Mutters
Agenda
dritten Band
3. April 1962
(Seit dem 16. März geht Mutter durch eine schwere Prüfung, die ihre physische Existenz bedroht. Trotz alledem ging sie am 18. und 20. März nochmals hinunter auf den Balkon – die letzten beiden Male. Seither verließ sie ihr Zimmer nicht mehr. Alle Zusammenkünfte mit Satprem werden zukünftig in ihrem Zimmer im Obergeschoß stattfinden. Der letzte Angriff ereignete sich in der vorhergehenden Nacht, vom 2. auf den 3., und äußerte sich in Form eines vollständigen Herzstillstands. Trotz ihres Zustandes fand Mutter heute morgen die Kraft zu sprechen, und zwar auf Englisch. Ihre Worte wurden aus dem Gedächtnis aufgezeichnet.)
Genau zwischen elf und zwölf Uhr (letzte Nacht) entdeckte ich durch eine Erfahrung die Existenz einer Gruppe von Leuten – ihre Identität wurde mir absichtlich nicht enthüllt –, die eine auf Sri Aurobindos Offenbarung basierende Religion begründen wollen. Sie haben jedoch nur den Aspekt der Macht und Stärke aufgegriffen, eine gewisse Art von Wissen und all das, was von den asurischen Kräften benutzt werden konnte. Hinter ihnen steht ein großes asurisches Wesen, dem es gelungen ist, die Erscheinung von Sri Aurobindo anzunehmen. Es ist nur eine Erscheinung. Diese Erscheinung von Sri Aurobindo erklärte mir, daß die Arbeit, die ich tue, nicht seine Arbeit sei. Es erklärte mir, daß ich ihn und sein Werk verraten habe, und es weigerte sich, irgend etwas mit mir zu tun zu haben.
In dieser Gruppe gibt es einen Mann, den ich ein- oder zweimal gesehen haben muß, der mit ihnen nicht geistig sondern nur dem Anschein nach verbunden ist, aber ohne zu verstehen. Er weiß nicht, was für ein Wesen dahinter steht. Im Glauben, es sei wirklich Sri Aurobindo, hofft er immer, daß er es dazu bringen könne, mich anzunehmen. Letzte Nacht sah ich dieses Wesen. Ich werde dir nicht alle Einzelheiten der Vision erzählen, das ist nicht nötig. Aber ich muß sagen, daß ich bei vollem Bewußtsein war, klaren Geistes, und daß ich wußte, daß eine asurische Kraft anwesend war; ich wies sie aber nicht zurück, da ich um die Unendlichkeit von Sri Aurobindo weiß. Ich wußte, daß alles ein Teil von ihm ist, und ich will nichts zurückweisen. Letzte Nacht traf ich dieses Wesen dreimal und entschuldigte mich sogar für Sünden, die ich nicht begangen habe – all das in voller Liebe und Hingabe.
Ich wachte um zwölf Uhr auf und erinnerte mich an alles.
Zwischen Viertel nach zwölf und zwei Uhr war ich mit dem wirklichen Sri Aurobindo zusammen, in einer tiefsten und innigsten Beziehung, auch da in vollendetem Bewußtsein, einer vollendeten Wachheit, Ruhe und Gleichmütigkeit. Um zwei Uhr wachte ich auf und notierte, daß mir Sri Aurobindo unmittelbar zuvor selbst gezeigt hatte, daß er immer noch nicht völlig Herr des physischen Reiches war.
Ich erwachte um zwei Uhr und bemerkte, daß das Herz vom Angriff dieser Gruppe betroffen war. Sie wollen diesem Körper das Leben entreißen, da sie wissen, daß ihre Pläne zum Scheitern verurteilt sind, solange ich in einem Körper auf der Erde bin. Ihr erster Angriff in Vision und Tat fand vor vielen Jahren statt. Er ereignete sich in der Nacht, und ich sprach mit niemandem darüber. Ich notierte das Datum, und wenn ich diese Krise überwinden kann, werde ich es finden und bekanntgeben. Schon vor Jahren hätten sie mich gern tot gesehen. Sie sind für diese Angriffe auf mein Leben verantwortlich. Ich bin immer noch am Leben, weil der Herr mich am Leben erhalten will, sonst wäre ich schon vor vielen Jahren gegangen.
Ich bin nicht mehr in meinem Körper; ich habe es dem Herrn anvertraut, dafür zu sorgen, ob er das Supramental erlangen soll oder nicht. Ich weiß, und habe dies auch gesagt, daß jetzt der letzte Kampf stattfindet. Wenn das Ziel, für das dieser Körper lebt, erfüllt werden soll, das heißt, der erste Schritt zur Supramentalen Transformation, dann wird er heute überdauern. Die Entscheidung darüber steht dem Herrn zu. Ich frage nicht einmal, was er beschlossen hat. Wenn der Körper den Kampf nicht durchstehen kann, wenn er aufgelöst werden muß, dann wird die Menschheit durch eine kritische Zeit gehen. Die asurische Kraft, der es gelang, Sri Aurobindos Erscheinung anzunehmen, will eine neue Religion oder ein neues, vielleicht grausames und gnadenloses Gedankengut im Namen der Supramentalen Verwirklichung erschaffen. Aber alle müssen wissen, daß dies nicht wahr ist, dies ist nicht die Lehre Sri Aurobindos, nicht die Wahrheit, die er gelehrt hat. Sri Aurobindos Wahrheit ist eine Wahrheit der Liebe, des Lichtes und der Gnade. Er ist gut und groß und mitfühlend und göttlich... Et c'est Lui qui aura la victoire finale [Er wird den endgültigen Sieg davontragen].
Wenn ihr jetzt als einzelne helfen wollt, braucht ihr nur zu beten. Was der Herr will, wird getan. Was immer er mit diesem armen Körper beabsichtigt, wird er tun.
(Etwas später, als ihr diese Aufzeichnung vorgelesen wurde:)
Der Kampf findet im Körper statt.
Es kann nicht so weitergehen. Sie müssen bezwungen werden, sonst wird dieser Körper bezwungen... Alles hängt davon ab, was der Herr beschließt.
Der Körper ist das Schlachtfeld. Wie weit ich widerstehen kann, weiß ich nicht. Schließlich hängt alles von Ihm ab. Er weiß, ob die Zeit gekommen ist oder nicht – die Zeit für den Beginn des Sieges, dann wird der Körper überleben; falls nicht, werden meine Liebe und mein Bewußtsein auf jeden Fall da sein.