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SRI AUROBINDO

Briefe über den Yoga

Band 4

Die Umwandlung des Physischen

I  II  III  IV  V  VI  VII   VIII   IX X

VIII.

Das ganze Prinzip dieses Yoga besteht darin, sich gänzlich dem Göttlichen allein zu geben und niemandem und nichts sonst, und durch die Einung mit der Göttlichen Mutter-Macht all das transzendente Licht, die Kraft, die Weite, den Frieden, die Reinheit, das Wahrheits-Bewusstsein und den Ananda des supramentalen Göttlichen in uns herabzubringen. In diesem Yoga ist daher kein Platz für vitale Beziehungen oder vitalen Austausch mit anderen; jede derartige Beziehung oder jeder derartige Austausch fesselt die Seele sofort an das niedere Bewusstsein mit seiner niederen Natur und verhindert die wahre und volle Einung mit dem Göttlichen; sie hemmt sowohl den Aufstieg zum supramentalen Wahrheits-Bewusstsein als auch die Herabkunft der supramentalen Ishvari Shakti. Noch schlimmer wäre es, wenn dieser Austausch, auch wenn ein äußerer Akt nicht stattfände, die Form einer sexuellen Beziehung oder eines sexuellen Vergnügens annähme; aus diesem Grund sind diese Dinge in der Sadhana absolut verboten. Es versteht sich von selbst, dass jeder physische Akt dieser Art nicht erlaubt ist; aber auch jede subtilere Form ist ausgeschlossen. Erst nach unserem Einswerden mit dem supramentalen Göttlichen können wir unsere wahren spirituellen Beziehungen zu anderen [Menschen] finden – im Göttlichen; in dieser höheren Einigung kann diese Art roher, niederer vitaler Bewegung nicht mehr stattfinden.

Den Sex-Impuls zu meistern – so sehr Herr des Sex-Zentrums zu werden, dass die sexuelle Energie aufwärts gezogen und nicht hinausgeschleudert und vergeudet wird – bedeutet tatsächlich, die Samenkraft in primäre physische Energie zu wandeln, welche alle übrigen [Energien] stützt, retas [Samenkraft] in ojas [essentielle Energie]. Es gibt aber keinen gefahrvolleren Irrtum, als die Einmischung des sexuellen Begehrens und eine gewisse subtile Befriedigung zu akzeptieren und als zur Sadhana gehörend zu betrachten. Es wäre der wirksamste Weg, geradewegs auf spirituellen Verfall loszusteuern und Kräfte in die Atmosphäre zu schleudern, welche die supramentale Herabkunft blockieren und statt dessen die Herabkunft von feindlichen vitalen Mächten herbeiführen würden, damit sie Verwirrung und Verheerung stiften. Diese Abweichung, sollte sie sich einzustellen versuchen, muss unbedingt ausgemerzt und aus dem Bewusstsein getilgt werden, wenn die Wahrheit herabgebracht werden und die Arbeit geschehen soll.

Auch die Vorstellung, dass es zur Umwandlung des Sex-Zentrums gehört, den aufzugebenden physisch-sexuellen Akt innerlich zu imitieren, beruht auf einem Irrtum. Die Tätigkeit der animalischen Sex-Energie in der Natur ist eine Einrichtung, die in der Unwissenheit im Haushalt der stofflichen Schöpfung einem bestimmten Zweck dient. Die sie begleitende vitale Erregung jedoch schafft die günstigste Gelegenheit und die Vibration „in der Atmosphäre für das Eindringen jener sehr vitalen Kräfte und Wesen, deren ganzes Bestreben es ist, die Herabkunft des supramentalen Lichtes zu verhindern. Das damit verbundene Vergnügen ist eine Herabwürdigung und nicht die wahre Form des göttlichen Ananda. Der wahre göttliche Ananda im Physischen hat eine andersartige Beschaffenheit, Bewegung und Substanz; seine Offenbarung, die essentiell selbstbestehend ist, hängt allein von einer inneren Einung mit dem Göttlichen ab. Du hast die Göttliche Liebe erwähnt; die Göttliche Liebe aber, wenn sie das Physische berührt, erweckt nicht die groben, niederen vitalen Neigungen; ihnen nachzugeben würde lediglich bewirken, dass sie sich wieder zu den Höhen zurückzieht, nachdem es bereits schwierig genug war, sie in die Derbheit der stofflichen Schöpfung herabzubringen, die allein sie umzuwandeln vermag. Suche die göttliche Liebe durch die einzige Pforte, durch die sie einzutreten bereit ist, die Pforte des seelischen Wesens – und lege das niedere vitale Irren ab.

Für die physische siddhi [Vollendung] ist die Umwandlung des Sex-Zentrums und seiner Energie notwendig; denn es ist der körperliche Rückhalt aller mentalen, vitalen und physischen Kräfte in der Natur [des Menschen]. Es muss in eine Anhäufung und Bewegungen inneren Lichtes, schöpferischer Macht, reinen göttlichen Anandas umgewandelt werden. Nur durch das Herabbringen des Lichtes, der Macht und der Seligkeit des Supramentals in das [Sex-]Zentrum kann es gewandelt werden. Was sein späteres Wirken anbelangt, so wird es durch die supramentale Wahrheit, die schöpferische Schau und den schöpferischen Willen der Göttlichen Mutter bestimmt werden. Es wird jedoch eine Tätigkeit der bewussten Wahrheit sein und nicht die der Dunkelheit und Unwissenheit, wozu sexuelles Begehren und Vergnügen gehören; es wird eine Macht der Bewahrung und der freien, wunschlosen Ausstrahlung der Lebenskräfte sein und nicht ihr Hinausschleudern und ihre Vergeudung. Gib dich nicht der Vorstellung hin, dass das supramentale Leben lediglich aus einer gehobenen Befriedigung der Begierden des Vitals und Körpers bestehen wird; nichts kann ein größeres Hindernis für die herabkommende Wahrheit sein als diese Hoffnung auf Verherrlichung des Tieres in der menschlichen Natur. Das Mental wünscht sich, dass der supramentale Zustand eine Bestätigung der eigenen gehegten Ideen und Vorurteile ist; das Vital möchte, dass er eine Glorifizierung der eigenen Begierden ist; das Physische will, dass eine üppige Erweiterung der eigenen Annehmlichkeiten, Vergnügen und Gewohnheiten damit verbunden ist. Wenn dem so wäre, dann wäre er nur eine gesteigerte und sehr erhöhte Vollendung der tierischen und menschlichen Natur und nicht der Übergang vom Menschlichen ins Göttliche.

Es ist gefährlich, daran zu denken „jede Schranke der Unterscheidung und Verteidigung“ gegenüber dem, was auf dich herabzukommen versucht, aufzugeben. Hast du überlegt, was es bedeutet, wenn das Herabkommende nicht in Einklang mit der Göttlichen Wahrheit steht, vielleicht sogar etwas Feindliches ist? Eine feindliche Macht könnte sich zur Erlangung der Herrschaft über den Suchenden nichts Besseres wünschen. Man sollte nur die Kraft der Mutter und die göttliche Wahrheit unbegrenzt zulassen. Und selbst hier gilt es, die Fähigkeit der Unterscheidung zu bewahren, damit alles Falsche, das sich als die Kraft der Mutter und die Göttliche Wahrheit ausgibt, aufgedeckt wird; und ebenso gilt es, sich die Fähigkeit der Zurückweisung zu erhalten, durch die alles Zweifelhafte entfernt wird.

Bewahre den Glauben an deine spirituelle Bestimmung, wende dich vom Irren ab und öffne das seelische Wesen mehr und mehr der direkten Führung durch das Licht und die Macht der Mutter. Wenn der zentrale Wille aufrichtig ist, kann jedes Erkennen eines Fehlers ein Sprungbrett für eine wahrere Bewegung und einen höheren Fortschritt sein.

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Es ist richtig, dass das Sex-Zentrum und seine Reaktionen umgewandelt werden können und dass ein Ananda von oben die tierische Sex-Reaktion zu ersetzen vermag. Der Sex-Impuls ist eine Herabminderung dieses Anandas. Es kann aber gefährlich sein, diesen Ananda zu empfangen, bevor das physische Bewusstsein (einschließlich des physisch-vitalen) umgewandelt ist; denn andere und niedrigere Dinge können sich das zunutze machen und sich einmischen, und das würde das ganze Wesen beunruhigen und könnte auf einen falschen Pfad führen durch den Eindruck, dass diese niedrigeren Dinge ein Teil der Sadhana sind und von oben gebilligt werden – oder einfach dadurch, dass die niedrigeren Elemente die wahre Erfahrung zunichte machen. Im letzteren Fall würde der Ananda erlöschen und das Sex-Zentrum von den niederen Reaktionen beherrscht werden.

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In meinem vorhergehenden Brief habe ich ganz kurz meine Einstellung hinsichtlich des Sex-Impulses und Yoga dargelegt. Ich möchte hier hinzufügen, dass sich meine Folgerung nicht auf irgendeine mentale Meinung oder vorgefasste moralische Idee gründet, sondern auf erprobte Tatsachen sowie auf Beobachtung und Erfahrung. Ich bestreite nicht, dass, solange man eine gewisse Trennung zwischen innerer Erfahrung und äußerem Bewusstsein aufrechterhält – wobei man das letztere als eine untergeordnete Tätigkeit ansieht, die zwar kontrolliert wird, aber noch nicht umgewandelt ist –, es durchaus möglich ist, spirituelle Erfahrungen zu haben und Fortschritte zu machen, ohne dass die Sex-Tätigkeit gänzlich zum Stillstand kommt. Das Mental distanziert sich vom äußeren Vital (den Lebens-Teilen) und dem physischen Bewusstsein und lebt sein eigenes, inneres Leben. Doch nur wenige bringen dies tatsächlich einigermaßen vollkommen zustande, und sobald sich die Erfahrungen auf die Lebens-Ebene und das Physische ausdehnen, kann der Sex-Trieb nicht länger auf diese Weise behandelt werden. Er kann in jedem Augenblick zu einer störenden, erregenden und deformierenden Kraft werden. Ich habe beobachtet, dass er in gleichem Maß wie das Ego (Stolz, Eitelkeit, Ehrgeiz) und die rajasischen Begierden und Wünsche eine Hauptursache der in der Sadhana vorkommenden spirituellen Unfälle ist. Der Versuch, dem zu begegnen, indem man sich von ihm löst, ohne ihn völlig auszurotten, schlägt fehl; der Versuch, ihn zu sublimieren – von vielen modernen Mystikern in Europa befürwortet –, ist ein höchst unbesonnenes und gefährliches Experiment. Denn die Vermischung von Sextrieb mit Spiritualität hat die verheerendsten Folgen. Selbst der Versuch, ihn zu sublimieren, indem man ihn dem Göttlichen zuwendet – wie in der vishnuitischen madhura bhāva [das süße Gefühl] –, birgt eine ernsthafte Gefahr in sich, wie die Folgen der falschen Auffassung oder des falschen Gebrauchs dieser Methode häufig beweisen. In diesem Yoga jedenfalls, der nicht nur die essentielle Erfahrung des Göttlichen sucht, sondern die Umwandlung des ganzen Wesens und der ganzen Natur, ist meiner Meinung nach das Streben nach der völligen Meisterung der Sex-Kraft ein absolutes Erfordernis der Sadhana; im anderen Fall bleibt das vitale Bewusstsein ein trübes Gemisch, und diese Trübung beeinflusst die Reinheit des spiritualisierten Mentals und behindert ernsthaft die aufwärts gerichtete Wende der Körperkräfte. Dieser Yoga fordert einen vollen Aufstieg des gesamten niederen oder gewöhnlichen Bewusstseins, damit es sich mit dem spirituellen [Bewusstsein] über uns vereinige, sowie eine volle Herabkunft des spirituellen Bewusstseins (und schließlich des Supramentals) in das Mental, Leben und den Körper, damit sie umgewandelt werden. Der totale Aufstieg ist unmöglich, solange sexuelles Begehren den Weg blockiert, die Herabkunft ist gefährlich, solange sexuelles Begehren machtvoll im Vital herrscht. Denn in jedem Augenblick kann ein nicht erfülltes oder latentes Sex-Begehren die Ursache einer Vermengung sein, welche die wahre Herabkunft zurückweist und die gewonnenen Energien für andere Zwecke verbraucht oder die gesamte Tätigkeit des Bewusstseins einer falschen, trüben und täuschenden Erfahrung zuwendet. Daher muss man dieses Hindernis aus dem Weg schaffen; im anderen Fall gibt es in der Sadhana entweder keine Sicherheit oder keine freie Entwicklung auf etwas Endgültiges hin.

Die gegenteilige Ansicht, die du erwähnst, mag von der Idee herrühren, dass der [Sex-] Impuls ein natürlicher Teil der vital-physischen Gesamtheit des Menschen ist, ein Erfordernis wie Nahrung und Schlaf, und dass seine völlige Zurückhaltung zu Unausgeglichenheit und ernsthaften Störungen führen kann. Es ist richtig, dass Sex, in seinem äußeren Vollzug unterdrückt, aber auf andere Weise befriedigt, zur Erkrankung des [Körper-] Systems und zu Gehirnstörungen führen kann. Hierauf beruht die medizinische Theorie, die von sexueller Enthaltsamkeit abrät. Meiner Beobachtung nach kommen diese Dinge aber nur dann vor, wenn entweder eine geheime Befriedigung perverser Art stattfindet, welche den normalen sexuellen Vorgang ersetzt, oder aber wenn ihm auf eine subtil-vitale Weise über die Phantasie oder durch unsichtbaren vitalen Austausch von okkulter Art nachgegeben wird – ich glaube nicht, dass jemals bei echter spiritueller Bemühung um Meisterung und Enthaltsamkeit Schaden entsteht. Viele Ärzte in Europa sind jetzt der Ansicht, dass sexuelle Enthaltsamkeit, wenn sie echt ist, zuträglich sei; denn das Element im retas [Samenkraft], das dem sexuellen Akt dient, wird dann in ein anderes Element gewandelt, welches die Energien des [Körper-] Systems nährt, die vitalen, mentalen und physischen – und das rechtfertigt die indische Idee von brahmacarya [völlige geschlechtliche Enthaltsamkeit], die Umwandlung von retas in ojas [Samenkraft in essentielle Energie] und das Aufsteigen seiner Energien zur Umformung in eine spirituelle Kraft.

