SITE OF SRI AUROBINDO & THE MOTHER
      
Home Page | Workings | Workings by Sri Aurobindo | Briefe über den Yoga — 03

SRI AUROBINDO

Briefe über den Yoga

Band 4

4. Die Umwandlung des Unterbewussten und Unbewussten

Solange die supramentale Wandlung bis hinab zum Unterbewussten nicht stattgefunden hat, und zwar voll und ganz, wird die niedere Natur auf irgendeinen Teil des Wesens immer einen Einfluss ausüben.

*

Die unterbewusste Schwierigkeit ist jetzt die Schwierigkeit überhaupt – weil der ganze Kampf in der allgemeinen Sadhana dort stattfindet. Es ist im Unterbewussten und nicht mehr im Vital oder bewussten Physischen, wo sich aller Widerstand zusammenballt.

*

Das innere Wesen hängt nicht vom Unterbewussten ab, doch in Tausenden von Leben war das äußere [Wesen] davon abhängig – das ist der Grund, warum das äußere Wesen und die Gewohnheit des physischen Bewusstseins, auf das Unterbewusste anzusprechen, ein gewaltiges Hindernis für den Fortschritt der Sadhana darstellen können – und bei den meisten ist das auch der Fall. Es erhält die Wiederholung der alten Bewegungen aufrecht, zieht stets das Bewusstsein nach unten, widersetzt sich der Stetigkeit des Aufstiegs und hemmt mit der alten Natur oder auch mit tamas (Nicht-Erleuchtung und Nicht-Aktivität) die Herabkunft. Nur wenn du voll und dynamisch im inneren Wesen lebst und das äußere als eine ziemlich oberflächliche Sache empfindest, vermagst du dich von dem Hemmnis zu befreien oder es zu verringern, bis die Umwandlung des äußeren Wesens vollständig ist.

*

Das Unterbewusste ist ein dunkler und unwissender Bereich, weshalb es natürlich ist, dass die dunkleren Bewegungen der Natur dort mehr Macht haben. So ist es in der Tat mit allen niederen Teilen der Natur, das heißt vom niederen Vital abwärts. Doch sendet es [das Unterbewusste] auch gute Dinge empor, wenngleich seltener. Es muss im Lauf der Sadhana erleuchtet und zu einer Stütze des höheren Bewusstseins in der physischen Natur gemacht werden, statt eine Basis der instinktiven niederen Bewegungen zu sein.

*

Das Unterbewusste muss vom Licht durchdrungen und zur Grundlage der Wahrheit gemacht werden, zu einem Speicher richtiger Eindrücke, richtiger physischer Erwiderungen auf die Wahrheit. Streng genommen wird es überhaupt nicht mehr unterbewusst sein, sondern eine Art Schatzkammer der wahren Werte darstellen, die für den Gebrauch bereitgehalten wird.

*

Das Wirken [der Sadhana im Unterbewussten] ist nicht individuell, sondern von allgemeiner Natur, doch ist hier notwendigerweise jeder in gewissem Umfang davon betroffen. Wenn Bewusstsein und Licht nicht in das Unterbewusste gebracht werden, kann es dort keine Wandlung geben. Denn es ist das Unterbewusste, wo sich die Keime all der alten, niederen vitalen Instinkte und Bewegungen befinden, und so sehr sie auch im niederen Vital selbst eine Reinigung erfahren, so können sie doch von unten wiederum emporschießen. Das Unterbewusste muss dem höheren Bewusstsein und dem Licht der Wahrheit Einlass gewähren.

*

Nur wenn das Mental schweigt, kann das Unterbewusste leer sein. Man muss an den alten unwissenden, unyogischen Stoff aus dem Unterbewussten entfernen.

*

Wenn das Unterbewusste leer wird, würde das bedeuten, dass du über das gewöhnliche Bewusstsein hinausgelangt bist und das Unterbewusste selbst darauf vorbereitet ist, ein Instrument der Wahrheit zu sein.

*

[Die ersten Auswirkungen des Lichtes, wenn es das Unterbewusste durchdringt und wandelt:]

1. Es wird leichter zu erkennen sein, was das Unterbewusste enthält.

2. Dinge, die von dort aufsteigen, werden vom Mental wahrgenommen, bevor sie das Bewusstsein berühren oder beeinträchtigen können.

3. Das Unterbewusste wird nicht so sehr Zufluchtsort unwissender oder dunkler Bewegungen sein, sondern mehr eine automatische Reaktion des Stofflichen auf das höhere Bewusstsein.

4. Es wird den Suggestionen der feindlichen Kräfte weniger Deckung und Durchlass gewähren.

5. Es wird leichter, im Schlaf bewusst zu sein und eine höhere Art von Traumerfahrung zu haben. Man kann feindlichen Träumen, zum Beispiel Sex-Suggestionen, begegnen und [diesen Sex-Suggestionen] bereits im Traum Einhalt gebieten, wodurch Folgeerscheinungen, wie Emissionen, verhindert werden können.

6. Ein bewusster Wille, der vor dem Einschlafen auf den Traumzustand eingesetzt wird, wird immer wirksamer.

*

Die bewussten Teile müssen zuerst vorbereitet werden, vorher ist es unmöglich, mit dem Unterbewussten erfolgreich umzugehen, außer in Einzelfällen. Genauso wie der Musiker zuerst mit seinem Mental, seiner vitalen (ästhetischen) Wahrnehmung und seinem Willen die rechte Grundlage und Ausführung seiner Musik erlernen und seinen Fingern die Ausübung beibringen muss, so wird später das Unterbewusste diese Arbeit seiner Finger erlernen und ganz von selbst das Richtige tun – zum Beispiel die richtige Tonlage anstimmen, ohne dass seine Augen zu folgen brauchen.

*

Weil sich das Unterbewusste genau unter dem Physischen befindet, kann das erleuchtete Physische unmittelbar und vollständig darauf einwirken, und zwar in einer Weise, wie es Mental und Vital nicht können; und dieses direkte Einwirken kann auch für die Befreiung des Mentals und des Vitals förderlich sein.

