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Mutters

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zweiten Band

5. November 1961

(Mutter erklärt, daß es ihr lieber wäre, wenn Satprem in seinem Buch über Sri Aurobindo P. Richard nicht namentlich erwähnte)

...All diese Jahre tat ich mein Bestes, um ihn fernzuhalten. Er hat eine Macht – eine fürchterliche asurische Macht. Unter uns gesagt, erkannte ich ihn von Anfang an als solchen, und deshalb trat ich ihm näher. Ich hatte nicht beabsichtigt, ihn zu heiraten (nur seine Familienangelegenheiten führten zu dieser Notwendigkeit), aber als ich ihm begegnete, erkannte ich ihn sofort als eine Inkarnation des "Herrn der Lüge". Dort ist sein "Ursprung" (er selber nannte ihn "Herr der Nationen"), und in der Tat ist er derjenige, der seit einigen Jahrhunderten die irdischen Ereignisse bestimmt. Théon war...

Es war keine Wahl sondern eine Entscheidung des Höchsten, daß ich allen vier Asuras begegnete. Der erste bekehrte sich (ihn nennen die Religionen Satan, der Asura des Bewußtseins): er bekehrte sich und arbeitet noch immer. Der zweite löste sich im Höchsten auf. Der dritte war der Herr des Todes (das war Théon). Der vierte, der Meister der Welt, war der Herr der Lüge, und Richard war eine Emanation von ihm (was in Indien vibhuti 1 genannt wird).

Théon war der Vibhuti des Herrn des Todes.

Das ist eine erstaunliche Geschichte, weißt du, eines Tages kann man sie vielleicht erzählen... wenn es keine Asuras mehr gibt. Dann kann man darüber sprechen.

Jedenfalls führte Théon mich dazu, das "Mantra des Lebens" zu finden – das Mantra, mit dem man Leben geben kann –, und er wollte, daß ich es ihm sage, er wollte es besitzen. Etwas Ungeheures! Dieses Mantra wurde an einem Ort aufbewahrt 2 . Es war das Mantra, das das Leben gibt (es kann jeden wieder leben lassen, aber das ist nur ein kleiner Teil seiner Macht). Es war verschlossen und versiegelt, mit meinem Namen in Sanskrit darauf. Ich kannte das Sanskrit damals nicht, aber er verstand es. Er führte mich zu diesem Ort, und ich sagte ihm: "Da ist eine Art Diagramm, es muß Sanskrit sein" (denn ich wußte, daß die Schriftzeichen so aussahen). Er forderte mich auf zu reproduzieren, was ich sah, und ich tat es. Es war mein Name, Mirra, auf Sanskrit: es war für mich bestimmt, und nur ich konnte es öffnen. All das geschah, während ich mich in einer kataleptischen Trance befand, und er sagte mir: "Öffnen Sie es und sagen Sie mir, was dort geschrieben steht!" Augenblicklich WUSSTE etwas in mir, daß ich es nicht tun durfte, und ich sagte: "Nein." Ich las es ihm nicht vor.

Später, als ich bei Sri Aurobindo war, fand ich es wieder und gab es ihm.

Aber das ist wieder eine andere Geschichte...

(Schweigen)

Was man in der okkulten Welt erlebt und was es dort alles geben kann, ist wirklich phantastisch – das ist für später, wenn es an der Zeit ist, diese Dinge zu sagen.

Jedenfalls verstehst du, warum mir nicht besonders daran gelegen ist, Richard in diesem Buch zu erwähnen, denn allein die Tatsache, ihn zu erwähnen, zieht ihn an. 3

