlichen Vorstellungen, Gefühle und Wünsche damit zu vermengen, die es aber dennoch nicht für die eigenen hält, sondern als Teil der empfangenen Wahrheit ansieht; und da sie mit ihr vermischt sind und ihre Formen nachahmen, sind sie von ihrem Glanz erhellt und erhalten von dieser Verbindung und diesem entliehenen Licht einen übersteigerten Wert.
Es gibt noch schlimmere Gefahren in diesem Zwischenbereich der Erfahrung. Denn die Ebenen, denen der Sadhak jetzt sein Bewusstsein geöffnet hat – nicht wie zuvor, als er flüchtige Einblicke und einige Einflüsse von ihnen empfing, sondern nunmehr ihre volle Einwirkung unmittelbar aufnehmend –, senden eine Unzahl von Ideen, Impulsen, Vorschlägen, Gestaltungen aller Art aus, häufig einander ganz und gar widersprechend, gegensätzlich oder miteinander nicht zu vereinen, doch auf solche Weise dargeboten, dass über ihre Unzulänglichkeiten und Unterschiede mit großer Kraft und Glaubwürdigkeit und einer Fülle von Argumenten oder einem überzeugenden Gefühl der Gewissheit hinweggegangen wird. Das Mental des Sadhaks, überwältigt von dieser Empfindung der Gewissheit, der Lebendigkeit, der Erscheinung des Überflusses und Reichtums, gerät in große Verworrenheit und hält alles für eine größere Gestaltung oder Ordnung; oder es wirbelt in unaufhörlichem Wechsel und endlosen Veränderungen herum, die es für einen raschen Fortschritt hält und die doch nirgendwohin führen. Oder aber es besteht die gegenteilige Gefahr, dass er das Instrument einer scheinbar glänzenden, doch unwissenden Gestaltung wird; denn diese Zwischenbereiche sind voller kleiner Götter oder starker Dämonen, daityas, oder kleinerer Wesen, die etwas erschaffen und materialisieren oder eine mentale oder vitale Gestaltung im Erdenleben erzwingen wollen und voller Eifer danach trachten, das Denken und den Willen des Sadhaks zu benutzen, zu beeinflussen oder gar zu besitzen, um ihn zu einem Instrument für ihre Ziele zu machen. Ganz abgesehen von der wohlbekannten Gefahr der wirklich feindlichen Wesen, deren einziger Zweck es ist, Verwirrung, Falschheit und Entstellung der Sadhana und verhängnisvolles, unspirituelles Irren zu schaffen. Jeder, der es zulässt, dass eines dieser Wesen, die häufig einen göttlichen Namen annehmen, von ihm Besitz ergreift, wird seinen Weg im Yoga verlieren. Andererseits ist es durchaus möglich, dass dem Sadhak beim Eintritt in diesen Bereich eine Macht des Göttlichen begegnet, die ihm hilft und ihn führt, bis er für größere Dinge bereit ist; aber selbst das ist noch keine Bürgschaft gegen das Irren und Straucheln in diesem Bereich; denn nichts ist einfacher für die Mächte dieser Regionen oder für die feindlichen Mächte, als die lenkende Stimme oder das Bildnis nachzuahmen, und den Sadhak zu täuschen und in die Irre zu führen, und nichts ist einfacher für ihn selbst, als die Schöpfungen und Gestaltungen seines eigenen Mentals, Vitals oder Egos dem Göttlichen zuzuschreiben.
Denn dieser Zwischenbereich ist eine Region der Halbwahrheiten, was als solches nichts ausmachen würde, denn es gibt keine vollständige Wahrheit unterhalb des Supramentals; doch die Halbwahrheit hier ist häufig derart begrenzt oder zweideutig in ihrer Anwendbarkeit, dass sie ein weites Feld für Verwirrung, Täuschung und Irrtum offen lässt. Der Sadhak ist der Meinung, er befände sich keinesfalls mehr in seinem alten, kleinen Bewusstsein, da er sich in Berührung mit etwas Größerem und Mächtigerem fühlt, dennoch ist das alte Bewusstsein noch vorhanden und nicht wirklich aufgehoben. Er spürt die Kontrolle oder den Einfluss einer Macht, eines Wesens oder einer Kraft, größer als er selbst, er sehnt sich danach, ihr Instrument zu sein, und glaubt, er hätte sein Ego überwunden; doch diese Selbsttäuschung der Egolosigkeit verdeckt häufig nur ein übersteigertes Ego. Ideen, die nur teilweise wahr sind, erfassen ihn, spornen sein Mental an und werden durch übermäßig vertrauensselige Anwendung in Falschheiten gewandelt; dies beeinträchtigt die Bewegungen des Bewusstseins und öffnet der Täuschung die Tür. Eingebungen von manchmal romantischer Natur schmeicheln dem Dünkel des Sadhaks oder kommen seinen Wünschen entgegen, und er nimmt sie ohne Prüfung oder kritische Kontrolle an. Selbst das, was wahr ist, wird derart überhöht oder über sein wahres Maß und seine Grenzen hinaus gesteigert, dass es zur Ursache des Irrtums wird. Dies ist ein Bereich, den viele Sadhaks durchqueren müssen, in dem viele eine lange Zeit umherwandern und aus dem eine große Anzahl niemals herauskommt. Besonders wenn ihre Sadhana vorwiegend im Mental oder Vital stattfindet, werden sie hier zahlreichen Schwierigkeiten und großer Gefahr begegnen; nur diejenigen, die gewissenhaft einer strengen Führung folgen oder deren seelisches Wesen in ihrer Natur vorherrscht, durchqueren mühelos wie auf einem sicheren und deutlich gekennzeichneten Weg diesen Zwischenbereich. Eine innere Wahrhaftigkeit und eine grundlegende Demut bewahren ebenfalls vor viel Kummer und Gefahr. Man kann dann rasch in ein klareres Licht weitergehen, wo es zwar noch viel Wirrnis, Ungewissheit und Kampf gibt, man aber dennoch auf die kosmische Wahrheit ausgerichtet ist und nicht auf eine halberleuchtete Verlängerung der Maya und Unwissenheit.
Ich habe auf allgemeine Weise dieses Bewusstseinsstadium mit seinen hauptsächlichen Eigenarten und Möglichkeiten unmittelbar jenseits der Grenze des normalen Bewusstseins beschrieben, da offensichtlich hier diese Erfahrungen stattfinden. Verschiedene Sadhaks verhalten sich jedoch in ihm unterschiedlich und reagieren manchmal auf die eine Art von Möglichkeiten, manchmal auf die andere. In diesem Fall [Sri Aurobindo bezieht sich jetzt auf den empfangenen Brief] scheint man durch einen Versuch in es [in das beschriebene Bewusstseinsstadium] eingetreten zu sein, einen Weg in das kosmische Bewusstsein herabzurufen oder zu erzwingen – ganz gleichgültig, wie man es ausdrückt oder ob man sich dessen, was man tut, ganz bewusst ist oder es in diesen Begriffen wahrnimmt; im wesentlichen läuft es darauf hinaus. Es war nicht das Obermental, in das man eintrat, denn unmittelbar in den Obermental-Bereich einzutreten, ist unmöglich. Das Obermental steht tatsächlich über und hinter dem gesamten Wirken des kosmischen Bewusstseins, doch kann man zunächst nur eine indirekte Verbindung damit haben; Dinge, die von ihm durch die dazwischenliegenden Bereiche in eine größere Mental-Ebene, Lebens-Ebene, feinstoffliche Ebene herabkommen, werden bei diesem Durchgang sehr verändert und geschmälert und sind bar der vollen Macht und Wahrheit, die sie im Obermental auf seinen ursprünglichen Ebenen besitzen. Die meisten Bewegungen kommen nicht vom Obermental, sondern von höheren Mental-Ebenen herab. Die Ideen, mit denen diese Erfahrungen durchsetzt sind und auf denen sie anscheinend ihren Anspruch auf Wahrheit gründen, sind nicht die des Obermentals, sondern des höheren Mentals oder auch manchmal des erleuchteten Mentals; sie werden jedoch in ihrer Anwendung durch Einflüsse der niedrigeren mentalen und vitalen Bereiche stark vermindert oder vielerorts auch falsch angewandt. All dies würde nichts ausmachen; es ist das übliche und normale, und man muss hindurch, um in eine klarere Atmosphäre zu gelangen, wo die Dinge besser geordnet sind und sich auf einer gesicherteren Grundlage befinden. Doch diese Bewegung wurde in einem Geist von übermäßiger Eile und höchstem Eifer, von übertriebener Selbst-Schätzung und übersteigertem Selbst-Vertrauen durchgeführt, in einer unreifen Sicherheit, sich auf keine andere Führung verlassend als die durch das eigene Mental oder das „Göttliche“, wie es in diesem [Entwicklungs-] Stadium des sehr begrenzten Wissens erfasst oder erfahren wird. Denn des Sadhaks Auffassung und Erfahrung des Göttlichen, auch wenn sie im Grunde echt sind, sind in diesem Stadium niemals vollkommen und rein; sie sind mit allerlei mentalen und vitalen Beilegungen vermischt, und alle möglichen Dinge werden mit dieser Göttlichen Führung in Verbindung gebracht und als zu ihr gehörend empfunden, obwohl sie aus ganz anderen Quellen stammen. Selbst wenn eine direkte Führung gegeben wäre – meist wirkt das Göttliche unter diesen Bedingungen im Verborgenen –, so nur gelegentlich, und das übrige geschieht durch ein Spiel von Kräften; Irren und Straucheln und der Wirrwarr der Unwissenheit sind reichlich vorhanden, und diese Dinge werden zugelassen, weil der Sadhak von den Welt-Kräften geprüft werden, durch Erfahrung lernen und aus der Unvollkommenheit in die Vollkommenheit wachsen muss – sofern er dazu fähig ist, sofern er willens ist zu lernen und nicht die Augen seinen eigenen Fehlern und Irrtümern gegenüber verschließt, sondern Gewinn und Nutzen aus ihnen zieht, um einer reineren Wahrheit, einem reineren Licht und Wissen entgegenzuwachsen.
Dieser Zustand des Mentals wirkt sich dahingehend aus, dass man allem zustimmt, was in diese verworrene und zweifelhafte Region eintritt, so als ob es die volle Wahrheit und der reine Göttliche Wille sei; die sich ständig wiederholenden Ideen oder Vorschläge werden mit einer anmaßenden Absolutheit formuliert, als seien sie die Wahrheit in ihrer Ganzheit und Unbestreitbarkeit. Es entsteht der Eindruck, dass man unpersönlich geworden und vom Ego befreit sei, während die ganze Atmosphäre des Mentals, sein Ausdruck, seine Haltung voll heftiger Selbstanmaßung sind, die durch die Annahme gerechtfertigt wird, dass man als Instrument und unter der Inspiration des Göttlichen fühle und handle. Ideen, die für das Mental Gültigkeit besitzen können, aber spirituell nicht gültig sind, werden in sehr aggressiver Weise vorgebracht und so hingestellt, als seien sie spirituelle Absolutheiten. Zum Beispiel die Gleichstellung, die in diesem Sinne ein rein mentales Prinzip ist – denn yogische samata [Gleichmut] ist etwas ganz anderes –, oder der Anspruch auf „geheiligte Unabhängigkeit“ oder die Weigerung, jemand als Guru anzuerkennen, oder der Widerspruch, den man zwischen dem Göttlichen und dem menschlichen Göttlichen [der menschlichen Inkarnation des Göttlichen] empfindet usw. usw.. All diese Ideen sind Standpunkte, die vom Mental oder Vital eingenommen und in Prinzipien verwandelt werden können und die sie dem religiösen oder sogar dem spirituellen Leben aufzuerlegen versuchen, aber sie sind ihrer Natur nach nicht spirituell und können es nicht sein. Auch Einflüsse von den vitalen Ebenen beginnen aufzutauchen, eine Flut von romantischen Vorstellungen, phantastisch oder geistreich, verborgene Auslegungen, Pseudo-Intuitionen, Pseudo-Initiationen in jenseitige Dinge, die das Mental erregen oder verwirren und sich häufig so darstellen, dass sie dem Ego und Eigendünkel schmeicheln und sie verstärken, jedoch nicht auf wahrhaft ermittelten spirituellen oder okkulten Wirklichkeiten einer echten Ordnung beruhen. Dieser Bereich ist voller Elemente dieser Art, und wenn es ihnen erlaubt wird, beginnen sie, den Sadhak zu bedrängen; doch wenn er ernsthaft das Höchste erreichen will, sollte er sie einfach betrachten und dann weitergehen. Nicht etwa, dass niemals irgendeine Wahrheit in solchen Dingen enthalten sei, doch auf eine Wahrheit kommen neun nachahmende Falschheiten; nur ein geübter Okkultist mit dem unfehlbaren Gefühl, das in langer Erfahrung entsteht, kann dort hindurchgehen ohne zu straucheln oder sich in dem Labyrinth zu verirren. Die ganze Haltung, die Tätigkeit und die Sprechweise [des Sadhaks] können derartig mit den Irrtümern jenes Zwischenbereiches überhäuft sein, dass auf diesem Wege weiterzugehen bedeuten würde, sich weit vom Göttlichen und Yoga zu entfernen.
Hier ist die Wahl noch offen, ob man der sehr zweifelhaften Führung folgt, die man inmitten dieser Erfahrungen erhält, oder ob man die wahre Führung annimmt. Jeder Mensch, der in die Bereiche yogischer Erfahrung eintritt, ist frei, seinem eigenen Weg zu folgen; doch dieser Yoga ist kein Pfad, dem jedermann folgen kann, sondern nur jene, die es auf sich nehmen, das Ziel zu suchen und dem gewiesenen Weg zu folgen, für den eine sichere Führung unerlässlich ist. Es ist müßig anzunehmen, dass irgendjemand diesem Weg weit folgen, viel weniger aber bis zum Ende gehen könne durch die eigene innere Stärke und das eigene Wissen und ohne die wahre Hilfe oder den wahren Einfluss. Ohne die Hilfe des Gurus ist es sogar schwer, den allgemeinen, seit langem geübten Yogasystemen zu folgen; in diesem Yoga, der in dem Maß, wie er fortschreitet, immer mehr durch unbetretene Länder und unbekannte labyrinthische Regionen führt, ist es ganz unmöglich. Was die Arbeit anbelangt, die geschehen muss, so ist auch sie nicht die Arbeit für irgendeinen Sadhak eines beliebigen Pfades; es ist auch nicht die Arbeit des „Unpersönlichen“ Göttlichen – das, was dies anbelangt, keine aktive Macht ist, sondern unbeteiligt alle Arbeit im Universum stützt. Sie ist vielmehr ein übungsfeld für jene, die auf dem schwierigen und verschlungenen Weg dieses Yoga und auf keinem anderen zu gehen haben. Hier hat alle Arbeit in einer Haltung des Hinnehmens zu geschehen, der Disziplin, der Hingabe, ohne persönliche Forderungen und Bedingungen, vielmehr mit einer wachsamen, bewussten Unterordnung gegenüber der Kontrolle und Führung. Arbeit, die in anderer Einstellung verrichtet wird, mündet in nicht-spirituelle Unordnung, Verwirrung und in eine Störung der Atmosphäre. Dort mehren sich auch die Schwierigkeiten, Irrtümer und das Straucheln, denn in diesem Yoga müssen die Menschen geduldig, mit einer gewissen Möglichkeit für ihre eigene Bemühung und mit Hilfe der Erfahrung aus der Unwissenheit, die dem Mental und dem Leben eigen sind, in einen größeren Geist und in ein leuchtendes Wissen geführt werden. Die Gefahr eines ungeführten Umherwanderns in den Regionen jenseits der Grenze besteht jedoch darin, dass man in Widerspruch zur eigentlichen Grundlage des Yoga geraten kann und die Bedingungen, unter denen allein diese Arbeit möglich ist, völlig verlorengehen. Der Durchgang durch diesen Zwischenbereich – der nicht zwingend ist, denn viele gehen auf einem engeren, doch ungefährlicheren Weg – ist ein entscheidender Durchgang; was daraus hervorgeht, ist wahrscheinlich eine sehr weite oder reiche Schöpfung; doch wenn man dort scheitert, ist das Wiederauffinden [des Pfades] schwierig, leidvoll und nur nach langem Kampf und langen Mühen sicher.
