SITE OF SRI AUROBINDO'S & MOTHER'S  YOGA
      
Home Page | 02 Bande

Mutters

Agenda

zweiten Band

24. Juni 1961

Ich erhielt deinen Brief 1, und er kam nicht als Überraschung, denn seit gut einem Monat empfange ich etwas wie ein SOS von deiner Mutter, und sie sagte mir, der Zustand deines Vaters verschlechtere sich sehr schnell. Ich tat, was ich konnte, vor allem, um etwas Ruhe, Stille, inneren Frieden zu geben. Doch ich tat nicht... Denn es gibt immer zwei Möglichkeiten, wenn die Leute wirklich schwer krank sind: entweder daß es sehr schnell gehe, oder daß sie möglichst lange durchhalten. Wenn ich keine äußeren oder inneren Andeutungen habe, richte ich immer nur das Bewußtsein auf sie, daß es das Beste sei, was geschieht (natürlich das Beste vom Standpunkt der Seele).

Du weißt nicht, ob dein Vater einen Wunsch ausgedrückt hat?

Nachdem, was meine Mutter schreibt, liegt ihm nicht mehr viel am Leben, weil seine Tage so elend sind...

Aber er hat noch nicht gebeten, zu gehen? Er leidet sehr?

Er leidet.

(Mutter schweigt einen Augenblick, dann sagte sie:) Seit Jahren habe ich eine beträchtliche Anzahl von Erfahrungen auf diesem Gebiet, und meine erste Reaktion ist stets: den Frieden senden (aber das tue ich in allen Fällen und für alle), die Kraft darauf richten, die Macht des Herrn, damit das Beste geschehe. Manche Leute sind schrecklich krank (so krank, daß sie unheilbar sind, daß das Ende unvermeidlich scheint), aber sie fühlen etwas (das muß wohl sein, weil die Seele noch bestimmte Erfahrungen zu machen hat) und klammern sich an, wollen nicht gehen. In diesen Fällen bringe ich die Kraft in solcher Weise, daß sie möglichst lange durchhalten. In manchen entgegengesetzten Fällen sind sie der Leiden müde oder die Seele hat ihre Erfahrung beendet und möchte befreit werden. In solchen Fällen, wenn ich mir sicher bin, daß sie wirklich selber den Wunsch ausdrücken zu gehen, ist es in wenigen Stunden vorbei – ich sage das mit Gewißheit, weil ich eine beträchtliche Anzahl von Erfahrungen hatte. Eine bestimmte Kraft geht dorthin und tut das nötige. Für deinen Vater tat ich nichts dergleichen, weder um sein Leben zu verlängern (wenn die Menschen leiden, ist es nicht sehr barmherzig, das endlos zu verlängern) noch um es zu beenden, weil ich nicht wußte – man kann es nicht tun, ohne den bewußten Wunsch der Person zu kennen.

Aber deine Mutter muß an mich gedacht haben, sonst wäre sie nicht auf diese Weise zu mir gekommen – sie wäre durch dich gekommen (die Dinge, die über dich kommen, sind etwas anderes) – aber sie kam direkt. Da dachte ich, sie muß sich aus irgendeinem Grund an mich erinnert haben. Ich betrachtete die Angelegenheit, und da kam es einfach: "Warum kommt sie nicht hierher, wenn sie dann alleine ist?" Diesbezüglich unternahm ich auch nichts in die eine oder andere Richtung.

Das ist seltsam, denn seit drei oder vier Tagen kam mir auch dieser Gedanke: Warum kommt sie nicht hierher?

Verstehst du, das kam nicht von mir, das ging überhaupt nicht von einer Konstruktion aus, die ich bildete: es kam von außen. Ich fragte mich: Warum kommt sie nicht hierher?

Derselbe Gedanke kam mir drei- oder viermal.

Das heißt, daß sie daran denkt – vielleicht nicht bewußt, aber in ihrem Unterbewußten.