*

Es ist nicht wahr, dass formlose Dinge keine Macht haben können – notwendig ist nur, dass sie eine Kraft in sich bergen. Das Unterbewusste beeinflusst den Körper, weil alles im Körper sich aus dem Unterbewussten heraus entwickelt hat und für sich betrachtet erst halbbewusst ist und ein großer Teil seiner Tätigkeit als unterbewusst bezeichnet werden muss. Er wird daher viel leichter durch das Unterbewusste beeinflusst als durch das bewusste Mental und den bewussten Willen oder selbst durch das vitale Mental und den vitalen Willen, ausgenommen jene Dinge, in denen eine bewusste mentale oder vitale Kontrolle errichtet wurde und das Unterbewusste selbst sie akzeptiert hat. Wenn es nicht so wäre, könnte der Mensch seine Tätigkeiten und physischen Zustände vollständig kontrollieren, es gäbe keine Krankheiten, oder sie könnten, wenn es sie gäbe, sofort durch mentales Eingreifen kuriert werden. Aber das ist nicht der Fall. Aus diesem Grund muss das höhere Bewusstsein herabgebracht werden, müssen der Körper und das Unterbewusste durch es erleuchtet und daran gewöhnt werden, seiner Kontrolle zu gehorchen.

*

Was du schreibst ist richtig. Wenn das physische Bewusstsein gewandelt werden soll, ist die Arbeit im Unterbewussten wesentlich, da es einen großen Einfluss auf das Physische ausübt, das sehr von ihm abhängig ist. Wenn auf das Unterbewusste eingewirkt wird, tritt anfangs natürlich eine Einbuße des [bereits erworbenen] Bewusstseins auf. Du hast darauf zu achten, dass dies nicht zur Gewohnheit wird. Wenn du mit dem Willen, diesen Hang zu verändern, darauf reagierst (ein Kampf ist unnötig), wird es beizeiten vorübergehen.

*

Es [das unterbewusste Vital-Physische] ist mit der Seele überhaupt nicht in Verbindung. Es ist voller Finsternis, nicht bewusst, gänzlich unwissend.

*

Das Stoffliche ist zum großen Teil unterbewusst – es hängt hinsichtlich seines wachen Bewusstseins von den subtilen Teilen ab.

*

Es ist gut so. Leere und Schweigen des Bewusstseins bereiten das Wesen darauf vor, im Inneren zu leben und das äußere Bewusstsein nur als ein Mittel der Verbindung mit der physischen Welt und für das Einwirken auf sie zu benutzen.

So wie es ein Überbewusstsein über dem Kopf gibt (etwas über unserem gegenwärtigen Bewusstsein), von dem das höhere Bewusstsein in den Körper herabkommt, so gibt es auch ein Unterbewusstsein (etwas unter unserem Bewusstsein), unter den Füßen. Die Materie steht unter der Kontrolle dieser Macht, denn daraus wurde sie geschaffen – es ist der Grund, warum Materie uns ziemlich unbewusst erscheint. Aus dem gleichen Grund steht der stoffliche Körper sehr unter dem Einfluss dieser Macht, und wir sind uns deshalb großenteils nicht bewusst, was im Körper vor sich geht. Wenn wir schlafen, sinkt das äußere Bewusstsein in dieses Unterbewusste ab und nimmt daher im Schlaf nicht wahr, was in uns vorgeht, einige wenige Träume ausgenommen. Viele dieser Träume erheben sich aus dem Unterbewussten und enthalten alte Erinnerungen, Eindrücke usw., die aufs Geratewohl zusammengefügt sind. Denn das Unterbewusste empfängt die Eindrücke von allem, was wir in unserem Leben tun oder erfahren, es bewahrt diese Eindrücke in sich und sendet Fragmente davon häufig in den Schlaf empor. Es ist ein sehr wichtiger Teil des Wesens, doch können wir mit dem bewussten Willen nicht viel damit anfangen. Es ist die in uns wirkende höhere Kraft, die in ihrer natürlichen Entwicklung [in dem natürlichen Verlauf ihres Herabkommens in die verschiedenen Wesensteile] sich das Unterbewusste erschließt und ihre Kontrolle und ihr Licht in es herabbringen wird.

Das nicht sprechende Mental ist in Ordnung. Es trägt in diesem Stadium im allgemeinen zur Konzentration bei.

*

Dein Traum war tatsächlich ein Emporsteigen von vergangenen Gestaltungen oder Eindrücken aus dem Unterbewussten. Alles, was wir im Leben tun, fühlen oder erfahren, hinterlässt einen Eindruck, eine Art essentieller Erinnerung im Unterbewussten, und dies kann in Träumen aufsteigen, selbst lange nachdem diese Gefühle, Bewegungen oder Erfahrungen im bewussten Wesen zu existieren aufgehört haben – umso mehr wenn sie vor kurzem stattgefunden haben und erst jetzt oder unlängst vom Mental oder Vital hinausgestoßen wurden. Auf diese Weise geschieht es, dass lange nachdem man aufgehört hat, an alte Bekannte oder Verwandte zu denken, aus dieser Quelle immer wieder Träume von ihnen aufsteigen. Ebenso können noch, selbst wenn Zorn oder Sex das bewusste Vital nicht länger stören, Träume über Sex, Träume über Zorn oder Hader aufsteigen. Erst dann, wenn das Unterbewusste gereinigt ist, hören sie auf; sie haben jedoch keine große Bedeutung (vorausgesetzt man versteht, was sie darstellen, und ist davon nicht betroffen), solange den alten Bewegungen nicht erlaubt wird, in den Wachzustand zurückzukehren oder dort zu verbleiben.

*

Sie [die Unaufrichtigkeit im unterbewussten Vital] kann nur dann gefährlich sein, wenn das Wachmental sie akzeptiert. Immerhin, solange sie im Unterbewussten bleibt, besteht der Keim einer Möglichkeit für sie – daher muss man sich ganz von ihr befreien.

*

Gerade jetzt findet ein starkes Aufwallen des Unterbewussten statt, das die Keime oder kraftvollen Überreste der gewohnten Schwierigkeiten der Natur enthält. Seinem Wesen nach besteht es aus Verworrenheit und Finsternis, ohne System oder klare mentale oder sonstige Ordnung – eine Wirrnis aus Depression, Entmutigung, Unfähigkeit zum Fortschritt, verbunden mit dem Gefühl: „Was tun wir eigentlich? Warum sind wir hier? Wie können wir weitermachen? Wird irgend etwas jemals erreicht werden?“ und den damit einhergehenden alten Schwierigkeiten, die in einer verworrenen, willkürlichen und oft heftigen und bedrückenden Weise wiederkehren.

Du kannst nicht wieder „von vorne“ anfangen; es wäre eine zu schwierige Sache in dieser Wirrnis. Du musst zu dem Punkt zurückkehren, an dem du vom Weg abgewichen bist. Wenn du zu dem Frieden zurückkehrst, der im Begriff war sich einzustellen, und in diesem Frieden nach der Freiheit und Weite des purusa- Bewusstseins strebst – das einen point d‘ appui der Loslösung und Trennung von all dieser Wirrnis der unterbewussten prakrti bildet –, dann wirst du festen Grund unter den Füßen haben, auf dem du stehen und fortschreiten kannst. Aber hierfür hast du eine entschlossene Wahl zu treffen und musst dich weigern, in jedem geeigneten Augenblick erregt zu sein und dich davon ablenken zu lassen.