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Ich habe alle Erfahrungen, die du niedergeschrieben und mir gesandt hast, zur Kenntnis genommen und deinen und Xs Brief erhalten. Ohne Zweifel ist, was du sagst, richtig; deine Sadhana hat einen anderen Verlauf genommen als die anderer. Daraus folgt aber nicht, dass du völlig im Recht bist, wenn du auf deinen eigenen Ideen dazu bestehst. Ich werde dir kurz mitteilen, was ich bei deinen Erfahrungen festgestellt habe.
Die ersten Dinge, von denen du berichtet hast, waren sehr interessant und wertvoll, psycho-spirituelle und psycho-mentale Erfahrungen und Botschaften. Später neigen sie mehr zum Psycho-Emotionalen, wobei ihnen eine gewisse Einseitigkeit und Verworrenheit eigen ist; es finden auch psycho-vitale und psycho-physische Entwicklungen von doppelter Natur statt. Ich will damit nicht sagen, dass alles falsch an ihnen ist, sondern dass viele ausgeprägte Teil-Wahrheiten der Ergänzung durch andere [Teil-Wahrheiten] bedürfen, die sie nicht zu beachten und sogar auszuschließen scheinen. Außerdem finden Eingebungen von seiten des Intellektes und des vitalen Wesens statt und auch Eingebungen äußeren Ursprungs, die du nicht so leichthin annehmen solltest, wie du es zu tun scheinst. Dieses Durcheinander ist in den frühen Stadien unvermeidlich, und es besteht kein Grund, deshalb entmutigt zu sein. Wenn du aber darauf beharrst, es beizubehalten, kann es dich von deinem wahren Pfad abwenden und deiner Sadhana schaden.
Bislang hast du noch keine hinreichende Erfahrung von der Natur des seelischen Wesens und der seelischen Welten. Daher ist es dir nicht möglich, allem, was auf dich zukommt, den rechten Wert beizumessen. Wenn sich das seelische Bewusstsein öffnet, besonders wie in deinem Fall so frei und rasch, öffnet es sich allen möglichen Dingen und Eingebungen und Botschaften von allen erdenklichen Ebenen und Welten und Kräften und Wesen. Es gibt die wahre Seele, die immer gut ist, und es gibt das seelische Sich-Öffnen gegenüber mentalen, vitalen und anderen Welten, die alle Arten von Dingen enthalten, gute, schlechte und bedeutungslose, wahre, falsche und halb-wahre, Gedanken-Eingebungen und auch Botschaften von allerlei Art. Es ist notwendig, dich nicht allen von ihnen unbefangen hinzugeben, sondern sowohl ausreichende Kenntnis und Erfahrung als auch ausreichendes Unterscheidungsvermögen zu entwickeln, um fähig zu sein, dein Gleichgewicht zu bewahren und Falschheit, Halb-Wahrheiten und Vermengungen auszuschließen, Es ist nicht richtig, die Notwendigkeit der Unterscheidung ungeduldig zu verwerfen mit der Begründung, dass sie bloßer Intellektualismus sei. Das Unterscheidungsvermögen braucht nicht intellektuell zu sein, obwohl auch das nichts Verachtenswertes ist. Es kann jedoch ein seelisches Unterscheidungsvermögen sein oder ein solches, das vom höheren, überintellektuellen Mental oder vom höheren Wesen kommt. Wenn du das nicht hast, bedarfst du eines fortwährenden Schutzes und einer fortwährenden Führung von seiten jener, die es haben und die auch auf eine lange seelische Erfahrung zurückblicken; es kann verhängnisvoll für dich sein, dich gänzlich auf dich selbst zu verlassen und eine derartige Führung abzulehnen.
Mittlerweile aber gibt es drei Regeln in der Sadhana, die in einem frühzeitigen Stadium sehr notwendig sind und die du nicht vergessen solltest. Erstens, öffne dich der Erfahrung, aber gib dich nicht dem bhoga [Vergnügen] der Erfahrungen hin. Hänge dich nicht an eine bestimmte Art von Erfahrung. Nimm nicht alle Ideen und Hinweise als wahr hin und betrachte kein Wissen, keine Stimme oder Gedanken-Botschaft als absolut unwiderruflich und endgültig. Die Wahrheit selbst ist nur dann wahr, wenn sie vollständig ist, und in dem Maß, in dem man sich erhebt und sie von einer höheren Ebene aus sieht, verändert sie ihre Bedeutung.
Sei auf der Hut vor den Vorschlägen der feindlichen Mächte, die alle Sadhaks in diesem Yoga angreifen. Deine Vision des Europäers als solche ist ein Anzeichen dafür, dass diese Kräfte ein Auge auf dich geworfen haben und bereit sind, gegen dich vorzugehen, wenn sie es nicht bereits tun. Nicht ihre offenen Angriffe sind am gefährlichsten, sondern ihre subtilen Eingebungen, die die Gestalt der Wahrheit annehmen. Ich will einige der üblichsten erwähnen.
Sei auf der Hut vor jeder Einflüsterung, die versucht, deinen Egoismus zu stärken, zum Beispiel, dass du ein größerer Sadhak als andere seist oder deine Sadhana einzigartig oder von außergewöhnlich hoher Art sei. Eine derartige Beeinflussung scheint bereits zu bestehen. In dir fand eine reiche und rasche Entwicklung seelischer Erfahrungen statt, aber ebenso war es bei einigen anderen, die hier meditiert haben, und keine der deinen ist außergewöhnlich in ihrer Art oder ihrem Grad oder uns unbekannt. Selbst wenn es anders wäre, ist Egoismus die größte Gefahr für die Sadhana und spirituell niemals gerechtfertigt. Alle Größe ist bei Gott; sie gehört niemand anderem.
Sei auf der Hut vor jeder Beeinflussung, dich an irgendeine Unreinheit oder Unvollkommenheit zu halten oder zu klammern, an Verworrenheit im Mental, Verhaftetsein im Herzen, Begehren und Leidenschaft im prāṇa [Lebens-Energie] oder Krankheit im Körper. Die Aufrechterhaltung dieser Dinge durch erfindungsreiche Rechtfertigungen und Verschleierungen ist einer der üblichen Tricks der feindlichen Kräfte.
Sei auf der Hut vor jeder Idee, die dich diesen feindlichen Kräften zu den gleichen Bedingungen wie den göttlichen Kräften zustimmen lässt. Ich habe gehört, dass du gesagt habest, allem zustimmen zu müssen, da alles eine Offenbarung Gottes sei. In gewissem Sinn ist alles eine Offenbarung Gottes, wenn aber diese vedantische Wahrheit, wie es häufig der Fall ist, missverstanden wird, kann sie den Zielen der Falschheit dienen. Es gibt viele Dinge, die Teil-Offenbarungen sind und durch vollere, wahrere Offenbarungen ersetzt werden müssen. Es gibt andere, die zur Unwissenheit gehören und abfallen, wenn wir uns auf das Wissen zu bewegen. Andere wiederum gehören der Finsternis an und müssen bekämpft und vernichtet oder vertrieben werden. Diese Manifestation ist eine, die ausgiebig von der Kraft gebraucht worden ist, die durch den Europäer verkörpert wurde, den du in deiner Vision sahst, und sie hat den Yoga von vielen ruiniert. Du selbst wolltest den Intellekt zurückweisen und dennoch ist der Intellekt ebenso eine Offenbarung Gottes wie andere Dinge, die du akzeptiert hast.
Wenn du mich tatsächlich annimmst und dich mir gibst, musst du meine Wahrheit annehmen. Meine Wahrheit weist Unwissenheit und Falschheit zurück und ist auf das Wissen ausgerichtet, sie weist die Finsternis zurück und ist auf das Licht ausgerichtet, sie weist den Egoismus zurück und ist auf das Göttliche Selbst ausgerichtet, sie weist Unvollkommenheiten zurück und ist auf Vollkommenheit ausgerichtet. Meine Wahrheit ist nicht nur die Wahrheit der bhakti oder der seelischen Entfaltung, sondern auch die des Wissens, der Reinheit, der göttlichen Stärke und Ruhe und des Aufsteigens all dieser Dinge aus ihren mentalen, emotionalen und vitalen Formen zu ihrer supramentalen Wirklichkeit.
Ich sage all dies nicht, um deine Sadhana herabzusetzen, sondern um dein Mental auf jenen Weg zu lenken, der immer mehr zu seiner Erfüllung und Vervollkommnung führt.
Ich sehe keine Möglichkeit, dich jetzt hier zu haben. Erstens, weil die erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind und zweitens, weil du voll bereit sein musst, meine Führung anzunehmen, bevor du herkommst. Wenn du, wie es vermutlich unter den gegenwärtigen Umständen der Fall sein wird, dich nach Hause begeben musst, meditiere dort, wende dich mir zu und versuche, dich vorzubereiten, damit du später herkommen kannst. Was du jetzt brauchst, ist nicht so sehr die seelische Entwicklung, die du immer haben kannst (ich verlange nicht, dass du sie insgesamt unterbinden sollst), sondern eine innere Stille und Ruhe als die wahre Grundlage und Atmosphäre deiner künftigen Entwicklung und Erfahrung, eine Stille im Mental, im geläuterten vitalen Wesen und im physischen Bewusstsein. Ein seelisch-vitaler oder seelisch-physischer Yoga wird nicht ohne Gefahr für dich sein, bis du diese Stille und eine gefestigte Reinheit des Wesens sowie einen vollkommenen und immer gegenwärtigen vitalen und physischen Schutz erlangt hast.
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Ich habe Xs Brief sorgsam durchgelesen und halte es für das Beste, zunächst seinen gegenwärtigen Zustand, so wie er ihn beschreibt, zu erklären. Denn es scheint mir, dass er die wahren Ursachen und die Bedeutung nicht versteht.
Der gegenwärtige Zustand der Passivität und Gleichgültigkeit ist die Reaktion auf einen vorherigen abnormen Zustand, in den er durch eine innere Anstrengung geriet, die von außen oder innen nicht richtig gelenkt wurde. Diese Anstrengung verursachte ein Zerreißen der Schleier, welche die physischen von den seelischen und vitalen Welten trennen. Sein Mental jedoch war unvorbereitet und nicht fähig, seine Erfahrungen zu verstehen, und beurteilte sie im Licht der Phantasie und Einbildungskraft und falscher mentaler und vitaler Eingebungen. Sein Vital, voller rajasischer und egoistischer Energie, stürzte sich leidenschaftlich darauf, um diese neuen Bereiche zu genießen und die Kraft zu gebrauchen, die für ihre eigenen, niederen Ziele wirkte. Hierdurch erhielt eine feindlich Macht der vitalen Welt die Gelegenheit einzudringen und teilweise von ihm Besitz zu ergreifen, was zu einer Zerrüttung des Nerven- und physischen Systems und einiger Gehirnzentren führte. Der Angriff und die Besessenheit scheinen vorüber zu sein und die gegenwärtige Reaktion der Passivität mit einem starken Einfluss von tamas und Gleichgültigkeit zurückgelassen zu haben. Tamas und Gleichgültigkeit als solche sind keine wünschenswerten Dinge, sie sind aber vorübergehend nützlich, wenn sie ein Überbleibsel der vergangenen unnatürlichen Spannung sind. Die Passivität ist erwünscht und eine gute Grundlage für ein neues und richtiges Wirken der Shakti.
Seinen Zustand so zu deuten, dass er innerlich tot sei und nur eine äußere Tätigkeit stattfinde, ist nicht richtig. Richtig ist, dass das Zentrum des vitalen Egoismus, das sich für den Handelnden hält, zermalmt wurde und er jetzt das Gefühl hat, dass alles Denken und alle Tätigkeit außerhalb von ihm stattfinden. Das ist ein Zustand des Wissens; denn die echte Wahrheit ist, dass all diese Gedanken und Tätigkeiten der Natur angehören und als Wellen der universalen Natur in uns eintreten oder durch uns hindurchziehen. Es ist unser Egoismus und unsere Begrenzung im Körper und individuellen physischen Mental, die uns daran hindern, diese Wahrheit zu fühlen und zu erfahren. Die Wahrheit zu sehen und zu fühlen, wie er es jetzt tut, ist bereits ein großer Schritt. Natürlich ist es nicht das vollständige Wissen. In dem Maß, wie das Wissen vollständiger wird und das seelische Wesen sich nach oben öffnet, fühlt man, dass alle Tätigkeiten von oben herabkommen, und vermag zu ihrem wahren Ursprung zu gelangen und sie umzuwandeln.
Das Licht, das in seinem Kopf spielt, bedeutet, dass ein Sich-Öffnen gegenüber der höheren Kraft und dem höheren Wesen stattgefunden hat, die als Licht von oben herabkommen und auf das Mental wirken, um es zu erleuchten. Der elektrische Strom ist die Kraft, die herabkommt, um in den niederen Zentren zu wirken und sie für das Licht vorzubereiten. Der richtige Zustand wird dann eintreten, wenn anstelle der vitalen Kräfte, die nach oben zu drücken versuchen, der prana ruhig wird, sich hingibt und in voller Zustimmung auf das Licht wartet, und wenn statt der Leere dazwischen ein unentwegtes Streben des Herzens nach der Wahrheit über uns herrscht. Das Licht muss in diese niederen Zentren herabkommen, um sowohl das emotionale, vitale und physische Wesen als auch das mentale Denken und den Willen umzuwandeln.