Das geschah vor einiger Zeit. Ich sprach sogar mit Sujata darüber und sagte ihr, daß man dich dort ruft. Hat sie es dir erzählt?

Nein.

Daß deine Mutter dich zieht.

Sie bat Z, mir zu schreiben.

Wie gesagt, ich unternahm nichts, weder so noch so. Tue deshalb nichts. Weißt du, wenn jemand sehr krank ist, kommt manchmal etwas hervor und sagt es. Aber man muß dabei sein und es hören.

(Schweigen)

Kürzlich hatte ich so eine Erfahrung: die Mutter von A war krank (sie ist schon alt und war ernstlich erkrankt). A sah, wie ihr Zustand sich verschlechterte und schrieb mir: "Wenn die Zeit gekommen ist, machen Sie bitte, daß es schnell geht und sie nicht leidet." Da sah ich sehr deutlich, daß in ihr noch etwas war, das nicht gehen wollte, und als ich die Kraft auf sie richtete, damit nur das Beste geschehe, wurde sie auf einmal fast wieder gesund! Das muß eine Übereinstimmung mit dieser inneren Aspiration gewesen sein – kein Fieber mehr, es ging ihr gut. A bereitete sich schon darauf vor, hierhin zurückzukehren, und sagte: "Wenn sie wieder gesund wird, brauche ich nicht länger bleiben!" Am selben Abend wendete es sich in die andere Richtung: er schickte mir ein Telegramm. In der Zwischenzeit (das war abends) war ich nach oben zurückgekehrt, um zu "gehen", und plötzlich kam Der Wille (das ist etwas äußerst Seltenes), Der Wille sagte: "Jetzt muß es aufhören, genug, das ist genug so" – und in einer halben Stunde starb sie.

Diese Dinge sind sehr interessant.

Das ist Teil der Arbeit, für die ich auf die Erde kam. Denn schon bevor ich Théon begegnete, bevor ich irgend etwas darüber lernte, hatte ich nachts Erfahrungen, nächtliche Tätigkeiten, wo ich mich um Leute kümmerte, die ihren Körper verließen – mit einem Wissen (dennoch wußte ich nichts, ich versuchte nicht zu wissen, nichts): ich wußte genau, was zu tun war, und tat es. Ich war ungefähr zwanzig.

Sobald ich Théons Lehre fand (noch bevor ich ihm selber begegnete), sobald ich das las und viele Dinge begriff, die ich nicht gewußt hatte, begann ich streng systematisch zu arbeiten: jede Nacht, zur selben Stunde, arbeitete ich daran, zwischen der rein irdischen Atmosphäre und der psychischen Atmosphäre eine Art Schutzweg durch das Vital zu bilden stellen, damit die Leute das nicht durchqueren müssen (für jene, die bewußt sind, aber nicht das Wissen haben, ist das wirklich sehr schwierig: es ist höllisch). Ich bereitete diesen Weg vor (das war vielleicht 1902, 1903 oder 1904, ich weiß nicht mehr genau), monatelang arbeitete ich daran. Dabei geschahen alle möglichen Dinge, AUSSERORDENTLICHE Dinge. Außerordentlich. Ich könnte lange Geschichten darüber erzählen...

Als ich dann nach Tlemcen kam, erzählte ich das Madame Théon. Sie sagte mir: "Ja, das ist Teil der Arbeit, für die Sie auf die Erde kamen: alle Leute, deren psychisches Wesen ein ganz bißchen erwacht ist und die Ihr Licht sehen können, werden im Augenblick ihres Todes zu Ihrem Licht gehen, egal wo sie sich gerade befinden, und Sie werden ihnen bei diesem Übergang helfen." Das ist eine ständige Arbeit. Ständig. Das gab mir eine beträchtliche Anzahl von Erfahrungen über das, was den Leuten beim Verlassen ihres Körpers widerfährt. Ich hatte die verschiedensten Erfahrungen, Beispiele aller Arten; das ist wirklich sehr interessant.