Was die Methode der Meisterung anbelangt, so genügt physische Enthaltsamkeit allein nicht – sie entwickelt sich durch einen kombinierten Vorgang von Loslösung und Zurückweisung. Das Bewusstsein distanziert sich vom Sex-Impuls, empfindet ihn als nicht zu sich gehörend, als etwas Fremdes, das durch die Natur-Kraft auf es geworfen wurde und dem es die Zustimmung und Identifizierung verweigert; und mit jedem Mal wird er durch eine bestimmte Bewegung der Zurückweisung mehr und mehr nach außen gedrängt. Das Mental bleibt unbeeinflusst; nach einer gewissen Zeit zieht sich das vitale Wesen, das sein hauptsächlicher Rückhalt ist, auf die gleiche Weise zurück, und schließlich wird er auch durch das physische Bewusstsein nicht länger gestützt. Dieser Vorgang setzt sich fort, bis das Unterbewusste ihn [den Sex-Impuls] selbst im Traum nicht mehr wachrufen kann und dieses niedere Feuer durch keine weitere Bewegung der äußeren Natur-Kraft aufs Neue entfacht wird. So ist der Verlauf, wenn die Sex-Veranlagung hartnäckig ist; einige hingegen sind fähig, sie entschlossen durch eine schnelle und radikale Abkehr von der [äußeren] Natur auszuschalten. Das jedoch ist seltener.

Es muss gesagt werden, dass die totale Ausmerzung des Sex-Impulses eines der schwierigsten Dinge in der Sadhana ist, und man muss darauf gefasst sein, dass sie lange dauert. Aber es ist erreicht worden, dass er völlig erlöscht, und ein praktisches Freiwerden davon, nur durch gelegentliche Traumbewegungen aus dem Unterbewussten gestört, ist ziemlich allgemein.

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Sex (okkult) steht vom Standpunkt der Gefahr aus betrachtet, auf ziemlich der gleichen Ebene mit Ehrgeiz usw., nur ist seine Wirkungsweise meist weniger auffällig ....

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Ich habe nicht behauptet, dass der Sex-Impuls in anderen Yoga-Systemen nicht gemeistert wurde. Ich habe vielmehr gesagt, dass es schwierig sei, sich gänzlich davon zu befreien, und dass der Versuch, ihn zu sublimieren, wie es in der Vaishnava-Sadhana geschieht, seine Gefahren hat. Das kann von all denen bestätigt werden, die wissen, was sich oft, selbst in großem Umfang unter den Vaishnavas ereignete. Transzendenz und Umwandlung sind ganz verschiedene Dinge. Es gibt drei Arten oder Stadien der Umwandlung in dieser Sadhana, die seelische Umwandlung, die spirituelle und die supramentale. Die beiden ersten wurden in anderen Yogasystemen in der für sie typischen Weise erreicht; letztere ist ein neues Unterfangen. Eine für die spirituelle Verwirklichung genügende Umwandlung ist durch die beiden ersten Stadien erreichbar; eine Umwandlung, ausreichend für die Vergöttlichung des menschlichen Lebens, hat meiner Ansicht nach eine supramentale Wandlung zu sein.

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Was hat dieser Yoga mit Sex und Sex-Beziehungen zu tun? Ich habe dir wiederholt gesagt, dass man sich vom Sex befreien und ihn überwinden muss, bevor es eine siddhi in diesem Yoga geben kann.

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Wandlung ist die eine Sache, und das Akzeptieren der gegenwärtigen Formen in der gewöhnlichen menschlichen Natur ist eine andere. Der von dir angeführte Grund für die Befriedigung des Sex-Impulses ist in keiner Weise überzeugend. Nur eine Minorität der Menschheit ist für das strenge yogische Leben berufen, und es wird immer eine große Anzahl von Menschen geben, welche für den Fortbestand der Rasse sorgt. Natürlich verachtet der Yogi die menschliche Natur nicht oder hegt ihr gegenüber Abneigung. Er hat Verständnis für sie und sieht mit klarem und ruhigem Blick den Rang, der jeder ihrer Tätigkeiten eingeräumt wurde. Auch ist es der bessere Weg, wenn eine Tat mit Selbstkontrolle geschehen kann, ohne Begierde, unter der Führung eines höheren Bewusstseins; und man kann diesem Weg manchmal folgen, um den göttlichen Willen in solchen Dingen zu erfüllen, die andernfalls von einem Yogi nicht unternommen würden – wie Krieg und Zerstörung, welche den Krieg begleitet. Aber eine zu lässige Anwendung einer solchen Regel könnte leicht zu einem Vorwand werden, der gewöhnlichen menschlichen Natur nachzugeben.

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Die Mutter hat dir bereits die Wahrheit hinsichtlich dieser Idee gesagt. Die Vorstellung, dass durch eine völlige Befriedigung des Sex-Hungers dieser gestillt und für immer zum Erlöschen gebracht werden kann, ist eine irreführende Behauptung des Vitals gegenüber dem Mental, um eine Billigung seines Verlangens zu erreichen; sie hat sonst keinen „raison d‘etre“, keine Wahrheit oder Berechtigung. Wenn eine gelegentliche Befriedigung das Sex-Verlangen weiterglimmen lässt, würde eine volle Befriedigung dich nur in seinen Schlamm ziehen. Dieser Hunger, wie andere Arten davon auch, wird nicht durch eine gelegentliche Sättigung gestillt; er erwacht, nachdem er sich zeitweilig erschöpft hatte, aufs Neue und verlangt, wiederum gestillt zu werden. Nur durch eine radikale seelische Zurückweisung kann er aufhören oder aber durch ein volles spirituelles Sich-Öffnen, verbunden mit der wachsenden Herabkunft eines Bewusstseins, das ihn nicht will und das den wahreren Ananda besitzt.

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Es ist nicht eine Frage der Furcht – es ist eine Frage der Wahl zwischen dem Göttlichen Frieden und Ananda und dem minderwertigen Vergnügen des Sex – zwischen dem Göttlichen und der Anziehungskraft der Frauen, Nahrung muss aufgenommen werden, um den Körper zu erhalten, Sex-Befriedigung hingegen ist keine Notwendigkeit. Selbst der rasa der Nahrung kann nur dann mit dem spirituellen Zustand harmonisiert werden, wenn alle Gier nach Nahrung und das Verlangen des Gaumens aufhören. Intellektuelle oder ästhetische Freude kann für die spirituelle Vollendung ebenfalls ein Hindernis sein, sofern man damit verhaftet ist, obwohl sie dem Spirituellen viel näher ist als ein derber, ungewandelter körperlicher Appetit; um Teil des spirituellen Bewusstseins zu werden, muss sich tatsächlich auch die intellektuelle und ästhetische Freude in etwas Höheres wandeln. Es ist aber nicht möglich, alle Dinge, die rasa enthalten, aufrecht zu erhalten. Auch im Verletzen und Töten von anderen liegt rasa, eine sadistische Freude; sich selbst zu quälen enthält rasa, eine masochistische Freude – die moderne Psychologie ist voll davon. Lediglich rasa zu haben, ist kein ausreichender Grund dafür, eine Sache als Teil des spirituellen Lebens anzusehen.

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In der ganzen Sex-Affaire gibt es kein „Entzücken“; sie ist notwendigerweise nur eine flüchtige Erregung und kann nichts anderes sein, ein flüchtiges Vergnügen, das sich schließlich selbst mit der Erschöpfung des Körpers erschöpft.

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Ja, die Sex-Atmosphäre hat überall überhand genommen (in der modernen Welt), besonders deshalb, weil die Menschen nicht länger an die alten moralischen Einschränkungen glauben und diese durch nichts anderes ersetzt wurden.

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Es ist die Idee der neuen europäischen Mystiker, wie Lawrence und Middleton Murry usw., dass die Befriedigung des Sex-Impulses der festgelegte Weg sei, das Überselbst zu erreichen – oder besser das Unterselbst, denn das scheint es in Wirklichkeit zu sein. X weiß es natürlich besser. Wenn aber das persönliche Überselbst alles ist, was man erreichen will, und nicht das Göttliche, dann sind Sex und viele andere Dinge zulässig. Man braucht sich nur vorzustellen, dass man nicht der Körper, nicht das Leben, nicht das Mental ist, sondern das Überselbst, und kann dann das tun, was immer das Überselbst will.

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Ich sprach vom persönlichen Überselbst – und meinte die Verwirklichung von etwas in uns (dem purusa, das nicht die prakrti ist, nicht aus den Bewegungen des Mentals, Vitals oder des Physischen besteht, sondern etwas, das der Denker usw. ist. Dieser purusa kann jeder Bewegung der Natur zustimmen oder sie verweigern, oder er kann die prakrti anleiten, was sie zu tun hat oder nicht. Er kann ihr erlauben, den Sex-Impuls zu befriedigen, oder ihr die Befriedigung verweigern. Es ist meist der mentale purusa (manomaya purusa, den man auf diese Weise verwirklicht, es gibt aber auch den pranamaya oder vitalen purusa. Mit der Bezeichnung Überselbst meinen sie vermutlich diesen purusa – sie sehen ihn als eine Art persönlichen atman an.

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Einssein mit allen würde also bedeuten, den Sex-Instinkt mit allen zu befriedigen – das wäre ein recht ungeheuerlicher siddhānta, obwohl es Ähnliches in der Tantra-Praxis der linken Hand gibt. Doch sind die Tantriker der linken Hand logischer als du, denn warum sollte Einssein, wenn es als Rechtfertigung für die Ausübung des Sex dienen soll, lediglich die Grundlage für die feineren und nicht auch für die gröberen Formen des Ausdrucks der Liebe sein. Gründet sich Sex aber tatsächlich auf Liebe oder gründet sich die sexuelle Liebe auf Sex-Instinkt? Und ist der Sex-Instinkt ein Ausdruck des spirituellen Empfindens des Einen in allen? Gründet er sich in Wirklichkeit nicht auf Dualität, außer wenn er nur Befriedigung und Vergnügen sucht und Liebe gar nicht zur Debatte steht? Fühlt man sich zu einer Frau hingezogen durch das Gefühl, dass diese Frau man selbst ist, oder durch die Tatsache, dass sie jemand anderer ist, der einen durch Charme oder Schönheit fesselt, die man genießen oder besitzen will; oder einfach durch die Tatsache, dass sie anders ist als man selbst, dass sie eine Frau und nicht ein Mann ist und daher der Sex-Instinkt bei ihr ein freies Feld finden kann?

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Der Sex-Impuls ist mit Sicherheit die stärkste Kraft auf der vitalen Ebene; wenn er sublimiert und nach oben gewandt werden kann, wird ojas geschaffen, was eine große Hilfe zur Erlangung des höheren Bewusstseins ist. Doch reicht Enthaltsamkeit allein nicht aus.

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Die Sex-Energie, die von der Natur zum Zweck der Fortpflanzung benutzt wird, ist ihrer eigentlichen Natur nach eine fundamentale Lebensenergie. Sie kann benützt werden, nicht für eine Steigerung, sondern für eine gewisse Intensivierung des vital-emotionalen Lebens; sie kann kontrolliert, vom Sex abgelenkt und für ästhetische, artistische oder andere schöpferische Leistung oder Produktivität oder für die Steigerung der intellektuellen oder anderer Energien verwendet werden. Bei völliger Beherrschung kann sie auch in eine Kraft spiritueller Energie verwandelt werden. Dies war im alten Indien durchaus bekannt und wurde als die Verwandlung von retas in ojas [Samenkraft in essentielle Energie] durch brahmacarya [völlige geschlechtliche Enthaltsamkeit] bezeichnet. Die falsch angewandte Sex-Energie hat Verwirrung und Auflösung der Lebensenergie und ihrer Kräfte zur Folge.

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Natürlich, der Sex-Impuls ist etwas absolut Normales, und alle Menschen haben ihn. Er wurde von der Natur als ein Teil ihres Wirkens zum Zweck der Zeugung eingesetzt, damit die [menschliche] Rasse weiterbesteht. Auch bei den Tieren wird er zu diesem Zweck benützt, doch haben sich die Menschen von der Natur abgewandt und gebrauchen ihn hauptsächlich zu ihrem Vergnügen – das ist der Grund, weshalb er sich ihrer bemächtigt hat und sie ständig quält.

Natürlich hast du den Sex-Impuls zu überwinden, was aber nicht auf einmal und gänzlich geschehen kann; es bedarf einer geduldigen Beharrlichkeit und eines festen Entschlusses, ihm nicht nachzugeben, weder physisch noch mental. Selbst wenn das geschehen ist und kein Gedanke daran oder Begehren mehr besteht, kann sich die mechanische Emission im Schlaf fortsetzen; wenn aber das Mental davon frei ist, hört auch das schließlich auf.

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Sex-Gefühle „werden“ nicht erst zu einer Grundlage des physischen Bewusstseins – sie sind bereits in der physischen Natur vorhanden –, wo immer es bewusstes Leben gibt, ist die Sex-Kraft vorhanden. Sie ist das Werkzeug der physischen Natur für die Fortpflanzung und existiert nur aus diesem Grund.

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Die Sex-Bewegung auf Erden ist eine Nutzbarmachung der fundamentalen physischen Energie durch die Natur zum Zweck der Zeugung. Der Schauer, von dem die Dichter sprechen, der von einer sehr derben Erregung begleitet wird, ist das Lockmittel, wodurch sie [die Natur] die vitale Zustimmung zu diesem sonst unerquicklichen Vorgang erhält; zahlreiche Menschen haben nach dem Akt eine Reaktion des Ekels und deshalb des Abscheus vor dem Partner; sie werden jedoch rückfällig, sobald der Ekel verflogen ist, aufgrund dieses Lockmittels.

Die Sex-Energie als solche ist eine große Macht mit zwei Komponenten in ihrer physischen Basis; die eine dient der Erhaltung der Art und dem hierfür notwendigen Prozess, die andere [Komponente] dient der Versorgung der allgemeinen Energien von Körper, Mental und Vital und auch der spirituellen Energien des Körpers. Die alten Yogis bezeichnen diese beiden Komponenten als retas [Samenkraft] und ojas [essentielle Energie]. Die europäischen Wissenschaftler rümpfen die Nase über diese Vorstellung, doch beginnen sie nun die gleiche Tatsache selbst zu entdecken. Was den Schauer anbelangt, um den die Dichter so viel Wesens machen, so ist er nichts als eine sehr derbe Entstellung und Herabwürdigung jenes physischen Ananda, der durch den Yoga im Körper verankert werden kann – dies aber ist solange nicht möglich wie die Abweichung durch den Sex besteht.

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Das stimmt – wenn der Samenerguss unterbunden wird, wird er in rejas und ojas verwandelt. Die ganze Theorie der Yogis von brahmacarya gründet sich darauf. Wenn es nicht so wäre, wäre brahmacarya nicht notwendig, um rejas und ojas hervorzubringen.

Es ist nicht eine Frage der Stärke und Energie per se, sondern der physischen Unterstützung – in der physischen Unterstützung nimmt ojas, das durch brahmacarya gebildet wird, einen hohen Rang ein. Die Umwandlung von rejas in ojas ist eine Umwandlung von physischer Substanz in physische Energie (die notwendigerweise auch eine vital-physische Energie hervorbringt). Die spirituelle Energie selbst kann den Körper nur antreiben, genau wie das Mental und Vital; sie würde ihn aber dabei erschöpfen, wenn sie die physische Unterstützung nicht hätte. (Ich spreche natürlich von der gewöhnlichen spirituellen Energie, nicht von der kommenden supramentalen, die nicht nur rejas in ojas verwandelt, sondern ojas in etwas noch Sublimierteres.)