Der Nutzen seelischer Erfahrungen und das Wissen um die unsichtbaren Welten und andere yogische Erfahrungen dürfen durch unsere begrenzten menschlichen Vorstellungen nicht daran gemessen werden, was für das gegenwärtige physische Leben der Menschheit nützlich sein mag. Erstens sind diese Dinge notwendig für die Fülle des Bewusstseins und die Vollkommenheit des Wesens. Zweitens wirken diese anderen Welten tatsächlich auf uns ein. Und wenn man sie kennt und in sie einzutreten vermag, kann man, statt Opfer und Handlanger dieser Mächte zu sein, bewusst mit ihnen umgehen, sie kontrollieren und gebrauchen. Drittens ist es in meinem Yoga, dem Yoga des Supramentals, gänzlich unerlässlich, dass sich das seelische Bewusstsein, zu dem diese Erfahrungen gehören, öffnet. Denn allein durch das seelische Sich-Öffnen kann das Supramental mit einem starken und konkreten Einfluss voll herabkommen und das mentale, vitale und physische Wesen umwandeln.
Das ist der gegenwärtige Zustand und sein Wert. Wenn er meinen Yoga annehmen will, gelten für die Zukunft folgende Bedingungen: ein stete Entschlossenheit, ein stetes Streben nach der Wahrheit, die ich herabbringe; eine ruhige Passivität und ein Sich-Öffnen nach oben zum Ursprung hin, von dem das Licht kommt. Die Shakti wirkt bereits in ihm, und wenn er diese Haltung einnimmt und bewahrt und volles Vertrauen in mich hat, besteht kein Grund, warum er in der Sadhana trotz des physischen und vitalen Schadens, den sein System erlitten hat, nicht sicher vorankommen sollte. Was sein Herkommen anbelangt, so bin ich hierzu noch nicht ganz bereit, wir wollen aber, wenn du nach Pondicherry zurückgekehrt bist, darüber sprechen.
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Du wirst vermutlich demjenigen, der den Brief schrieb, mitteilen müssen, dass sein Vater einen Fehler beging, als er den Yoga ohne Guru aufnahm, denn die mentale Idee eines Gurus kann nicht einen echten lebendigen Einfluss ersetzen. Besonders dieser Yoga bedarf der Hilfe des Gurus und kann ohne ihn nicht ausgeübt werden. Der Zustand, in den sein Vater geriet, war ein Zusammenbruch und nicht ein Zustand der siddhi. Er verließ das normale mentale Bewusstsein und kam in Kontakt mit einem Zwischenbereich des Bewusstseins (nicht das spirituelle), wo man allen Arten von Stimmen, Eingebungen, Vorstellungen und sogenannten Inspirationen, die nicht echt sind, ausgesetzt werden kann. Ich habe vor den Gefahren des Zwischenbereiches1 in einem meiner Bücher gewarnt. Der Sadhak kann es vermeiden, in diesen Bereich einzutreten – wenn er aber dort eintritt, muss er alle diese Dinge mit Gleichgültigkeit betrachten und sie beobachten, ohne ihnen Glauben zu schenken; wenn er das tut, kann er ungefährdet in das wahre spirituelle Licht weitergehen. Wenn er sie hingegen ohne Unterscheidung als wahr oder wirklich hinnimmt, wird er wahrscheinlich in große mentale Verwirrung geraten, und wenn zusätzlich eine Schädigung oder Schwäche des Gehirns vorhanden ist, was durchaus möglich ist bei jemandem, der einen Schlaganfall erlitten hat, kann es ernsthafte Folgen haben und sogar zu einer Störung des Verstandes führen. Wenn Ehrgeiz oder ein ähnliches Motiv sich in das spirituelle Suchen einmischt, kann es zu einem Sturz im Yoga und zur Entwicklung eines gesteigerten Egoismus oder Größenwahns führen. Für diese Annahme gibt es verschiedene Anzeichen in den Äußerungen seines Vaters während der Krise. Tatsächlich kann man oder sollte man sich nicht ohne eine hinreichend lange Zeit der Vorbereitung und Läuterung in die Erfahrungen dieser Sadhana stürzen (es sei denn, man besitzt bereits große spirituelle Stärke und Erhabenheit). Sri Aurobindo selbst liegt nichts daran, viele [Jünger] für seinen Yogapfad zu gewinnen, und die Zahl derer, die er abweist, ist viel größer als jene, die er annimmt. Es wäre gut, wenn er seinen Vater dazu bewegen könnte, die Sadhana nicht weiterzuverfolgen, denn was er tut, ist in Wirklichkeit nicht Sri Aurobindos Yoga, sondern etwas, das er in seinem Mental selbst konstruiert hat, und wenn er einmal derart aus dem Gleichgewicht geraten ist, ist eine Einstellung das ratsamste.
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Mit dem Zwischenbereich ist ganz einfach ein verworrener Zustand oder Durchgang gemeint, in dem man sein persönliches Bewusstsein verläßt und sich in das Kosmische hinein öffnet (das kosmische Mental, das kosmische Vital, das kosmische Physische, vielleicht in einen Teil des kosmischen höheren Mentals), ohne bereits die menschlichen Mental-Ebenen überschritten zu haben. Man ist nicht im Besitz der göttlichen Wahrheit auf ihren eigenen Ebenen oder in direktem Kontakt mit ihr, kann aber indirekt von ihnen etwas empfangen, sogar von der Obermental-Ebene. So lange man jedoch noch in die kosmische Unwissenheit verstrickt ist, kann alles, was von oben kommt, vermischt, entstellt und von niederen, ja sogar feindlichen Mächten für ihre Zwecke ergriffen werden.
Nicht jeder braucht sich durch den Zwischenbereich hindurchzukämpfen. Wenn man geläutert ist, keine abnorme Eitelkeit, kein Egoismus, Ehrgeiz oder sonst sehr irreführendes Element besteht oder wenn man wachsam und auf der Hut ist oder wenn die Seele hervorgetreten ist, kann man entweder rasch und unmittelbar oder mit einem Mindestmaß von Schwierigkeiten in die höheren Bewusstseinszonen gelangen, wo man sich in direktem Kontakt mit der Göttlichen Wahrheit befindet.
Der Durchgang durch die höheren Bereiche – höheres Mental, erleuchtetes Mental, Intuition, Obermental – ist andererseits unerlässlich; sie sind die wahren Mittler zwischen dem gegenwärtigen Bewusstsein und dem Supramental.
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Ich meine damit (mit dem Zwischenbereich), dass der Sadhak, wenn er über die Schranken seines verkörperten persönlichen Mentals hinausgelangt, in einen weiten Bereich von Erfahrungen eintritt, die nicht mehr aus der begrenzten, soliden physischen Wahrheit der Dinge bestehen, aber auch noch nicht aus der spirituellen Wahrheit der Dinge. Es ist ein Bereich von mentalen, vitalen und feinstofflichen Gestaltungen, und was auch immer man gestaltet oder was durch die Kräfte dieser Welten in uns gestaltet wird, erscheint dem Sadhak für eine gewisse Zeit als die Wahrheit – außer er wird von jemandem geführt und folgt dieser Führung. Später, nachdem er ihn [diesen Bereich] hinter sich gelassen hat, erkennt er, woraus er bestand, und geht weiter in die subtile Wahrheit der Dinge. Es ist ein Grenzland, wo alle Welten sich treffen, mentale, vitale, feinstoffliche, pseudospirituelle, doch gibt es keine Ordnung, keinen festen Halt dort – ein Durchgang zwischen den physischen und den wahren, spirituellen Bereichen.
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Das sind deine ersten Schritte dem kosmischen Bewusstsein entgegen, in dem es alle Dinge gibt, gute und schlechte, wahre und falsche, die kosmische Wahrheit und die kosmische Unwissenheit. Ich dachte nicht so sehr an das Ego als vielmehr an die tausend Stimmen, Möglichkeiten und Suggestionen. Wenn du diese meidest, besteht keine Notwendigkeit, den Zwischenbereich zu durchqueren. Mit „meiden“ meine ich, sie tatsächlich nicht zuzulassen – man kann von ihrer Natur Kenntnis nehmen und geht weiter.
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Jeder, der die Grenze des gewöhnlichen Bewusstseins überschreitet, kann in diesen Zwischenbereich eintreten, wenn er sich nicht darum bemüht, in seine Seele einzutreten. Es macht im Grunde nichts aus, ihn zu durchqueren, vorausgesetzt, dass man dort nicht Halt macht. Wenn aber Ego, Sex, Ehrgeiz usw. aufgebläht werden, können sie leicht zu einem gefährlichen Sturz führen.
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Es (das Zerreißen des Schleiers) kommt von selbst durch den Druck der Sadhana. Es kann auch durch eine bestimmte Konzentration und Anstrengung herbeigeführt werden.
Sicherlich ist es besser, wenn die Seele bewusst und aktiv ist, bevor der Schleier oder Schirm zwischen dem individuellen und dem universalen Bewusstsein entfernt wird, was dann stattfindet, wenn das innere Wesen in seiner ganzen Weite hervortritt. Die Gefahr der Schwierigkeiten des Zwischenbereiches – wie ich ihn genannt habe – ist dann viel geringer.
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Alle deine Erfahrungen gehören dem an, was ich als Zwischenbereich bezeichnet habe, und ein großer Teil davon der vitalen Ebene. Auf der vitalen Ebene gibt es alle Arten von Dingen, gute und schlechte, hilfreiche und gefährliche, wahre, halbwahre und falsche, echte und täuschende. Man muss daher sehr vorsichtig, immer wachsam und der wahren Quelle des Lichtes zugewandt sein. Das Problem ist, dass man hier [im Zwischenbereich] eine wahre spirituelle Erfahrung haben kann und später sich alle Arten von imitierenden Täuschungen einstellen, die die Gefahr einer falschen Erfahrung mit sich bringen. Man muss wachsam sein, die eigenen Erfahrungen beobachten und versuchen zu unterscheiden und zu verstehen; man muss auf zwei Dinge warten, nämlich dass sich ein größeres und höheres Bewusstsein über uns öffnet und das seelische Wesen aus dem Hintergrund hervortritt. Wenn diese beiden Dinge stattgefunden haben, verringert sich die Möglichkeit des Irrens, und die wahre innere Führung beginnt, sich immer mehr in der Sadhana fühlbar zu machen.
Lichter gibt es von aller Art, supramentale, mentale, vitale, physische, göttliche oder asurische – man muss sie beobachten, man muss an Erfahrung wachsen, um die eine von der anderen unterscheiden zu lernen. Die wahren Lichter zu erkennen, ist jedoch aufgrund ihren Klarheit und Schönheit nicht schwer.
Der Strom von oben und der Strom von unten sind bekannte Kennzeichen yogischer Erfahrung. Es ist die Energie der höheren Natur und die Energie der niederen Natur, die aktiv werden und sich aufeinander zu bewegen, um sich zu treffen, wobei die eine herabkommt und die andere aufsteigt. Was geschieht, wenn sie sich treffen, hängt vom Sadhak ab. Wenn sein steter Wille auf die Läuterung des niederen durch das, höhere Bewusstsein gerichtet ist, werden durch diese Begegnung Läuterung und spiritueller Fortschritt erreicht. Wenn aber sein Mental und Vital erregt und umwölkt sind, gibt es einen Zusammenprall, ein unreines Gemisch und viel Störung.
Die Teilung des Wesens in zwei Teile – der eine ein weites Bewusstsein im Hintergrund, der andere ein kleineres Bewusstsein im Vordergrund – ist ebenfalls ein bekanntes Merkmal der Sadhana. Sie ist als solche eine notwendige Bewegung und sollte auf natürliche Weise dahin führen, dass das größere yogische Bewusstsein wächst und über das kleine äußere Bewusstsein obsiegt und unter dem Druck der Göttlichen Shakti ein Instrument der Umwandlung wird. Aber auch hier ist Irren möglich – im besonderen kann eine äußere Kraft eindringen und das größere Bewusstsein im Hintergrund durch ein größeres vitales Ego ersetzen, welches sich fälschlich für jenes ausgibt. Vor jedem derartigen Eindringen muss man auf der Hut sein, denn es ist die Ursache dafür, dass viele Sadhaks lange und ernsthafte Leiden auf sich nehmen müssen, was den Fortgang der Sadhana vereitelt.
Alles in allem, strebe danach, dass die Seele wächst und die übrige Natur erwacht, strebe nach dem Sich-Öffnen gegenüber dem höheren Bewusstsein über uns und nicht gegenüber einem größeren vitalen Bewusstsein. Und öffne dich in allen Stadien dem Schutz der Mutter und ihrer Gnade und lass sie dein Hüter und dein Lenker sein.
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Diese Art der Offenbarung (adesh, Stimme) tritt in einem bestimmten Yoga-Stadium sehr häufig auf. Meiner Erfahrung nach stammt sie nicht von der höchsten Quelle, und man kann ihr nicht trauen; besser als irgendeiner dieser Kontakte ist es, darauf zu warten, bis man in ein höheres Bewusstsein und in eine größere Wahrheit einzutreten vermag. Manchmal stammen sie [die Kontakte] von Wesen eines Zwischenbereiches, die den Sadhak für eine bestimmte Arbeit oder einen eigenen Zweck benutzen wollen. Viele Sadhaks akzeptieren sie, und einigen, keinesfalls jedoch allen, gelingt es, etwas zu tun [ein bestimmtes Werk zu verrichten oder eine Aufgabe zu erfüllen] – häufig aber auf Kosten der größeren Ziele des Yoga. In anderen Fällen stammen sie von Wesen, die der Sadhana feindlich gesinnt sind und sie zum Scheitern bringen wollen, indem sie Ehrgeiz oder die Illusion einer großen Arbeit oder eine andere Form des Egos erwecken. Jeder Sadhak hat für sich selbst zu entscheiden (außer er hat einen Guru, der ihn leitet), ob er sie als eine Versuchung oder eine Sendung betrachtet.
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Diese Stimmen sind manchmal eigene mentale Gestaltungen, manchmal Eingebungen von außen. Ob gut oder schlecht hängt davon ab, was sie aussagen und aus welchem Bereich sie stammen.
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Jeder kann „Stimmen“ hören – erstens können die Bewegungen der eigenen Natur eine Stimme annehmen, und dann gibt es alle möglichen Wesen, die entweder zum Scherz oder für einen ernsthaften Zweck mit ihren Stimmen [in den Menschen] eindringen.
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In diesem Zustand ist es mehr die Vorstellung, Macht zu haben, nicht die wirkliche Macht. Es gibt einige vermischte und durchaus relative Mächte – manchmal wenig wirksam, manchmal unwirksam –, die sich zu etwas Echtem entwickeln könnten, wenn sie der Kontrolle durch das Göttliche unterstellt, ihm hingegeben würden. Das Ego aber mischt sich ein, übertreibt diese kleinen Dinge, stellt sie als etwas Gewaltiges und Einzigartiges dar und verweigert die Hingabe. Dann macht der Sadhak keinen Fortschritt – er wandert ohne jedes Unterscheidungsvermögen oder kritisches Gefühl im Dschungel seiner eigenen Vorstellungen umher oder lässt das Spiel wirrer Kräfte zu, die zu verstehen oder zu meistern er unfähig ist.