Ungefähr zehn Jahre lang war er Pastor in Lille, in Frankreich, gewesen – er hatte lange praktiziert –, aber all das ließ er hinter sich, sobald er den Okkultismus zu studieren begann. Zuerst hatte er für die Prüfungen, um Pastor zu werden, theologische Philosophie und alle modernen europäischen Philosophien studiert (er hatte einen ziemlich bemerkenswerten Kopf für Metaphysik). Dann begegnete ich ihm in Zusammenhang mit Théon und der Revue Cosmique, und ich war es, die ihn mit dem okkulten Wissen vertraut machte. Danach geschahen etliche uninteressante Geschichten... Während wir uns kannten, wurde er Rechtsanwalt (ich lernte die Rechtswissenschaften mit ihm – ich hätte die Prüfung bestehen können!). Dann kamen die Geschichten mit der Scheidung: er ließ sich von seiner Frau scheiden und er wollte das Fürsorgerecht für seine drei Kinder bekommen, deshalb brauchte er einen geregelten legalen Stand und fragte mich, ob wir heiraten könnten. Ich willigte ein. Alle diese Angelegenheiten waren mir immer vollkommen gleichgültig. Aber als ich ihm begegnete, wußte ich, wer er war, und beschloß, ihn zu bekehren – so kam es. Darum geht es in dieser ganzen Geschichte.

Die Bücher, die er verfaßte (vor allem das erste L'Éther Vivant – "Der Lebende Äther"), bestanden im wesentlichen aus meinem Wissen, das er in gutes Französisch setzte (wirklich sehr schönes Französisch, muß ich sagen). Ich erklärte ihm meine Erfahrungen, und er schrieb sie auf. Danach verfaßte er Les Dieux ["Die Götter"] – es war unvollständig: es beschrieb nur einen Aspekt. Dann wurde er Rechtsanwalt und beschäftigte sich mit Politik (er war ein erstklassiger Redner, der sein Publikum begeistern konnte), und so entsandte man ihn hierher, nach Indien, um einem bestimmten Mann im Wahlkampf zu helfen 4, der es alleine nicht schaffte. Weil er sich für Okkultismus und Spiritualität interessierte, benutzte er die Gelegenheit, um hier zu suchen – er suchte einen "Meister", einen Yogi. Sobald er hier ankam, sagte er als erstes, anstatt sich um seine Politik zu kümmern: "Ich suche einen Yogin." Da antwortete man ihm: "Sie haben unglaubliches Glück (!), denn der Yogin ist gerade eingetroffen." Sri Aurobindo war gerade in Pondicherry angekommen. Sie fragten Sri Aurobindo: "Hier ist ein Franzose, der sie besuchen will..." Sri Aurobindo war nicht gerade begeistert, aber die zeitliche Übereinstimmung erweckte sein Interesse, und er empfing ihn. Das war 1910.

Als Richard seine politische Aufgabe abgeschlossen hatte, kehrte er mit einem schlechten Foto von Sri Aurobindo und einem sehr oberflächlichen Eindruck nach Frankreich zurück, aber er spürte dennoch, daß Sri Aurobindo WUSSTE (den Menschen Sri Aurobindo verstand er überhaupt nicht, er merkte nicht, daß er ein Avatar ist, aber er spürte, daß Sri Aurobindo das Wissen besaß). Ich glaube auch, daß er diese Meinung beibehielt, denn er sagte immer, Sri Aurobindo wäre ein einzigartiger Riese vom intellektuellen Standpunkt, hätte aber spirituell keine besonderen Erkenntnisse erlangt! Irgend so eine Dummheit (dieselbe Dummheit wie Romain Rolland). Verstehst du, meine Beziehung mit ihm lag auf einer okkulten Ebene, die schwer zu erfassen ist. Jedenfalls geschahen dort viel aufregendere Dinge als in allen Romanen, die man sich vorstellen kann.

Aber er war...

Er lebt noch, er ist noch immer ein fürchterlich gefährlicher Mann wegen dem, was hinter ihm steht [der Herr der Lüge].

Du hast dies nicht auf Band aufgenommen?

Doch.

Oh, nein. Das mußt du löschen.

Wenn du einfach anmerken könntest: "Paul Richard, der Sri Aurobindo zum ersten Mal 1910 begegnete..." Du kannst erwähnen, daß er ein theologischer Schriftsteller war (irgend etwas derartiges), was die Tatsache erklärt, daß er Sri Aurobindo zum Schreiben drängte.

Als er zurückkam, sagte er mir, er würde mich sobald als möglich dorthin mitnehmen.

Im Juni 1914 begannen wir die Arbeit an der Zeitschrift Arya und kündigten die erste Nummer für den 15. August an – Sri Aurobindos Geburtstag –, und ich glaube, der Krieg brach am 3. August aus.