In letzter Zeit nahm es zu, wurde genauer.

Ein Junge hier, V, interessiert sich besonders für das, was beim Tod geschieht (das scheint einer der Gründe für seine Inkarnation zu sein). Er ist ein bewußter Junge, ein erstaunlicher Hellseher, und er hat eine Kraft. Mit ihm erhielt ich sehr interessante Bestätigungen über Erfahrungen mit Leuten hier, wenn sie gehen. Wirklich sehr interessant und von außerordentlicher Präzision: er ließ mir etwas ausrichten, ich antwortete, und wenn der Entkörperte nachts kam, sagte V ihm: "Mutter tat dies, und ihre Anweisung ist, jenes zu tun", und der andere tat es. Ohne daß wir darüber sprechen – mit einer Präzision!

Das geschah im Schlaf?

Für ihn geschieht diese Arbeit vielleicht im Schlaf. Manchmal in Meditation, oder in einer Art Trance – das hängt von den Fällen ab.

Ich werde dir ein konkretes Beispiel geben, dann wirst du verstehen. Als I starb, unternahm ich eine bestimmte Arbeit, um all seine Seinszustände und Aktivitäten zu sammeln, die durch die Gewalt des Unfalls zerstreut wurden 2 – es war schrecklich, er befand sich in einem Zustand schrecklicher Zerstreuung. Zwei Tage lang kämpften sie in der Hoffnung, daß er noch leben könnte, aber es war unmöglich. In diesen zwei Tagen sammelte ich all-all sein Bewußtsein, und zwar über seinem Körper, das führte sogar dazu, daß nach einigen Stunden, als sich das über seinem Körper sammelte, die Ärzte glaubten, er könne gerettet werden, so stark war die Vitalität, das Leben, das in den Körper zurückkehrte. Aber das konnte nicht andauern (ein Teil des Gehirns war herausgetreten, es war unmöglich). Als dann nicht nur die Seele, sondern auch sein mentales Wesen, sein vitales Wesen und alle die Teile sich über dem Körper gesammelt und geordnet hatten und die völlige Unverwendbarkeit des Körpers erkannten, war es vorbei – sie gaben den Körper auf, und es war vorbei.

Ich hielt I in meiner Nähe, denn ich hatte bereits den Gedanken, ihn sofort in einen anderen Körper zu bringen – weil die Seele nicht zufrieden war, sie hatte ihre Erfahrung nicht beendet (wegen einer bestimmten Konstellation von Umständen) und wollte auf der Erde weiterleben. Da ging eines Nachts sein inneres Wesen zu V und beklagte sich, daß er gestorben sei, aber nicht hatte sterben wollen, daß er seinen Körper verloren habe, aber weiterleben wollte. V war völlig ratlos. Er ließ mir das am nächsten Morgen ausrichten: "Dies ist geschehen." Ich erklärte ihm, was ich tat, daß ich I in meiner Atmosphäre behielt, daß er schön ruhig bleiben solle, sich nicht aufrege, und ich ihn sobald als möglich in einen neuen Körper bringen würde – ich hatte schon etwas in Aussicht. Am selben Abend kam I wieder mit derselben Klage zu ihm. Da sagte V ihm sehr deutlich: "Hier ist, was Mutter sagt, dies ist, was sie tun wird. Gehen Sie, bleiben Sie ruhig und grämen Sie sich nicht." Und er sah in seinem Gesicht, daß I verstanden hatte (das innere Wesen nahm natürlich seine physische Erscheinung an): sein Gesicht entspannte sich, er war zufrieden.

Er ging und kehrte nicht zurück. Er blieb ruhig bei mir, bis ich ihn in Cs Kind bringen konnte.