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Das erste Ergebnis des Herabströmens der Obermental-Kräfte besteht sehr häufig in einer Steigerung des Egos, das sich stark, nahezu unwiderstehlich, vergöttlicht und lichtvoll fühlt (obwohl es nicht wirklich so ist). Zunächst muss man sich, nachdem man eine gewisse Erfahrung in der Sache hat, von diesem vergrößerten Ego befreien. Zu diesem Zweck musst du zurückstehen, darfst nicht zulassen, von der Bewegung überflutet zu werden, sondern hast sie zu beobachten, zu verstehen, alle Vermengungen zurückzuweisen, nach einem immer reiner und reiner werdenden Licht und Handeln zu streben. Dies kann in Vollkommenheit nur dann geschehen, wenn deine Seele hervortritt. Mental und Vital, besonders das Vital, indem sie diese Kräfte empfangen, können nur schwer der Neigung widerstehen, sie für die Zwecke ihres Egos zu ergreifen und zu gebrauchen, oder, was auf das gleiche hinausläuft, sie vermischen die Forderungen des Egos mit dem Dienst für ein höheres Ziel.
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Vor allem darf man nicht alles glauben, was Xs Jünger über ihn nach seinem Tod geschrieben haben. Außerdem stammen die Erfahrungen, die sie über ihn berichten, von den Zwischenbereichen und nicht vom höchsten spirituellen Bewusstsein. Seine eigenen Erfahrungen des Höchsten, welcher Art auch immer, wurden von ihnen in einem Dschungel von wunderbaren und romantischen Legenden versteckt. Wahrscheinlich war ihr Versuch, aus ihm einen großen siddha zu machen, eine Herabsetzung dessen, was er tatsächlich war.
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Um die wahre Intuition zu haben, muss man sich vom Eigenwillen des Mentals befreien, auch von dem des Vitals, von ihren Vorlieben, Launen, Phantasien, ihrem nachdrücklichen Beharren; man muss den Druck des mentalen und vitalen Egos ausschalten, der das Bewusstsein im Dienst seiner eigenen Forderungen und Begierden arbeiten lässt. Andernfalls dringen diese Dinge mit Gewalt ein und behaupten, Intuitionen, Inspirationen und all das übrige zu sein. Oder aber sie können, wenn die Intuitionen kommen, durch das Gemisch dieser Kräfte der Unwissenheit entstellt und verdorben werden.
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Nein, diese Hinweise auf die Zeit und diese Stimmen waren nicht Befehle der Mutter. Ich habe dir bereits die Wahrheit dieser Angelegenheit angedeutet; du hast den Regeln zu folgen, die von der Mutter für das physische Leben festgelegt wurden, und wenn eine Änderung erfolgen soll, wird sie entweder selbst es dich wissen lassen, oder du musst die Genehmigung dafür von ihr einholen. Keine im Inneren gehörte Stimme kann sich gegen ihr Wort behaupten, und keine Mitteilung, die über dein Mental kommt, kann als bindend angenommen werden, wenn sie nicht von ihr bestätigt wird.
Du hast ein Durcheinander angerichtet, wie es zu Beginn dieser Art von Erfahrung oft geschieht. Ohne Zweifel ist es die Kraft der Mutter, die in dir arbeitet oder auf dich einwirkt, und einige der Erfahrungen, wie zum Beispiel, die Mutter in deinem Herzen zu fühlen, waren völlig echt. Wenn aber der Druck der [Göttlichen] Kraft auf das Bewusstsein einwirkt, wird auf der Ebene, auf der sie gerade arbeitet, eine große Aktivität verschiedener Kräfte ausgelöst; zum Beispiel auf der Mental-Ebene die Aktivität verschiedener mentaler Kräfte, auf der Vital-Ebene jene verschiedener vitaler Kräfte. Es ist nicht ungefährlich, sie alle kritiklos als wahre Dinge anzunehmen und als Anordnungen der Mutter zu befolgen. Du warst so sehr dem Druck einer starken Kraft ausgesetzt, dass dein Kopf lange Zeit bebte; wenn der Kopf derart bebt, ist es ein Zeichen, dass das Mental oder zumindest das mentale Physische noch nicht fähig war, alle Kraft zu empfangen und zu assimilieren; wäre es hierzu fähig gewesen, hätte keine Bewegung des Kopfes stattgefunden, sondern alles wäre gänzlich ausgeglichen, ruhig und still geblieben. Aber dein Mental begann zu arbeiten, zu deuten, diese besondere Erscheinung – und dann auch andere – auf seine Weise auszulegen, und es versuchte, ein System aufzustellen, nach welchem du dein Verhalten regeln solltest, und stellte es, um ihm Autorität zu verleihen, als Anordnung der Mutter dar. Das Wirken der Kraft war eine Tatsache, die Deutung der Einzelheiten ihres Kommens und Gehens durch dich war jedoch eine mentale Gestaltung und hatte keinen sehr positiven Wert.
Wenn du es genau betrachtest, so wie ich es mit den von dir beschriebenen Einzelheiten getan habe, wirst du erkennen, dass diese Suggestionen von sehr wechselhaftem und veränderlichem Charakter waren, einmal das eine und dann das andere; lediglich dein Mental passte sich den Veränderungen an, stimmte, um ihnen Genüge zu tun, seine Deutungen auf sie ab und versuchte, die Ordnung eines Systems aufrechtzuerhalten. In Wirklichkeit aber war alles ungeordnet und chaotisch und lief darauf hinaus, dein Handeln und Verhalten ungeordnet und chaotisch zu machen. Wahre Intuition hätte nicht diese Wirkung; sie hätte zumindest die Tendenz auszugleichen, in Einklang zu bringen, zu ordnen.
Du sprichst von Intuition hinsichtlich der Angabe der Zeit. Es gibt eine Intuition der Zeit, die nicht dem Mental angehört, und die, wenn sie sich einstellt, immer auf die Minute, nötigenfalls auf die Sekunde genau ist; aber dies hier war nicht jene Intuition, denn sie war nicht immer genau; verschiedentlich kam sie vielleicht zur rechten Zeit, dann aber begann sie, dich zu täuschen und zu spät zum pranam kommen zu lassen, und dehnte dann diese Verspätung auf das Mittagessen aus, was einen Zusammenstoß mit jenen herbeiführte, die im Dining-Room arbeiten. Sie ließ dich auch am Abend zu spät kommen und ließ dich schließlich völlig im Stich, so dass du am Ende kein Abendessen bekamst. Aber dein Mental hing seinen eigenen Gestaltungen an und versuchte, diese chaotischen Launen zu rechtfertigen oder zu deuten und sie mit dem (sehr wechselvollen) Willen der Mutter zu erklären. All dies ist den im Yoga Erfahrenen wohlbekannt, und es bedeutet, dass diese Dinge keine Intuitionen, sondern mentale Konstruktionen, mentale Formungen waren. Wenn überhaupt eine Intuition vorhanden war, dann war es eine Bewegung des intuitiven Mentals; das was uns aber das intuitive Mental gibt, ist die Intuition von Möglichkeiten, von denen sich einige verwirklichen, andere nicht oder nur teilweise, wiederum andere völlig fehlschlagen. Hinter diesen mentalen Konstruktionen stehen Kräfte, die sich verwirklichen wollen und die Menschen als ihre Instrumente für diese Verwirklichung zu gebrauchen suchen. Diese Kräfte brauchen nicht feindlich zu sein, aber sie suchen ihren eigenen Vorteil, sie wollen herrschen, handhaben, sich behaupten und ihre eigenen Ergebnisse schaffen. Wenn sie es tun können, indem sie die Billigung der Mutter erhalten oder sich als Befehle der Mutter ausgeben, sind sie gleich zur Hand; wenn sie die Billigung der verkörperten Mutter nicht erhalten können, sind sie willens, sich selbst als Zustimmung der Mutter in ihrer feinen, unsichtbaren, universalen Form oder Gegenwart darzustellen. Einige werden von ihnen überredet, zwischen ihrer inneren Mutter, die ihnen immer das sagt, was sie zu hören wünschen, und der verkörperten Mutter, die, wie sie feststellen, nicht so entgegenkommend ist, die sie vielmehr überprüft und ihre Einfälle und Fehler korrigiert, nicht nur eine Unterscheidung zu treffen, sondern auch einen Gegensatz aufzustellen. In diesem Stadium besteht die Gefahr eines ernster zu nehmenden Eindringens der Falschheit, einer feindlichen vitalen Kraft, die sich die Fehler des Mentals zunutze macht und entweder versucht, den Platz der Mutter einzunehmen, indem sie ihren Namen gebraucht, oder aber gegen sie revoltiert. Die Überredung, nicht zum pranam zu kommen, sie über deine Erfahrungen nicht auf dem laufenden zu halten und ihr zur Richtigstellung zu unterbreiten, dein Leben nicht mit ihrem ausdrücklichen Willen in Einklang zu bringen, ist in diesem Stadium ein Warnsignal; denn es bedeutet, dass die eindringende Kraft Platz beansprucht, um ohne Kontrolle arbeiten zu können – und das war der Grund, warum ich mich genötigt sah, dich auf die Gefahren einer feindlichen Maya aufmerksam zu machen.
Was die Stimmen anbelangt, so gibt es deren viele; jede Kraft, jede Bewegung der mentalen, vitalen oder physischen Ebene kann sich mit einer Stimme versehen. Deine Stimmen waren sich nicht einmal untereinander einig; die eine von ihnen sagte die eine Sache, und als sie nicht zustande kam, sagte eine andere etwas Entgegengesetztes; du aber hingst an deiner mentalen Gestaltung und versuchtest weiterhin, ihr zu folgen.
All dies findet statt, weil Mental und Vital in diesen durch den Druck der Sadhana ausgelösten Erregungen sehr aktiv werden. Daher ist es notwendig, als erstes eine große Ruhe zur Grundlage deiner Sadhana zu machen, einen großen Gleichmut, und nicht ungeduldig auf Erfahrungen oder ihre Früchte erpicht zu sein, sondern sie zu betrachten, zu beobachten, immer nach mehr und mehr Licht zu rufen und zu versuchen, mehr und mehr weit und offen und ruhig zu sein und mit Unterscheidungsvermögen zu empfangen. Sobald sich die Seele immer im Vordergrund befindet, verringern sich diese Schwierigkeiten zum großen Teil, weil hier ein Licht ist, das Mental und Vital nicht haben, ein spontanes und natürliches seelisches Wahrnehmen dessen, was göttlich und ungöttlich, was wahr und falsch, was Nachahmung und echte Führung ist. Das ist auch der Grund, warum ich darauf bestehe, dass du uns über deine Erfahrungen berichtest, da wir, abgesehen von allem übrigen, die Kenntnis und Erfahrung dieser Dinge haben und sofort jeder Neigung zum Irrtum Einhalt gebieten können.
Halte dich offen für die Kraft der Mutter, aber traue nicht allen Kräften. In dem Maß, wie du voranschreitest, wenn du dich an den geraden Weg hältst, wird eine Zeit kommen, in der die Seele in ihrem Wirken immer mehr vorherrscht und das Licht von oben reiner und stärker wird, so dass die Möglichkeit der Vermengung von mentalen Konstruktionen und vitalen Gestaltungen mit der wahren Erfahrung geringer wird. Wie ich dir bereits sagte, sind dies keine supramentalen Kräfte und können es auch nicht sein; es ist eine Arbeit der Vorbereitung, die lediglich die Dinge für eine künftige Yoga-siddhi bereitmacht.
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Wie wollen die Menschen in diesem Ashram beurteilen können, ob jemand im Yoga Fortschritte gemacht hat oder nicht? Sie urteilen nach dem äußeren Anschein – wenn ein Sadhak sich abschließt, viel meditiert, Stimmen hört und Erfahrungen hat usw. usw., glauben sie, dass er ein großer Sadhak sei! X war immer ein sehr armseliger adhar. Er hatte einige Erfahrungen von elementarer Art – verworren und unbestimmt, geriet aber bei jedem Schritt in Schwierigkeiten und auf Abwege, und wir mussten ihm heraushelfen. Schließlich begann er, Stimmen und Inspirationen zu empfangen, die er als die unseren erklärte. Ich schrieb ihm viele Briefe mit ernsthaften Warnungen und Erklärungen, aber er wollte nicht hören, war zu sehr mit seinen falschen Stimmen und Inspirationen verhaftet und, um einen Verweis oder eine Richtigstellung zu vermeiden, hörte er auf, an uns zu schreiben oder uns zu informieren. Auf diese Weise geriet er gänzlich auf die schiefe Bahn und nahm schließlich eine feindliche Haltung ein. Das kannst du meinetwegen jedem erzählen, der wie du in dieser Angelegenheit vor einem Rätsel steht.
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... Höhere Erfahrungen verletzen niemanden – die Frage ist nur, was mit „höher“ gemeint ist. Y zum Beispiel glaubte, seine Erfahrungen wären die höchste Wahrheit schlechthin; ich sagte ihm, dass sie alle Einbildungen seien, doch nur mit dem Ergebnis, dass er auf mich wütend wurde. Eine Nachahmung von höheren Erfahrungen entsteht, wenn sich Mental oder Vital einer Idee oder Eingebung bemächtigen und sie in eine Empfindung wenden, während ein Ansturm von Kräften stattfindet und ein Gefühl des Jubels, der Macht usw. herrscht. Es kommen alle Arten von „Geboten“, Visionen, vielleicht „Stimmen“. Es gibt nichts Gefährlicheres als diese Stimmen; wenn ich von jemandem erfahre, dass er eine „Stimme“ hört, fühle ich mich immer unbehaglich – obwohl es echte und hilfreiche Stimmen geben kann – und hätte gute Lust zu sagen: „Keine Stimmen bitte – Schweigen, Schweigen und ein klarer, unterscheidender Kopf“. In meinen Brief über den Zwischenbereich finden sich Andeutungen über diese Region der nachahmenden Erfahrungen, falschen Inspirationen, falschen Stimmen – Hunderte von Yogis treten dort ein und einige kommen niemals mehr heraus. Wenn ein Mensch einen klugen, urteilsfähigen Kopf und einen gewissen spirituellen Skeptizismus hat, vermag er hindurchzugehen und tut es auch – aber Menschen ohne Unterscheidungsvermögen, wie Y oder Z verlieren sich dort. Vor allem mischt sich das Ego ein und lässt sie mit ihrem wundervollen (?) Zustand so verhaftet sein, dass sie sich strikt weigern, ihn wieder aufzugeben. Hier gibt ein Sich-Zurückziehen in die Abgeschiedenheit dieser Haltung [noch mehr] freien Spielraum, da sie den Menschen gänzlich im eigenen subjektiven Wesen leben lässt, ohne jegliche Kontrolle, außer der durch das eigene, natürliche Unterscheidungsvermögen – was aber wenn dieses nicht stark ausgeprägt ist? Das Ego ist natürlich eine starke Stütze dieser subjektiven Falschheiten, doch gibt es auch andere. Arbeit und Umgang mit anderen [Menschen] und der damit verbundene Kontakt mit dem Objektiven sind kein absoluter Schutz vor diesen Dingen, aber eine Abwehr, sie dienen als Kontrolle und als eine Art von regulierendem Ausgleich. Ich beobachte, dass diejenigen, die in diese Region des Zwischenbereiches eintreten, meist zur Zurückgezogenheit und Abgeschlossenheit neigen und darauf bestehen. Das sind die Gründe, warum ich es im allgemeinen vorziehe, dass sich die Sadhaks nicht in eine absolute Abgeschiedenheit flüchten, sondern ein gewisses Gleichgewicht zwischen Schweigen und Tätigkeit, zwischen dem Inneren und dem Äußeren bewahren.