*

Es gibt im Unterbewussten immer viel zu tun. Aber wenn du es besonders spürst, ist sicher die Zeit für diese Reinigung gekommen. Wenn sich die anderen [Wesens-] Teile offen halten und zur Erwiderung bereit sind, sollte dies nicht allzu viel Mühe verursachen.

*

All das sind vermutlich Dinge, die sich aus dem Unterbewussten erheben – oder es wird vielleicht auf das Unterbewusste selbst eingewirkt, um einen Zustand des Lichtes und Friedens zu erreichen. Es [das Unterbewusste] tritt manchmal in einen glücklichen Zustand ein, manchmal in einen neutralen, manchmal lässt es grundlose Sorge aufkommen. Die Bewegungen des Unterbewussten finden sogar ohne Ursache statt, von selbst, aufgrund der innewohnenden Gewohnheit der Natur – daher hat Kummer oft keine erkennbare Ursache. Du kannst ihn nicht lokalisieren, weil er sich im Unterbewussten befindet. Wenn Kummer sich einstellt, musst du dich von ihm distanzieren, ihn zurückweisen, darfst ihn nicht als etwas Eigenes betrachten, und musst stattdessen den Frieden und Ananda der Mutter herabrufen, bis er [der Kummer] nicht mehr kommt.

*

Es ist in Ordnung. Wir werden dir bestimmt in der Weise helfen, wie du es erbeten hast.

Was die Stimmung anbelangt, die dich überkam, so erhebt sie sich aus dem Unterbewussten, wohin die Dinge der alten Natur absinken, wenn sie zurückgewiesen werden. Wenn derartige Stimmungen aufkommen, musst du ruhig bleiben und die Mutter rufen, bis sie vorübergegangen sind. Nach einer Weile erschöpft sich die Macht der mechanischen, grundlosen Wiederkehr aus dem Unterbewussten und verschwindet – dann treten diese Stimmungen nicht mehr auf.

*

Vermutlich ist es etwas, das von außen kam und es [das innere Wesen] verhüllte. Das kann in diesem Stadium vorkommen, wenn die Arbeit im Physischen und Unterbewussten stattfindet – denn es ist die Eigenart dieser Teile, im äußeren Wesen zu leben, während das innere durch eine Art natürlichen Schleier aus Finsternis verhüllt wird. Daher besteht die Neigung zur Rückkehr, wenn man die Öffnung durch diesen Schleier vollzieht. Wenn das geschieht, muss man unbeeinflusst bleiben und die Kraft und das Licht zur Beseitigung des Hindernisses herabrufen. Das muss so lange geschehen, bis das Sich-Öffnen andauernd und vollständig und ein Verhüllen nicht mehr möglich ist.

*

So ist es immer mit Eindrücken, die im unterbewussten Physischen zurückbleiben. Einmal erscheinen sie als blasse, ferne Dinge, ohne Leben in sich; ein andermal scheinen sie eine gewisse Kraft zu besitzen. Es hängt davon ab, ob sie von einem Strom universaler Kraft erfasst werden oder von selbst aufsteigen, ohne innere Kraft, außer jener, die ihnen aus der Vergangenheit noch innewohnt.

*

Es geschah vermutlich deshalb, weil zur Zeit auf das physische Bewusstsein eingewirkt wird – dabei erheben sich massenhaft alle vergangenen Eindrücke (die im allgemeinen im Unterbewussten bleiben und von Zeit zu Zeit aufsteigen, wobei sie das Denken, Handeln und Fühlen unbemerkt beeinflussen) und werfen sich auf das Bewusstsein. Das geschieht deshalb, damit der Sadhak sie erkennen, zurückweisen und gänzlich von seiner physischen Vergangenheit befreit werden kann (sowohl im Unterbewussten als auch in den bewussten Teilen). Aus diesem Grund hattest du später die Empfindung der Erleichterung. Der Hals ist das Zentrum des sich Ausdruck verleihenden Mentals (das physische Mental).

*

Es kommt höchstwahrscheinlich aus dem Unterbewussten. Wenn sich diese Erinnerungen einstellen, sollten sie unter dem Gesichtspunkt behandelt werden, dass sie aufgestiegen sind, um aufgelöst und verbannt zu werden, damit durch ihre ständige Vernichtung verhindert wird, dass man durch die Eindrücke im Unterbewussten an die Vergangenheit gebunden bleibt (das ist der Mechanismus des karma), und man stattdessen frei ist für die ungebundene Zukunft des Spirits.

Das beste ist, wenn du zur wahren Erkenntnis gelangen kannst, warum es geschah und welchem Zweck es diente; dann verschwindet es leicht.

*

Dieser Rückblick auf die Vergangenheit ist ein sehr gutes Zeichen, denn er findet im allgemeinen dann statt, wenn das physische Bewusstsein und das Unterbewusstsein zur Wandlung vorbereitet werden. Man hat die Fehltritte der Vergangenheit nicht zu bedauern, sondern muss sie ruhig und mit Verständnis betrachten, denn alles, die Fehltritte mit eingeschlossen, war ein Teil der notwendigen Erfahrung, durch welche das Wesen lernt und durch Irren zum Licht und durch die Unvollkommenheiten der Natur zur göttlichen Vollendung gelangt.

*

Was du beschreibst, scheint seinem Wesen nach ein unkontrolliertes Aufwallen aus dem Unterbewussten zu sein, das die Form einer mechanischen Wiederkehr alter Gedanken, Interessen oder Begierden annimmt, womit das physische Mental gewöhnlich beschäftigt ist. Wenn das alles wäre, gälte es nur eines zu tun, nämlich sie zurückzuweisen, sich loszulösen und sie vorbeigehen zu lassen, bis sie sich beruhigt haben. Doch entnehme ich deinem Bericht, dass ein Angriff stattfindet, dass eine dunkle Kraft diese Wiederkehr benützt, um in das Mental und den Körper einzudringen und sie zu quälen. Es wäre von Nutzen, wenn du die hauptsächliche Eigenart der auftretenden Gedanken genau beschreiben könntest und um welche Dinge und Ideen es sich dabei handelt. In jedem Fall aber ist das einzige, was zu geschehen hat, dich durch Streben der Kraft der Mutter zu öffnen, oder indem du an sie denkst oder auf jede andere Weise, und hierdurch die Attacke zu vertreiben. Wir werden dir immerfort die Kraft senden, bis das geschehen ist. Es wäre gut, wenn du uns etwa alle drei Tage wissen ließest, wie du zurechtkommst, denn das wird dazu beitragen, ein gezielteres Wirken der Kraft herbeizuführen.