Diese Wechselbeziehung in der Arbeit ist sehr interessant, weil das ein völlig praktisches Resultat hat: V konnte ihm das genau mitteilen, und dadurch verstand I besser als direkt von mir (denn ich mache zwar die Arbeit, aber ich kann mich nicht um alle Einzelheiten kümmern, jedem erklären, was er zu tun hat).

Neulich sagte ich dir, wie ärgerlich es ist, daß man ständig auf verschiedenen Ebenen ist 3, aber mit diesem Jungen funktioniert es auf dieser Ebene sehr gut – in diesem präzisen, begrenzten Punkt, was beim Verlassen des Körpers geschieht. Auf diese Weise kann man eine interessante Arbeit leisten.

Wird man von dem vitalen Bereich verschluckt, wenn man seinen Körper verläßt?

Nein, das hängt davon ab.

Das hängt absolut davon ab, wie sie sterben: von der Art, wie sie ihren Körper verlassen, von dem, was sie umgibt, von der Atmosphäre, die man ihnen bereitet.

Wenn sie mich rufen, dann geht es gut.

Es gab nur äußerst wenige Fälle von Leuten, die riefen (und nicht sehr aufrichtig), deren Ruf keine große Wirkung hatte. Doch sogar diese haben einen Schutz. Eine alte Frau, die nicht sehr aufrichtig war, kam hin und wieder zu Besuch hierher, und auf ihrem letzten Besuch wurde sie krank und starb. Da sah ich: sie war völlig verstreut in all ihren Begierden, ihren Erinnerungen, ihren Bindungen... und das wurde in alle Richtungen zerstreut, in verschiedene Dinge (und ein Teil von ihr suchte verzweifelt, wohin sie gehen und was sie tun solle), jedenfalls ziemlich beklagenswert. Danach wurde ich gefragt: "Aber wie kommt das? Sie rief die ganze Zeit." Ich erwiderte, daß ich ihren Ruf nicht hörte, daß es nicht sehr aufrichtig sein konnte, sondern nur eine Floskel. 4

Aber es ist sehr selten, daß sie keine Antwort erhalten.

Die Schwester von M starb vor nicht allzu langer Zeit (psychologisch war ihr Zustand fürchterlich, sie hatte keinen Glauben). Ich erinnere mich, an dem Tag [17.5.1959], genau als ich erfuhr, daß sie dabei war zu gehen, war ich oben im Badezimmer im "Gespräch" mit Sri Aurobindo (das passiert sehr oft), ich fragte ihn: "Aber was geschieht mit solchen Leuten, wenn sie im Ashram sind und hier sterben?" Er antwortete: "Schau." Da sah ich sie im Sterben, und auf ihrer Stirn, genau vor ihr, war Sri Aurobindos Symbol in einem goldenen, sehr SOLIDEN Licht (nicht sehr leuchtend, aber sehr konkret): dort, vor ihr. Mit diesem Zeichen hatte ihr psychologischer Zustand keine Bedeutung mehr: nichts konnte sie berühren. Sie ging in völliger Ruhe. Da sagte mir Sri Aurobindo: "Alle, die im Ashram lebten und die hier sterben, haben automatisch denselben Schutz, was auch immer ihr innerer Zustand ist."

Ich kann nicht sagen, ich wäre überrascht gewesen, aber ich bewunderte die Stärke der Macht, daß die einfache Tatsache, hier gewesen zu sein und hier zu sterben, genüge, um euch bei diesem Übergang den größtmöglichen Schutz zu geben.

Die verschiedensten Fälle geschehen. Nimm zum Beispiel N.D., dieser Mann lebte sein ganzes Leben mit der Idee, Sri Aurobindo zu dienen: als er starb, hielt er mein Foto an seine Brust gedrückt. Er war ein hingegebener Mann, sehr bewußt, mit einer Treue unter allen Proben, und alle Teile seines Wesens waren wohl geordnet um das psychische Wesen 5 . Am Tag, als er seinen Körper verlassen mußte, meditierte die kleine M gerade am Samadhi, als sie plötzlich eine Vision hatte: sie sah alle Blüten des Baumes neben dem Samadhi (diese gelben Blüten, die ich "Dienst" nannte) sich zu einem großen Bouquet sammeln, das direkt aufstieg. Und in ihrer Vision hatten diese Blüten eine Verbindung mit dem Bild von N.D. Da lief sie schnell nach Hause: er war gestorben.