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Hinsichtlich der Gefahren ist zu sagen, dass die einzig wirkliche Gefahr in diesem Sich-Zurückziehen (abgesehen vom Stolz) darin besteht, dass man die Beute subjektiver Einflüsse und Einbildungen wird und die Verbindung mit der Wirklichkeit verliert, während Arbeit und Kontakt mit anderen dazu beitragen, sie aufrechtzuerhalten. Natürlich kann man diese Verbindung auch verlieren, wenn man den Kontakt aufrechterhält, wie es bei X und anderen der Fall war. Ich vermute jedoch, dass du einen hinreichend kühlen und kritischen Kopf hast, um diese Gefahr zu vermeiden.
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Abgeschiedenheit ist nicht erforderlich, um von einer Ebene zur anderen zu gelangen. Sie ist nur in seltenen Fällen und für bestimmte Gemüter eine Zeitlang notwendig.
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Wir haben nichts dagegen einzuwenden, dass du dies, wie du vorschlägst, eine Woche lang tust. Ich fasse es nicht als ein Zurückziehen auf, sondern als ein Einstellen der gesellschaftlichen Besuche. Mein Einwand gegen das Sich-Zurückziehen besteht [erstens] deshalb, weil es bei vielen zu „Krankhaftigkeit“ führte oder zu einem Sich-Verlieren in Bereichen von falscher vitaler Erfahrung, zweitens, weil absolute Zurückgezogenheit für das spirituelle Leben nicht erforderlich ist. Es ist jedoch etwas anderes bei Leuten wie X, die für diese Art zu leben geboren oder zumindest völlig darin geübt sind. Eine „Einschränkung der gesellschaftlichen Beziehungen“ ist jedoch eine ganz andere Sache. Zur Einsamkeit fähig zu sein und den Ananda der Einsamkeit zu haben, kann für die Sadhana immer förderlich sein – für den Yogi ist es etwas Natürliches, zur inneren Einsamkeit fähig zu sein.
Wir werden helfen und hoffen, dass es dir gelingt – zumindest wirst du einen Präzedenzfall des Sich-Zurückziehens geschaffen haben, auf den du in Zukunft, wann immer du willst, zurückgreifen kannst.
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Im Selbst zu leben, ist natürlich das eigentliche Ziel des Sich-Zurückziehens, und im Selbst zu leben, bringt die höheren Erfahrungen, die eindeutig förderlich sein müssen und nicht schädlich sein dürfen. Was ich schrieb, war nur, um zu erklären, was ich mit der Gefahr eines zu vollständigen Sich-Zurückziehens meinte und warum es sich für X, Y und andere als schädlich erwies. Einige, wie Z, zogen reinen Gewinn daraus. Es hängt ganz und gar vom eigenen Charakter und von der eigenen Einstellung ab sowie dem Ziel und inneren Gleichgewicht während [der Zeit] des Schweigens.
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Der Impuls sich zurückzuziehen rührt von der Bemühung her, sich innerlich zu konzentrieren, doch ist die Ursache dieser Bemühung in verschiedenen Fällen verschieden. Es gibt bestimmte Fälle, in denen der Wunsch bestand, sich vom Einfluss der Mutter zu lösen (pranam, Meditation usw.) und den eigenen Launen zu folgen, zum Beispiel bei A und B, vielleicht auch mit einem Gefühl der Überlegenheit: „Kein Bedarf für diese Dinge bei einem so großen Yogi, wie ich es bin“. In anderen Fällen bestand ein ausgeprägter Wunsch zur Isolierung, aber hier war das Gehirn bereits geschädigt (C) oder ein falscher Einfluss wirkte (D). Ich vermute, dass sich E auf diese Fälle bezogen hat. Andere aber wollten einfach Konzentration oder sich nicht nach außen projizieren (F und d während der Zeit der Zurückgezogenheit). Es können also nicht alle über einen Kamm geschoren werden.
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Nicht zu sprechen oder Kontakt aufzunehmen, solange man sich in einem intensiven Frieden befindet, ist die eine Sache – das ist in Ordnung. Sich zu anderen Zeiten abzusondern und eine Lebensregel daraus zu machen, erscheint mir nicht notwendig; es ist nur für jene ungefährlich, die ganz und gar innerlich leben können, ohne ihre Verbindung mit der äußeren Realität zu verlieren. Wenn man immer in einem gefestigten Gleichgewicht des Friedens lebt, kann man das tun, oder wenn man ein klares, ausgeglichenes und unterscheidungsfähiges Mental hat, das fortwährend Erfahrungen empfängt und fähig ist, sie richtig einzuordnen. Einige aber werden von ihren inneren Erfahrungen ganz und gar in Anspruch genommen, verlieren sich darin, sind leidenschaftlich damit verhaftet, und dieses innere Leben wird für sie zur einzigen Wirklichkeit, ohne dass es das äußere [Leben] im Gleichgewicht hält, kontrolliert und überprüft – hierin liegt eine Gefahr. Außerdem kann, wenn man sich absondert, ohne von einem festen inneren Gleichgewicht gestützt zu werden und einer dauernden Erfahrung, über die man eine urteilsfähige Kontrolle besitzt, in Zeiten der Leere das Vital sich erheben, was Kämpfe, Schwierigkeiten, Unrast, Eingebungen aller Art und einen gestörten und aufgewühlten Zustand mit sich bringt; und anstatt seine Zeit hiermit zu verbringen, wie manche es tun, ist es besser, mit anderen Umgang zu pflegen oder eine Arbeit zu verrichten oder aber sich auf gesunde Weise nach außen zu projizieren.
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Bei jedem Kontakt zu empfindlich und aufgeregt zu sein, ist übertrieben; aber zu viele Kontakte zu haben und sich immer zu zerstreuen, ist ein Hemmnis für das Wachsen der Sadhana und die Festigung des inneren Wesens, da man ständig in das äußere, gewöhnliche Bewusstsein hinausgezogen wird.
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Handle in deinen Beziehungen zu Menschen einfach und natürlich. Befreie dich von diesem nervösen Zurückschrecken, was eine Schwäche ist. Wichtig ist, dass du die richtige innere Haltung hast, ruhig und ohne Verhaftetsein. Wenn das der Fall ist, werden alle Einzelheiten unwichtig und ordnen sich von selbst entsprechend den Gegebenheiten und dem gesunden Menschenverstand.
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Wie willst du die rechten äußeren Beziehungen finden, wenn du dich von äußeren Beziehungen ganz und gar zurückziehst? Und wie willst du gründlich umgewandelt und geeint werden, wenn du nur im inneren Leben lebst, ohne die Umwandlung und Einung durch äußeren Kontakt und die Feuerproben der äußeren Arbeit und des äußeren Lebens zu testen. Vollkommenheit schließt äußere Arbeit und Beziehungen mit ein und [verlangt] nicht nur ein zurückgezogenes, inneres Leben.
Nur wenn das vitale Ego seine Forderungen und Ansprüche aufgibt und die Reaktionen, die sie hervorbringen, nicht befriedigt werden, kann die Umwandlung und Einung erfolgen – es gibt keinen anderen Weg.
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Ich habe dir gesagt, du solltest nicht durch dein Mental zu entscheiden versuchen. Aber du fährst beharrlich damit fort zu wiederholen: „Ich muss entscheiden. Ich muss entscheiden. Ich muss eine Entscheidung treffen. Ich muss einen Beschluss fassen.“ Ständig wiederholst du dieses ich, ich, ich muss entscheiden, als ob du es besser wüsstest als ich und die Mutter. „Ich muss verstehen, ich muss entscheiden.“ Und stets stellst du fest, dass dein Mental nichts entscheiden und nichts verstehen kann. Und dennoch fährst du damit fort, die gleiche Falschheit zu wiederholen.
Ich sage dir nochmals unumwunden, dass all deine sogenannten Erfahrungen nichts wert sind – reine vitale Unwissenheit und Verworrenheit. Die einzige Erfahrung, deren du bedarfst, ist die Erfahrung der Gegenwart der Mutter, des Lichtes der Mutter, der Kraft der Mutter und der Wandlung, die sie in dir auslösen.
Alle anderen Einflüsse musst du abweisen und dich allein dem Einfluss der Mutter öffnen.
Du darfst nicht länger über ausströmende Energien, deine [eigenen] Energien und die Energien der anderen nachdenken und sprechen. Die einzige Energie, die du fühlen musst, ist das Herabkommen und Einströmen und Wirken der Kraft der Mutter.
Das waren meine Anweisungen, und solange du sie ausgeführt hast, machtest du rasche Fortschritte.
Löse dich von all diesen unvereinbaren, falschen Erfahrungen. Kehre zurück zu der einfachen Regel, die ich dir gab. Öffne dich der Gegenwart der Mutter, ihrem Einfluss, ihrem Licht, ihrer Kraft – weise alles andere zurück. Nur so wirst du Klarheit (anstelle dieser Verworrenheit), Frieden, seelische Wahrnehmung und Fortschritt in der Sadhana zurückerlangen.
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Du beharrst auf einer falschen Bemühung, die dich daran hindert, genau das Ziel, das du dir gesetzt hast, zu erreichen. Du willst etwas erlangen, was du die „Vergöttlichung“ nennst; du kannst sie aber nicht auf die Weise erreichen, wie du es versuchst.
Ich will dir deinen Fehler klarmachen; bitte lies sorgsam und versuche, richtig zu verstehen! Begreife vor allem meine Worte in ihrem ganz einfachen Sinn und unterschiebe ihnen keine „verborgene Bedeutung“ oder irgendeine andere Bedeutung, die deinen gegenwärtigen Ideen förderlich sein könnte.
Das Göttliche Bewusstsein, das wir herabzubringen versuchen, ist ein Wahrheits-Bewusstsein. Es zeigt uns die volle Wahrheit unseres Wesens und unserer Natur auf allen Ebenen – Mental, Leben und Körper. Es verwirft letztere nicht und macht auch keinen unduldsamen Versuch, sich rasch von ihnen zu befreien und sie durch etwas Phantastisches und Wundervolles zu ersetzen. Es wirkt geduldig und langsam auf sie ein, um in ihnen alles, was der Vollendung fähig ist, zu vollenden und zu erheben, und alles, was dunkel und unvollkommen ist, zu wandeln.
Dein hauptsächlicher Fehler ist anzunehmen, dass es möglich sei, in einem Augenblick göttlich zu werden. Du bist der Meinung, dass das höhere Bewusstsein lediglich in dich herabzukommen und dort zu bleiben hat, und alles sei getan. Du bist der Meinung, dass es dazu keiner langen Zeit bedarf, keiner langwährenden, harten und sorgfältigen Arbeit, und dass für dich alles in einem Augenblick durch die Göttliche Gnade getan werden wird. Das ist ganz falsch! Es geschieht nicht auf diese Weise; und solange du auf diesem Irrtum beharrst, kann keine anhaltende Vergöttlichung stattfinden, und du wirst nur die Wahrheit, die zu kommen versucht, stören und dein Mental und deinen Körper durch ein fruchtloses Ringen behindern.
Zweitens ist deine Annahme falsch, dass du gleich göttlich seist, weil du eine bestimmte Kraft und Gegenwart fühlst. Es ist nicht so einfach, göttlich zu werden. Jede eintretende Kraft oder Gegenwart muss die richtige Deutung und Erwiderung erfahren, ein richtiges Wissen im Mental, eine richtige Vorbereitung des Vitals und des physischen Wesens. Was du aber fühlst, ist eine abnorme vitale Kraft und Erregung, verursacht durch die Ungeduld deines Begehrens; und mit ihnen kommen die Suggestionen, die aus diesem Begehren herrühren und die du fälschlicherweise für die Wahrheit hältst und als Inspirationen und Intuitionen bezeichnest.
Ich will dir einige der Fehler aufzeigen, die du in diesem Zustand machst.
Du bist der Meinung, dass für meine Anweisungen und Führung kein weiteres Erfordernis mehr besteht, weil du dir einbildest, künftighin eins mit mir zu sein. Nicht nur das, vielmehr widersprechen die Suggestionen, denen du folgen willst, gänzlich meinen Anweisungen. Wie ist das möglich, wenn du eins mit mir bist? Es liegt auf der Hand, dass diese meinen Anweisungen widersprechenden Ideen von deinem Mental und deinen Impulsen stammen und nicht von mir oder irgendeinem Göttlichen Bewusstsein oder von etwas, welches das Sri Aurobindo-Bewusstsein genannt werden kann.
Du schreibst in diesem Zusammenhang: „Ich erkenne die Schwierigkeit, dass, selbst während ich von dir erfüllt bin, die Vorstellung, deinen Anweisungen zu gehorchen und zu folgen, noch [in mir] wirkt – sogar nachdem du mich zu dir selbst gemacht hast. Ich bete um das Nötige.“ Die Vorstellung, meinen Anweisungen zu folgen und zu gehorchen, ist keine Schwierigkeit; es ist die einzige Sache, die dir helfen kann. Dieser Gehorsam ist das, was erforderlich ist.
Was meinst du damit, wenn du sagst „Du hast mich zu dir selbst gemacht“? Die Worte scheinen keinen Sinn zu haben. Du kannst nicht annehmen, du seist das gleiche individuelle Selbst geworden wie ich es bin; es kann keine zwei Aurobindos geben; selbst wenn es möglich wäre, wäre es absurd und sinnlos. Du kannst nicht annehmen, dass du das Höchste Wesen geworden seist, denn du kannst nicht Gott oder der Isvara sein. Wenn es im gewöhnlichen vedantischen Sinn gemeint ist, dann ist jeder ich, weil jeder jiva ein Teil des Einen ist. Du magst dir dieser Einung vielleicht eine gewisse Zeit lang bewusst geworden sein; aber dieses Bewusstsein an sich genügt nicht, um dich umzuwandeln oder göttlich zu machen.
Du beginnst zu glauben, ohne Essen und Schlaf auskommen zu können, und missachtest die Erfordernisse des Körpers; und du vergisst meine Anweisungen und nennst diese Erfordernisse fälschlicherweise eine Störung oder das Spiel von feindlichen materiellen und physischen Kräften. Diese Vorstellung ist falsch. Was du fühlst, ist lediglich eine vitale Kraft, nicht die höchste Wahrheit, und der Körper bleibt was er war; er wird leiden und zusammenbrechen, wenn man ihm nicht Nahrung, Ruhe und Schlaf gibt.
