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Mutters

Agenda

elften Band

7. Januar 1970

Ich habe einige Papiere wiedergefunden...

(Mutter deutet auf mehrere Notizen)

Aber erst wollte ich dir noch zwei Aphorismen zeigen, die ich gestern erhielt. Plötzlich... (Geste einer Herabkunft) ist Sri Aurobindo gekommen und schrieb etwas – auf französisch. Hinterher erinnerte ich mich nicht einmal mehr an das, was er geschrieben hatte. Ich bat nur darum, den Text sofort zu bekommen (denn er war es, der geschrieben hatte). Gestern abend brachte man ihn mir, damit ich ihn dir zeigen kann.

(Mutter überreicht Satprem ein Blatt Papier)

272 – Wer eine hohe spirituelle Stufe erreichen will, muß Prüfungen und Examen ohne Ende durchstehen. Aber die meisten Kandidaten sind nur darauf aus, den Prüfer zu bestechen.

273 – Solange deine Hände frei sind, kämpfe mit deinen Händen, und kämpfe mit deiner Stimme, deinem Gehirn und mit allen möglichen Waffen. Bist du angekettet im Verlies deines Feindes und haben seine Knebel dich mundtot gemacht? So kämpfe mit deiner stillen, alles erstürmenden Seele und mit deiner weitreichenden Willenskraft; und wenn du tot bist, kämpfe weiter mit der weltumfassenden Kraft, die von Gott in dich trat.

(Mutters Kommentar:)

"Die Wahrheit ist eine schwierige, mühsame Eroberung. Man muß ein echter Krieger sein, um diese Eroberung zu erringen, ein Krieger, der sich vor nichts fürchtet, weder vor seinen Feinden noch vor dem Tod, denn allen Schwierigkeiten zum Trotz, mit oder ohne Körper, geht der Kampf weiter und wird mit dem Sieg enden."

Wenn du nur wüßtest! Als dies kam, war es ein DICHTES goldenes Licht. Und ich konnte mich gar nicht mehr daran erinnern, was notiert worden war.

Das klingt ja fast triumphierend!

Das stimmt... Ach, es war eine Atmosphäre des Triumphes. Die Atmosphäre war dermaßen... dicht, weißt du. Ich hatte wirklich den Eindruck... ja, den Eindruck eines Sieges, einer ABSOLUTEN Gewißheit: alle Zweifel, alle Schwächen waren wie weggeblasen, alles. Hinterher fragte ich mich: "Was habe ich eigentlich geschrieben?..." – Ich wußte es nicht mehr. Man brachte es mir gestern abend, und ich las es nochmal, und da sagte ich mir: "Ach so, das ist es!..." – Ich wußte es nicht mehr.

Da herrschte so sehr das wahre Bewußtsein, in dem der Tod nicht existiert: Was ist der Tod? – Nichts. Während ich schrieb, war der Eindruck, als hätte Sri Aurobindo mich plötzlich in eine Welt der Wahrheit eintreten lassen, wo jene ganze Welt der Illusion und der Lüge keine Kraft mehr hatte.

Interessant.

Das ist unwiderlegbar.

Ja, so ist es, dazu gibt es nichts mehr zu sagen.

Wir werden es für den 15. August aufheben [Sri Aurobindos Geburtstag].

Und wenn wir es am 21. Februar verteilten [Mutters Geburtstag]?

Aber dann ohne Unterschrift?... Ich kann doch nicht mit "Sri Aurobindo" unterzeichnen. Ich würde den Eindruck erwecken, eine Fälschung zu begehen. – Ohne Unterschrift.

Aber warum? Du unterschreibst einfach selbst.

Ich bin nur noch das (Mutter deutet auf die Haut ihrer Hände).

Das ist eine Möglichkeit: ich werde es als Botschaft verteilen.

*
*   *

Beim Einordnen von Papieren fand ich einige Dinge (das ist viel weniger interessant).

(Mutter reicht Satprem eine erste Notiz)

Why do men want to worship? It is much better to become than to worship. 1

(Mutter lacht) Daran erinnere ich mich noch, das schrieb ich schon vor langer Zeit...

Im April 1969 [am 26.].

Damals schrieben mir einige Leute Briefe und taten alles mögliche, um mir ihre Verehrung usw. zu bekunden. Dabei hatte ich so sehr das Gefühl, daß sie einfach zu FAUL waren, sich zu ändern, und stattdessen bewunderten sie. (Mutter lacht)

Hier noch eine weitere Notiz:

Wenn du deine Seele finden, sie kennenlernen und ihr gehorchen willst, bleibe unbedingt hier.

Wenn dies aber nicht dein Lebensziel ist und du das Leben der großen Mehrheit der Menschen leben möchtest, kannst du natürlich zu deiner Familie zurückkehren.