Ich hörte erst später von dieser Vision, aber als er starb, hatte ich meinerseits auch gesehen, daß sein ganzes Wesen gesammelt und gut vereinigt war, sehr einheitlich, in einer großen Aspiration, und geradewegs nach oben stieg, ohne sich zu zerstreuen, ohne abzuweichen, bis zur Grenze dessen, was Sri Aurobindo die "höhere Hemisphäre" nannte, dort wo Sri Aurobindo über seine supramentale Aktion auf der Erde präsidiert. Und dort verschmolz er mit diesem Licht.

Einige Zeit vor seinem Herzanfall hatte er seinen Kindern gesagt: the gown is old, it must be thrown away [das Gewand ist alt, es muß weggeworfen werden].

(Schweigen)

Doch die Leute sind so unwissend! Sie machen eine große Geschichte aus dem Tod, als wäre es das Ende. Dieses Wort "Tod" ist so absurd! Ich sehe, das ist einfach, als ginge man von einem Haus ins andere oder von einem Zimmer ins andere: man tut einen Schritt, wie um eine Schwelle zu überqueren, und dann ist man auf der anderen Seite, und dann kommt man zurück.

Ich erzählte dir diese Erfahrung [vom 24. Juli 1959], der Tag, wo ich mich plötzlich in Sri Aurobindos Haus befand, im Subtilphysischen? Das war, als hätte ich einen Schritt getan und drang in eine viel konkretere Welt als die physische – konkreter, weil die Dinge mehr Wahrheit enthalten. Dort verbrachte ich eine ganze Zeit mit Sri Aurobindo, und dann, als es vorüber war, machte ich einen weiteren Schritt und befand mich wieder hier... etwas benommen. Ich brauchte einige Zeit, um mich zurechtzufinden, weil mir diese Welt hier so unwirklich erschien, nicht die andere.

Mehr als das ist es nicht: man tut einen Schritt, und dann betritt man ein anderes Zimmer. Wenn man in seiner Seele lebt, besteht eine Kontinuität, weil die Seele sich erinnert, sie bewahrt die ganze Erinnerung, sie erinnert sich an alle Tatsachen, sogar die äußeren, an alle äußeren Bewegungen, mit denen sie verknüpft war. Dann ist es eine kontinuierliche, ununterbrochene Bewegung hier und dort, von einem Zimmer ins andere, von einem Haus ins andere, von einem Leben ins nächste.

Die Leute sind so unwissend! Das ist das Ärgerliche für jene, die auf die andere Seite gegangen sind; die Leute verstehen nicht, sie jagen sie fort: "Was will er? Warum stört er mich? – Er ist doch TOT"!

*
*   *

Später, beim Weggehen

Jetzt muß ich gehen, ein Hoher Priester erwartet mich! Ja, er ist das Oberhaupt aller Tempel in Gujarat, ein hartgesottener Orthodoxer, der aus irgendeinem mysteriösen Grund zum Ashram kam und mich sehen will. Ich fragte: "Ist das wirklich nötig?" Er bat um eine Zusammenkunft, um eine Unterredung (natürlich spricht er weiß Gott welche Sprache – Gujarati!). Ich ließ ihm sagen: "Ich bin taub, ich höre nichts"! Das ist überaus praktisch – ich bin taub, ich höre nichts. Wenn er eine Blume von mir bekommen will (ich sagte nicht, ein Pranam [Verbeugung] machen, denn das wäre ein Skandal!), dann kann er kommen, ich werde ihm eine Blume geben. Ich hatte gesagt, um elf Uhr, jetzt ist es Zeit.