Was die Wissenschaftler anbelangt, so betrachten sie das Produkt der Sex-Drüsen (so habe ich es wenigstens gelesen) als eine große Stütze und als Versorger der allgemeinen Energien. Man ist sogar der Meinung, dass die Sex-Kraft eine große Rolle in der Dichtung, Kunst usw. spielt sowie im Schaffen des Genies ganz allgemein. Ein Arzt hat schließlich entdeckt, dass die Sex-Flüssigkeit aus zwei Teilen besteht, der eine dient dem Sex, der andere als Grundlage der allgemeinen Energie, und wenn dem Sex-Impuls nicht nachgegeben wird, das erstere Element dazu neigt, sich in das zweite zu wandeln (retas in ojas, was die Yogis bereits entdeckt hatten). Theorien? Es sind die Behauptungen und Folgerungen der Gegenseite, und die eine Theorie ist so gut wie die andere. Ich jedenfalls glaube nicht, dass die Verkümmerung von Sex-Drüsen durch Enthaltsamkeit eine allgemeine Erfahrung ist. Die Behauptung von X ist jedoch logisch – wenn wir nicht die individuellen Ergebnisse betrachten, sondern den Verlauf der Evolution und annehmen, dass diese [supramentale] Evolution auf der Linie der alten vonstatten gehen wird –, denn diese nutzlosen Organe werden vermutlich verschwinden oder verkümmern. Wird aber die supramentale Evolution tatsächlich den gleichen Verlauf nehmen wie die alte [Evolution], oder wird sie neue Anpassungen von eigener Art entwickeln – das ist das ungewisse Element dabei.

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Du hast mich nicht verstanden. Ich antwortete auf die Behauptung, dass die Wissenschaftler dem Sex-Drüsen Produkt keinerlei Bedeutung beimessen würden und der Meinung seien, es würde nur für einen äußerlichen Zweck gebraucht. Viele Wissenschaftler betrachten es aber im Gegenteil als Grundlage der produktiven Energie; unter anderem spielt es eine Rolle in künstlerischem und poetischem Schaffen. Ich behaupte nicht, dass Künstler und Dichter Einsiedler und brahmacarys seien, sondern dass sie eine machtvolle Sex-Drusen-Aktivität besitzen, wovon ein Teil der schöpferischen und ein Teil der Art erhaltenden Tätigkeit zugewandt wird. Gemäß der neuesten Theorie und der Yoga-Theorie wäre der Art erhaltende Teil retas und der schöpferische Teil die Grundlage von ojas. Wenn wir nun davon ausgehen, dass der Dichter oder Künstler sein retas in ojas verwandelt, bestünde das Ergebnis in einer gesteigerten Macht schöpferischer Ergiebigkeit.

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Deine Idee über die Impotenz ist ziemlich unlogisch – Impotenz entsteht entweder durch übermäßige oder durch falsche Befriedigung (gewisse perverse Gewohnheiten); sie entsteht nicht durch Selbstkontrolle. Selbstkontrolle bedeutet nur eine Umlenkung zu anderen Kräften, weil die kontrollierte Sex-Macht eine Kraft für die Lebens-Energien, für die mentalen Mächte und das immer einflussreichere Wirken des spirituellen Bewusstseins wird.

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In der Natur der meisten Menschen ist der Sex-Impuls der stärkste aller Impulse.

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Der Sex-Impuls ist sich selbst Grund genug. Er findet in sich Befriedigung und fragt nach keinem anderen Grund, denn er ist instinktiv und irrational.

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[Warum die Illusion des Sex immer weiterbesteht:] Zu viele Wurzeln im menschlichen Vital. Sex hat eine schreckliche Zähigkeit. Und außerdem hat die universale Natur ein derartiges Bedürfnis danach, dass selbst dann, wenn der Mensch sich seiner entledigt hat, sie ihn möglichst lange noch damit bedrängt.

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Alle Bewegungen sind im großen und ganzen Bewegungen der kosmischen Naturkräfte, sie sind Bewegungen der universalen Natur. Das Einzelwesen empfängt einen Teil davon, eine Woge oder den Druck einer kosmischen Kraft, und wird von ihm angetrieben; es hält dies für etwas Eigenes, das gesondert in ihm erzeugt wurde; das aber ist nicht der Fall; es ist Teil einer allgemeinen Bewegung, die auf die genau gleiche Weise auch in anderen wirkt. Die Sex-Triebkraft zum Beispiel ist eine Bewegung der allgemeinen Natur, die ihr Spiel sucht und diesen oder jenen dafür gebraucht – ein Mann, der vital oder physisch in eine Frau „verliebt“ ist, wie man das so bezeichnet, wiederholt und befriedigt nur die Weltbewegung des Sex; wenn nicht bei dieser Frau, dann bei einer anderen; er ist nichts anderes als ein Instrument im Mechanismus der Natur, und es ist keine unabhängige Bewegung [die in ihm wirkt]. Genauso ist es mit Ärger und anderen Triebkräften der Natur.

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Natürlich, die Sex-Bewegung ist eine Kraft für sich, unpersönlich und nicht von einem bestimmten Objekt abhängig. Sie klammert sich an den oder jenen, allein mit dem Zweck, sich zu verkörpern und einen Bereich des Vergnügens zu finden. Wenn sie im vitalen Austausch gezügelt wird, neigt sie dazu, ihren vitalen Charakter abzulegen, und attackiert durch ihre allerphysischste und elementarste Bewegung. Sie ist erst dann besiegt, wenn sie aus dem Vital-Physischen sowie dem äußersten Physischen verbannt ist.

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Sex besteht um seiner eigenen Befriedigung willen, und diese oder jene Person ist lediglich ein Vorwand oder eine Gelegenheit für sein Wirken oder ein Mittel zur Auslösung seines Wirkens. Er muss von innen her zum Verschwinden gebracht werden, durch den Frieden und die Reinheit, die von oben in jenen Teil gelangen und von ihm Besitz ergreifen.

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Der Wunsch, andere durch physischen Charme zu reizen, ist die übliche Eitelkeit des niederen Vitals – es ist etwas sehr Allgemeines. Wenn die Sex-Kräfte aktiv sind, kann jeder Mann für jede Frau attraktiv sein und umgekehrt, doch ist diese Attraktion nicht seine eigene, es ist die Anziehungskraft des Sex.

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Die Anziehungskraft des Sex ist die einer allgemeinen Kraft, die das Einzelwesen für ihren Zweck benützt und Vorteil aus der Nähe irgendeines anderen zieht. Die Möglichkeit, sich davor zu schützen, liegt in einem selbst, in einer sofortigen Loslösung (sich von ihr zu distanzieren und sie nicht als etwas Eigenes zu akzeptieren) und in ihrer Zurückweisung.

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Es ist natürlich die universale Sex-Kraft, die wirkt, wobei bestimmte Menschen mehr davon besitzen als andere, also Sex-Appeal haben – wie man jetzt in Europa sagt. Dieser Sex-Appeal kommt meist bei Frauen zum Ausdruck, selbst ohne dass sie beabsichtigen ihn auf eine bestimmte Person wirken zu lassen. Sie können ihn bewusst auf eine bestimmte Person richten, was sich aber auch auf viele andere auswirken kann, an denen ihnen nichts besonderes liegt. Nicht alle Frauen haben Sex-Appeal, aber eine sexuelle Anziehungskraft ist den meisten eigen. Natürlich üben Männer eine ähnliche Attraktion auf Frauen aus.

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Ein Lächeln, eine Bewegung, das Äußere einer Frau oder ihre Wirkung können der Ausgangspunkt für diese Vibrationen sein. Ich glaube nicht, dass etwas Besonderes dem Lächeln als solchem innewohnt, aber alle diese Dinge waren schon immer die Mittel, durch welche der Sex-Impuls in den Männern ausgelöst wurde (hāvabhāva), und die Frau wendet sie oft unbewusst und rein gewohnheitsmäßig an, wenn sie mit einem Mann in Kontakt kommt; gleichgültig, ob sie ihm gefallen oder ihn rühren will oder nicht – es entsteht dennoch als eine instinktive Bewegung. X ist der Typ einer Frau mit dieser instinktiven Bewegung, dem Mann zu gefallen. Aber selbst wenn die Frau ganz zufällig lächelt und ohne die übliche instinktive Bewegung, kann trotzdem vonseiten des Mannes eine Vibration ausgelöst werden durch die ihm eigene Gewohnheit, auf weibliche Attraktion zu reagieren. Diese Dinge sind in ihren Anfängen beinahe mechanisch. Wie ich oben sagte, ist es die automatische Erwiderung des physischen oder vitalen Mentals (Einbildungskraft usw.), die diese Vibrationen ausdehnt und wirksam macht. Sonst würden sie nach einer gewissen Zeit abklingen.

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Sie mag dir gegenüber kein sexuelles Gefühl hegen, doch ist da ein gewisser vitaler Impuls, ein Ausstrecken der Fühler – ich weiß nicht, wie ich es genau ausdrücken soll –, das geheime Ziel der Natur, den Mann zu gewinnen, seine Aufmerksamkeit zu fesseln und sie der Frau zuzuwenden, ihn zu ködern und mehr oder weniger zu verleiten. Dieses Ziel mag der Frau durchaus nicht bewusst sein, das heißt, es braucht in ihrem Mental nicht klar oder gegenwärtig zu sein – es mag lediglich instinktiv oder unterbewusst bestehen. Es braucht keine physische, sexuelle Absicht zu bestehen, es ist nichts als eine spontane Bewegung des Vitals. Dies ist allen Frauen mit ausgeprägt vitalem Temperament eigen – einigen mehr, anderen weniger. Obwohl kein spezifischer Sex-Impuls darin enthalten zu sein braucht, wird es dennoch die Sex-Vorstellung im Manne auslösen. X hat natürlich keine psychologischen Kenntnisse, und diese Dinge sind zu subtil für sie, als dass sie von ihr wahrgenommen oder erkannt würden. Sie mag durchaus annehmen, dass sie in völlig unschuldiger und natürlicher Weise handelt, und braucht sich des Wirkens des Naturtriebes in ihr überhaupt nicht bewusst zu sein.

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Kleidung wurde von der Frau immer benützt, um ihren Sex-Appeal zu unterstreichen, und immer war der Mann empfänglich dafür; auch Frauen fühlen sich oft von der Kleidung des Mannes gefesselt (zum Beispiel der Uniform eines Soldaten). Es gibt auch bestimmte Geschmacksrichtungen, was die Kleidung anbelangt, und dass ein Sari von einer besonderen Farbe anziehend wirkt, ist ganz normal. Die Anziehungskraft wirkt auf die Sinne und das Vital, das Mental hingegen hat eine Abneigung gegenüber psychologischen Mängeln und fühlt sich durch ihre Enthüllung ernüchtert; aber diese Abneigung des Mentals ist der stärkeren vitalen Anziehungskraft nicht gewachsen.

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Die Assoziation [von Berührung] mit Sex ist eine vital-physische – im übrigen braucht keine Verbindung zwischen dem Ausdruck der Zuneigung durch Berührung und dem Sex-Gefühl zu bestehen. Wenn Mutter und Sohn oder Bruder und Schwester einander umarmen, haben sie dabei kein sexuelles Gefühl – außer in exzeptionellen Fällen ....

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Berührung ist etwas Vital-Physisches. Jede Sex-Bewegung enthält ein vitales Element, doch ist die rein vitale Bewegung an der Berührung oder dem Sex-Akt nicht unmittelbar interessiert. Sie interessiert sich mehr für das Spiel der Emotionen, der Vorherrschaft und Unterwerfung, des Streites und der Versöhnung, des Austauschs vitaler Kräfte usw. Es ist das vital-physische Bewusstsein, das der Berührung, der Umarmung, dem Sex-Akt usw. eine solche Wichtigkeit beimisst.

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Berührung zu vermeiden ist das beste, solange eine Sex-Reaktion auf Berührung hin von einer der Seiten besteht. In einem höheren Stadium [des Yoga] spielt es keine Rolle mehr, ob man sich berührt oder nicht. Was aus der Berührung auf dem supramentalen Höhepunkt wird – diese Entscheidung überlasse dem Supramental!

Eine Berührung kann neutral sein oder sie kann den Austausch von Kräften mit sich bringen. Wenn es ein Austausch der spirituellen oder spiritualisierten Kräfte ist, hat sie ihre Bedeutung und wird dadurch in der supramentalen Verwirklichung gerechtfertigt werden. Bis dahin aber ist es besser, sich vorzusehen.

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In der gewöhnlichen Gesellschaft berühren die Menschen einander mehr oder weniger frei, den Sitten der Gesellschaft entsprechend. Das ist etwas ganz anderes, weil dort dem Sex-Impuls kein Zwang auferlegt wird, und selbst seine geheime Befriedigung ist allgemein üblich, obwohl die Menschen ihre Aufdeckung zu vermeiden suchen. In Bengalen, wo purdah besteht, ist die Berührung zwischen Männern und Frauen auf die Familie beschränkt, in Europa hingegen gibt es keine derartige Beschränkung, übermäßige Vertrautheit oder Anstößigkeit ausgenommen; doch herrscht in Europa jetzt praktisch sexuelle Freiheit. Hier hingegen wird jede Befriedigung des Sex-Impulses, innerlich oder äußerlich, als unerwünscht und als Hemmnis für die Sadhana betrachtet – was sie auch wirklich ist. Aus diesem Grund muss jede unangemessene Vertraulichkeit einer Berührung zwischen Männern und Frauen vermieden werden – auch jede Zärtlichkeit, weil dies dazu führt, sexuelle Gefühle oder sogar einen starken Sex-Impuls zu verursachen. Auch ein zufälliges Berühren muss vermieden werden, wenn es den Sex-Impuls auslöst. Das sind Regeln des gesunden Menschenverstandes, wenn man die Voraussetzung akzeptiert, dass dem Sex-Impuls nicht nachgegeben werden darf.

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In der stofflichen Welt begann die Natur mit der physisch-sexuellen Anziehungskraft zum Zweck der Zeugung und fügte die Liebe auf der Grundlage der sexuellen Anziehung hinzu – aus diesem Grund neigt das eine dazu, das andere zu erwecken. Nur durch harte Disziplin, einen starken Willen oder einen Wandel des Bewusstseins kann man die [sexuelle] Anziehungskraft eliminieren.