Der Krieg brach aus, bevor die erste Ausgabe erschien (dies ist eine interessante Tatsache). Der 21. Juni war Richards Geburtstag 5, und an diesem Tag kündigten wir das Erscheinen des Arya an, und die erste Nummer sollte am 15. August herauskommen. Zwischen dem 21. Juni und dem 15. August brach der Krieg aus. Weil aber alles fertig war, veröffentlichten wir es trotzdem.

In meinem Buch schreibe ich, Paul Richard startete gleichzeitig eine "Revue de la Grande Synthèse" in Paris – ist das richtig? 6

Nein, das stimmt nicht! Er hatte nie etwas derartiges vor! Nie. Der Arya war zweisprachig: eine einzige Zeitschrift, halb französisch und halb englisch, aber sie wurde in Pondicherry herausgebracht. Es war nie die Rede davon gewesen, etwas in Frankreich herauszubringen. Das ist völlig falsch – ein Märchen. Wir veröffentlichten diese Zeitschrift zweisprachig (ich übersetzte alles auf Französisch – ziemlich schlecht, muß ich gestehen).

Aber mir fiel schon früher auf: sobald man von Richard spricht, wird man, ohne es zu merken, dazu verleitet zu lügen. Deshalb hüte ich mich schrecklich vor diesem Thema.

Der französische Teil kam zuerst, und die erste Nummer begann mit "Das Warum der Welt". Richard gab die Begierde als Ursprung der Welt an – sie waren stets in Uneinigkeit, weil Richard sagte: "Es ist die Begierde", und Sri Aurobindo sagte: "Die Freude ist die ursprüngliche Kraft hinter der Manifestation." Dann erwiderte Richard: "Gott begehrte, sich selber zu kennen" und Sri Aurobindo erklärte: "Nein, Gott hatte die Freude, sich selber zu kennen." So ging es die ganze Zeit!

Als Richard in Japan war, schickte er Sri Aurobindo seine Manuskripte, der sie weiterhin auf Englisch übersetzte – "Das Warum der Welt" und "Die Ewige Weisheit".

Im Grunde war Sri Aurobindo erleichtert, als wir abreisten – er schrieb sogar irgend jemandem, allerdings auf einer sehr oberflächlichen Ebene, daß er sehr erleichtert war, als Richard abreiste.

Als wir nach Frankreich zurückkehrten, ließ er sich aus gesundheitlichen Gründen ausmustern (eine yogische Herzkrankheit!). Aber das Leben in Frankreich wurde unmöglich, und meine Gegenwart dort wurde auch gefährlich, weil dort wirklich monströse Dinge geschahen und, wie Sri Aurobindo sagte, alleine zu Hause sitzend konnte ich Revolutionen auslösen: die Armeen revoltierten. 7 Als ich das sah, wollte ich auch nicht, daß die Deutschen gewinnen – das wäre noch schlimmer gewesen! So beschloß ich, es wäre besser wegzugehen. Es gelang ihm, sich nach Japan entsenden zu lassen (auf einer wirtschaftlichen Mission – er war wirklich gewieft!), als Repräsentant bestimmter Firmen. (Niemand wollte reisen, weil es gefährlich war: man riskierte, auf dem Meeresboden zu landen. Als wir uns anboten, waren sie froh, uns nach Japan entsenden zu können.)

Das ergäbe wirklich einen Roman: Als wir dort waren, schrieb Richard weiter und schickte Sri Aurobindo seine Papiere, und als der Frieden unterzeichnet wurde und man wieder reisen konnte, erklärten die Engländer, sie würden uns einsperren, wenn wir versuchten, nach Indien zurückzukehren! Aber all das richtete sich wie durch ein Wunder. Es führte fast zu einem "diplomatischen Zwischenfall", denn die japanische Regierung beschloß, sie würden gegenüber der britischen Regierung protestieren, falls wir verhaftet wurden (was für eine Geschichte! man könnte wirklich einen Roman darüber schreiben). Kurz, Richard und ich kehrten hierher zurück. Und da begann die Tragi-Komödie.