Das ist alles Xs Werk. Von überall kommen die unerwartetsten Leute, von denen man geglaubt hätte, sie wären lieber verdammt, als zu einem Ort wie hier zu kommen. Sie kommen von überall, von den verschiedensten Milieus: die materialistischsten Materialisten, fanatische Kommunisten, und alle möglichen Sannyasins, Bhikhus, Swamis, Priester – ooh! –, Leute, die früher überhaupt nicht... die weniger als uninteressiert waren: ganz und gar unzufrieden mit dem Ashram.

Ein Schüler hier kehrt von zu Zeit zu Zeit in seinen Heimatort zurück, und nach dem ersten Jahr, als X seine Pujas begann, um die Leute für das Ashram zu interessieren, erzählte er, es wäre außerordentlich: ihn, den man früher schräg anschaute und der sich vor den Leuten rechtfertigen mußte, verlangten jetzt alle! Er schrieb, er wäre völlig überrascht (denn er wußte nichts, von Xs Arbeit): Hunderte Leute luden ihn zu großen Treffen ein, Saddhus, Mönche, Priester baten ihn um Auskunft über das Ashram. Die Dinge entwickelten sich so schnell und weitverbreitet, daß sie jetzt ein Grundstück haben und ein Zentrum bauen, um die Treffen zu halten.

So ist es ein wenig überall.

Wenn P aus der Schweiz zurückkehrt, wird sie sehr interessante Geschichten zu berichten haben. Sie schrieb mir Erfahrungen, die sie mit Kindern in der Schweiz hatte, wirklich interessante Erfahrungen. Es läuft überall-überall-überall, und sehr viel präziser, exakter, als man glaubt. Sogar in Amerika.

Du kennst die Geschichte der beiden gleichzeitigen Operationen von E und T, diesem Vizeadmiral, der hierhin kam und sehr enthusiastisch wurde? Er hatte eine Reihe von inneren Offenbarungen hier. Und beide wurden für eine ähnliche Krankheit operiert (ein Geschwür im Verdauungstrakt, gefährlich). Sie befanden sich nicht in derselben Stadt: er war an einem Ort, sie an einem anderen, und sie wurden mit einem Tag Abstand operiert, beides ernsthafte Operationen. In beiden Fällen sagte ihnen der Chirurg (natürlich nicht derselbe!) nach einigen Tagen: "Ich gratuliere Ihnen", beiden ungefähr dasselbe. Und als sie protestierten: "Warum gratulieren Sie mir? Sie haben doch die Operation ausgeführt, ich müßte Ihnen gratulieren, daß ich mich so schnell erhole!" (beide schrieben mir unabhängig voneinander, sie lernten sich erst später kennen), antwortete der Arzt in beiden Fällen: "Nein, nein. Wir operieren, aber der Körper heilt sich selber, und ich gratuliere Ihnen wirklich, Sie sind auf beinahe wunderbare Weise genesen." Beide hatten dieselbe Reaktion, sie schrieben mir und sagten: "Wir wissen, woher das Wunder kommt." Und beide hatten mich gerufen. E hatte mir auch einige Tage vor der Operation einen außerordentlichen Brief geschrieben, wo sie die Gita zitierte, als wäre es ihr ganz natürlich, und sagte: "Ich weiß, daß die Operation BEREITS vollzogen ist, daß der Herr sie bereits durchgeführt hat, folglich bin ich ruhig."

Überall geschehen solche Dinge, und mit einer PRÄZISION! Etwas Präzises. Zu sagen, ich arbeite bewußt, ist natürlich fast eine Eselei, das ist sehr banal. Man arbeitet in vielen Fällen bewußt, viele Jahre lang, aber das Ergebnis hat nicht diese Präzision: das dringt in eine etwas verschwommene Atmosphäre, verursacht eine Art Wirbel, und daraus resultiert das Beste unter den gegebenen Umständen, das ist alles. Während die Sache jetzt genau und präzise ist – das wird interessant.