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Es ist nicht unmöglich, die Liebe (vom Sex-Begehren) frei zu halten, doch sind die beiden Dinge einander so nahe und waren in den animalischen Anfängen der Menschheit so eng miteinander verquickt, dass es nicht leicht ist, sie vollkommen getrennt zu halten. In der rein seelischen Liebe gibt es keine Spur eines sexuellen Verlangens, aber meist ist es so, dass sich vitale Zuneigung sehr stark mit der seelischen assoziiert, die dann vermischt, aber dennoch nicht sexuell ist; vitale Zuneigung und vital-physische Sex-Emotion liegen aber äußerst dicht beieinander, so dass in jedem Augenblick oder bei jeder Gelegenheit das eine vom anderen erweckt werden kann. Das tritt besonders deutlich hervor, wenn in einem Menschen die Sex-Kraft sehr stark ist, wie es bei den meisten vital-energischen Menschen der Fall ist. Ständig die Kraft der Seele zu verstärken, den Sex-Impuls zu kontrollieren und ihn in ojas zu verwandeln, die Liebe dem Göttlichen zuzuwenden, das sind die wahren Heilmittel für diese Schwierigkeit. Samenkraft, die nicht auf sexuelle Weise verausgabt wird, kann immer in ojas verwandelt werden.

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Wenn die Seele ihren Einfluss auf das Vital ausübt, ist die geringste Vermengung einer falschen vitalen Bewegung mit der seelischen Bewegung das erste, was du unbedingt vermeiden musst. Wollust ist Perversion oder Herabwürdigung, welche die Liebe daran hindert, ihre Herrschaft zu errichten; wenn also im Herzen die Bewegung der seelischen Liebe herrscht, ist Wollust oder vitales Begehren etwas, dessen Einmischung man nicht zulassen darf – genauso wie persönlicher Stolz und Ehrgeiz weit zurückzuweisen sind, wenn die Stärke von oben herabkommt; denn jede Vermischung mit der Perversion wird das seelische oder spirituelle Wirken verderben und eine wahre Vollendung verhindern.

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Wie kommst du auf die Idee, dass dieses Begehren des Herzens, das nach der Liebe der Frauen verlangt, kein Sex-Begehren sei? Das und die physische Lust sind beides Ausdruck des Sex-Begehrens.

Warum sich verzehren, wenn es ein vitales Begehren ist? Es ist eine Form des Sex und ruft im allgemeinen ein noch stärkeres physisches Begehren hervor.

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Der Sex-Trieb ist nicht bloß der Impuls zum Sex-Akt – wie X vielleicht glaubt –, sondern der Drang, einen Menschen zu umklammern und zu erobern, zu besitzen und zu beherrschen. Das ist besonders bei den Frauen der Fall, für die der Sex-Akt sehr häufig weniger attraktiv ist als für Männer; doch immer wenn das Vital-Physische einen bestimmten Punkt erreicht, entsteht die Tendenz, dass die physische Sex-Bewegung folgt.

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Das Sex-Gefühl kann überall seinen Anfang nehmen. Als vitale Liebe entsteht es im vitalen Zentrum, im Herz oder Nabel – viele romantisch veranlagte Knaben erfahren dies und beginnen eine Liebschaft (oft im Alter von zehn oder sogar acht Jahren), bevor sie überhaupt irgend etwas über Sex-Beziehungen wissen. Bei anderen beginnt es bei den Nerven oder beim Sex-Organ selbst. Andere wiederum haben es nicht. Viele Mädchen würden es überhaupt nicht kennen, wenn es ihnen nicht beigebracht würde und sie von den Männern nicht dazu angeregt würden. Einige verabscheuen es selbst dann noch und dulden es nur aus einem gesellschaftlichen Zwang heraus oder um Kinder zu haben.

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Es gibt viele Frauen, die mit dem Mental, der Seele, dem Vital (Herzen) lieben können, aber vor einer Berührung des Körpers zurückschrecken; und selbst wenn sich das legt, bleibt der physische Akt für sie abstoßend. Sie mögen sich unter Zwang fügen, es versöhnt sie aber nicht mit dem Akt als solchem, der für sie immer tierisch und erniedrigend bleibt. Frauen wissen dies, nur den Männern scheint es schwer zu fallen, dies zu glauben; es ist aber tatsächlich so.

Abnorm ist ein Wort, das du allem anheften kannst, was nicht ganz wohlfeil und gewöhnlich ist. So betrachtet ist auch das Genie etwas Abnormes, ebenso die Spiritualität oder der Versuch, sich von hohen Ideen lenken zu lassen. Die Neigung zu physischer Keuschheit bei den Frauen ist nichts Abnormes, sie ist ziemlich allgemein und umfasst einen sehr edlen Typ der Frau.

Das Mental ist der Sitz des Denkens und der Wahrnehmung, das Herz der Sitz der Liebe, das Vital der Sitz des Begehrens – doch inwiefern wird dadurch das Vorhandensein von mentaler Liebe verhindert? Genauso wie das Mental von den Gefühlen des Emotionals oder des Vitals überflutet werden kann, so kann auch das Herz vom Mental beherrscht und von mentalen Kräften bewegt werden.

Es gibt eine vitale Liebe, eine physische Liebe. Das Vital [eines Mannes] kann eine Frau aus verschiedenen vitalen Gründen ohne Liebe begehren – um den Instinkt der Dominierung oder Besitzergreifung zu befriedigen, um die vitalen Kräfte einer Frau einzusaugen und damit das eigene Vital zu nähren, um vitale Kräfte auszutauschen, um die Eitelkeit, den Jagdinstinkt zu befriedigen, usw. (das alles vom Standpunkt des Mannes aus gesehen, aber auch die Frau hat ihre vitalen Motive). Es wird oft Liebe genannt, ist aber nur ein vitales Begehren, eine Art von Lust. Wenn jedoch die Emotionen des Herzens erweckt werden, wird es vitale Liebe – eine vermischte Angelegenheit mit einigen dieser vitalen Motiven oder mit ihnen allen, kraftvoll, aber dennoch vitale Liebe.

Es gibt auch physische Liebe, die Attraktion der Schönheit, der physische Sex-Appeal oder dergleichen, wodurch die Emotionen des Herzens erweckt werden. Wenn das nicht der Fall ist, dann ist das physische Bedürfnis alles, und das besteht aus reiner Wollust und nichts anderem; physische Liebe aber ist möglich.

Ebenso kann es mentale Liebe geben. Sie erwächst aus dem Versuch, in dem anderen sein Ideal zu finden, oder aus einer starken mentalen Leidenschaft der Bewunderung und des Bestaunens oder aus dem Suchen des Mentals nach einem Gefährten, einer Ergänzung und Erfüllung der eigenen Natur, einen sahadharmī (jemand, der das gleiche dharma hat), einen Führer und Helfer, einen Lenker und Meister oder aus hundert anderen mentalen Motiven. An sich ist es nicht Liebe, obwohl es manchmal so glühend ist, dass es von Liebe kaum unterschieden werden und sogar zu Selbstaufopferung, zu einem gänzlichen Selbstgeben usw. führen kann. Wenn es aber die Gefühle des Herzens erweckt, kann es sich zu einer sehr machtvollen Liebe entwickeln, die dennoch in ihren Wurzeln und ihrem dominierendem Charakter mental ist. Im allgemeinen jedoch sind es Mental und Vital, die sich verbinden; diese Kombination aber kann mit einer Abneigung oder einem ausdrücklichen Widerwillen gegen den physischen Akt und seine Begleiterscheinungen einhergehen. Zweifellos, wenn der Mann einen Druck ausübt, wird sich die Frau aller Wahrscheinlichkeit nach fügen, doch contre coeur – gegen ihre Gefühle und tiefsten Instinkte.

Es ist eine unwissende Psychologie, die alles auf die Triebkraft des Sex und den Sex-Impuls zurückführt.

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Die Ärzte raten zur Heirat, weil sie glauben, dass die Befriedigung des Sex-Instinktes für die Gesundheit notwendig sei und eine Unterdrückung Störungen im Körper-System verursachen würde. Das stimmt nur dann, wenn die sexuelle Befriedigung nicht tatsächlich aufgegeben wird, sondern nur die Art und Weise der Befriedigung sich ändert. Eine neue Theorie wurde jetzt bekannt, welche die indische Lehre von brahmacarya bestätigt, nämlich, dass durch Enthaltsamkeit retas in ojas gewandelt werden kann, wodurch die Stärke und Macht des Wesens gewaltig wächst.

Was du über die Stimulierung des vitalen Austausches sagst, trifft für das vitale Leben zu. Die Menschen verausgaben ständig vitale Energie und müssen sie erneuern; eine Art, das zu tun, besteht darin, dass man sie anderen im vitalen Austausch entzieht. Das ist jedoch nicht notwendig, wenn man weiß, wie man sie von der universalen Natur oder vom Göttlichen, das heißt von oben, empfangen kann. Außerdem geht, wenn die Seele aktiv ist, im vitalen Austausch immer mehr verloren als gewonnen wird.

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[Das Wort] „Zölibat“ bedeutet vor allem „Ehelosigkeit“ – die Bedeutung kann dahingehend erweitert werden, dass überhaupt keine sexuellen (physischen) Beziehungen zu Frauen bestehen, obwohl das im eigentlichen Sinn des Wortes nicht enthalten ist. Es ist nicht gleichbedeutend mit brahmacarya. Auf dem bhakti-Weg oder im karma-Yoga ist brahmacarya nicht obligatorisch, wohl aber für einen asketischen jnana-Yoga sowie für den raja-und hatha-Yoga. Auch von den gṛhastha-Yogis wird brahmacarya nicht verlangt [gṛhastha = Hausvater; jemand, der den Yoga in der Familie ausübt]. In diesem [Integralen] Yoga muss die Sexualität überwunden werden, da im anderen Fall keine Umwandlung des niederen Vitals und der physischen Natur stattfinden kann. Jede physisch-sexuelle Beziehung sollte aufhören, da man sich sonst ernsthaften Gefahren aussetzt. Auch der Sex-Impuls muss überwunden werden; es ist aber nicht richtig, dass man die Sadhana nicht ausüben kann oder dass Erfahrungen nicht stattfinden können, bevor man ihn völlig überwunden hat – nur kann man ohne seine Überwindung nicht bis zum Ende [des Yoga-Weges] gehen; er muss klar als eines der besonders ernst zu nehmenden Hemmnisse und seine Befriedigung als eine beträchtliche Störung [der Sadhana] erkannt werden.

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Zölibat ist die eine Sache und die Befreiung von den Sex-Trieben eine andere. Die letzteren müssen überwunden werden, und man muss sich davon befreien; wenn aber die Befreiung davon zu einem Test für die Tauglichkeit gemacht würde, den [Yoga-] Weg fortzusetzen, möchte ich nicht wissen, wie viele man für meinen Yoga als tauglich erklären könnte. Der Wille zur Überwindung muss vorhanden sein, die Eliminierung des Sex-Impulses aber ist eines der schwierigsten Dinge für die menschliche Natur, und wenn es lange dauert, so ist das ganz natürlich.

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Was die Frage der Ehe im allgemeinen anbelangt, so halten wir sie bei jemanden, der sich dem spirituellen Leben zuwenden will, für nicht ratsam. Eine Ehe bedeutet im allgemeinen jede Menge Sorgen, eine schwere Verantwortung, eine Bindung an das weltliche Leben und große Schwierigkeiten auf dem Weg des eingleisigen spirituellen Bemühens. Ihr einziger naturgemäßer Sinn wäre, eine Beschränkung und kontrollierte Befriedigung [des Sex-Impulses] zu erreichen, falls es nicht anders möglich ist, die sexuellen Neigungen zu bewältigen. Ich vermag aber nicht zu erkennen, auf welche Weise sie [die Ehe] dir dazu verhelfen könnte, dein Mental zu kontrollieren und zu zähmen; ein rastloses Mental kann nur von innen her beruhigt werden.

Hinsichtlich deiner Konzentration: wenn du daran gewöhnt bist, dich zwischen den Augenbrauen zu konzentrieren, und es förderlich findest, kannst du im allgemeinen damit fortfahren, versuche aber von Zeit zu Zeit die Konzentration im Herzzentrum (in der Mitte der Brust) und achte darauf, ob sie bei dir zum Erfolg führt.

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Wenn du dich einmal dem Göttlichen zugewendet hast, ist es nicht richtig, irgendeiner Verzweiflung stattzugeben. Wie groß auch immer die Schwierigkeiten und Sorgen sein mögen, dieses Vertrauen musst du bewahren, dass, indem du dich auf das Göttliche verlässt, das Göttliche dich durch alles hindurchführen wird. Nun beantworte ich die Fragen deines Briefes:

1. Wenn du dich entschlossen hast, dem spirituellen Pfad zu folgen, können Ehe und Familie diesen Entschluss nur durchkreuzen. Eine Ehe käme allein dann in Frage, wenn der sexuelle Drang so stark wäre, dass du nicht darauf hoffen kannst, ihn zu überwinden, außer durch eine kontrollierte und vernünftige Befriedigung während einer gewissen Zeit, in der er langsam dem Willen unterworfen werden könnte. Du sagst aber, dass seine Macht über dich nachlässt, weshalb das [eine Ehe] nicht unbedingt notwendig erscheint.

2. Alles aufzugeben und von dort fortzugehen kann nur dann geschehen, wenn eine klare und sichere Entscheidung in dir gereift ist. Es impulsiv zu tun würde bedeuten, dass du, nachdem du hierhergekommen bist, all den Sog der alten Dinge fühlst und ernste Störungen und Kämpfe in der Sadhana heraufbeschwörst. Wenn die anderen Dinge von dir abfallen oder abgetrennt werden, dann kannst du kommen. Sei beharrlich in deinem Streben, bestehe darauf, dass dein Vital Glauben hat und ruhiger wird. Es wird geschehen.

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Dein Gefühl ist richtig, dass der Schutz und die Gnade immer gegenwärtig sind und dass alles zum besten geschah. Bei dem Zustand deiner Frau war es das beste, dass sie ihren Körper verließ; sie war in der Lage, das in einer Geistesverfassung zu tun, welche die für sie glücklichsten Voraussetzungen sowohl für die Periode nach dem Tod als auch für eine spätere Fortsetzung ihrer spirituellen Entwicklung geschaffen hat, nach der zu streben sie begonnen hatte. Es ist auch gut, dass du fähig warst, bei diesem Geschehen dein Gleichgewicht und deine freie Haltung zu bewahren.

Und ebenso hast du völlig recht in deinem Entschluss, nicht wieder zu heiraten; das zu tun würde in jedem Fall ernsthafte und wahrscheinlich unüberwindbare Schwierigkeiten auf deinem Yoga-Weg heraufbeschwören; und da es auf diesem Weg notwendig ist, sexuelles Begehren zu überwinden, wäre eine Ehe nicht nur sinnlos, sondern würde in krassem Widerspruch zu deinem spirituellen Leben stehen. Von uns kannst du volle Unterstützung und vollen Schutz für deinen Vorsatz erwarten, und wenn du einen aufrichtigen Willen, eine aufrichtige Entschlossenheit in dieser Sache bewahrst, kannst du sicher sein, dass dich die Göttliche Gnade erreichen wird.

