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Mutters

Agenda

achten Band

12. Juli 1967

(Mutter bat Satprem, eine Aufnahme europäischer Musik anzuhören.)

Dieser kreischende Sopran war ganz einfach abscheulich. Selbst Schuberts Musik und Haydns Trio schienen mir künstlich.

Ich kann keine Musik mehr hören.

Gelegentlich sind zwei, drei Töne sehr gut, und der Rest ist mentale Konstruktion. Ich kann keine Musik mehr hören.

Nur Sunils Musik geht noch an. Auch dort gibt es noch "Lückenbüßer", aber nicht allzuviele.

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*   *

Gestern erhielt ich sechsundzwanzig Briefe an einem Tag. Heute wartet schon wieder ein ganzer Stapel. Wie soll ich Zeit finden, darauf zu antworten?... Ich beantworte vier, fünf, sechs Briefe täglich – ich finde, das ist schon recht gut. (Mutter lacht)

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*   *

Etwas später

Plötzlich ist es, als ob man für zwei, drei Sekunden den Schlüssel in der Hand hielte. Alles, was man für gewöhnlich ein Wunder nennt, erscheint als die einfachste Sache der Welt: "Aber es ist doch ganz einfach, man muß nur das tun!" Und dann... geht es wieder weg. Wenn es weg ist, sucht und strebt man danach – völlig vergeblich.

Wenn es da ist, ist es so einfach, so natürlich! Und absolut allmächtig.

(Schweigen)

Man könnte eine Welt von Dingen sagen. Aber sie auszusprechen, verdirbt alles.

Etwas scheint jedoch kommen zu wollen, und zwar die Macht zu heilen. Aber gar nicht so, wie man es beschreibt, überhaupt nicht so – es ist nicht dieses Gefühl, zu "heilen", verstehst du? Es bedeutet... (Mutter sucht) die Dinge in Ordnung zu bringen. Aber das ist es auch nicht. Es ist ein kleines Etwas, das verschwindet, und dieses kleine Etwas ist... im wesentlichen die Lüge.

Sehr eigenartig.

Im Grunde gibt gerade das dem gewöhnlichen menschlichen Bewußtsein das Empfinden der Realität. Genau das muß verschwinden. Was wir "konkret" nennen, "eine konkrete Realität"... ja, das, was einem wirklich das Gefühl der realen Existenz gibt, muß in der Tat verschwinden und ersetzt werden durch... Es läßt sich nicht ausdrücken.

(Schweigen)

Jetzt kann ich folgen.

Ich erinnere mich an meinen Zustand, als ich zurückkehrte, nachdem ich dieses Bersten WAR, diese Pulsationen, dieser Ausbruch schöpferischer Liebe 1, als ich in das gewöhnliche Bewußtsein zurückkehrte (mit einer sehr realen Erinnerung an Das, an diesen Zustand). Genau dieser Zustand, den ich als Pulsationen der schöpferischen Liebe empfand, muß hier das Bewußtsein der konkreten Realität ersetzen, die unwirklich ist, unwirklich wird: wie eine Sache ohne Leben, hart, trocken, träge, leblos. In unserem gewöhnlichen Bewußtsein (ich erinnere mich, wie es vorher war), erweckt es den Eindruck: "Dies ist konkret, dies ist real." Aber genau dieses Empfinden muß ersetzt werden durch das Phänomen des Bewußtseins dieser Pulsationen. Es ist (Mutter macht eine intensive Geste, die ihr ganzes Gesicht umhüllt) gleichzeitig All-Licht, All-Macht, All-Intensität der Liebe und eine solche FÜLLE! Es ist so voll, daß... nichts anderes neben Dem bestehen kann. Wenn Das im Körper ist, in den Zellen, genügt es, Das auf jemanden oder auf etwas zu richten, und sofort wird die Ordnung wiederhergestellt.

Kurz: es heilt. Das heilt die Krankheit. Aber es "heilt" nicht eigentlich: es löscht die Krankheit aus... Ja, es löscht sie aus.

Es macht sie unwirklich.

Absolut. Ich habe konkrete Beweise dafür.

Jede beliebige Krankheit, wirklich jede beliebige.

(Schweigen)

Ohne jeden Zweifel ist es der Zustand aller Zellen (der Schwingungen, die den Körper zusammensetzen), welcher die Sache (die Heilung) ermöglicht oder nicht, das heißt, sie wirken entweder als Übermittler oder im Gegenteil als Hindernis, je nachdem, in welchem Zustand er sich befindet (der Körper). Denn es ist keine Aktion einer "höheren Kraft" DURCH die Materie auf die anderen: es ist eine direkte Aktion (horizontale Bewegung, auf derselben Ebene) von Materie zu Materie.

Was die Leute gewöhnlich "Heilkraft" nennen, ist eine sehr große mentale oder vitale Macht, die sich dem Widerstand der Materie zum Trotz durchsetzt – aber nicht das ist hier gemeint: es wirkt durch die Ansteckung der Schwingung, unwiderruflich. Und das in Blitzesschnelle.

Noch ist es nur ein Versprechen oder ein Beispiel dessen, was sein wird: es WIRD so sein, ganz offensichtlich. Wann?... Das ist etwas anderes.

(Schweigen)

Genau hier gibt diese Schwingung den Eindruck (Mutter macht eine Geste, als ob alles anschwellen würde)... Der gewöhnliche Zustand des Körpers ist gebunden, gefesselt. Man könnte sagen, er hat sich verhärtet, ich weiß nicht. Und in diesen Momenten ist es, als ob er anschwillt, sich ausdehnt.

Leider ist es bis jetzt erst sehr flüchtig.

*
*   *

(Am Ende des Gesprächs zeigt Mutter Satprem eine Notiz, die sie am selben Morgen geschrieben hatte:)

Anstatt einander auszuschließen, sollten die Religionen sich gegenseitig ergänzen.

Sri Aurobindo sagte mir das – es ist so einfach, so einfach!

Ich sah alle diese Religionen als Facetten, als unzählige Facetten, die sich verhärten und gegeneinander wenden, und es war, als ob er sagte: "Nun, jetzt fügt all dies zusammen, und es wird so einfach sein!"

Nur ein Satz, kein Wort zuviel.

 

1 Erfahrung vom 13. April 1962, Agenda Bd. 3, S. 125.

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