*

Diese Sehnsüchte und Begierden sind alte Gewohnheiten des Physischen, die aus der universalen Natur stammen und die es als Teil seiner selbst und seines Lebens angenommen hat. Wenn diese Dinge durch das Wachbewusstsein zurückgewiesen werden, versuchen sie im Unterbewussten Zuflucht zu nehmen oder aber in dem, was man das [den Menschen] umgebende (environmental) Bewusstsein nennen könnte; und von dort üben sie einen Druck auf das Bewusstsein aus und versuchen, ihre Macht zurückzugewinnen oder einfach für eine gewisse Zeit zurückzukehren. Wenn sie im Unterbewussten sind, steigen sie am häufigsten in Träumen auf, doch können sie auch in das Wachbewusstsein empordringen. Wenn sie aus der Umwelt kommen, nehmen sie die Form von Gedanken-Suggestionen oder Impulsen an oder werden zu einem vagen, rastlosen oder störenden Druck. Es ist vermutlich dieser Druck aus der Umwelt, den du fühlst. Wenn der Körper vom neuen Bewusstsein erfüllt ist – Friede und Macht zur gleichen Zeit –, wird dieser äußere Druck zwar gefühlt, kann aber nicht länger stören, zieht sich schließlich weit zurück (wirkt nicht länger unmittelbar auf das physische Mental oder den Körper ein) und verschwindet entweder allmählich oder rasch.

Mit dem umgebenden Bewusstsein meine ich etwas, das jeden Menschen umgibt, außerhalb seines Körpers, selbst wenn er sich dessen nicht bewusst ist – durch das er mit anderen Menschen und den universalen Kräften in Kontakt steht. Durch dieses umgebende Bewusstsein treten Gedanken, Gefühle, usw. von anderen in ihn ein – auch die Wogen der universalen Kraft –, dringen Begehren, Sex usw. ein und ergreifen vom Mental, Vital oder vom Körper Besitz.

*

Diese Gedanken, die dich im Schlaf oder in dem Stadium zwischen Schlaf und Wachen anfallen, gehören nicht zu irgendeinem Teil deines bewussten Wesens, sondern kommen entweder aus dem Unterbewussten oder von der dich umgebenden Atmosphäre durch das Unterbewusste. Wenn es Gedanken sind, die du in der Vergangenheit hattest und die von dir hinausgestoßen wurden, muss es sich bei dem, was sich erhebt, um die Eindrücke handeln, die sie im Unterbewussten zurückgelassen haben – denn all das, was du gedacht, gefühlt oder erfahren hast, lässt solche Eindrücke zurück, die im Schlaf von dorther aufsteigen können. Oder die Gedanken können aus dir gekommen und in das dich umgebende (environmental) Bewusstsein gewandert sein – das heißt in eine Atmosphäre des Bewusstseins, die sich rings um uns befindet und durch die wir mit der universalen Natur in Verbindung stehen –, von wo sie sich erheben, um zu dir zurückzukehren. Da es ihnen im Wachzustand nicht gelingt, benützen sie die Abwesenheit der bewussten Kontrolle im Schlaf und erscheinen dort. Wenn es aber etwas Neues ist, das nicht zu dir gehört, dann handelt es sich nicht um diese Dinge, sondern es ist die Attacke einer äußeren Kraft.

Es ist zu hoffen, dass sie [diese Gedanken] aufgrund deiner Zurückweisung nicht wiederkehren werden; wenn sie es aber dennoch tun, musst du vor dem Einschlafen einen bewussten Willen einsetzen, um zu verhindern, dass sie kommen, Eine Suggestion dieser Art auf das Unterbewusste hat oft Erfolg, wenn auch nicht sofort, dann doch nach einiger Zeit; denn das Unterbewusste lernt, dem Willen zu gehorchen, der ihm im Wachzustand auferlegt wurde.

*

Das, was geschieht – das Verebben der Woge unterbewusster Gedanken und Bewegungen und ihres Druckes auf das Mental –, ist genau das, was zu geschehen hat. Es ist keine Unterdrückung oder Verdrängung in das Unterbewusste, sondern ein Vertreiben aus dem bewussten Selbst, in das diese Dinge aufgestiegen waren. Es ist richtig, dass sich noch mehr aus dem Unterbewussten erheben kann, aber es wird sich um etwas handeln, was dort noch übrig geblieben ist. Was du jetzt zurückweist, wandert – wenn es nicht ausgelöscht wird, sondern irgendwohin geht – nicht in das Unterbewusste, sondern in das dich umgebende Bewusstsein, das man um sich trägt; wenn es einmal dort ist, gehört es in keiner Weise mehr zu einem selbst, und wenn es zurückzukehren versucht, ist es etwas Fremdes, das man nicht länger akzeptieren oder zulassen darf. Dies sind die bei den letzten Stadien der Zurückweisung, durch die man sich von den alten Dingen der Natur befreit; sie wandern entweder in das Unterbewusste hinab, und man muss sich von dorther von ihnen befreien oder sie wandern hinaus in das uns umgebende Bewusstsein und gehören nicht länger mehr zu uns.

Die Idee, dass man das, was sich aus dem Unterbewussten erhebt, solange wiederkehren lässt, bis es sich erschöpft hat, ist nicht die richtige Idee. Denn das würde unnötigerweise den gestörten Zustand verlängern und könnte schädlich sein. Wenn diese Dinge aufsteigen, müssen sie beobachtet, dann hinausgestoßen und dürfen nicht bewahrt werden.

*

Sri Aurobindo war bis jetzt nicht in der Lage, deinen Brief zu beantworten, aber die Antworten, die nachfolgend Punkt für Punkt gegeben sind, werden dir dennoch gesandt, da er glaubt, sie könnten für deine künftige Sadhana von Nutzen sein:

1. „Widerwärtige Szenen usw.“

Es muss etwas sein, das sich aus dem Unterbewussten erhebt, wo es viele seltsame Dinge dieser Art gibt – oder aber es sind Gestaltungen, die von der entsprechenden Ebene der universalen Natur auf das niedere vitale Bewusstsein geworfen wurden, wo es Kräfte gibt, die sich an Schmutz, Widerwärtigkeit und allen Arten von Perversitäten ergötzen. In jedem Fall hat die erforderliche Reaktion in einer stetigen losgelösten Zurückweisung zu bestehen.

2. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn man das eigene Bett als āsana benützt.

3. Schwierigkeiten in Verbindung mit Sex:

Das ist eine ganz allgemeine Erscheinung, wenn man die sexuelle Betätigung einstellt und sie aus dem bewussten Mental und Vital zurückweist. Sie nimmt Zuflucht im Unterbewussten, das nicht unter der unmittelbaren Kontrolle des Mentals steht, und tritt in Form von Träumen auf, welche Emissionen verursachen. Das ist solange der Fall, bis das Unterbewusste geläutert ist. Es wird manchmal dadurch erreicht, dass man vor dem Einschlafen einen starken Willen oder wenn möglich einen konkreten Kraftstrom auf das Sexzentrum lenkt. Man kann nicht immer einen sofortigen Erfolg verzeichnen, aber wenn es eindrucksvoll geschieht, wird das Ganze voraussichtlich nicht mehr so oft vorkommen und schließlich überhaupt aufhören.

Diese Dinge (Ansammlung von Urin, scharfes, anregendes Essen usw.) sind alles auslösende oder förderliche Ursachen oder können es sein. Das unterbewusste Aufwallen ist oft, wie beschrieben, einem Rhythmus unterworfen – es findet entweder zu einer bestimmten Zeit des Monats statt oder auch nach einer bestimmten Zeitspanne (einer Woche, zwei Wochen, einem Monat, sechs Monaten).

4. Die Klassifikationen des samadhi-Zustandes:

Für diesen Yoga sind diese Einteilungen nicht so wichtig.

5. Die Erfahrung des samadhi-Zustandes:

In diesem Stadium [der Sadhana] ist sie nicht unerlässlich; wenn sie aber von selbst eintritt, kann man ihre Weiterentwicklung zulassen. Wichtiger in diesem Yoga aber ist die Erfahrung im Wachzustand. Der samadhi-Zustand ist eine Hilfe, um die inneren Tiefen des Bewusstseins zu erreichen. Durch ihn kann man leichter nach innen gehen, unter das Oberflächenwesen, um den unmittelbaren Kontakt mit anderen überphysischen Ebenen der Erfahrung aufzunehmen, um in andere Welten einzutreten und zurückzukehren, um mit fernen Ereignissen in Raum und Zeit in Verbindung zu kommen, um zu erkennen, was sich im Überbewussten befindet und in das einzutreten, was für unseren mentalen Zustand überbewusst ist.

6. Das kosmische Bewusstsein – die Seele:

Mit diesen Dingen kann man sich in einem kurzen Überblick nicht zur Genüge auseinandersetzen. Das gewöhnliche Bewusstsein des Menschen ist auf seine Individualität begrenzt; er vermag in das Bewusstsein anderer Menschen und des Universals nur mit Hilfe indirekter Mittel oder durch ein oberflächliches und unvollständiges Erfassen einzutreten, durch Sinnenerfahrung, Kontakte, emotionelle Sympathie, durch mentale Auffassungen, durch die Übereinstimmung seiner eigenen Bewegungen mit der von anderen, durch Rückschlüsse. Im Yoga bricht an einem bestimmten Punkt diese Begrenzung zusammen, das Bewusstsein weitet sich, wird sich direkt des kosmischen Selbstes bewusst und weiß das individuelle Selbst im Einssein damit; es wird sich der kosmischen Energie bewusst und tritt mit dem Wirken der kosmischen Kräfte in unmittelbaren Kontakt; auch mit dem des kosmischen Mentals und Lebens und der kosmischen Materie und fühlt zuerst einen Kontakt seines individuellen Mentals, Lebens und Körpers damit, dann ein Einssein, in dem die eigene individuelle Mentalität, Vitalität, Körperlichkeit nur als ein Teil des Universalen empfunden wird, als eine Woge im Ozean, ein Dynamo, der die universalen Kräfte empfängt und umformt. Schließlich verschmilzt das individuelle Bewusstsein mit dem kosmischen, man fühlt die ganze Welt in sich selbst und fühlt sich selbst von der Welt durchdrungen – das ist das kosmische Bewusstsein, das kosmische Mental und Leben, die stoffliche (kosmische) Energie, die durch die individuelle Tätigkeit wirkt. Das getrennte Ego hat entweder aufgehört zu bestehen oder ist nur ein Hilfsmittel für den universalen Spirit und sein Wirken. Das ist die wahre Vollendung des kosmischen Bewusstseins, die aber in ihrer Fülle nicht etwas allgemein Verbreitetes ist, sondern eigentlich zu dem gehört, was wir die Obermental-Verwirklichung nennen können; doch eine dauernde teilweise und wachsende Erfahrung davon oder ein wachsender Kontakt mit dem kosmischen Bewusstsein gehört normalerweise zum Yoga.

Das, was man in der Terminologie des Yoga unter „psychisch“ versteht, ist das Element der Seele in der Natur, die reine Seele oder der göttliche Nukleus, der hinter dem Mental, Leben und Körper steht (es ist nicht das Ego) und dessen wir uns nur undeutlich bewusst sind. Es ist ein Teil des Göttlichen, und er besteht fort von Leben zu Leben, wobei er die Lebenserfahrung durch seine äußeren Instrumente empfängt. In dem Maße, wie diese Erfahrung wächst, offenbart er eine sich entfaltende seelische Persönlichkeit, die immer auf dem Guten, Wahren und Schönen beharrt und schließlich bereit und stark genug wird, die [menschliche] Natur dem Göttlichen zuzuwenden. Sie kann dann gänzlich hervortreten und den mentalen, vitalen und physischen Schirm durchbrechen, die Instinkte beherrschen und die Menschennatur wandeln. Die Natur drängt sich nicht länger mehr der Seele auf; vielmehr ist es die Seele, der purusa, der der Natur seine Befehle auferlegt.