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Wenn sie ihre Zustimmung zur Heirat gäbe, wäre es das beste. Alle diese vitalen Störungen entstehen aus einem unterdrückten Sex-Instinkt – unterdrückt, aber nicht zurückgewiesen und überwunden.

Ein mentales Akzeptieren der Sadhana oder Begeisterung dafür ist weder ein hinlänglicher Garant noch ein hinlänglicher Grund, um die Menschen, besonders junge Menschen zu ermutigen, mit der Ausübung der Sadhana zu beginnen. Später erheben sich diese vitalen Instinkte und es gibt nichts, das ausreicht, um sie auszugleichen oder sich dagegen zu behaupten – nur mentale Ideen, die gegen die Instinkte nichts ausrichten können, andererseits aber den natürlichen Weg der Befriedigung, wie er für die Menschen allgemein üblich ist, blockieren. Wenn sie jetzt heiratet und die Erfahrung des menschlich-vitalen Lebens macht, hat später ihr mentales Streben nach der Sadhana Aussicht auf Erfolg.

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Unterdrückung als solche wäre auf die Dauer nicht wirksam, weil der Samen dennoch vorhanden wäre, es sei denn, er würde durch eine Umwandlung des Sex-Impulses beseitigt; eine Unterdrückung aber kann diese Umwandlung unterstützen. In Europa erkennen jetzt die Ärzte – die früher zu sagen pflegten, dass Sex nur auf die Gefahr von körperlichen Komplikationen hin verboten werden könne –, dass im Gegenteil ein Teil der Zeugungskraft der Gesundheit, Stärke und Jugend dient (in ojas verwandelt, wie der Yogin sagt), während ein anderer Teil für die Zwecke des Sex vorgesehen ist; wenn ein Mann völlig keusch lebt, wandelt sich dieser letztere Teil mehr und mehr in den ersteren. Aber die rein äußerliche Unterdrückung trägt natürlich nicht zu dieser Wandlung bei, solange das Mental sich den sexuellen Gedanken oder das Vital oder der Körper sich dem unbefriedigten Sex-Begehren oder Sex-Gefühl hingibt. Wenn aber all dies zum Stillstand gebracht wird, ist das Verbot nützlich.

Was den anderen Punkt anbelangt, so ist die richtige Haltung die, sich weder über die Schwäche für den Sex zu grämen und von ihrer Bedeutung beherrscht zu sein, so dass man sich deshalb in ständigem Kampf und ständiger Verzweiflung befindet, noch zu achtlos zu sein, damit sie dadurch nicht zunimmt. Es ist vielleicht von allem das Schwierigste, sich gänzlich davon zu befreien; man hat in aller Ruhe ihre Bedeutung und ihre Schwierigkeiten zu erkennen und sich gelassen und stetig um ihre Kontrolle zu kümmern. Wenn einige unbedeutende Reaktionen zurückbleiben, so braucht man sich darüber nicht zu beunruhigen, sie dürfen nur nicht zunehmen, da sie die Sadhana stören oder zu stark werden könnten für den zügelnden Willen des mentalen und höheren vitalen Wesens.

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Zuviel über den Sex nachzudenken, selbst um ihn zu unterdrücken, macht die Sache nur schlimmer. Du musst dich mehr einer positiven Erfahrung öffnen. Die ganze Zeit damit zuzubringen, mit dem niederen Vital zu ringen, ist eine sehr langwierige Methode.

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Hinsichtlich des Sex-Impulses: Betrachte ihn nicht als etwas Sündiges und Entsetzliches und zur gleichen Zeit Anziehendes, sondern als Fehler und falsche Bewegung der niederen Natur. Weise ihn gänzlich von dir, nicht indem du mit ihm kämpfst, sondern indem du dich davon zurückziehst, dich davon loslöst und deine Zustimmung verweigerst; betrachte ihn als etwas, das nicht zu dir gehört, sondern dir durch eine Naturkraft außerhalb von dir auferlegt wurde. Weise jedes Zugeständnis an diese Aufbürdung zurück. Wenn etwas in deinem Vital zustimmt, bestehe darauf, dass dieser Teil seine Zustimmung zurückzieht. Rufe die Göttliche Kraft, um dir bei deiner Lossagung und Weigerung zu helfen. Wenn du dies ruhig, entschlossen und geduldig zu tun vermagst, wird am Ende dein innerer Wille gegenüber der Gewohnheit der äußeren Natur die Oberhand behalten.

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Die kleinen Neigungen, rajasisch-vital, die du aufzählst, sind von geringer Bedeutung. Sie müssen aufgegeben werden in dem Sinn, dass das Verhaftetsein mit diesen Dingen aufhören muss; der vitale Teil des Wesens muss darauf vorbereitet werden, ihrem Verschwinden mit Ruhe und Gleichgültigkeit zuzustimmen, sie nur dann anzunehmen, wenn sie frei vom Göttlichen gegeben werden und ohne dass man sie fordert, beansprucht oder sich an sie klammert; im übrigen ist es keine sehr ernst zu nehmende Sache.

Die einzige ernst zu nehmende Sache ist die Neigung zum Sex. Sie muss überwunden werden. Aber sie wird leichter überwunden werden, wenn du, statt durch ihr Vorhandensein bestürzt zu sein, das innere Wesen davon loslöst, dich darüber erhebst und sie als eine Schwäche der niederen Natur betrachtest. Wenn du dich in völliger Neutralität im inneren Wesen davon loslösen kannst, wird sie dir mehr und mehr als etwas Fremdes, von äußeren Kräften Aufgebürdetes erscheinen. Dann wird es leichter sein, sie zu überwinden.

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Die Störung durch den Sex-Impuls muss zwangsläufig dahinschwinden, wenn es dir ernst damit ist, ihn loszuwerden. Das Problem ist, dass ein Teil deiner Natur (besonders das niedere Vital und das Unterbewusste, welches im Schlaf aktiv ist) die Erinnerung an diese Dinge bewahrt und ihnen verhaftet bleibt und du diese Teile nicht öffnest, damit sie zu ihrer Läuterung das Licht und die Kraft der Mutter annehmen. Wenn du das tun würdest und – statt zu lamentieren, beunruhigt zu sein und sich an die Vorstellung zu klammern, diese Dinge nicht loswerden zu können – ruhig, mit stillem Glauben und geduldiger Entschlossenheit auf ihrem Verschwinden beharren würdest, indem du dich von ihnen loslöst und dich weigerst, sie zu akzeptieren oder überhaupt als einen Teil von dir zu betrachten, würden sie nach einer Weile ihre Kraft verlieren und dahinschwinden.

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Die Schwierigkeit, dich Von der Ursprünglichkeit deiner Natur zu befreien, wird anhalten, solange du versuchst, deinen vitalen Teil nur oder hauptsächlich durch die Kraft deines Mentals und mentalen Willens zu wandeln, und höchstens eine unbestimmte und unpersönliche göttliche Macht zu Hilfe rufst. Es ist eine alte Schwierigkeit, die niemals auf radikale Weise im Leben selbst gelöst wurde, weil man ihr nie in der richtigen Weise begegnet ist. In vielen Yoga-Methoden spielt es keine große Rolle, weil das Ziel nicht in einem umgewandelten Leben, sondern in einer Abkehr vom Leben besteht. Wenn dies das Ziel einer Bemühung ist, mag es genügen, das Vital durch einen mentalen und moralischen Zwang niederzuhalten, oder es kann beruhigt werden und in einer Art von Schlaf und Bewegungslosigkeit verharren. Es gibt sogar einige Menschen, die ihm erlauben, sich auszutoben und zu erschöpfen, wenn es kann, während sein Besitzer vorgibt, davon unberührt und unbetroffen zu sein; denn es ist nur die alte Natur, die durch den früheren Antrieb weiterläuft und mit dem Körper abfallen wird. Wenn keines dieser Ergebnisse erreicht werden kann, führt der Sadhak manchmal ein doppeltes inneres Leben, geteilt zwischen seinen spirituellen Erfahrungen und seinen vitalen Schwächen, mit dem Ergebnis, soviel wie möglich aus seinem besseren Teil und sowenig wie möglich aus dem äußeren Wesen zu machen. Keine dieser Methoden genügt jedoch für unseren Zweck. Wenn du die wahre Beherrschung und Umwandlung der vitalen Bewegungen willst, kann es nur unter der Bedingung geschehen, dass du deinem seelischen Wesen, der Seele in dir erlaubst, voll zu erwachen, ihre Herrschaft zu errichten und alle Wesensteile der dauernden Berührung durch die Göttliche sakti zu öffnen und ihnen den ihr [ der Seele] eigenen Weg der reinen Hingabe aufzuerlegen, sowie auf das Mental, das Herz und die vitale Natur mit rückhaltlosem Streben und vollständigem, unnachgiebigem Verlangen nach allem, was göttlich ist, einzuwirken. Es gibt keinen anderen Weg, und es ist sinnlos, nach einem bequemeren Pfad Ausschau zu halten. Nānyaḥ panthā vidyate'yanāya. [Es gibt keinen anderen Pfad für den großen Übergang.]

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Es ist der Grund, warum die Schwierigkeit mit dem vitalen Sex am schwersten zu überwinden ist – selbst jene, die aufrichtig die mehr physische Form aufgegeben haben, unterliegen noch der vitalen Form des Impulses. Dies ist aber schädlich, weil es eine feine Infiltration von Kräften erlaubt, die der Sadhana im Wege stehen. Man muss sich von ihnen befreien, wenn das Vital ganz rein und fähig werden soll, die göttliche Liebe und den Ananda aufzunehmen.

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Im Vital-Physischen hält die „Reaktion“ [auf Sex-Impulse] noch lange an, nachdem sich das Mental und höhere Vital davon abgewandt haben. Ich habe das bei Menschen bemerkt, die mental und emotional völlig aufrichtig waren. Einige können sich leicht davon befreien, doch ist es nur eine Minorität. Man sollte sich aber nicht nach dem Gesichtspunkt „was schadet es“ rechtfertigen – das ist ein Versuch des niederen Vitals, das Mental und höhere Vital auf seine Seite zu ziehen. Schaden kann immer entstehen, solange die Sex-Reaktion nicht in beiden [in Mental und höherem Vital] ausgemerzt ist – nicht nur in dir.

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Der sexuelle Drang ist etwas, das versucht, dich zu ergreifen, und keinerlei Spielraum für Verbot oder Kontrolle zulässt. Er hat die Möglichkeit einer zeitweiligen Bemächtigung, wie sie keine andere Leidenschaft oder kein anderer Lebensimpuls in gleichem Ausmaß hat, stärker sogar als Ärger, der gleich danach kommt. Das ist der Grund, warum es so schwierig ist, sich davon zu befreien – weil, selbst wenn das Mental und höhere Vital ihn zurückweist, das vitale Physische diese besitzgierige Kraft fühlt und eine tief eingewurzelte Neigung hat, ihrem Drängen gegenüber passiv zu sein.

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Coming inside [of sex] means taking hold of you so that there is a push for satisfaction. Pressure from outside however strongly felt is not coming inside.

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Die Schwierigkeit mit dem Sex ist nur ernst zu nehmen, solange sie die Zustimmung des Mentals und vitalen Willens erhalten kann. Wenn sie aus dem Mental vertrieben wird, das heißt, wenn das Mental seine Zustimmung verweigert, aber der vitale Teil darauf reagiert, kommt sie als eine große Woge vitalen Begehrens und versucht, das Mental gewaltsam mit sich fortzureißen. Wenn sie auch aus dem höheren Vital vertrieben wird, aus dem Herzen und der dynamischen, besitzgierigen Lebenskraft, sucht sie Zuflucht im niederen Vital und erscheint dort in Form von unbedeutenden Einflüssen und Trieben. Wenn sie von der niederen vitalen Ebene vertrieben wird, geht sie hinab in das dunkle, schwerfällig sich wiederholende Physische und tritt im Sex-Zentrum in Form von Erregung auf und auch als mechanische Reaktion auf Einflüsse. Auch von dort vertrieben, geht sie hinab in das Unterbewusste und steigt in Träumen auf und in Form von nächtlichen Emissionen, die auch ohne Traum stattfinden können. Aber wohin auch immer sie sich zurückzieht, versucht sie, von der betreffenden Grundlage oder dem Zufluchtsort aus noch eine Zeitlang Störung zu verursachen und die Zustimmung der höheren Teile wiederzugewinnen – bis schließlich der Sieg vollständig ist und sie sogar aus dem uns umhüllenden oder umgebenden Bewusstsein vertrieben wird, welches unsere eigene Ausdehnung in die allgemeine oder universale Natur darstellt.

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Ist es so, dass der Körper die sexuellen Gedanken und Begierden nicht akzeptiert? Wenn das der Fall ist, kannst du sie als etwas Äußeres zurückweisen oder als etwas, das höchstens im Unterbewusstsein existiert. Denn nur dieses Etwas in uns, das akzeptiert, unterstützt, sich an etwas erfreut oder auf etwas mechanisch reagiert, kann als Teil von uns bezeichnet werden. Wenn es nichts dergleichen gibt, gehört es zur allgemeinen Natur, aber nicht zu uns. Natürlich kehrt es zurück und versucht, sein verlorenes Territorium wieder in Besitz zu nehmen, aber es ist eine fremde Invasion. Grundsätzlich gilt für diese Dinge, dass sie aus dem individuellen Bewusstsein hinausgedrängt werden müssen. Wenn sie vom Mental und höheren Vital zurückgewiesen wurden, versuchen sie, sich noch an das niedere Vital und Physische zu klammem. Wenn sie vom niederen Vital zurückgewiesen wurden, üben sie ihre Macht noch durch ein physisches Begehren auf den Körper aus. Vom Körper zurückgewiesen, ziehen sie sich in das uns umgebende Bewusstsein zurück (auch manchmal in das Unterbewusste, von wo sie in Träumen aufsteigen) und versuchen, von dorther einzudringen. (Ich meine mit dem uns umgebenden Bewusstsein eine Art uns umgebende Atmosphäre, die wir mit uns herumtragen und durch die wir mit den universalen Kräften in Verbindung stehen.) Von dort zurückgewiesen, werden sie am Ende zu schwach, um mehr als nur äußerliche Suggestionen zu sein, bis auch das endet und sie erledigt und nicht mehr existent sind.

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Der Sex-Impuls ist die hauptsächliche Schwierigkeit auf deinem Weg. Wenn er weiterbesteht, so deshalb, weil ein Teil deines Wesens sich noch daran klammert und dein Mental und Wille unentschlossen sind und eine Art halbe Rechtfertigung für sein Fortbestehen gefunden haben. Als erstes haben das Mental und auch das höhere Vital ihre Zustimmung völlig zurückzuziehen; wenn das geschehen ist, findet nur noch eine mechanische Rückkehr von außen zum Physischen statt, und schließlich ist es nur noch eine lebendige Erinnerung, die verschwinden wird, wenn kein Teil der Natur sie mehr willkommen heißt.