Die gleiche falsch aufgefasste vitale Exaltation war es, die dich deinen Körper so sehen ließ, als sei er von supramentaler Substanz. Du musst voll begreifen, dass der Körper auf diese Weise nicht in etwas ganz Unphysisches umgewandelt werden kann. Das physische Wesen und der Körper müssen zu ihrer Vervollkommnung eine lange Vorbereitung und allmähliche Veränderung durchlaufen. Das kann nicht geschehen, solange du dich nicht von dieser falsch aufgefassten vitalen Exaltation befreit hast und zunächst in das gewöhnliche physische Bewusstsein mit einem klaren Sinn für physische Realitäten herabgekommen bist.
Und endlich, wenn du die wirkliche Veränderung und Umwandlung willst, musst du klar und entschlossen erkennen, dass du Fehler gemacht hast und immer noch machst und in einen Zustand eingetreten bist, der deinem Ziel nicht förderlich ist. Du hast versucht, dich von deinem denkenden Mental zu befreien, statt es zu vervollkommnen und zu erleuchten, und hast versucht, es durch künstliche „Inspirationen und Intuitionen“ zu ersetzen.
Du hast eine Abneigung und einen Widerwillen gegenüber dem Körper und dem physischen Wesen und seinen Bewegungen entwickelt; und aus diesem Grund willst du nicht in das normale physische Bewusstsein herabkommen und dort geduldig das tun, was für die Veränderung notwendig ist. Du stützt dich allein auf ein vitales Bewusstsein, das manchmal eine große Kraft und einen großen Ananda fühlt und dann wieder in schlimme Depressionen verfällt, da es weder vom Mental darüber noch vom Körper darunter gestützt wird.
Du musst all dies unbedingt ändern, wenn du die wirkliche Umwandlung willst.
Es darf dir nichts ausmachen, deine vitale Exaltation zu verlieren; es darf dir nichts ausmachen, in einem normalen physischen Bewusstsein zu leben, mit einem klaren, praktischen Mental, welches physische Gegebenheiten und physische Wirklichkeiten erkennt. Du hast sie zuerst anzunehmen, oder du wirst niemals fähig sein, sie zu verändern und zu vervollkommnen.
Du musst ein ruhiges Mental und einen ruhigen Verstand zurückgewinnen. Wenn du einmal diese Dinge mit Bestimmtheit zu tun vermagst, können die Größere Wahrheit und das Größere Bewusstsein zur rechten Zeit, auf die rechte Weise und unter den rechten Voraussetzungen zurückkehren.
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Du musst, um erfolgreich zu sein, im Besitz der vollen Wirksamkeit des Willens und der Tat sein.
Es ist nicht genug, deinen Körper zu kräftigen, du musst auch dein Mental stärken; du musst dich gänzlich von diesen Vorstellungen über die Sünde befreien, diesem Grübeln über die Suggerierung von sexuellen Impulsen und dieser Gewohnheit, überall dunkle, vitale Kräfte zu sehen. Deine „Leute“ sind keine bösen Geister oder Kräfte, sondern recht gewöhnliche menschliche Wesen. Deine Haltung ihnen gegenüber darf weder die des Verhaftetseins noch der Furcht, des Schreckens und des Widerwillens, sondern muss die der ruhigen Unvoreingenommenheit sein.
Suche keine Inspiration, sondern handle ruhig und vernünftig nach unseren Anweisungen mit einem stillen Mental und ruhigem Willen. Befreie dich von deiner Zwangsvorstellung, hierher zu kommen und uns zu Füßen fallen zu müssen. Dies und die anderen Suggestionen und Stimmen sind keine Inspirationen, sondern einfach Dinge, die durch dein eigenes Mental und seine Impulse geschaffen werden. Deine Sicherheit besteht darin, ruhig zu bleiben und still und beharrlich in völligem Vertrauen das zu tun, was wir dir sagen, bis du gänzlich wiederhergestellt bist.
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Es wird sehr gut für dich sein, den „Arya“ zu lesen und zu übersetzen. Ich werde dir von der ersten Folge der Essays on the Gita ein Exemplar schicken; das beste für dich wäre, hiermit zu beginnen und sie zu übersetzen. Gewöhne dich daran, jeden Tag nur ein wenig zu übersetzen, und tue es sehr sorgsam. Schreibe nicht in Eile; lies verschiedene Male, was du geschrieben hast und sieh zu, ob es genau dem Geist des Originals entspricht und ob nicht die Sprache verbessert werden kann. Auf der mentalen und physischen Ebene sollte es in allen Dingen gegenwärtig dein Ziel sein, nicht schnell vorankommen und rasch etwas beenden zu wollen, sondern alles sorgsam, vollkommen und auf die rechte Weise zu tun.
Unser Wunsch ist, dass du das begreifst und künftig die richtige Haltung hinsichtlich der physisch-vitalen Impulse bewahrst, über die du dich beklagst; das betrifft Essen, Geld, Sex-Impulse usw. Du hast die moralische und asketische Haltung eingenommen, was gänzlich falsch ist und dir nicht helfen kann, diese Mächte der Natur zu meistern.
Was das Essen anbelangt, so ist es ein Erfordernis des Körpers und dient dazu, ihn fit und kräftig zu erhalten. Das Verhaftetsein damit musst du durch den Ananda des Essens ersetzen. Wenn du diesen Ananda und den rechten Sinn für den Geschmack hast und vom Essen den richtigen Gebrauch machst, wird das Verhaftetsein, wenn es überhaupt vorhanden ist, nach einiger Zeit von selbst verschwinden.
Was das Geld anbelangt, so ist auch dies ein Erfordernis für das Leben und die Arbeit. Geld stellt eine große Lebensmacht dar, die für göttliche Zwecke erobert werden muss. Aus diesem Grund darfst du nicht damit verhaftet sein, aber auch nicht Abscheu und Widerwillen davor haben.
Was den Sex-Impuls anbelangt, so solltest du auch hiervor nicht moralische Abscheu oder puritanische oder asketische Abneigung haben. Auch er ist eine Lebensmacht, und während du die gegenwärtige Form dieser Macht verwerfen musst (das ist der physische Akt), muss die Kraft als solche gemeistert und umgewandelt werden. Er ist häufig am stärksten ausgeprägt in Menschen mit kraftvoller vitaler Natur, und diese kraftvolle vitale Natur kann zu einem großen Instrument für die physische Verwirklichung des Göttlichen Lebens gemacht werden. Wenn der Sex-Impuls kommt, sei nicht unglücklich oder verstört, sondern betrachte ihn gelassen, beruhige ihn, weise alle falschen Eingebungen, die damit verbunden sind, zurück und warte auf das Höhere Bewusstsein, das ihn in die wahre Kraft und den wahren Ananda wandeln wird.
Alle diese Dinge, die wir dir gesagt haben, sind notwendig für dein Leben im physischen Bewusstsein und damit du die rechten Beziehungen zum physischen Leben haben kannst.
Das kosmische Bewusstsein gehört dem Obermental nicht im besonderen an; es umfasst vielmehr alle Ebenen.
Der Mensch ist gegenwärtig in sein oberflächliches, individuelles Bewusstsein eingeschlossen und kennt die Welt (oder besser ihre Oberfläche) nur mit Hilfe seines äußeren Mentals und der äußeren Sinne und indem er ihre Kontakte mit der Welt deutet. Durch den Yoga kann sich in ihm ein Bewusstsein öffnen, das eins wird mit dem der Welt; er wird sich unmittelbar eines universalen Wesens bewusst, universaler Zustände, einer universalen Kraft und Macht, eines universalen Mentals, Lebens und einer universalen Materie und lebt in bewusster Beziehung mit diesen Dingen. Man sagt dann von ihm, er habe das kosmische Bewusstsein.
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Das Obermental ist die Grundlage des gesamten kosmischen Bewusstseins, das kosmische Bewusstsein selbst kann jedoch auf jeder Ebene gefühlt werden, nicht nur über dem Mental, sondern auch im Mental, im Leben, in der Materie.
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Das kosmische Bewusstsein hat zwei Seiten – die eine, die ich als kosmische Unwissenheit bezeichne, ist der Kontakt mit den gewöhnlichen kosmischen Kräften und den Wesen hinter diesen Kräften sowie deren Wahrnehmung; die andere ist die Wahrnehmung der Kosmischen Wahrheiten, die Verwirklichung des einen Universalen, der einen universalen Kraft, all der Vedantischen Wahrheiten des Einen in allen und von, allen in einem, all der verschiedenen Aspekte des Göttlichen im Kosmischen; dazu kann eine Menge anderer Dinge kommen, die zur Verwirklichung und Erkenntnis beitragen, vorausgesetzt, sie werden in der richtigen Weise aufgefasst. Mit all dem setzt man sich jedoch am besten dann auseinander, wenn es tatsächlich kommt. Es kommt nicht immer gleichzeitig mit dem Sich-Weiten – viele erreichen, während sich ihr Bewusstsein weitet, das, was jenseits des Kosmischen liegt, und erfahren das Kosmische im einzelnen erst später –, es ist vielleicht die sicherste Reihenfolge.
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Wenn man das kosmische Bewusstsein erlangt hat, kann man das kosmische Selbst als das eigene Selbst empfinden, man kann sich eins fühlen mit anderen Wesen im Kosmos und erfahren, wie alle Kräfte der Natur sich in einem bewegen und jedes einzelne Selbst das eigene Selbst ist.
Es gibt kein Warum, nur die Tatsache, dass es so ist, da alles der Eine ist.
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Alles ist im Selbst; alles ist in dir, wenn du mit dem universalen Selbst identisch bist. Auch der Mikrokosmos wiederholt den Makrokosmos – daher ist alles in jedem gegenwärtig, obwohl auch nicht alles im Oberflächenbewusstsein ausgedrückt ist (und nicht ausgedrückt sein kann).
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Alles wirkt im Selbst. Das ganze Spiel der Natur findet im Selbst, im Göttlichen statt. Das Selbst enthält das Universum.
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Das Selbst ist Sein und nicht ein Wesen. Mit dem Selbst ist das bewusste, essentielle Dasein gemeint, eins in allen.
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Die ursprüngliche Substanz allen Spirits ist reines Dasein, das in sich reines, selbstbestehendes Bewusstsein (oder Bewusstseins-Kraft) und reinen, selbstbestehenden Ananda birgt.
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Substanz und Sein sind die gleiche Sache. In der Schöpfung können sie als zwei Aspekte des Spirits betrachtet werden.
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Das Selbst ist essentiell universal; das individualisierte Selbst ist lediglich das Universale, das von oder in einem individuellen Zentrum erfahren wird. Wenn das von dir Verwirklichte nicht als das Eine in allen gefühlt wird, dann ist es nicht der atman; es ist das zentrale Wesen, das seinen universalen Aspekt als atman noch nicht offenbart hat.
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Das Selbst wird entweder als universal gefühlt, das Eine in allen, oder als grundlegend allen anderen gleiches Einzelwesen – es [das Selbst] breitet sich von jedem Wesen überall hin aus, ist aber hier zentriert. Natürlich ist „Zentrum“ nur eine Ausdrucksweise, da im allgemeinen kein physisches Zentrum gefühlt wird – nur dass alle Tätigkeiten um das Einzelwesen herum stattfinden.
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Die übliche Erfahrung des Unpersönlichen ist, dass ES überall ist, ohne Form oder ohne Begrenzung auf einen Ort oder eine Zeit.
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Das unpersönliche Göttliche hat keine Stätte und kann sie auch nicht haben; es ist alldurchdringend. Wenn jemand sagt, dass das unpersönliche Göttliche seine Stätte im Herzen habe, wäre zu fragen, was er mit dem unpersönlichen Göttlichen meint.
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Im kosmischen Bewusstsein geht das persönliche „Ich“ in dem einen Selbst aller auf. Das allein existierende „Ich“ ist nicht das der Person, das individualisierte „Ich“, sondern das universalisierte „Ich“, das identisch mit allen und mit dem kosmischen Selbst (atman) ist.
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Was nach der Befreiung übrigbleiben wird, ist das zentrale Wesen, nicht das Ego. Das zentrale Wesen wird im Bewusstsein des Göttlichen leben, überall und auch in allen anderen Wesen; daher wird es nicht das Bewusstsein eines getrennten Egos haben, sondern das, eines von vielen Zentren in der Göttlichen Mannigfaltigkeit zu sein.
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Das, was du empfindest, ist der normale Zustand während der Befreiung. Die Arbeit der Sinne usw. geht weiter wie zuvor, aber das Bewusstsein hat sich verändert, so dass man nicht nur das Gefühl der Befreiung, Trennung usw. hat, sondern auch, in einer ganz anderen Welt zu leben als der des gewöhnlichen Mentals, Lebens oder der gewöhnlichen Sinne. Es ist ein anderes Bewusstsein, das sich auftut, mit einem anderen Wissen und einer anderen Weise, Dinge zu betrachten. Später tritt in dem Maß, wie dieses Bewusstsein von den Instrumenten Besitz ergreift, seine Übereinstimmung mit den Sinnen und dem Leben ein; aber auch diese verändern sich mit einer veränderten Anschauung und sehen die Welt nicht mehr wie zuvor, sondern als ob sie aus einer anderen Substanz bestünde und eine andere Bedeutung hätte.
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Die Befreiung ist das erste Erfordernis, um im Frieden, im Schweigen, in der Reinheit, in der Freiheit des Selbstes zu leben. Gleichzeitig hiermit oder später, wenn man zum kosmischen Bewusstsein erwacht, kann man frei und dennoch eins mit allen Dingen sein.
Das kosmische Bewusstsein ohne Befreiung erlangt zu haben, ist möglich, dann aber ist das Wesen nirgendwo frei von der niederen Natur, und in dem geweiteten Bewusstsein kann man der Tummelplatz aller Arten von Kräften werden, ohne dass man fähig ist, frei oder darüber Herr zu sein.
Wenn andererseits eine Selbst-Verwirklichung stattgefunden hat, gibt es einen Teil des Wesens, der inmitten des Spiels der kosmischen Kräfte unberührt bleibt; denn wenn der Friede und die Reinheit des Selbstes im ganzen inneren Bewusstsein gefestigt sind,. können die äußeren Berührungen der niederen Natur nicht eindringen oder die Herrschaft antreten. Das ist der Vorteil, wenn die Selbstverwirklichung dem kosmischen Bewusstsein vorangeht und es stützt.
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Während sich die Selbst-Verwirklichung oder das kosmische Bewusstsein entwickelt oder während die Leere, die diesen Dingen vorangeht, eintritt, stellt sich automatisch eine Neigung zum Einssein mit allen ein – man ist ihren Zuneigungen, mentaler, vitaler und physischer Art allzuleicht ausgesetzt. Davon muss man sich freihalten.
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In dir fand sowohl ein mentales als auch der Beginn eines vitalen Sich-Öffnens gegenüber dem kosmischen Bewusstsein statt; wenn die Vision oder das Empfinden des Göttlichen Ananda auf einer spiritualisierten Ebene gehalten worden wäre ohne die Suche nach Besitz oder einem derben äußeren Vergnügen, hätte es ein yogisches Bewusstsein errichten und eine Grundlage schaffen können für die Herabkunft von Wissen und Frieden und Macht und seelischer Liebe und Hingabe.