*

Dich einer Psychoanalyse zu unterziehen war ein Fehler. Zumindest für den Augenblick hat es die Arbeit der Läuterung komplizierter und nicht einfacher gemacht. Die Psychoanalyse von Freud ist das letzte, was man mit dem Yoga in Verbindung bringen sollte. Sie befasst sich mit einem bestimmten Teil, dem dunkelsten, dem gefährlichsten, dem abträglichsten Teil der [menschlichen] Natur, mit der niederen vitalen, unterbewussten Schicht, isoliert einige ihrer krankhaftesten Erscheinungsformen und unterstellt ihnen einen Einfluss, der in keinem Verhältnis zu ihrer wahren Rolle in der Natur steht. Moderne Psychologie ist eine in den Kinderschuhen steckende Wissenschaft, sowohl unbesonnen als auch unsicher und unausgereift. Wie bei allen neu entwickelten Wissenschaften tobt sich die universale Gewohnheit des menschlichen Mentals hier aus: eine teilweise oder örtlich begrenzte Wahrheit ungebührlich zu verallgemeinern und zu versuchen, den gesamten Bereich der Natur mit ihren engen Begriffen zu erklären. Im übrigen ist es auf gefährliche Weise falsch, die Bedeutung unterdrückter sexueller Komplexe zu übertreiben; es kann einen schlimmen Einfluss haben und dahin führen, Mental und Vital grundlegend unreiner zu machen als vorher und nicht reiner.

Es ist richtig, dass das Unterschwellige [subliminal] im Menschen den größten Teil seiner Natur umfasst und das Geheimnis ungeahnter Dynamiken in sich birgt, wodurch seine Oberflächen-Tätigkeiten erklärt werden. Doch das niedere vitale Unterbewusste, das alles ist, was diese Psychoanalyse von Freud zu kennen scheint – und selbst hiervon kennt sie nur ein paar schlecht erhellte Winkel –, ist nicht mehr als ein begrenzter und sehr untergeordneter Teil des unterschwelligen Ganzen. Dahinter steht das unterschwellige Selbst und stützt den ganzen Menschen der Oberfläche; es birgt in sich ein umfassenderes und wirksameres Mental hinter dem Oberflächen-Mental, ein größeres und machtvolleres Vital hinter dem Oberflächen-Vital, ein feineres und freieres physisches Bewusstsein hinter dem Oberflächen-Dasein des Körpers. Und über diesen öffnet es sich dem höheren Überbewussten und darunter den niederen unterbewussten Bereichen. Wenn man die Natur läutern und umwandeln will, muss man sich der Macht dieser höheren Bereiche öffnen und sich zu ihnen erheben, um mit ihrer Hilfe sowohl das unterschwellige als auch das Oberflächen-Wesen zu wandeln. Auch das sollte nicht übereilt und unbesonnen, sondern mit Bedacht geschehen, indem man einer höheren Führung folgt und immer die rechte Haltung bewahrt; denn andernfalls könnte die Kraft, die herabgezogen wird, zu stark sein für das dunkle und schwache Gerüst der [menschlichen] Natur. Doch damit zu beginnen, das niedere Unterbewusste zu öffnen und zu riskieren, dass all das Verdorbene oder Finstere in ihm sich erhebt, bedeutet, vom Weg abzukommen und sich Kummer zu bereiten. Zuerst sollte man sich bemühen, dass das höhere Mental und Vital stark, beständig und voller Licht und Frieden von oben werden; dann erst kann man mit größerer Sicherheit und einiger Aussicht auf eine schnelle und erfolgreiche Wandlung das Unterbewusste öffnen und sogar in es hinabtauchen.

Die Methode, sich von den Dingen durch anubhava [Erfahrung] zu befreien, kann ebenfalls gefährlich sein; denn auf diese Weise kann man sich leicht noch mehr verstricken, statt die Freiheit zu erreichen. Hinter dieser Methode stehen zwei wohlbekannte psychologische Motive. Eines davon, das Motiv der absichtlichen Erschöpfung, hat nur in einigen Fällen Berechtigung, besonders dann, wenn eine angeborene Neigung [des Wesens] sich zu sehr festgesetzt oder einen zu ausgeprägten Charakter hat, als dass man sich durch vicāra [die intellektuelle Auseinandersetzung] oder durch Zurückweisung und Ersetzung durch die wahre Bewegung davon befreien könnte; wenn anubhava im Übermaß angewendet wird, muss der Sadhak manchmal sogar zur gewöhnlichen Tätigkeit des gewöhnlichen Lebens zurückkehren, um mit frischem Geist und frischer Willenskraft zur wahren Erfahrung zu gelangen, und dann, wenn das Hindernis ausgeräumt oder für die Ausmerzung reif ist, zum spirituellen Leben zurückkehren. Doch diese Methode des bewussten Nachgebens ist, wenngleich manchmal unvermeidlich, immer gefährlich. Sie hat nur dann Erfolg, wenn im Wesen ein sehr starker Wille zur Verwirklichung besteht; denn dann ruft dieses Nachgeben eine große Unzufriedenheit und Gegenwirkung hervor, vairāgya [Abscheu vor der Welt], und der Wille zur Vervollkommnung kann in den widerstrebenden Teil der Natur herabgebracht werden.

Das andere Motiv für anubhava ist von allgemeinerer Anwendbarkeit; denn um etwas vom Wesen zurückweisen zu können, muss man sich dessen erst bewusst werden, die klare innere Erfahrung seiner Wirkungsweise haben und seinen tatsächlichen Platz unter den Tätigkeiten der [menschlichen] Natur entdecken. Dann kann man darauf einwirken und es ausräumen, wenn es eine völlig falsche Bewegung ist, oder umwandeln, wenn es nur die Entartung einer höheren und wahren Bewegung ist. Das oder ähnliches wird im System der Psychoanalyse auf unreife und falsche Weise mit rudimentärem und ungenügendem Wissen versucht. Die Methode, die niederen Bewegungen in das volle Licht des Bewusstseins zu heben, um sie kennenzulernen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, ist unvermeidlich; denn ohne das gibt es keine vollständige Wandlung. Wahrhaft erfolgreich kann es jedoch nur dann sein, wenn ein höheres Licht und eine höhere Kraft hinreichend am Werk sind, um früher oder später die Kraft der Veranlagung, die zur Wandlung dargeboten ist, zu überwinden. Viele wühlen unter dem Vorwand von anubhava nicht nur die feindliche Bewegung auf, sondern unterstützen sie auch durch ihre Zustimmung, statt sie zurückzuweisen; sie erfinden Ausflüchte, um sie fortzusetzen oder zu wiederholen, und fahren auf diese Weise fort, damit zu spielen, sich ihrer Wiederkehr hinzugeben, sie zu verewigen; später, wenn sie sich davon befreien wollen, hat sie sich derart festgesetzt, dass sie hilflos in ihrer Gewalt sind und nur ein furchtbarer Kampf oder ein Eingreifen der göttlichen Gnade sie befreien kann. Einige tun dies aus vitaler Verschrobenheit oder Perversion heraus, andere aus reiner Unwissenheit; aber sowohl im Yoga als auch im Leben wird Unwissenheit von der Natur nicht als rechtfertigende Entschuldigung akzeptiert. Diese Gefahr besteht immer, wenn man sich den unwissenden Teilen der Natur gegenüber falsch verhält; aber nichts ist unwissender, gefährlicher, unvernünftiger und hartnäckiger in seiner Wiederkehr als das niedere vitale Unterbewusste mit seinen Bewegungen. Es zur Erlangung von anubhava übereilt oder auf falsche Weise aufzurütteln, kann zur Folge haben, dass auch die bewussten Teile von seinem dunklen und schmutzigen Stoff überflutet und auf diese Weise das ganze Vital und selbst die mentale Natur vergiftet werden. Daher sollte man immer mit einer positiven und nicht mit einer negativen Erfahrung beginnen, indem man etwas von der göttlichen Natur – die Stille, das Licht, den Gleichmut, die Reinheit, die göttliche Stärke – in die zu verwandelnden Teile des bewussten Wesens herabbringt; erst wenn das zur Genüge geschehen und eine feste, positive Grundlage geschaffen ist, ist es ungefährlich, die verborgenen unterbewussten, feindlichen Elemente aufzurütteln, um sie durch die Stärke der göttlichen Stille, des Lichtes, der Kraft und des Wissens zu vernichten und auszurotten. Auch dann wird sich von selbst noch genug von dem niederen Stoff erheben, um dir so viel anubhava zu verschaffen, wie du zur Befreiung von den Hindernissen brauchst; dann aber kannst du dich mit ihnen wesentlich ungefährdeter und unter einer höheren inneren Führung auseinandersetzen.