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Nur wenn das ganze Bewusstsein erwacht und sich seiner verborgenen Bewegungen bewusst ist, können solche Sex-Reaktionen vermieden werden. Sie bedeuten nicht, dass du schlechter bist als andere, sondern dass in allen Menschen das sexuelle Element besteht, aktiv oder passiv, befriedigt oder unterdrückt. Es kann nur durch ein spirituelles Erwachen in allen Teilen der [menschlichen] Natur überwunden werden.

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Der Sex-Impuls ist tief im Unterbewussten verwurzelt, und es ist schwierig, sich davon zu befreien. Allein durch die volle Umwandlung des physischen Bewusstseins kann es geschehen – einige wenige ausgenommen, die damit nicht sehr stark belastet sind.

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Es ist natürlich das Physische, das sofort in der allerstofflichsten Weise auf Sex-Suggestionen reagiert. Was du tust, ist richtig. Da du es im Wachzustand kontrollierst, tritt es nachts hervor. Auch davon musst du dich befreien.

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Beharre auf der Konzentration im Herzen und bleibe angesichts der Hindernisse unbewegt. Die Suggestionen dürfen niemals angenommen werden – denn ihre Annahme gibt ihnen das Recht zurückzukehren oder weiterzubestehen. Wenn keine sexuelle Reaktion im Mental oder Vital stattfindet, die Erregung im organischen [Sex-] Zentrum isoliert ist und keine Unterstützung im Wesen findet, kann sie gesondert überwunden werden. Daher darf es keine mentale Zustimmung oder vitale Erwiderung geben – das ist der erste erforderliche Schritt.

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Sex ist eng mit dem physischen Zentrum verbunden, aber auch mit dem niederen Vital – der größte Teil seiner Intensität und Erregung stammt vom niederen Vital. Er kann vom niederen Vital getrennt werden, und wird dann eine rein physische, mechanische Bewegung ohne große Kraft. Wenn auch das physische Zentrum befreit ist, hört der Sex-Impuls auf zu bestehen.

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Natürlich, es ist das Vital, welches dem Spiel des Sex seine Intensität und Macht gibt, das Bewusstsein in Beschlag zu nehmen.

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Es ist das physische Zentrum – Sex ist nur eine seiner Bewegungen. Natürlich, wenn der Sex aktiv ist, statt der Schönheit und dem Ananda Platz zu machen, und wenn die niederen Bewegungen aktiv sind, bildet das ein Hindernis für die Errichtung des höheren Bewusstseins. Doch kann das höhere Bewusstsein trotzdem herabkommen, sogar bevor die niederen Bewegungen endgültig verschwunden sind, wenn das Wesen überhaupt offen ist – es muss dann die Arbeit des Ersetzens vollenden.

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Durch pranayama und andere physische Praktiken, wie asanas, wird sexuelles Begehren nicht unbedingt ausgerottet – manchmal können sie sogar, da sie die vitale Kraft im Körper ungeheuer mehren, auf ziemlich bestürzende Weise auch die Kraft der sexuellen Neigungen steigern, die, an der Basis des physischen Lebens gelegen, immer schwer zu überwinden ist. Das einzige, was man tun kann, ist, sich von diesen Bewegungen zu lösen, sein inneres Selbst zu finden und darin zu leben; dann ist es für immer vorbei, dass diese Bewegungen als Teile des eigenen Wesens erscheinen, sie sind vielmehr etwas, das die äußere prakrti dem inneren Selbst oder purusa auferlegt. Sie können dann leichter abgelegt werden und sich in Nichts auflösen.

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Dem Körper Schmerz zuzufügen ist kein Mittel gegen den Sex-Impuls, obwohl es eine zeitweilige Ablenkung darstellen kann. Es ist das Vital und meist das Vital-Physische, welches die sinnliche Wahrnehmung als Vergnügen oder als etwas anderes empfindet.

Die Nahrung zu verringern hat meist keine anhaltende Wirkung. Es mag die Empfindung von physischer oder vital-physischer Reinheit erhöhen, das Körpersystem leicht machen und gewisse Arten von tamas verringern. Der Sex-Impuls kann sich jedoch durchaus an eine verringerte Nahrungsmenge anpassen. Nicht durch physische Mittel, sondern durch eine Wandlung im Bewusstsein können diese Dinge überwunden werden.

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Es scheint das beste zu sein, die Bewegung des Aufsteigens sich vollenden zu lassen; wenn du dort die Weite, den Frieden, die Ruhe, die Stille des Selbstes zu fühlen vermagst und all das durch die Zentren in den Körper herabkommen kann und in diesem Zustand des physischen Wesens das Wirken der [Yoga-] Kraft stattfindet, dann kannst du der vital-physischen Schwierigkeit begegnen. Die Bemühung, das durch persönliche tapasya zu erreichen, kann dich bis zu einem bestimmten Punkt führen und Sex usw. kann dadurch eliminiert werden, bei den meisten aber wird hierdurch nicht die Rückkehr [ dieser Kräfte] durch eine Attacke verhindert – es sei denn die Stärke der tapasya wäre so groß und anhaltend, dass diese Kräfte keine Chance mehr hätten. Meiner Meinung nach können diese Dinge jedoch nur dann ausgemerzt werden, wenn das höhere Bewusstsein herabkommt – indem es seine selbstbestehende Ruhe und Weite mit sich bringt und die höhere Kraft und der Ananda alles bis hin zu den Zellen des Körpers ergreifen. Diese drei Dinge zusammen würden zweifellos im Körper keinen Spielraum für den Sex lassen – auch wenn der Sex-Impuls aufkäme, würde er sofort auf eine Weise gewandelt werden, dass er nicht länger Sex wäre.

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Wenn Frieden und Schweigen durch und durch gefestigt sind, dann entsteht Reinheit, und durch die Reinheit werden die sexuellen Suggestionen hinausgestoßen.

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Es gibt eine Kraft der Reinheit – nicht die Reinheit der Moralisten, sondern eine essentielle Reinheit des Spirits – in der wahren Substanz des Wesens. Wenn sie sich einstellt, können sich die Sex-Wellen entweder nicht nähern oder sie verebben ohne einen Impuls auszulösen, ohne irgendwo eine Verbindung herzustellen.

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Du musst unbedingt die perverse Gewohnheit ablegen, die eine der hauptsächlichen Ursachen deiner Verzagtheit, vitalen Schwäche usw. ist. Es gibt nichts, das eine größere Kraft hätte, das [Körper-]System zu stören und zu schwächen. Wenn du nicht nur im Mental, sondern auch im Vital den Entschluss gefasst hättest, sie aufzugeben, hätte sie längst aufgehört zu bestehen.

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Es gibt den einen Weg, durch den es dir möglich wird, dich von der perversen Gewohnheit zu befreien: eine starke mentale Kontrolle, wodurch du dich der falschen Bewegung entledigst. Es ist nicht wahr, dass sie unbesiegbar ist; im Gegenteil, die Tatsache, dass du fähig warst, sie für einige Zeit zu unterbrechen, beweist, dass du ihrer Herr werden kannst. Sie kehrt deshalb zurück, weil diese Dinge eine Bewegung gewisser universaler Lebenskräfte darstellen, die, wenn ihnen einmal erlaubt wurde, eine falsche Reaktion im [Körper-]System zur Gewohnheit werden zu lassen, die Neigung haben, in dieser Form fortzudauern, und die, selbst wenn sie vertrieben wurden, stets versuchen zurückzukehren. Dein Mental hat sie abgewiesen, aber etwas in deiner vitalen Natur – jener Teil, der direkt auf die universalen Lebenskräfte anspricht – ergötzt sich noch daran und hat das Vermögen der falschen Reaktion sowie das Verlangen danach bewahrt. Eine entschlossene und beharrliche Bemühung des Willens kann am Ende die Zurückweisung des Begehrens erzwingen und schließlich sogar die Zurückweisung jeder gewohnten mechanischen Einwirkung auf diesen Teil der [menschlichen] Natur. Du darfst dich durch Rückschläge nur nicht entmutigen lassen; dein Wille muss standhafter sein als die Gewohnheit und ausharren, bis eine volle Überwindung stattgefunden hat.

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Erforderlich ist die volle innere Zurückweisung der Sex-Impulse und vitalen Impulse, eine Zurückweisung durch das ganze niedere Vital als solches – die äußere Zurückweisung kann nur dann wirksam sein, wenn sie durch diese innere Zurückweisung unterstützt wird. Im allgemeinen versuchen die Menschen mit der äußeren Zurückweisung, weil sonst (wenn man diesen Dingen nachgibt) die innere Zurückweisung aller Voraussicht nach nicht möglich ist, da die vitale Neigung immer durch die äußere Tat bestätigt wird – wenn aber das äußere Begehren zurückgewiesen wird, ist der Konflikt auf das innere Begehren beschränkt und wird dort ausgefochten. Eine äußere Enthaltung allein befreit natürlich nicht.

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Natürlich muss man fähig sein, mit Frauen in Verbindung zu treten, ohne dabei sexuelle Gefühle zu haben oder an Sex zu denken; doch den Kontakt zu suchen, um sich zu prüfen, ist nicht der richtige Weg; das kann allzu leicht in das Gegenteil umschlagen, wenn die Meisterung keine vollständige ist. Die Empfindung und Überwindung müssen ein innerer Vorgang sein – die tantrische äußere Methode ist nicht ratsam.

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All das geschieht, weil das Vital in der Annäherung sexbewusst ist und sofort die „Man-und-Frau“-Haltung einnimmt. Um davon frei zu werden, muss man fähig sein, eine Frau einfach als menschliches Wesen zu betrachten und zu empfinden. Das ist schwierig und bedarf einer gewissen Übung; denn das Mental mag fähig sein, diese Haltung einzunehmen, das Vital aber ist unzuverlässig, und man muss auf der Hut sein, dass es nicht plötzlich oder verstohlen sich seiner Vorliebe für sexuellen Austausch erinnert.

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Es wäre besser, du würdest dich von dem Einfluss befreien. Es wäre falsch, wenn man eine Frau oder das Bild einer Frau nicht ansehen könnte, ohne sexuelle Gefühle zu haben – davon musst du dich befreien.

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Wenn man alle schönen Dinge, nicht nur die Frauen, ohne Verlangen bewundern würde, wäre alles in Ordnung. Aber besonders im Hinblick auf die Frauen, ist es [das Verlangen] ein Überbleibsel des „Sex-Appeals“.

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Stärke und Reinheit im niederen Vital und Weite im Herzen stellen die beste Voraussetzung dar, um anderen zu begegnen, besonders den Frauen – wenn das immer gegenwärtig wäre, hätte der Sex kaum eine Chance.

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Wenn die tatsächliche Befriedigung des Vitals [am Sex] aufgegeben wird (äußerer Austausch, Berührung oder Kontakt), beschäftigt sich die Phantasie noch weiterhin damit. Wenn aber auch dies überwunden werden kann, hat man die ganze Sache überwunden. Eine äußere Befriedigung hingegen hält die Tätigkeit am Leben. Das ist die raison d‘etre, der Grund dafür, dass man sich äußerlich meidet. Wenn man sich von all dem befreien kann, ohne sich zu meiden, umso besser.

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Man hat darauf zu achten, dass eine sexuelle oder erotische Vorstellung nicht vom Bewusstsein Besitz ergreift und sich als spirituelle Wahrheit ausgibt.

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Wenn man den Kontakt aufgibt, kann er [der Sex-Impuls] auf zwei Formen reduziert werden – den Traum und die Phantasie. Der Traum ist nicht von großer Wichtigkeit, es sei denn er beeinflusst das Wachmental, was durchaus nicht der Fall zu sein braucht; im übrigen kann er verhindert werden, und wenn man ihm keine Beachtung schenkt, verblasst er am Ende. Von den Phantasien kann man sich nur durch eine tapasya des Willens befreien, indem man ihnen nicht freien Lauf lässt, sondern sie unterbindet, sobald sie auftreten. Sie kommen am leichtesten auf, wenn man nach dem Erwachen im tamasischen Zustand im Bett liegen bleibt. Man muss sie abbrechen, entweder indem man tamas abschüttelt oder das Mental leer werden lässt und sich wieder dem Schlaf zuwendet. Ansonsten sollte man fähig sein, sie abzustoppen, indem man die Gedanken auf etwas anderes richtet.

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Der gefährlichste Antrieb für sexuelle Dinge entsteht dann, wenn man unmittelbar nach dem Erwachen im Bett liegen bleibt; man sollte entweder versuchen wieder einzuschlafen, wenn man dazu Zeit hat, oder die Gedanken auf heilsame Dinge richten.

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Es gibt für die sexuelle Phantasie keinen gefährlicheren Zustand, als halbwach im Bett zu liegen oder sonst irgendwie entspannt und träge ohne irgendeine Arbeit oder Erfahrung zu sein.

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Untätigkeit ist eine Atmosphäre, in der sich leicht der Sex-Impuls einstellt.

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Die [sexuelle] Phantasie [spielen zu lassen], bedeutet eine Zustimmung des physischen oder vitalen Mentals. Ansonsten werden sexuelle Empfindungen oft nur durch physische Ursachen ausgelöst, und wenn sie durch diese automatische Zustimmung von einem Teil des Mentals nicht unterstützt werden, würde sich über kurz oder lang ihre Gewohnheit der Wiederkehr verringern.

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Du hast keinen Grund, deprimiert oder entmutigt zu sein. Die Mängel der Natur, von denen du sprichst, sind Gewohnheiten des niederen Vitals und des äußeren Wesens; wenn du sie voll und freimütig erkennst, aufdeckst und zurückweist, wann immer sie auf dich einwirken oder einzuwirken versuchen, werden sie mit der Zeit verschwinden. Die sexuellen Begierden weisen darauf hin, dass das Unterbewusste die alten Eindrücke, Bewegungen und Impulse noch bewahrt; mache die bewussten Teile des Wesens gänzlich frei davon, strebe danach und setze deinen Willen ein, dass das höhere Bewusstsein voll in das Unterbewusste kommt, so dass sogar im Schlaf und Traum etwas in dir bewusst und auf der Hut ist und diese Dinge abweist, wenn sie während dieser Zeit Form anzunehmen versuchen.

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Natürlich, wenn du über diese Dinge [die den Sex betreffen] etwas liest, treten sie in das Mental ein und wandern von dort in das Unterbewusste, wo sie ihren Eindruck hinterlassen. Wenn das Bewusstsein vom sexuellen Impuls nicht frei ist, kann dieser Eindruck aus dem Unterbewussten aufsteigen und im Mental wirken.