Eines Tages erzähle ich dir das.

Wirklich phantastisch!

Sicherlich war Sri Aurobindos Macht dafür verantwortlich, daß Richard beschloß fortzugehen. Zwölf Jahre lang war ich Richards "Guru" gewesen (auf dieser Ebene lag unsere Beziehung), als wir aber hierhin zurückkamen, sagte ich ihm: "Für mich ist das zu Ende." – Ich hatte versucht, ihn zu bekehren, und es war mir nicht gelungen. Sobald Sri Aurobindo sich mit ihm befaßte, wurde es eine andere Geschichte... Er hielt es nicht aus: er ging fort.

Er war wirklich teuflisch. Es war phantastisch geworden.

Er ging fort.

Offensichtlich führte er ein ziemlich lockeres Leben. Als er fortging, lebte er eine Zeitlang als Sannyasin im Himalaja, dann ging er nach Frankreich und von dort nach England. In England heiratete er wieder: er wurde Bigamist! Mir bereitete das natürlich keine Sorgen (je weniger er sich zeigte, desto besser), aber ihn störte es ein wenig! Dann begann ich plötzlich offizielle Briefe von einem Rechtsanwalt zu erhalten, um mich zu informieren, daß ich einen Scheidungsprozeß gegen Richard eröffnet hätte. (Ich hatte also plötzlich einen Rechtsanwalt dort, von dem ich nie zuvor gehört hatte! Er war "mein" Rechtsanwalt! Der Prozeß fand in Nizza statt.) Demnach beschuldigte ich Richard, mich mittellos verlassen zu haben!! (Seit dem ersten Tag unserer Begegnung hatte ich immer alle Unkosten getragen, das war also nichts Neues! Trotzdem...) Natürlich konnte er nicht auf Bigamie plädieren und konnte mich auch nicht ihn der Bigamie beschuldigen lassen, weil es wahr war! Also hatte er angeblich nicht meine Ausgaben gedeckt. Im Prozeß verlangte ich aber auch nichts von ihm, keine Alimente – all das war etwas inkohärent. Jedenfalls erhielt ich einige Monate später den Bescheid, daß ich geschieden war – was übrigens recht praktisch war, insbesondere für die Bank. Ich hatte zwar stets eine Heiratsabmachung mit Gütertrennung gehabt (denn er besaß nichts, und ich wollte frei sein, mit meinem Geld zu tun, was mir beliebte), aber da sind die Franzosen unmöglich (!), denn sie verlangten trotzdem, daß der Ehemann der Frau seine Zustimmung gibt. In Frankreich wird die Frau als Minderjährige behandelt – ich weiß nicht, ob es immer noch so ist, aber damals war es so –, bei jeder Transaktion mußte der Ehemann mit unterzeichnen. Selbst wenn das Geld der Frau gehörte, konnte sie nicht darüber verfügen. – Das war lästig. In Japan konnte ich das Problem umgehen, denn der japanische Bankier fand diese Regel dumm und sagte mir, ich brauche mich nicht darum zu kümmern, aber hier in der Bank sind sie lästig. Deshalb war es gut, daß es ein Ende nahm.

Dann heiratete er übrigens noch zwei- oder dreimal. Jetzt ist er Vater einer zahlreichen Familie (glaube ich), mit Enkeln und vielleicht sogar Urenkeln. Er lebt in Amerika. Jemand hatte mir berichtet, er wäre gestorben, aber ich spürte, daß er noch lebte. Dann kam plötzlich E. und erzählte mir voller Bewunderung, sie sei Richard begegnet und was für ein erstaunlicher Prediger er sei...

Wenn du wüßtest, was für ein Leben er führte!

Ich spreche nicht gerne über diese Dinge, denn sie interessieren mich nicht. Ich lebte mein ganzes Leben lang in völliger Freiheit, wie Sri Aurobindo sagte: ich durchlebte die Ereignisse, wie man einen Film sieht. Ich hatte eine innere Sicht, einen inneren Willen, ich hatte meine inneren Gründe, die Dinge zu tun, und das war ein Befehl, den ich empfing und dessen ich bewußt war – aber äußerlich war es phantastisch!... Natürlich konnte es nicht anders sein.