Das ist auch gut. Es gibt nämlich so viele Leute, die fragen: "Warum hierbleiben?..." Da dachte ich, dies könnte nützlich sein.

Und nun zum letzten.

Gerichtet an die Leute bösen Willens:

Das Böse, das ihr absichtlich getan habt, fällt stets in der einen oder anderen Form auf euch zurück.

Unten steht eine Anmerkung: "Diktiert vom Bewußtsein des Ü.M." [Übermenschen].

Ja, dieses Bewußtsein wird eines Tages... Ich erinnere mich noch, wie ich sagte: "Warum soll man sich mit solchen Dingen abgeben?" Da antwortete es auf diese Weise und insistierte solange, bis ich es aufschrieb.

Das Böse, das ihr ABSICHTLICH getan habt (das heißt, mit der Absicht zu schaden, mit der Absicht zu zerstören), fällt immer, immer auf euch zurück... Und ich möchte hinzufügen: Es TUT ES TATSÄCHLICH – es ist dabei, es zu tun: ich SEHE es. Völlig unerwartete Dinge.

Viele Menschen haben in einer Regung von Wut oder... absichtlich etwas Böses getan – das fällt auf sie zurück.

Sollen wir das im Bulletin vom Februar bringen?

Wie du willst. Du entscheidest über das Bulletin. (Lachend) Nein, wirklich, im Ernst: in mir ist nichts mehr, das noch irgendeine Meinung hat – nichts, nirgends. Denn mir scheint, alles muß zutage treten können (Mutter dreht ihre Hand nach allen Seiten, wie um unzählige Facetten anzudeuten), so, so, so oder so... Deshalb...

Und außerdem ist es merkwürdig: Wenn etwas entschieden ist, kommt augenblicklich eine Kraft, um es zu unterstützen... Aber dies sage ich nicht, denn die Leute würden es ausnützen. Ich sage das nur unter uns. Ich habe dir das Bulletin anvertraut, und ich sehe: Sobald es entschieden ist, kommt die Kraft und gibt ihre Unterstützung – nicht, daß du nun unachtsam wirst! Aber so ist es. Das ist sehr interessant.

Sehr interessant, die Dinge werden... ich weiß nicht... konkret. Dinge, die so waren (ätherische Geste), die man dem "geistigen Bereich" zuordnete, werden konkret, materiell.

Aber wenn sich auch nur eine leise Regung schlechten Willens bemerkbar macht – ausgehend von Menschen, die nicht zufrieden sind mit dem, was das Göttliche für sie getan hat, selbst wegen einer Kleinigkeit –, sobald sie vor mich treten, und sie brauchen nicht einmal etwas zu sagen: plötzlich fangen alle meine Nerven an, fürchterlich zu schmerzen – und dann weiß ich Bescheid. Das ist schon dreimal passiert 2 . Dabei handelt es sich um Leute, die nach außen hin voll guten Willens sind. Aber eine kleine derartige Regung genügt. Es genügt, daß eine solche Kraft auch nur in einem Detail anwesend ist, und schon fangen alle Nerven an zu schmerzen.

Da ist T.F., die ein umfangreiches, wirklich bemerkenswertes Drehbuch zusammengestellt hat. Sie hat mir die Hälfte davon vorgelesen (wirklich bemerkenswert), und ihre Beschreibung der vitalen Welt und des Lebens, die sie mir vorlas... Mein Kind! Diese Beschreibung übertrifft mit Sicherheit das menschliche Bewußtsein: nur das Bewußtsein eines vitalen Wesens konnte dies schreiben – das gab mir ein Fieber. Dabei fühlte ich mich nicht unwohl, nichts – ich bewunderte ihre Erzählung und sagte mir: man muß verdammt beschlagen sein, um so etwas zu schreiben (es war unglaublich präzise, verstehst du, es ging ganz gewiß über das Menschliche hinaus). Und sie selbst sagte mir nachher: "Ach, ich hab dir ein Fieber gegeben." Und das stimmte, ich hatte Fieber. Jetzt ist es vorbei – völlig weg.

So sind die Dinge, verstehst du, sie werden... real.

*
*   *

(In bezug auf einen Schüler)

... Du bist überaus gut zu ihm.

(Mutter lächelt)

Für mich gilt: Barmherzigkeit gegenüber jeder Sünde.

Aber kann es denn Barmherzigkeit gegenüber totalem Egoismus geben?

Oh, ja! Ja. So ist es...

 

1 "Warum wollen die Menschen anbeten? Es ist viel besser, zu werden, als anzubeten."

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2 Siehe Agenda Bd. 10, vom 12. November und 24. Dezember 1969. Wir berühren hier vielleicht die zentrale physische Schwierigkeit, die für Mutter zur Qual wurde. Es war nicht das "Problem der Transformation" sondern das Problem ihrer Anhänger.

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