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Ich habe dir bereits gesagt, dass du dich nicht über diese Träume und Vorfälle im Schlaf aufregen sollst. Sie kommen von außerhalb, und etwas im Unterbewusstsein, wo auf lange Zeit hin all das bewahrt wird, was das bewusste Wesen zurückweist, reagiert darauf. Erst in den späteren Stadien des Yoga kann dieser unterbewusste Teil bewusst gemacht und befreit werden. Es ist das Wachbewusstsein, das du von sexuellen Vorgängen und sexuellen Suggestionen freihalten musst. Wenn du das tust, kann später der unterbewusste Teil leicht befreit werden.

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Nachtträume über Sex sind ein unfreiwilliges Aufwallen sexueller Eindrücke aus dem Unterbewussten; die meisten Menschen, selbst wenn sie sich nicht dem sexuellen Akt hingeben, haben sie von Zeit zu Zeit, und zwar in Abständen von einer Woche, zwei Wochen, einem Monat bis zu drei oder vier Monaten. Sie öfter zu haben weist entweder auf ein Schwelgen in sexuellen Vorstellungen hin, wodurch das Sex-Zentrum angeregt wird, oder aber auf eine nervöse Schwäche in diesem Teil, verursacht durch die Befriedigung in der Vergangenheit. Einige fanden es hilfreich, dem Körper nachts vor dem Einschlafen den Willen aufzuerlegen, dass diese Träume nicht stattfinden sollen; wenn es anfangs auch keinen Erfolg haben mag, so wird in den meisten Fällen nach einer gewissen Zeit eine hemmende Kraft auf das Unterbewusstsein einwirken, von dem diese Träume aufsteigen. Wenn Kinder sich dem hingeben, so ist das nicht etwas Ererbtes, sondern eine Sache, die sie in schlechter Gesellschaft lernen, und diese Kinder werden dadurch manchmal schon in sehr jungen Jahren verdorben.

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Es ist ein Fehler, wegen der Emissionen soviel Wesens zu machen – jeder hat sie. Das Unterbewusste hat seine eigene Bewegung, und der Mangel an Kontrolle dort ist eine Sache, von der man sich nur dann befreien kann, wenn das volle Licht nach dort gelangt ist. Dieses spezielle Element bekämpft man am besten dadurch, indem man dem Unterbewussten (dem Sex-Zentrum oder Sex-Organ selbst) einen Willen auferlegt, so dass sogar im Unterbewusstsein während des Schlafes etwas dagegen reagiert. Viele konnten auf diese Weise Rückfälle verringern und sich beinahe davon befreien, andere hingegen waren weniger erfolgreich. In einem Fall fand alle vierzehn Tage ein Rückfall statt, und das hielt trotz des eingesetzten Willens an. Wegen der Schwierigkeit im Wachsein solltest du nicht soviel Gedanken verschwenden. Treibe die positive Seite der Sadhana voran, der Verwirklichung entgegen – diese Dinge werden verblassen und verschwinden, wenn das höhere Bewusstsein in das Sex-Zentrum gelangt ist. Unterdessen hat man vor allem eine Kontrolle darüber auszuüben und sich möglichst weitgehend davon zu befreien.

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Es besteht kein Grund, in diesem Ausmaß niedergeschlagen zu sein oder derartige Vorstellungen von einem Fehlschlag im Yoga zu hegen. Es ist keinesfalls ein Zeichen deiner Untauglichkeit für den Yoga. Es bedeutet einfach, dass der sexuelle Impuls, der durch die bewussten Teile zurückgewiesen wurde, im Unterbewusstsein Zuflucht gesucht hat, vermutlich irgendwo im niederen Vital-Physischen und im durch und durch physischen Bewusstsein, wo einige Bereiche für das Streben und Licht noch nicht offen sind. Das Fortbestehen von Dingen im Schlaf, die im Wachbewusstsein abgewiesen wurden, ist ein ziemlich allgemeines Vorkommnis im Verlauf der Sadhana.

Die Lösung ist die folgende:

1. zu erreichen, dass das höhere Bewusstsein, sein Licht und das Wirken seiner Macht in die dunkleren Teile der Natur herabkommen;

2. im Schlaf immer bewusster zu werden, mit einem inneren Bewusstsein, das sich des Wirkens der Sadhana sowohl im Schlaf als auch im Wachsein bewusst ist;

3. den wachen Willen und das Streben des Wachzustandes auch im Schlaf auf den Körper einwirken zu lassen.

Eine der Methoden für letzteres besteht darin, den Körper vor dem Einschlafen stark und bewusst zu beeinflussen, dass die Sache nicht geschehen soll; je konkreter und physischer und je direkter auf das Sex-Zentrum die Suggestion ausgeübt werden kann, desto besser. Die Wirkung mag zunächst keine sofortige oder gleichbleibende sein; meist aber, wenn du weißt, wie sie auszuüben ist, obsiegt am Ende diese Art der Suggestion; auch wenn sie den Traum nicht verhindert, erweckt sie das innere Bewusstsein doch sehr oft so rechtzeitig, dass unliebsame Konsequenzen vermieden werden.

Es ist ein Fehler zuzulassen, in der Sadhana deprimiert zu sein, selbst bei wiederholten Fehlschlägen. Man muss ruhig, ausdauernd und hartnäckiger als der Widerstand sein.

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Wenn das Wachbewusstsein die Befriedigung der sexuellen Begierden und Impulse zurückgewiesen hat, nehmen sie ihre Zuflucht zu Eindrücken, Erinnerungen und unterdrückten Begierden im Unterbewusstsein und steigen im Schlaf als Träume und unfreiwillige Schlafemissionen auf. Wenn das Wachbewusstsein selbst nicht geläutert ist – das heißt, wenn, obwohl keine physische Befriedigung stattfindet, dennoch Sex-Vorstellungen im Mental oder Begierden im Vital oder Körper aufkommen –, können diese Träume und Emissionen häufig sein. Selbst wenn das Wachbewusstsein geläutert ist, kann dieses Auftauchen aus dem Unterbewusstsein noch eine Zeitlang anhalten; doch wird es sich allmählich abschwächen. Einige Menschen sind fähig, sich davon zu befreien, indem sie vor dem Einschlafen einen starken unterbindenden Willen oder eine Kraft auf das Unterbewusste oder das Sex-Zentrum einsetzen – das hat aber nicht bei jedem Erfolg. Die Hauptsache ist, das Wachbewusstsein von der wachsenden Kraft des brahmacarya durchdringen zu lassen und alle Gedanken und Worte über sexuelle Dinge sowie das physische Verlangen oder den physischen Impuls vollständig zurückzuweisen – die unterbewussten Rückstände werden später, wenn man fähig ist, das höhere Bewusstsein nach dort herabzubringen, entweder absterben oder ausgeräumt werden.

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Um die Emissionen im Traum zu verringern oder zum Stillstand zu bringen, ist es notwendig, zuerst den Zustand des vollen brahmacarya zu erreichen, kāyamanovākyena [im Körper, Mental und in der Rede] – die Sexualität nicht nur aus den physischen Tätigkeiten zu verbannen, sondern auch das Vital- und Körperbewusstsein von sexuellen Impulsen und das Mental und die Rede von sexuellen Gedanken und Vorstellungen zu befreien. Die Träume erheben sich aus dem Unterbewussten, wo alle Eindrücke und Instinkte gespeichert werden und jedes dieser Dinge das Unterbewusste anregt und seinen Vorrat mehrt, was in die Träume aufsteigen kann. Wenn man das Wachbewusstsein gänzlich geläutert hat, indem man einen Willen oder eine Kraft auf das Unterbewusste einsetzt(besonders bevor man einschläft), kann man nach einiger Zeit die Sex-Träume und Emissionen eliminieren.

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Abgesehen von der völligen Zurückweisung der sexuellen Gedanken, Vorstellungen und des sexuellen Vollzugs, die dahin führt, dass sie auch im Unterbewussten wirkt, weiß ich kein Heilmittel gegen Sex-Träume, es sei denn das Einsetzen einer möglichst konkreten Kraft auf das sexuelle Zentrum und Organ, um diesen Drang und seine Folgen zu unterbinden; das hat beim Einschlafen zu geschehen und ist jedes Mal zu erneuern, wenn man aufwacht und wieder in Schlaf fällt. Aber all das [was du erwähnst], hat keinen Wert, denn es setzt einen mentalen Willen statt einer konkreten Kraft ein (der mentale Wille kann wirksam sein, ist es aber nicht immer). Außerdem wirkt diese Methode nur zeitlich bedingt, sie unterbindet, stellt aber, außer in seltenen Fällen, kein anhaltendes Heilmittel dar; sie befreit nicht von den sexuellen Eindrücken im Unterbewusstsein, was natürlich bedeutet, dass man, wenn auch im negativen Sinn, trotzdem an die ganze Sex-Affaire denkt.

Ich habe sagen hören, dass sogar sehr fortgeschrittene Yogis wenigstens einmal innerhalb von sechs Monaten Sex-Träume hätten – ich weiß nicht, inwieweit es stimmt oder was die Yogis selbst dazu sagen. Doch kann man sich von den sexuellen Prägungen im Herzen lange vor Lebensende befreien, und es ist durchaus nicht unmöglich, selbst den Keimzustand im Unterbewussten, der in die Träume aufsteigt und überaus zäh ist, zu beseitigen.

In keinem Fall sind Träume etwas, worüber man sich so große Sorgen zu machen braucht, außer sie sind häufig – es ist der Wachzustand, der rigoros geläutert werden muss. Hat man das getan, dehnt sich manchmal die Gewohnheit der Zurückweisung in das Unterbewusste aus, so dass, wenn der Traum kommen will, eine automatische Unterbindung einsetzt, die ihm ein Ende bereitet. Unter einer derartigen Kontrolle würde der sexuelle Druck meiner Meinung nach wenn auch nicht aufhören, so doch in seinem Keimzustand für immer zur Ruhe gebracht werden und wäre praktisch non est [nicht existent].

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Das erste Erfordernis bei solchen Dingen ist, absolut ruhig zu sein und die Erregung, die durch diese Schwierigkeiten entsteht, zurückzuweisen. Wenn sie sich einstellen, muss man den Standpunkt einnehmen, dass es deshalb geschieht, damit sie verarbeitet werden. Wenn im Wachbewusstsein nichts die Sex-Schwierigkeiten stützt, kann es sich bei diesen Tag-Träumen und den Absonderungen ohne Traum nur um ein Aufsteigen von alten, ruhenden Eindrücken aus dem Unterbewusstsein handeln. Solch ein Aufsteigen findet häufig dann statt, wenn die [Yoga-] Kraft im Unterbewusstsein zu dessen Läuterung wirkt. Auf keinen Fall aber darf man sich beunruhigen lassen, sondern muss eine Kraft oder einen Willen auf das Sex-Zentrum oder Sex-Organ einsetzen, damit diese Dinge aufhören. Das kann unmittelbar vor dem Einschlafen geschehen. Es führt nach einiger Zeit bei regelmäßiger Übung meist zum Erfolg. Es muss durch einen ruhigen allgemeinen Druck des Willens oder der Kraft auf das physische Unterbewusste geschehen. Das Unterbewusste in seiner andauernden Beharrlichkeit kann sich lange widersetzen, es kann sich aber mehr oder weniger rasch dem Willen des bewussten Wesens anpassen und tut es auch.

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Die meisten deiner Träume fanden auf der vital-physischen Ebene statt. Wenn dort irgendein physischer Kontakt von sexueller oder anderer Art besteht, wirkt das stark auf das Sex-Zentrum oder ein Sinnesorgan ein – es kann, selbst ohne irgendein Lustgefühl auszulösen, eine Emission durch ein mechanisches, blindes und unterbewusstes Wirken von rein physischer (nicht einmal vital-physischer) Natur verursachen. Es wird erst dann unmöglich, wenn das Sex-Zentrum [durch die Yoga-Kraft] erstarkt ist.

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Wenn eine sexuelle Emission etwas Normales wäre, wie wäre es dann möglich, dass sie das Körper-System so sehr deprimiert und schwächt? Die Menschen klagen immer über diese Entkräftung, und wenn es häufig geschieht, haben sie ernsthafte Depressionen und werden tamasisch. Das muss natürlich nicht so sein, denn wenn man sich dagegen wehrt, kann die Depression oder Schwäche verhindert werden – doch leiden die meisten darunter. Dass es geschieht, ist in dem Sinn etwas Normales, als man die sexuelle Aktivität aufgegeben hat, ohne von sexuellen Vorstellungen und Impulsen befreit zu sein; aber auch später, wenn man nicht mehr vom Sex behelligt wird, kann sie [die Emission] noch eine Zeitlang fortdauern, da die Eindrücke im Unterbewusstsein noch nicht ausgemerzt sind. Zuweilen befreit sie von einem Sekretionsüberschuss, doch scheint die resultierende Schwäche eher einen Verlust der notwendigen Lebenskraft anzuzeigen. Der richtige Weg, mit dem Überschuss fertig zu werden, besteht darin, ihn in reine Energie zu wandeln, retas in ojas.

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Es ist offensichtlich eine Attacke auf dein Nervensystem über das Unterbewusste. Sie kommt deshalb im Schlaf, weil du im Wachbewusstsein mehr auf der Hut bist und dich gegen Attacken wehren kannst. Meist findet diese Art von Traum und die Absonderung dann statt, wenn sich das physische Bewusstsein infolge von Ermüdung, Anstrengung oder irgendeiner anderen Ursache in einem tamasischen Zustand befindet, in einem schweren Schlaf, oder wenn es unter dem Druck von Trägheit leidet.

Das erste, was du zu tun hast, ist, die Nachwirkungen abzuweisen, wie du es diesmal getan hast – denn du sagst, dass du nicht die Empfindung irgendeiner Schwäche hättest, sondern eher die, als ob sich nichts ereignet hätte. Es ist durchaus nicht unvermeidlich, dass man nach einem Traum wie diesem Schwäche empfindet und dass eine Absonderung stattfindet; nur aufgrund der gewohnten Assoziation im physischen Mental können diese Kräfte Reaktionen von nervöser Schwäche mit sich bringen.

Die Absonderung kannst du nur dadurch verhindern, dass du im Schlaf bewusster wirst. Du warst dir all dessen, was geschah, bewusst, aber du musst außerdem die Kraft eines bewussten Willens entwickeln, der erkennt, was sich ereignen wird und der eingreift, um es zu verhindern, entweder indem er dich rechtzeitig weckt oder den Traum abbricht oder die Absonderung verhindert. All das ist durchaus möglich, es ist eine Frage der Gewohnheit, eine Frage von etwas Beharrlichkeit.