Die letzten Tage hier in Pondicherry wären beinahe tragisch verlaufen (aber das konnte einfach nicht geschehen): Er war sich vollkommen bewußt, wer ich war, und der große Streit war, daß er mir sagte: "Aber warum wählst du Sri Aurobindo als Avatar, wo du doch die universelle Mutter bist – wähle mich! Mich muß du wählen." Der Asura in ihm sprach so. Ich lächelte nur. Ich diskutierte nicht mit ihm und sagte (lachend): "So geht das nicht!" Eines Tages sagte er dann: "Aha, du willst also nicht..." (Mutter führt die Hände an die Gurgel) "... nun gut, wenn du mich nicht nimmst, dann..." Er war ein großer Kerl mit riesigen Händen. Da blieb ich sehr ruhig und sagte innerlich: My Lord, my Lord, my Lord... [Herr...] – so rief ich Sri Aurobindo. Ich sah ihn kommen (Geste, die Mutter umhüllt und alles unbeweglich macht). Dann entspannten sich seine Hände.

Aber auf meinem Hals waren die Abdrücke.

An einem anderen Tag war es eine ähnliche Szene – immer dieselbe: er fing an, die Möbel aus dem Fenster in den Hof zu werfen! (Sie gehörten uns nicht: wir hatte das Haus möbliert gemietet.)

Ein Roman...

(Schweigen)

Verstehst du, das war nicht der Kampf eines Mannes gegen einen Gott sondern der eines Gottes gegen einen Gott. Da ist offensichtlich, daß er in dieser Situation eine UNGEHEURE Macht besaß! Er zwang alle, ihm zu gehorchen. Aber das war Die Lüge – und du kannst dir nicht vorstellen, was für eine asketische Spiritualität er predigte! 8 Er war so überzeugend! Und sobald er einen Unterrock sah... Jungen, Mädchen, alles war ihm recht!

Phantastisch. 9

Er schrieb "Der Herr der Nationen"... Oh, ich sah ihn, diesen Herrn der Nationen! Während des Zweiten Weltkriegs bekam ich wieder mit ihm zu tun, aber nicht durch Richard, sondern direkt. Das Wesen, das Hitler in Visionen erschien, war der Herr der Nationen. Eine phantastische Geschichte!... Ich wußte, wann sie sich treffen würden (schließlich ist er mein Sohn! 10 das ist das komischste an der Geschichte), so nahm ich bei einer solchen Gelegenheit seine Gestalt an und ging an seiner Stelle – ich wurde Hitlers Gott (!) und riet ihm, Rußland anzugreifen. Zwei Tage später tat er es. Als ich von unserem "Gespräch" wegging, begegnete ich dem anderen, der ankam! Er war ziemlich wütend. Er fragte mich, warum ich dies getan habe; ich erwiderte: "Das geht dich nichts an! Es war das, was getan werden mußte." Da antwortete er: "Du wirst sehen! Ich WEISS, daß du mich zerstören wirst, aber vorher werde ich so viel Unheil anrichten, wie ich nur kann, darauf kannst du dich verlassen."

Dann kehrte ich von meinen nächtlichen Wanderungen zurück und berichtete es Sri Aurobindo.

Was für ein Leben!... Die Leute haben keine Ahnung, was vorgeht. Sie wissen gar nichts.

Aber es ist phantastisch.

Hin und wieder waren manche Menschen ein wenig bewußt, wie in der Zeit während des letzten Kriegs, als ich alle meine Nächte über Paris verbrachte, damit nichts geschehe (ein Teil von mir, nicht vollständig). Ich schwebte über Paris. Später erfuhren wir, daß manche Leute es sahen: etwas wie eine große weiße Kraft von unbestimmter Form, die über Paris schwebte, damit es nicht zerstört werde.