*

Es fällt mir schwer, diese Psychoanalytiker überhaupt ernst zu nehmen, wenn sie versuchen, spirituelle Erfahrung im Flackern ihrer Fackellichter zu prüfen – dennoch sollte man es vielleicht tun, denn Halbwissen ist eine machtvolle Sache und kann ein großes Hindernis für das Hervortreten der reinen Wahrheit sein. Diese modernen Psychologen kommen mir sehr wie Kinder vor, die ein abgekürztes und nicht ausreichendes Alphabet erlernen und jubelnd ihr A-B-C des Unterbewussten mit dem geheimnisvollen Untergrund „Super-Ego“ vermischen und sich einbilden, dass ihr erstes Schulheft dunkler Anfänge (K-A-T-Z-E=Katze, B-A-U-M=Baum) der eigentliche Kern wahren Wissens sei. Sie blicken von unten nach oben und erklären die höheren Formen des Lichtes mit Hilfe der niederen Dunkelheit; aber die Grundlage dieser Dinge ist oben und nicht unten, upari budhna eṣām. Das Überbewusste, nicht das Unterbewusste ist die wahre Grundlage der Dinge. Die Bedeutung des Lotos kann nicht ergründet werden, indem man die Geheimnisse des Schlammes analysiert, aus welchem er hier wächst; sein Geheimnis muss im himmlischen Urbild des Lotos gefunden werden, der ewig in dem Licht blüht, das über uns ist. Außerdem ist der Bereich, den die Psychologen sich ausgewählt haben, unergiebig, dunkel und begrenzt; du musst das Ganze kennen, bevor du das Detail kennen kannst, und das Höchste, bevor du das Niederste wahrhaft verstehen kannst. Dies ist die Verheißung einer höheren Psychologie, die auf ihre Stunde wartet und vor der dieses armselige Umhertappen dahinschwinden und im Nichts zerrinnen wird.

II.

Es gibt noch eine andere Ursache für die allgemeine Unfähigkeit zur Wandlung, die gegenwärtig den Sadhak belastet. Der Grund dafür ist, dass die Sadhana ganz allgemein, jetzt und schon seit langem, in das Unterbewusste herabgekommen ist; der Druck und der Ruf sollen die Wandlung in jenem Teil der Natur bewirken, der unmittelbar vom Unbewussten abhängig ist – die starren Gewohnheiten, die automatischen Bewegungen, die mechanischen Wiederholungen der Natur, die unwillkürlichen Reaktionen auf das Leben – von all dem, was zum festliegenden Charakter eines Menschen zu gehören scheint. Das muss geschehen, wenn es für die volle spirituelle Wandlung überhaupt eine Chance geben soll. Die (allgemeine und nicht individuelle) [Yoga-] Kraft ist am Werk, um das möglich zu machen; ihr Druck wirkt dahingehend – denn auf den anderen Ebenen wurde die Wandlung bereits ermöglicht (beachte aber, dass dies nicht für jedermann gilt). Das Unterbewusste dem Licht zu öffnen ist jedoch eine herkulische Aufgabe; die Wandlung auf anderen Ebenen ist viel leichter. Vorläufig hat diese Arbeit erst begonnen, und es überrascht nicht, dass sich in Dingen oder Menschen noch keine Veränderung erkennen lässt. Alles wird zu seiner Zeit kommen, aber nicht in Eile.

Was die Erfahrungen anbelangt, so ist es gut, wenn man sie hat; das Problem ist nur, dass sie die Natur nicht zu wandeln scheinen, sondern lediglich das Bewusstsein bereichern – selbst die Verwirklichung des Brahman [-Zustandes] auf der Mental-Ebene scheint die [menschliche] Natur beinahe dort zu lassen, wo sie ist – von wenigen Ausnahmen abgesehen. Aus diesem Grund bestehen wir auf der seelischen Umwandlung als dem vordringlichsten Erfordernis – denn sie ist es, die die Wandlung der Natur herbeiführt, und ihr hauptsächlichstes Hilfsmittel ist bhakti, Hingabe usw.

*

Dem sonnenhellen Pfad kann man nur dann folgen, wenn sich die Seele fortwährend oder meistenteils im Vordergrund befindet oder wenn man eine natürliche Haltung des Glaubens und der Hingabe hat oder seine Augen ständig auf die Sonne richtet oder wenn eine seelische Empfänglichkeit (zum Beispiel der Glaube, dass man für den spirituellen Weg bestimmt ist) besteht oder die seelische Wandlung vollzogen ist. Das heißt nicht, dass der sonnenhelle Mensch keine Schwierigkeiten hätte; er kann viele haben, aber er betrachtet sie heiter als etwas, das „zur täglichen Arbeit gehört“. Wenn er schlimme Prügel erhält, vermag er zu sagen: Nun, das war eine seltsame Sache, aber offensichtlich ist das Göttliche in seltsamer Stimmung, und wenn das seine Art ist, die Dinge zu tun, wird es wohl richtig sein. Ich selbst bin bestimmt ein noch seltsamerer Geselle, und es war vermutlich die einzige Möglichkeit, mich aufzuklären. Aber nicht jeder ist von diesem Schlag, und die Hingabe, die alles in Ordnung bringen würde, ist, wie du selbst sagst, schwierig zu vollziehen. Zumindest ist es schwierig, sie ganz zu vollziehen. Deshalb bestehen wir nicht auf einer sofortigen vollen Hingabe, sondern begnügen uns anfangs mit ein wenig und lassen das übrige wachsen, so gut es geht.