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Sehr gut! Das Sich-Weiten des Bewusstseins, um mit dem universalen Unendlichen eins zu sein, ist ein wichtiges Stadium in der Sadhana.
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Ja, deine Erfahrung war sehr gut und deine Empfindung darüber richtig. Wenn das Bewusstsein eng und persönlich oder im Körper eingeschlossen ist, ist es schwierig, vom Göttlichen zu empfangen – je weiter es sich ausdehnt, desto mehr kann es empfangen. Es kommt eine Zeit, wo es sich so weit wie die Welt fühlt und fähig ist, das ganze Göttliche in sich zu empfangen.
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Es ist eine Erfahrung der Bewusstseinsausweitung. Während der Yoga-Erfahrung weitet sich das Bewusstsein in jeder Richtung, nach allen Seiten, nach unten und oben, sich überallhin in Unendlichkeit ausdehnend. Sobald das Bewusstsein des Yogi befreit wird, lebt er nicht mehr im Körper, sondern immer in dieser unendlichen Höhe, Tiefe und Weite. Seine [des Bewusstseins] Grundlage ist eine unendliche Leere oder unendliches Schweigen, worin sich aber alles offenbaren kann – Frieden, Freiheit, Macht, Licht, Wissen, Ananda. Dieses Bewusstsein wird meist das Bewusstsein des Selbstes oder atmans genannt, denn es ist ein reines Dasein oder Selbst, das die Quelle aller Dinge ist und alle Dinge enthält.
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Ja, die Weite wird als große substantielle Unermesslichkeit gefühlt, voller Macht und die Empfindung des Einsseins vermittelnd, frei und unendlich, und das von oben bis unten.
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Zu Beginn kommt die Erfahrung der Weite nur von Zeit zu Zeit – wie andere Erfahrungen auch. Erst später wiederholt sie sich häufig und bleibt so lange, bis sie sich schließlich festigt und das Bewusstsein für immer weit bleibt.
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Du musst die Furcht vor der Konzentration ablegen. Die Leere, die du über dich kommen fühlst, ist das Schweigen des großen Friedens, in dem du dein Selbst wahrnimmst, nicht als das kleine Ego, das im Körper eingeschlossen ist, sondern als das spirituelle Selbst, so weit wie das Universum. Bewusstsein wird nicht aufgelöst, es sind die Grenzen des Bewusstseins, die aufgelöst werden. In diesem Schweigen mögen die Gedanken eine Zeitlang aufhören, es mag nichts als eine große, grenzenlose Freiheit und Weite bestehen; in dieses Schweigen aber, in diese leere Weite kommt von oben der unermessliche Friede herab, das Licht, die Seligkeit, das Wissen, das höhere Bewusstsein, in denen du das Einssein mit dem Göttlichen fühlst. Es ist der Beginn der Umwandlung und nichts gibt es dabei zu fürchten.
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Wenn man wahrhaft sagen kann „Ich bin nicht der Körper“, bedeutet das die Befreiung vom Körpergefühl Diese Befreiung ist ein Teil des kosmischen Bewusstseins – wie es auch die Verwirklichung des kosmischen Willens ist.
Es ist aber lediglich die Befreiung vom Körpergefühl Das ist etwas ganz anderes als die Kontrolle über den Körper.
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Was du als eine starke, subtile Luftströmung empfandest, war der konkrete Ausdruck von Bewusstsein oder bewusstem Dasein, das als solches vom Körper unabhängig ist. Bislang war die Erfahrung noch durch den Körper begrenzt, doch wenn sie ohne diese Begrenzung gefühlt wird, ist sie die Empfindung eines weiten Äthers, der den ganzen Raum füllt, akasha Brahman. In dem Maß, wie dies wächst, verschwindet das Körpergefühl, und wenn zudem das Mental ganz zur Ruhe gelangt ist, fühlt man, wie man selbst diese Ausbreitung in alle Unendlichkeit ist.
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Wenn das Phantasievorstellungen wären, würdest du fähig sein, sie jedes Mal, wenn du daran denkst, genauso wiedererstehen zu lassen. Die Vorstellung, dass es eine Einbildung ist, stammt aus dem physischen Mental, das an nichts überphysisches glauben kann.
Das Sich-Öffnen der Brust [des Brust-Zentrums] in die Leere (nicht wirklich in die Leere, sondern in den unendlichen akasa des universalen und unbegrenzten chit) ist immer das Zeichen für ein Sich-Öffnen des emotionalen Wesens in die Weite des Universalen Göttlichen. Das Bildnis des akasa wird von Sadhaks häufig im dhyana gesehen. Wenn das Bewusstsein befreit ist, sei es im Mental oder einem anderen [Wesens-] Teil, herrscht immer diese Empfindung der weiten, unendlichen Leere. Die mentale Ebene des Wesens reicht vom Scheitel des Kopfes bis zum Hals – ein ähnliches Sich-Öffnen und eine ähnliche Leere oder Weite hier ist das Zeichen dafür, dass das Mental in das Universale befreit ist. Vom Hals bis zum Magen reicht die höhere vitale oder emotionale Region. Darunter ist die niedere vitale Ebene.
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Ich glaube, es ist mehr ein Vergessen des Körpers als eine Nicht-Identifizierung. Bei einer intensiven Mentalisierung oder einer intensiven vitalen Tätigkeit nimmt der Körper den zweiten Platz ein und wird zu etwas mehr Äußerlichem. Das gleiche kann, bis zu einem gewissen Grad beständiger, in einem Menschen geschehen, der in seinem Mental oder Vital lebt und enger damit identifiziert ist. Aber es ist immer noch das Mental im Körper, das Vital im Körper. Es gibt keine Erlösung, kein völliges Sich-Ablösen, außer in der spirituellen Befreiung.
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Ja, es ist dem menschlichen Mental nicht möglich, so völlig in sich zu leben, dass es den Körper ganz und gar ignorieren kann – eine tatsächliche oder vollkommene Befreiung oder Nicht-Identifizierung ist ohne spirituelle Befreiung nicht denkbar. Das Äußerste, was dem Mental möglich ist, ist ein fortwährendes Vertieftsein in sich selbst und ein größtmögliches Nicht-Beachten oder Vergessen des Körpers. Das findet man häufig bei Menschen, die, ohne sich um ihren Lebensunterhalt, ihre Familie usw. sorgen zu müssen, ein zurückgezogenes, geistiges Leben führen (Gelehrte, Denker usw.).
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Die Sonne, die am Horizont aufgeht, bedeutet das direkte Licht der Göttlichen Wahrheit, das im Wesen emporsteigt – der nach oben gerichtete Strahl öffnet das Wesen gegenüber der Wahrheit, da sie sich über dem Mental befindet, der Strahl im Vordergrund öffnet es gegenüber dem, was wir das kosmische Bewusstsein nennen; es [das Wesen] wird von der persönlichen Begrenzung befreit, öffnet sich und gewahrt das universale Mental, das universale Physische, das universale Vital. Die Einwirkung auf das Herz war der Druck durch diese Sonne, um das direkte Sich-Öffnen zu erreichen, so dass das Bewusstsein frei und weit werde und gänzlich zum Frieden gelange.
Es ist eine großartige Sache, dass du angesichts des feindlichen Druckes fähig warst, unberührt und gelassen zu bleiben und das Bewusstsein des Friedens dort im Hintergrund noch zu bewahren. Es ist ein Zeichen dafür, dass es sich festigt und wirksam wird.
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Die Weite tritt ein, wenn man das individuelle Bewusstsein überschreitet oder zu überschreiten beginnt und sich zum Universalen hin ausdehnt. Die Seele aber kann auch im individuellen Bewusstsein tätig sein.
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Die Seele ist die Stütze der individuellen Evolution; sie ist mit dem Universalen verbunden, sowohl durch unmittelbaren Kontakt als auch durch das Mental, das Vital und den Körper.
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Liebe, Freude und Glück kommen von der Seele. Das Selbst gibt Frieden oder einen universalen Ananda.
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Das Selbst oder der atman ist untätig; die Natur (Prakriti) oder Shakti handelt. Wenn das Selbst gefühlt wird, dann zuerst als unendliches Dasein, Schweigen, unendliche Freiheit und unendlicher Friede – das wird atman oder Selbst genannt. Die Tätigkeit, die in ihm stattfindet, wird entsprechend dem Verwirklichungsgrad entweder als Kräfte der Natur gefühlt, die in dieser Weite wirken, als die tätige Göttliche Shakti oder als das kosmische Göttliche oder als deren verschiedene tätige Mächte. Das Selbst wird nicht als handelnd gefühlt.
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Was den Betrachter und die Windungen des Drachens anbelangt, so ist es das chinesisch-japanische Bild für die Welt-Kraft, die sich in der Bewegung des Universums ausdehnt; dies wird durch die Haltung des Betrachters zum Ausdruck gebracht, der alles sieht und in ihrer Entfaltung den Ablauf des Spiels der Göttlichen lila erkennt. Diese Haltung ist es, die angesichts des Rätsels des kosmischen Wirkens größte Stille, Frieden und samata gibt. Es bedeutet nicht, dass Tat und Bewegung nicht bejaht werden, sie werden vielmehr als Göttliches Wirken angenommen, das zu Zielen führt, die das Mental nicht immer sofort zu erkennen vermag, während die Seele in allem den höchsten Zweck und die verborgene Führung erahnt.
Später findet natürlich eine Erfahrung statt, in der die beiden Seiten des Göttlichen Ganzen, der Betrachter und der Spieler, miteinander verschmelzen; zuerst aber wird diese Haltung des Betrachters eingenommen, und sie führt zu jener volleren Erfahrung. Sie bringt die Ausgeglichenheit, die Ruhe, das wachsende Verstehen von Seele und Leben und ihrer tieferen Bedeutungen, ohne welche die volle supramentale Erfahrung nicht stattfinden kann.
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Die universalen Kräfte und das ihnen innewohnende Bewusstsein bewegen sich aus eigener Kraft; es gibt aber auch den Kosmischen Spirit, der sie stützt und durch seine Betrachtung und seinen bestimmenden Willen ihr Spiel entscheidet – die direkte Tat jedoch wird den Kräften überlassen; es ist das Spiel der universalen Prakriti mit dem universalen Purusha, der im Hintergrund wacht. Auch im Einzelwesen ist der individuelle Purusha, der, wenn er will, nicht nur dem Spiel der Prakriti zustimmen kann, sondern seine Veränderung annimmt, zurückweist oder wünscht. All das gehört zu dem Spiel, wie wir es hier sehen. Es gibt etwas, was darüber ist, sein Wirken aber ist mehr ein Eingreifen als eine Überwachung in jedem Augenblick; es kann nur dann zu einer ständigen unmittelbaren Überwachung werden, wenn das Spiel der Kräfte durch die Herrschaft des Göttlichen ersetzt wird.
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Es ist das wahre yogische Bewusstsein, in dem man das Einssein fühlt und in ihm lebt, unberührt vom äußeren Wesen und seinen niedrigen Bewegungen, sie nur mit einem Lächeln über ihre Unwissenheit und Unbedeutendheit betrachtend. Es wird wesentlich leichter möglich sein, mit diesen äußeren Dingen umzugehen, wenn dieses Getrenntsein immer bewahrt wird.
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Es sind die Purusha- und Prakriti-Seiten der Natur – die eine führt zum reinen, bewussten Dasein, statisch, die andere zur reinen, bewussten Kraft, dynamisch. Die einstige Finsternis, aus der sie hervorgegangen sind, ist die der Unwissenheit; die künftige Finsternis, die über uns gefühlt wird, ist überbewusst In Wirklichkeit aber ist das überbewusste leuchtend – nur wird sein Licht nicht gesehen. Die drei Formen des Bewusstseins sind die drei Seiten der Natur, die durch die drei gunas verkörpert werden: die Kraft des unterbewussten tamas, die Trägheit, die das Gesetz der Materie ist; die Kraft des halbbewussten Begehrens, kinesis, welche rajas ist, das Gesetz des Lebens; und die Kraft des sattwischen prakasha [Licht], die das Gesetz des Verstandes ist.
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Es gibt einen Purusha – er wirkt entsprechend dem Stand und Erfordernis des Bewusstseins zum jeweiligen Zeitpunkt.
Es ist die Art des Wirkens über dem gewöhnlichen Mental oder im kosmischen Bewusstsein, die vielseitig ist.
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Prakriti ist nur die ausführende oder wirkende Kraft – die Macht hinter der Prakriti ist die Shakti. Es ist die Chit-Shakti in der Manifestation, das spirituelle Bewusstsein.
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Das trifft zu auf das mentale Wissen und den mentalen Willen, nicht aber auf den höheren Wissens-Willen. Im Supramental sind Wissen und Willen eins.
Alle Energien stammen von der Chit-Shakti, aber in dem Maße ihres Herabkommens differenzieren sie sich von ihr.
Es ist sehr wahr, dass Leben das charakteristische Merkmal der Kraft ist und das Physische das Charakteristikum der Substanz, die Dynamik von beiden aber stammt von chit – auch die Mental-Dynamik, jede Dynamik.
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Es gibt die eine allgemeine Kraft, die in allen wirkt, und eine Schwingung dieser Kraft, oder eine ihrer Bewegungen kann (es geschieht nicht immer) die gleiche Schwingung in einer anderen [Kraft] erwecken.
Es gibt eine immerwährende Bewegung (Prakriti) und ein immerwährendes Schweigen (Purusha).
In der Upanishad heißt es, dass es einen Äther des Ananda gibt, in dem alles atmet und lebt; wenn es ihn nicht gäbe, könnte niemand atmen oder leben.
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Die „erzeugte“ Kraft ist nicht die deine – es ist die der Prakriti – dein Wille setzt sie in Bewegung, in Wirklichkeit erzeugt er sie nicht; doch einmal in Bewegung gesetzt, neigt sie dazu sich zu erfüllen, sofern es das Spiel anderer Kräfte erlaubt. Daher hast du, wenn du sie anhalten willst, natürlich eine entgegengesetzte Kraft in Bewegung zu setzen, die stark genug ist, sich gegenüber ihrem Impuls durchzusetzen.
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Diese Vision ist die Wahrnehmung der kosmischen Bewegung von Dingen in ihrer Weiterentwicklung von einem Stadium zum anderen – darin enthalten sind die individuellen Bewegungen, aus denen sie sich zusammensetzt. Es gibt auch eine Weise der Betrachtung des Alls als Zeit im Fluss oder des Alls als einer Dimension, die mit dem Raum verwoben ist, wie Kette und Schuss eines Tuches, usw..
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Die Welt ist die Form, die Wirklichkeit ist das Göttliche. Man muss die [Göttliche] Gegenwart in der Form erkennen.
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Das Göttliche ist die Höchste Wahrheit, weil es das Höchste Wesen ist, von dem alles kommt und in dem alles ist.
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Das Göttliche ist das, wovon alles kommt, in dem alles lebt, und das Ziel der Seele im Leben ist die Rückkehr zur Wahrheit des Göttlichen, die jetzt von der Unwissenheit umwölkt ist. In seiner höchsten Wahrheit ist das Göttliche Friede, Bewusstsein, Dasein, Macht und Ananda – absolut und unendlich.