Während des ganzen Kriegs bedeutete es eine so STÄNDIGE Spannung für Sri Aurobindo und mich, daß es das Yoga völlig unterbrach. Deshalb war der Krieg auch gekommen: um Die Arbeit anzuhalten. Denn in dieser Zeit hatte eine außerordentliche Herabkunft des Supramentals stattgefunden: es kam so (massive Geste), eine Herabkunft! Es war gerade 1939. Dann kam der Krieg und unterbrach alles abrupt. Denn hätten wir trotzdem unsere persönliche Arbeit [der Transformation] fortgesetzt, wäre nicht sicher gewesen, daß wir rechtzeitig fertig würden, bevor der "andere" die Erde zu Brei schlug, und das hätte die ganze Arbeit um... Jahrhunderte zurückversetzt. ZUERST mußte dieses Tun des Herrn der Nationen gestoppt werden.

Der Herr der Lüge...

Glaubst du, er wird wieder anfangen?

(Schweigen)

X scheint davon überzeugt zu sein.

Er versucht es.

Sie versuchen es.

Sri Aurobindo hatte gesagt: wenn wir bis 1967 durchhalten, ist die Gefahr überstanden... Es ist möglich.

Aber das "wenn"... In einem bestimmten Bereich gibt es kein "wenn" mehr. Wenn ich nicht mehr hier bin, wenn ICH "dort" bin, dann gibt es noch keine Anzeichen einer Unvermeidlichkeit. Der Bereich, in dem X sieht, ist völlig gemischt. Ich hatte einige Visionen, aber nicht die DIE Vision des unvermeidlichen Kriegs.

Es ist nicht so, daß sie es nicht versuchen!

(Schweigen)

Und wann wirst du fertig sein?

??

Seit ich merkte, daß Sri Aurobindo diesem Buch Bedeutung beimißt, habe ich viel geschaut. Ich sagte dir bereits, was ich neulich sah, oder?... Du fragtest mich wegen dem Foto, und du hattest das Bild der "Meditation" gewählt [Sri Aurobindo auf seinem Bett, nach seinem Abschied]. Ich hatte vorher das Bild gesehen, wo er jung ist. Als ich es sah, war Sri Aurobindo anwesend und brachte mich plötzlich Jahrhunderte in die Zukunft – das erzählte ich dir. Er sagte: The beginning of the legend ["Der Anfang der Legende"]. Da verstand ich, daß dieses Foto das richtige für dein Buch war.

Offensichtlich betrachtet er dein Buch als Ausgangspunkt für alles, was man später auf intellektueller Ebene auf der Erde in Bezug auf ihn denken, sagen und tun wird. Aber ich versichere dir, daß er dir hilft, und er tut es!

Du mußt ihn fragen.

Wenn das (Mutter deutet auf den Kopf) sich ruhig verhalten könnte! Dort herrscht eine große Spannung (in den Schläfen). Wenn du dein Bewußtsein nur ein wenig nach oben bringen könntest, um die Antwort zu erhalten, wenn du Probleme zu lösen hast: dann erhältst du die Inspiration von oben. Und das (den Kopf) hältst du ruhig, ruhig, ruhig – von dort stammt die Müdigkeit!

Weißt du, zwei, drei Minuten Stille nützen viel, es kostet nicht viel Zeit.

Du hast jetzt keine Zeit mehr, sonst hätte ich dir eine Frage gestellt... Ein anderes Mal.

Welche?

Über die Entdeckung des Supramentals im Veda und bei Sri Aurobindo. Da ist etwas, das ich nicht ganz begreife.

Weil es im Veda nicht vollständig ist.

Sie hatten nur einen hint [Andeutungen], wie eine Vision der "Sache", aber es gibt keinerlei Indizien, daß sie es verwirklichten. Wenn sie tatsächlich etwas verwirklicht hätten, scheint es mir offensichtlich, daß man Spuren davon gefunden hätte – es wären Spuren geblieben. Es sind aber keine geblieben.

Théon wußte auch davon. Ich weiß nicht mehr genau, wie er es nannte, "die neue Welt" oder "die neue Schöpfung auf der Erde und den glorreichen Körper" – jedenfalls wußte er von der Existenz des Supramentals, er hatte die Offenbarung davon gehabt und verkündete das. Er sagte, es würde DURCH die Entdeckung des inneren Gottes geschehen, das würde zur "Sache" führen. Für ihn war es, wie ich dir neulich erzählte, von einer größeren Dichtigkeit – das scheint eine konkrete Erfahrung zu sein. Ich ging der Frage selber nach und hatte unzählige Visionen über die irdische Geschichte – mit Sri Aurobindo sprach ich viel darüber...