Dieses Unpersönlich-Werden der materiellen Individualität ist dabei sehr wichtig. Jetzt weiß ich warum. Sehr wichtig für die Genauigkeit der Aktion, damit einzig – EINZIG – der absolut reine Göttliche Wille zum Ausdruck gelangt, mit einem Minimum von Vermischung. Jede Individualisierung oder Personalisierung bedeutet eine Vermischung. Dies aber wirkt direkt.

Oh, heute morgen am Balkon war es wunderbar!

Dann begreift man alles-alles, alle Einzelheiten. Bestimmte Dinge versteht man ja intellektuell oder psychologisch (das ist schön und gut, es hat eine Wirkung und hilft euch), aber das erscheint immer so verschwommen, das heißt, es arbeitet in einer Ungenauigkeit. Jetzt hingegen ist es das Verständnis des Mechanismus, MECHANISCH, der Vibration, und da wird es präzise. All diese Haltungen, die im Yoga empfohlen werden: zuerst die Aktion als Opfergabe ausführen, dann die völlige Losgelöstheit vom Resultat (das Resultat dem Herrn überlassen), dann die vollkommene Gleichmütigkeit unter allen Umständen, kurz, all diese Stufen, die man intellektuell versteht und emotional empfindet, deren Erfahrung man hatte, all das erhält seinen WAHREN SINN erst, wenn es sozusagen eine mechanische Wirkung der Vibration wird – dann versteht man, warum das so sein muß.

In letzter Zeit, besonders gestern und heute morgen, oh, außerordentliche Entdeckungen! Wir beginnen das rechte Ende zu halten.

So mein Kind, jetzt werden wir den Priester sehen, was für ein Gesicht er machen wird!

(Mutter steht auf, um zu gehen)

Mindestens fünfzig Leute warten bis zum Monatsende, um mich zu sehen, und bilden sich ein... Das habe ich noch nicht verstanden: wie kann man erreichen, daß die physische Zeit ihre physische Realität verliert?... Du siehst, ich bin gezwungen, auf die Uhr zu schauen, und wenn ich zu spät gehe, dann wird die Zeit knapp! – Vielleicht kommt das noch. Außer ich hätte die Macht (wie nennt man das?)... der Allgegenwart. Ich glaube, das ist die Lösung! Daß ich gleichzeitig hier und dort bin – das wäre sehr amüsant!

 

1 Der Wortlaut des Briefes ist nicht erhalten geblieben.

Rückwärts zum Text

2 I wurde von einem Lastwagen überfahren.

Rückwärts zum Text

3 Agenda vom 17. Juni 1961.

Rückwärts zum Text

4 Unter Mutters Notizen fand ich die folgende, die zeigt, daß dieser Zustand der Zerstreuung nach dem Tod recht häufig vorkommt (es geht um eine Person, die nicht im Ashram wohnte, die Mutter eines Schülers): "Sie verließ ihren Körper ohne jegliche Vorbereitung auf diese Zustandsveränderung, sie verlor die Orientierung und wurde etwas zerstreut. Es wird einige Zeit brauchen, bis sie sich von dieser Zerstreuung erholt, bevor etwas Nützliches für sie getan werden kann."

Rückwärts zum Text

5 Das "psychische Wesen" oder einfach das "Psychische" bedeutet in Sri Aurobindos und Mutters Terminologie die Seele oder den Teil des Höchsten im Menschen, der sich von Leben zu Leben weiterentwickelt, bis es ein vollends selbst-bewußtes Wesen wird. Die Seele ist eine Eigenschaft oder eine Gnade, die den Menschenwesen auf der Erde eigen ist.

Rückwärts zum Text

 

 

 

 

 

 

 

in French

in English