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Das Höchste kann nicht durch das Transzendente erschaffen, denn das Transzendente ist das Höchste. Die Kosmische Shakti ist es, durch die das Göttliche erschafft.
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Die kosmische Kraft wird vom Obermental gelenkt. Das Supramental wirkt nicht unmittelbar auf sie ein – was immer von dort herabkommt, wird modifiziert, damit es das Obermental durchkreuzen und eine geringere Form annehmen kann, die der Ebene, auf der es wirkt – mental, vital oder physisch –, entspricht. Aber ein derartiges Eingreifen [des Supramentals] ist eine Ausnahme im gewöhnlichen Spiel der kosmischen Kräfte.
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Der kosmische Spirit enthält das Supramental, bewahrt es aber oben und wirkt gegenwärtig zwischen dem Obermental und dem Physischen. Nur wenn die Unwissenheit verschwindet, wird das Supramental unmittelbar ein dynamischer Teil des Wirkens der kosmischen Natur hier. Bis dahin aber gibt es von ihm nur Widerspiegelungen.
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Der kosmische Spirit benützt Wahrheit und Falschheit, Wissen und Unwissenheit und alle anderen Dualitäten als Elemente in der Manifestation und arbeitet aus, was ausgearbeitet werden muss, bis alles für ein höheres Wirken bereit ist.
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Die kosmischen Kräfte hier, ob gut oder schlecht, sind Kräfte der Unwissenheit. über ihnen befindet sich das Wahrheits-Bewusstsein, das sich nur dann offenbaren kann, wenn Ego und Begehren überwunden sind – es ist die Kraft vom Göttlichen Wahrheits-Bewusstsein, die herabkommen muss; der höhere Friede, das Licht, das Wissen, die Reinheit, der Ananda müssen auf die kosmischen Kräfte im Einzelwesen einwirken, um sie zu verändern und das gewöhnliche Wirken durch die Wahrheits-Kraft zu ersetzen.
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Ein Kosmos oder Universum ist immer eine Harmonie, andernfalls könnte er nicht bestehen, er würde in Stücke zerfallen. Aber so wie es musikalische Harmonien gibt, die sich teilweise oder sogar überwiegend aus Dissonanzen zusammensetzen, so ist dieses Universum (das stoffliche) in seinen verschiedenen Elementen in Disharmonie – die einzelnen Elemente sind größtenteils nicht im Einklang miteinander; nur dem Göttlichen Willen im Hintergrund, der alles aufrechterhält, ist es zuzuschreiben, dass das Ganze noch eine Harmonie für jene ist, die es mit der kosmischen Schau betrachten. Es ist jedoch eine Harmonie in einer fortschreitenden Evolution – das heißt, alles ist vereinigt, um nach einem Ziel zu streben, das noch nicht erreicht ist – und das Anliegen unseres Yoga ist es, die Ankunft bei diesem Ziel zu beschleunigen. Wenn es erreicht ist, wird es eine Harmonie der Harmonien geben, die an die Stelle der gegenwärtigen Harmonie tritt, welche auf Dissonanzen aufgebaut ist. Das ist die Erklärung der gegenwärtigen Erscheinung der Dinge.
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Alles hier ist unvollkommen, aber alles arbeitet den kosmischen Willen im Laufe der Zeitalter aus.
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Die Harmonie des niederen Bewusstseins ist eine Harmonie von Missklängen, die durch einen Zusammenprall und eine Vermengung von Kräften herbeigeführt wird.
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Diese Vision ist eine Klang-Darstellung der kosmischen Harmonie, und die Unwissenheit stellt einen Fall und Missklang dar.
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In allem ist ein Rhythmus enthalten, der vom physischen Ohr nicht gehört wird, und aufgrund dieses Rhythmusses existieren alle Dinge.
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Beides, sowohl OM als auch der Klang von Kirchenglocken, sind meist Töne, die ein Sich-Öffnen oder den Versuch anzeigen, sich zum kosmischen Bewusstsein hin zu öffnen.
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Wenn du die universale oder göttliche Schönheit oder Gegenwart in den Dingen fühlst, sind die Sinne für das Göttliche offen.
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Selbst inmitten der universalen Kräfte kann man in Kontakt mit dem Göttlichen leben – um aber im Göttlichen zu leben, muss man fähig sein, sich über die niedere universale Natur hinaus zu erheben oder das Göttliche Bewusstsein herabzurufen. Für die meisten sind die Anfänge schwierig – und zu keiner Zeit ist es wirklich einfach.
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Immer mit dem Göttlichen vereinigt zu sein, ist nicht so einfach. Es kann nur durch ein Versunkensein im eigenen inneren Selbst geschehen oder durch ein Bewusstsein, das alles im Göttlichen und das Göttliche in allem sieht und sich immer in diesem Zustand befindet. Es gibt niemand, der dies bislang erreicht hat.
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Der Kosmische Spirit oder das Kosmische Selbst enthält alles im Kosmos – er stützt sowohl das kosmische Mental, das universale Leben, die universale Materie als auch das Obermental. Das Selbst ist mehr als all diese Dinge, die in der. Natur ihren Ausdruck finden.
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(Die Ergebnisse des Sich-Öffnens gegenüber dem kosmischen Mental:) Man gewahrt sowohl das kosmische Mental als auch die mentalen Kräfte, die sich dort bewegen, und wie sie auf das eigene Mental und das von anderen einwirken, und man ist fähig, das eigene Mental mit größerem Wissen und wirkungsvoller Macht einzusetzen. Es gibt noch viele andere Resultate, dieses aber ist grundlegend. Das ist natürlich nur möglich, wenn man sich auf die rechte Weise öffnet und nicht nur ein passives Feld für alle Arten von Ideen und mentalen Kräften wird.
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Durch das Sich-Öffnen gegenüber dem kosmischen Mental wird zum Beispiel die Erfahrung, dass das Göttliche allenthalben ist, leichter möglich, doch ist sie essentiell nicht spirituell; wenn keine umfassenderen spirituellen Erfahrungen hinzukommen, braucht sie gar nicht spirituell zu sein.
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Du bist mit dem kosmischen Mental in Berührung gekommen, wo sich alle Arten von Vorstellungen, Möglichkeiten, Gestaltungen umherbewegen. Das individuelle Mental nimmt jene an, die ihm zusagen oder vielleicht deutliche Gestalt gewinnen, wenn sie mit ihm zusammentreffen. Dieses aber sind nur Möglichkeiten, nicht Wahrheiten, weshalb es besser ist, ihnen nicht freien Lauf zu lassen.
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Das Mental hat seine eigenen Bereiche und das Leben hat seine eigenen Bereiche, ebenso wie die Materie sie hat. In den mentalen Bereichen sind Leben und Substanz dem Mental gänzlich untergeordnet und gehorchen seinen Anweisungen. Hier auf Erden gibt es die Evolution mit der Materie als Ausgangspunkt, dem Leben als dem vermittelnden Stoff und dem Mental, das sich daraus erhebt. Es gibt im Kosmos viele Abstufungen, Bereiche und Kombinationen – es gibt sogar viele Universen. Unseres ist nur eines von vielen.
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(Die Auswirkung des Sich-Öffnens gegenüber dem kosmischen Leben:) Man wird sich all der Lebenskräfte bewusst und wie sie auf einen selbst und auf andere einwirken, auf das Mental, den Körper – auch der Kräfte-Bewegungen hinter den Ereignissen. Man wird sich auch unmittelbar der vitalen Ebene bewusst, ihrer Welten, ihrer Wesen und des direkten Einwirkens ihrer Gestaltungen auf das Erden-Leben. Gleichzeitig muss man sich in Bezug auf all diese Dinge auch des eigenen wahren vitalen Wesens bewusst werden und aus ihm heraus handeln und nicht vom Oberflächen- oder Wunsch-Vital her. Diese ganze Auswirkung kommt nicht auf einmal – sie entwickelt sich in dem Maß, wie der Kontakt mit dem kosmischen Leben zunimmt.
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Besonders im universalen Vital gibt es eine täuschende Anziehungskraft und einen erregenden Andrang von Macht (nicht die wahre, ruhige Macht, sondern bloße Kraft), an die sich jene, die sich ihr ausliefern, klammern wie der Trunkenbold an sein berauschendes Getränk. Es gibt ihnen das Gefühl, stark und groß und voller interessanter Dinge zu sein – wenn ihnen dies genommen wird, fühlen sie sich „wie gewöhnliche Menschen“ und erbitten es sich zurück.
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Mit universalen Kräften sind alle Kräfte gemeint, die sich im Kosmos bewegen, gute oder schlechte, förderliche oder feindliche, Kräfte des Lichts oder der Dunkelheit.
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Die Erde ist der Schauplatz der Evolution, auf dem sich all diese Kräfte begegnen und wo sie versuchen sich zu manifestieren und wo aus ihrem Wirken etwas hervorgehen muss. Auf den anderen Ebenen, den mentalen, vitalen usw., gibt es die Evolution nicht – dort handelt jede [Kraft] für sich, entsprechend ihrem eigenen Gesetz.
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[Der Begriff] Universal ist für alles im Universum anwendbar; Einzelwesen gibt es überall [auf allen Ebenen], ohne im erdhaften Sinn körperlich zu sein – die Zusammensetzung ist verschieden.
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Nein, sie (die feindlichen Wesen) erzeugen keine universalen Kräfte; sie werden selbst von ihnen bewegt und bewegen sie.
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Ja, natürlich, immerfort findet ein Kampf zwischen den Kräften des Lichtes und denen der Finsternis statt.
In der Sadhana wird er intensiver und uns bewusst.
Was die feindlichen Wesen anbelangt, so befinden sie sich immer im Kampf gegeneinander; aber sie machen gemeinsame Sache gegen die Wahrheit und das Licht.
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Die Kräfte sind bewusst. Zudem gibt es individualisierte Wesen, welche die Kräfte verkörpern oder sie gebrauchen. Die Wand zwischen Bewusstsein und Kraft, Unpersönlichkeit und Persönlichkeit wird viel dünner, wenn man sich hinter den Schleier der Materie begibt. Wenn man ein Wirken von der Seite der unpersönlichen Kraft her betrachtet, sieht man eine Kraft oder Energie am Werk, die für einen Zweck oder mit einem Ergebnis arbeitet; wenn man es von der Seite des Seins betrachtet, sieht man ein Wesen, das besitzt, führt und etwas gebraucht oder aber eine bewusste Kraft vertritt und von ihr gebraucht wird als ihr Instrument für eine spezielle Tätigkeit und einen speziellen Ausdruck. Du sprichst von der Welle; in der modernen Wissenschaft aber wurde festgestellt, dass, wenn du die Bewegung von Energie betrachtest, sie auf der einen Seite eine Welle zu sein scheint und sich als solche verhält, auf der anderen Seite eine Menge von Partikeln und sich auch wie eine Menge von Partikeln verhält, wobei jede [Erscheinungsform] auf ihre eigene Weise tätig ist. Das gleiche Prinzip ist es ungefähr hier.
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Natur-Kräfte sind bewusste Kräfte – sie können durchaus alles in sich vereinigen, was für eine Tätigkeit oder einen Zweck notwendig ist, und, wenn ein Mittel versagt, ein anderes aufnehmen.
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Ja. Sie (die Kräfte) sind fähig, mit größerer Stärke zu handeln, wenn sie eine bestimmte Gestaltung bilden können als durch allgemeine psychologische Tätigkeit, die der ganzen menschlichen Natur gemeinsam ist.
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Sie (die kosmischen Kräfte) wirken auf jeden entsprechend der Natur der jeweiligen Person, ihrem Willen und ihrem Bewusstsein ein.
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Egoismus ist ein Teil des Getriebes – ein hauptsächlicher Teil – der universalen Natur; erstens, um die Individualität aus der blinden Kraft und Substanz der Natur heraus zu entwickeln und zweitens, um das Einzelwesen (mit Hilfe des Getriebes von egoistischem Denken, Fühlen, Wollen und Begehren) zu einem Werkzeug der universalen Kräfte zu machen. Erst wenn man mit einer höheren Natur in Berührung kommt, ist es möglich, von dieser Herrschaft des Egos und der Unterwerfung unter diese Kräfte frei zu werden.
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Ja, der Habitus des Egos wird stark abgeschwächt durch die fundierte Erfahrung, dass alle eigenen Energien und Fähigkeiten von den universalen Kräften stammen – er verschwindet aber nicht ganz. Es [das Ego] sucht Zuflucht in dem Gefühl, ein Instrument zu sein, und es kann – falls nicht die seelische Wende stattfindet – es durchaus vorziehen, das Instrument einer bestimmten Kraft zu sein, welche die Befriedigung des Egos liefert. In solchen Fällen kann das Ego immer noch stark bleiben, obwohl es sich als Instrument und nicht als der hauptsächlich Handelnde fühlt.
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Wenn die Seele aktiv ist – oder insoweit sie aktiv ist – gibt es etwas in ihr, das für die universalen Kräfte wie ein automatischer Test wirkt, eine Warnung (nicht so sehr durch das Denken als vielmehr durch ein essentielles Fühlen) vor dem, was nicht sein sollte, und seine Zurückweisung, sowie ein Annehmen und Umformen von dem, was sein sollte.
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Ja, das stimmt. Die universalen Kräfte handeln sehr oft durch das Unterbewusste, besonders dann, wenn die Kraft, die sie senden, etwas ist, dem zu gehorchen die Person gewohnt war und dessen Keime, Eindrücke und „Komplexe“ stark im Unterbewussten verwurzelt sind oder – selbst wenn das nicht mehr der Fall ist – wovon noch eine Erinnerung im Unterbewussten besteht.
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Hierfür gibt es keine Regel. Das menschliche Wesen ist meist nur an der Oberfläche bewusst, und die Oberfläche zeichnet nur die Ergebnisse der unterschwelligen Tätigkeiten auf. Häufig dringen die Kräfte durch die Zentren [chakras] ein, denn hierdurch erhalten sie die größte Macht, um auf die Natur einzuwirken – sie können aber überall eindringen.
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Sie (Schmerz und Leid) sind vielleicht eher das Ergebnis der Tätigkeit universaler Kräfte; in einem gewissen Sinn aber kann man von Leid und Schmerz behaupten, universale Kräfte zu sein, denn Wellen dieser Dinge kommen und überfluten das Wesen, häufig ohne ersichtlichen Grund.
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Der Tod ist eine universale Kraft – das Ereignis oder die Veränderung, die Tod genannt wird, ist einfach eines der Ergebnisse des Wirkens dieser Kraft.
1 Diese Warnung gegen die Gefahren des Zwischenbereiches gab Sri Aurobindo in einem langen Brief, der 1933 erstmals in dem Buch „The Riddle of this World“ [Deutsche Ausgabe 1977: „Das Rätsel dieser Welt“] veröffentlicht wurde. In diesem Band ist er auf S. 176 zu finden.