(Schweigen)

Nach dem, was Sri Aurobindo sah und was ich selber auch sah, waren die Rishis mit der Erfahrung in Berührung gekommen... hatten eine Art erlebtes Wissen der Sache erlangt, das aber wie ein Versprechen kam: "DAS wird kommen." Aber so etwas ist nicht dauerhaft.

Das ist, was sie erreicht hatten. Etwas ganz anderes ist die HERABKUNFT – was Sri Aurobindo "die Herabkunft des Supramentals" nennt –, das heißt, die Sache kommt und festigt sich.

Denn selbst als ich diese Erfahrung hatte [die "erste supramentale Manifestation" vom 29. Februar 1956], als der Herr sagte: "Die Zeit ist gekommen", da war es keine vollständige Herabkunft. Es war die Herabkunft des Bewußtseins, des Lichts und eines Teils, eines Aspekts der Macht. Es wurde augenblicklich von der Welt des Unbewußten absorbiert, die all das verschlang. Und seit dieser Zeit arbeitet es in der Atmosphäre. Aber es war nicht DAS Ding, das kommt und sich endgültig festsetzt – wenn das geschieht, brauchen wir nicht mehr darüber zu reden, denn dann wird es offensichtlich sein!

Die Erfahrung von 1956 bedeutete einen weiteren Schritt, es war aber nicht... nicht die endgültige Sache.

Die Rishis erreichten eine Art Versprechen – eine INDIVIDUELLE Erfahrung.

Da ist jedenfalls ein Problem, über das ich dich fragen will. Aber jetzt hast du keine Zeit.

Könntest du es mir schreiben?

 

1 Die indische Überlieferung unterscheidet zwischen einer direkten "Inkarnation" (avatar) und einer einfachen "Emanation" (vibhuti), die aus dem Bewußtsein eines Gottes (oder eines Teufels) hervorgeht.

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2 Kein physischer Ort.

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3 Richard starb 1967 in Amerika, dann versuchte er vergeblich, sich in Auroville zu reinkarnieren. Die Gefahr ihn "anzuziehen" scheint also zumindest in dieser Form vorüber zu sein.

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4 Pondicherry war damals noch eine französische Kolonie.

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5 Am 28. Juni wurde der Erzherzog Franz-Ferdinand in Sarajevo ermordet.

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6 Ich weiß nicht mehr, woher ich diese falsche Auskunft erhalten hatte.

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7 Mutter bezieht sich auf den folgenden Aphorismus von Sri Aurobindo: "Wenn du, während du einsam, still und wortlos auf dem Berggipfel sitzt, die Revolutionen erkennen kannst, die du anführst, dann hast du die göttliche Sicht erlangt und bist von den Erscheinungen befreit." Dieser Aphorismus wird durch einen weiteren ergänzt: "Wenn du, während du große Taten ausführst und gigantische Resultate bewirkst, erkennen kannst, daß du in Wahrheit nichts tust, dann wisse, daß Gott seine Siegel von deinen Augenliedern entfernt hat." (Centenary Edition, XVII, S. 92)

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8 Es ist bemerkenswert, daß sämtliche indische Überlieferungen die Asuras als große Asketen darstellen: sie wollen die Macht durch Askese und Entbehrungen an sich reißen. Tatsächlich sind die Menschen unfähig, die wahre Macht zu erfassen: sie ist transparent.

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9 Mutters Wunsch folgend löschte Satprem die Tonbandaufnahmen bis zu dieser Stelle, als er aber die Transkription wiederfand, schien es ihm nach all diesen Jahren und unter den veränderten Umständen angebracht, den Text wegen seines historischen Interesses größtenteils stehen zu lassen. Mutters Schwierigkeiten waren stets die Schwierigkeiten der "irdischen Arbeit", und dieser Asura, der die Erde so besonders stört, konnte kaum verschwiegen werden.

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10 Siehe Gespräch vom 28. Juli 1961.

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