Ich habe dir erklärt, warum so viele Menschen (nicht etwa alle) sich in diesem düsteren Zustand befinden, dumpf und verzweifelt. Es ist tamas, die Trägheit des Unbewussten, die sie ergriffen hat. Es ist aber auch das kleine physische Vital, das sich nur für die kleinen und trivialen Dinge des gewöhnlichen täglichen und geselligen Lebens interessiert und für nichts anderes. Früher, als die Sadhana auf den höheren Ebenen stattfand (Mental, höheres Vital), gab es viel Energie, Begeisterung und Interesse sowohl für die Belange der Ashram-Arbeit und des Ashram-Lebens als auch für ein inneres Leben; das physische Vital wurde in diesem Strom mitgetragen. Bei vielen aber hat das aufgehört; sie leben im unbefriedigten vitalen Physischen und finden alles hoffnungslos langweilig, düster, ohne Reiz oder Ausweg. In ihrem inneren Leben hat der tamas des Unbewussten ein Hindernis oder einen Engpass geschaffen, und sie finden keinen Weg, der sie herausführt. Wenn man den richtigen Zustand und die richtige Haltung bewahren kann, ein starkes Interesse an der Arbeit oder an der Sadhana zu finden vermag, klingt das ab. Darin [in obigem] besteht das Übel. Das Heilmittel ist, den richtigen Zustand zu bewahren und allmählich – oder, wenn man kann, auch schnell – das Licht des höheren Strebens ebenfalls in diesen Wesens-Teil zu bringen, damit auch er, ungeachtet aller Umweltbedingungen, das Gleichgewicht bewahre. Dann würde der sonnenhelle Pfad weniger unmöglich erscheinen.

*

Die außerordentliche Heftigkeit deiner Schwierigkeit wird durch den Yoga ausgelöst, der zum Grundgestein des Unbewussten vorgestoßen ist, welches sowohl im Einzelwesen als auch in der Welt die eigentliche Grundlage des Widerstandes ist gegenüber dem Sieg des Spirits und gegenüber dem Göttlichen Wirken, das zu diesem Sieg hinführt. Die Schwierigkeiten als solche sind von allgemeiner Art, sowohl im Ashram als auch in der äußeren Welt. Zweifel, Entmutigung, das Nachlassen oder der Verlust des Glaubens, das Verblassen des vitalen Enthusiasmus für das Ideal, Bestürzung sowie die Vereitlung der Hoffnung auf die Zukunft sind die allgemeinen Merkmale dieser Schwierigkeit. In der Welt draußen sind die Symptome viel schlimmer, wie die allgemeine Zunahme des Zynismus zeigt, die Ablehnung, überhaupt an etwas zu glauben, eine Abnahme der Ehrlichkeit, eine ungeheure Korruption, ein Beschäftigtsein mit Essen, Geld, Komfort, Vergnügen, die bis zur Ausschließung aller höheren Dinge führt, sowie die allgemeine Erwartung, dass immer schlimmere Dinge auf die Welt zukommen würden. All das, wie heftig es auch sein mag, ist eine vorübergehende Erscheinung, worauf jene vorbereitet waren, die nur irgend etwas vom Wirken der Weltenergie und vom Wirken des Spirits verstehen. Ich selbst habe vorhergesehen, dass es zum Schlimmsten kommen würde, zur Finsternis der Nacht vor der Dämmerung; ich habe deshalb nicht den Mut verloren. Ich weiß, dass sich etwas hinter der Finsternis vorbereitet und kann die ersten Zeichen seines Kommens erkennen und fühlen. Jene, die das Göttliche suchen, müssen in ihrem Suchen eine feste Beharrlichkeit bewahren; nach einer Weile wird die Finsternis abnehmen und zerrinnen, und das Licht wird kommen.

*

Ich weiß, dass dies für dich und jeden eine Zeit des Kummers ist. Das ist in der ganzen Welt so. Verwirrung, Sorge, Unordnung und Umsturz überall – das ist der allgemeine Zustand der Dinge. Die besseren Dinge, die kommen sollen, bereiten sich vor oder entwickeln sich unter einem Schleier, und die schlimmeren herrschen überall vor. Das einzige, was es zu tun gilt, ist durchzuhalten, bis die Stunde des Lichtes gekommen ist.

*

Ich fürchte, ich kann deinen Briefpartnern, die den gegenwärtigen Zustand der Dinge beklagen – wenigstens für den Augenblick –, nur schwachen Trost bieten. Die Dinge stehen schlecht und werden schlimmer, und jeden Moment kann es zum Schlimmsten kommen oder schlimmer als zum Schlimmsten – wenn das überhaupt möglich ist; und alles, wie paradox es auch sei, scheint in der gegenwärtigen in Unruhe versetzten Welt möglich zu sein. Das beste ist zu erkennen, dass all dies notwendig war, weil bestimmte Möglichkeiten hervortreten mussten, damit man sich davon befreie, wenn überhaupt eine neue und bessere Welt ins Dasein treten soll: es wäre nicht damit getan, es auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Es ist das gleiche wie im Yoga, wo die aktiven oder latenten Dinge im Wesen aktiv ins Licht hervorzutreten haben, so dass man sich damit auseinandersetzen oder sie hinausstoßen kann oder wo sie aus dem gleichen läuternden Grund aus der Verborgenheit der Tiefen auftauchen müssen. Deine Briefpartner können sich auch bestimmt der Redewendung erinnern, dass die Nacht vor der Dämmerung am dunkelsten ist, dass aber die Dämmerung unausweichlich kommt. Sie dürfen jedoch nicht vergessen, dass die neue Welt, deren Kommen wir entgegensehen, nicht von der gleichen Beschaffenheit sein wird wie die alte, dass sie sich von ihr nicht nur in der Form unterscheidet und dass sie auf eine andere Weise kommen muss – von innen und nicht von außen; daher ist es das beste, sich nicht zu viel mit den bedauerlichen Dingen, die draußen geschehen, zu beschäftigen, sondern selbst innerlich zu wachsen, damit man bereit werde für die neue Welt, welche Gestalt auch immer sie annehmen wird.

*

Bleibe fest in der Finsternis; das Licht ist da und wird siegen.

in English

in Russian

in French