Vor dem Einschlafen einen Willen oder eine Kraft auf das Körperbewusstsein wirken zu lassen, dass es nicht geschieht, wird ebenfalls oft als sehr wirksam empfunden – es sollte besonders dann geschehen, wenn du den auslösenden Zustand der Schwere und Trägheit spürst. Dieser Wille ist nicht immer gleich erfolgreich, aber nach einer Zeit gewöhnt sich das Unterbewusstsein daran, auf den Willen oder die Kraft, die ihm auferlegt wurde, zu reagieren, und die Unannehmlichkeit nimmt ab und verschwindet letztlich ganz.

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Diese Art von sexueller Attacke im Schlaf hängt nicht so sehr vom Essen oder von irgend etwas anderem Äußerlichen ab. Es ist eine mechanische Gewohnheit im Unterbewussten; wenn der sexuelle Impuls zurückgewiesen und aus den Wachgedanken und Wachgefühlen verbannt wird, tritt er in dieser Form im Schlaf auf, weil dann nur das Unterbewusste tätig ist und es keine bewusste Kontrolle gibt. Es ist das Zeichen eines sexuellen Begehrens, das im Wachmental und Wachvital unterdrückt, aus der Substanz der physischen Natur aber nicht ausgemerzt wurde.

Um es auszumerzen, muss man zunächst darauf achten, keine sexuellen Vorstellungen oder Gefühle im Wachzustand zu hegen, als nächstes dem Körper, besonders dem Sex-Zentrum einen starken Willen aufzuerlegen, damit nichts dieser Art im Schlaf auftritt. Das mag nicht sofort zum Erfolg führen, wenn man es aber lange Zeit durchhält, hat es meist ein Ergebnis; das Unterbewusste beginnt zu gehorchen.

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Der Druck, der von den Nieren oder vom Darm ausgeht und Sex-Träume oder sexuelle Vorstellungen auslöst, ist die letzte und allerphysischste Form – sie hält oft an, wenn die anderen [Erscheinungsformen] verschwunden sind. Wenn der Körper dumpf und das Mental halbwach ist, so stellt das tatsächlich die beste Voraussetzung dar. Wenn es aber nur einige Minuten anhält und keine Nachwirkung hinterlässt, dürfte die Neigung nach einiger Zeit verschwinden.

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Die Sex-Kräfte können bei Tag oder bei Nacht attackieren und daher auch bei elektrischem Licht. Nur das innere Licht wehrt die Attacken ab, obwohl es sie nicht ganz verhindern kann, es sei denn, die [Yoga-] Kraft würde dahinter stehen.

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Ja, natürlich, Hautkrankheiten haben viel mit sexuellen Begierden zu tun – selbstverständlich nicht immer, aber oft.

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Ich vermute, dass Pickel im Gesicht häufig das Ergebnis einer unterdrückten Sexualität sind – unterdrückt im Vollzug, aber innerlich noch aktiv. Diese Dinge wirken nicht bei allen Menschen auf die gleiche Weise, bei einigen wirkt es auf das Blut, bei anderen nicht oder zumindest nicht in dieser Form. Ich nehme aber nicht an, dass Sex die einzige Ursache für Pickel im Gesicht ist, es gibt andere Dinge, die sie hervorrufen können.

IX.

Das Sprechen zu kontrollieren ist sehr notwendig für die physische Wandlung.

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Mauna [nicht zu sprechen] hat selten viel Sinn. Wenn es [die Zeit des Schweigens] vorüber ist, beginnt man wieder wie zuvor zu sprechen. Im Sprechen selbst muss sich das Sprechen ändern.

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Das ist nicht der Weg. Absolutes Schweigen und loses Geschwätz sind zwei Extreme; keines davon ist gut. Ich habe viele Menschen gekannt, die maunvrata [ein Schweigegelöbnis] praktizierten, aber nachher genauso geschwätzig waren wie zuvor. Es ist die Herrschaft über dich selbst, die du erlangen musst.

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Im großen und ganzen hast du recht. Ein sinnloses Gespräch, welches das Bewusstsein senkt oder etwas von einem vergangenen Bewusstsein wiedererstehen lässt, sollte besser gemieden werden. Dazu gehört auch, über die Sadhana zu sprechen; wenn es sich nur um eine mentale Diskussion von oberflächlicher Art handelt.

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Es ist etwas sehr Äußerliches, das an leichter Unterhaltung Vergnügen hat, und nur wenn die Ruhe und mit ihr eine gewisse spontane Selbstkontrolle in der niederen vitalen Natur gefestigt sind, kann diese Veranlagung gänzlich überwunden werden.

Alle diese Dinge werden zu ihrer Zeit ausgearbeitet werden. Das Wichtigste ist, in das ganze Wesen die Ruhe herabzubekommen und damit die wahre Kraft, welche die Energie bringt, die du beschreibst.

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Wenn man sich unterhält, neigt man dazu, in ein niedrigeres und mehr äußerliches Bewusstsein abzusinken, weil die Unterhaltung vom äußerlichen Mental stammt. Es ist aber nicht möglich, sie ganz und gar zu vermeiden. Du musst lernen, sofort in das innere Bewusstsein zurückzukehren – all dies, solange du nicht fähig bist, stets vom inneren Wesen her zu sprechen oder zumindest solange das innere Wesen das Sprechen nicht stützt.

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Sprechen ist eine Tätigkeit, die mehr als das Schreiben äußerlich ist und mehr vom Physischen und seinem Bewusstseinszustand abhängt. Es ist daher in den meisten Fällen schwieriger, es aus der Gewalt des äußerlichen Mentals zu befreien.

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Eine Unterhaltung der üblichen Art macht sehr leicht zerstreut oder senkt den inneren [Bewusstseins]Zustand, weil sie im allgemeinen nur aus dem niederen Vital und dem physischen Mental stammt und diesen Teil des Bewusstseins zum Ausdruck bringt – sie hat die Neigung, das Wesen zu veräußerlichen. Aus diesem Grund flüchten so viele Yogis in das Schweigen.

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Der Redefluss einiger Menschen ist naturbedingt, und diejenigen, die sehr vital sind, können ohne ihn nicht auskommen. Letzteres aber (ohne ihn nicht auskommen zu können) ist, vom spirituellen Standpunkt aus betrachtet, zweifellos eine Unzulänglichkeit. Es gibt gewisse Stadien der Sadhana, in denen man nach innen gehen muss, und das Schweigen zu dieser Zeit ist äußerst notwendig, weil unnötiges Sprechen zu einer Zerstreuung der Energien führt oder das Bewusstsein veräußerlicht. Es ist besonders die Neigung, sich um der Unterhaltung willen zu unterhalten, die zu überwinden ist.

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Unterhaltung von dieser Art hat, wenn man bereits in den Strom der wahren Erfahrung eingetreten ist, tatsächlich eine sehr ermüdende Auswirkung, weil sie die Energie nutzlos vergeudet und die Mentalbewegung zu einer Sache von wertlosen Brocken und Fetzen macht, statt in sich gesammelt und ausgeglichen zu sein, um empfangen zu können.

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Es ist immer möglich, dass etwas Leichtfertiges und Unausgeglichenes in einen eintritt, wenn man sich der Frivolität um ihrer selbst willen hingibt. Das Bewusstsein fühlt sich in seinem Halt erschüttert, wenn nicht sogar nach außen gezogen. Wenn einmal das Bewusstsein innen gefestigt ist, wird die äußere Bewegung von innen her bestimmt, und es gibt keine derartige Störung mehr.

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Ja, die Rede muss von innen kommen und von innen her kontrolliert werden.

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Deine Schwierigkeit besteht deshalb, weil Sprechen etwas ist, das in der Vergangenheit sehr viel mehr als ein Ausdruck des Vitals im Menschen als des mentalen Willens gewirkt hat. Sprechen bricht hervor als Ausdruck des Vitals und seiner Gewohnheit, ohne auf die mentale Kontrolle zu warten; von der Zunge wurde als dem nicht lenkbaren Glied gesprochen. In deinem Fall wurde die Schwierigkeit größer durch die Gewohnheit, über andere zu reden – Klatsch, wozu dein Vital so sehr neigt, dass es noch nicht einmal jetzt das Vergnügen daran überwinden kann. Daher muss diese Neigung bereits im Vital zum Stillstand gebracht werden. Es ist ein dringend notwendiger Teil yogischer Selbstkontrolle, sich nicht vom Impuls der Rede beherrschen zu lassen, fähig zu sein, sich vom Zwang zur Rede zu befreien und nur dann zu sprechen, wenn man erkennt, dass es richtig ist, und wenn man das Richtige zu sagen weiß.

Allein durch Ausdauer, Wachsamkeit und einen festen Entschluss ist es möglich; ist aber einmal der Entschluss gefasst, kann es mit Hilfe der Göttlichen Kraft im Hintergrund in kurzer Zeit geschehen.

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Es ist ganz klar, dass Dinge, die eine seit langem bestehende Gewohnheit sind, nicht auf einmal verschwinden können. Besonders das Reden ist etwas, das bei den meisten Menschen großenteils automatisch abläuft und nicht unter ihrer Kontrolle steht. Die Kontrolle wird durch Wachsamkeit errichtet; man muss also auf der Hut sein vor der Gefahr des Nachlassens der Wachsamkeit, von der du sprichst. Je mehr es sich um eine ruhige und reine und nicht um eine ängstliche Wachsamkeit handelt, desto besser.

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Die Gewohnheiten der physischen oder der vital-physischen Natur sind immer am schwierigsten zu verändern, weil ihre Tätigkeit eine automatische ist und vom mentalen Willen nicht gelenkt wird – daher fällt es ihm schwer, sie zu überwachen oder umzuwandeln. Du musst durchhalten und die Gewohnheit der Kontrolle entwickeln. Wenn es dir gelingt, das Sprechen häufig zu überwachen – wozu es einer ständigen Wachsamkeit bedarf – wirst du am Ende erkennen, dass die Kontrolle sich eingeprägt hat und auf die Dauer immer eingreifen kann. Das muss so lange geschehen, wie jene Bewegung [des Sprechens] für das Licht und die Kraft der Mutter noch nicht voll geöffnet ist – ist das aber einmal der Fall, kann die Sache schneller und manchmal sehr rasch überwunden werden. Auch das Eingreifen der Seele ist möglich – wenn die Seele erwacht und genügend aktiv ist, um jedes Mal einzuschreiten, sobald du im Begriff bist, aufs Geratewohl daherzureden, und es dir zu untersagen –, dann wird die Wandlung leichter möglich sein.

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Der Kopfschmerz und die Ermüdung sind stets ein Zeichen dafür, dass das Bewusstsein nicht länger dieses nach außen gerichtete Denken und Sprechen will und sogar physisch dadurch überfordert ist. Aber die unterbewusste Gewohnheit will fortdauern. Menschliches Denken und Sprechen vollzieht sich meistens mechanisch in bestimmten, sich immer wiederholenden Schablonen – es ist in Wirklichkeit nicht das Mental, das sie kontrolliert oder beherrscht. Daher kann diese Gewohnheit noch eine Zeitlang weiterbestehen, selbst nachdem das bewusste Mental seine Unterstützung und Zustimmung zurückgezogen und sich zu etwas anderem entschlossen hat. Wenn man aber durchhält, erschöpft sich diese unterbewusste mechanische Bewegung wie jeder Mechanismus, der nicht aufgezogen ist. Dann kann man die entgegengesetzte Bewegung im Unterbewussten formen, nur jenes Denken und Sprechen zuzulassen, zu dem das innere Wesen seine Zustimmung erteilt.

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Unnötiges Sprechen ermüdet das innere Wesen, weil es von der äußeren Natur kommt, während die innere [Natur] die Energie zu beschaffen hat, deren Vergeudung sie fühlt.

Selbst jene, deren inneres Leben stark ist, brauchen lange Zeit, bevor sie es mit der äußeren Rede und Tat verbinden können. Die äußere Rede gehört dem sich Ausdruck verleihenden Mental an – daher ist es so schwierig, sie mit dem inneren Leben zu verbinden.

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Ja, natürlich, die volle Wahrheit in der Rede ist für den Sadhak sehr wichtig und eine große Hilfe, um die Wahrheit in das Bewusstsein zu bringen. Es ist aber gleichzeitig schwierig, das Sprechen unter Kontrolle zu bringen; denn die Menschen sind daran gewöhnt, das zu sagen, was ihnen in den Sinn kommt, ohne es zu überprüfen und zu kontrollieren. Im Reden liegt etwas Mechanisches, und es auf die Ebene des höchsten Bewusstseins zu erheben ist niemals leicht. Das ist einer der Gründe, warum es förderlich ist, mit dem Reden sparsam zu sein. Es verhilft zu einer bewussteren Kontrolle und verhindert, dass die Zunge mit einem durchgeht und tut, was sie will.

Zurückzustehen bedeutet, ein Betrachter des eigenen Mentals und der eigenen Rede zu werden, sie anzusehen, als würden sie nicht zu einem selbst gehören und sich nicht mit ihnen zu identifizieren. Wenn man sie als ein Betrachter beobachtet, getrennt von ihnen, gelangt man dahin zu erkennen, was sie sind, wie sie wirken, und kann dann eine Kontrolle über sie ausüben – zurückweisen, was man nicht billigt und nur das denken und sprechen, was man als die Wahrheit empfindet. Das kann natürlich nicht alles auf einmal geschehen. Es kostet Zeit, diese Haltung des Getrenntseins einzunehmen, und noch mehr Zeit, die Kontrolle zu errichten. Mit Übung und Beharrlichkeit jedoch ist es möglich.

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Das Sprechen kann nur dann kontrolliert werden, wenn du dich von dem Teil, der spricht, trennst und fähig bist, ihn zu beobachten. Es ist das äußere Mental, das spricht – man muss es vom inneren, wachsamen Mental her beobachten und kontrollieren.

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Es ist tatsächlich ein inneres Schweigen, dessen man bedarf – ein schweigendes Etwas im Inneren, welches das äußere Gespräch und Handeln betrachtet, es jedoch als etwas Oberflächliches und nicht als sich selbst empfindet, und das dem gegenüber völlig gleichgültig und davon unberührt ist. Es kann Kräfte hervorbringen, um das Sprechen und Handeln zu stützen oder es kann sie zum Stillstand bringen indem es sich zurückzieht oder es kann sie treiben lassen und beobachten, ohne sich darin zu verlieren oder davon bewegt zu werden.

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Es ist natürlich deshalb, weil das Bewusstsein in diese Dinge [Diskussion und Gelächter] hinausgetrieben wird und man aus dem inneren Gleichgewicht gerät und Schwierigkeit hat, es wieder zu erlangen – besonders weil eine Art Zerstreuung der Vital-Energie stattfindet. Wenn man einen Zustand erreicht, in dem man diese Dinge nur von der Oberfläche des Bewusstseins aus tun kann und im Inneren bleibt und das, was an der Oberfläche vor sich geht, beobachtet, ohne sich darin zu verlieren, dann hat man seine Ausgeglichenheit bewahrt. Es ist aber ein wenig schwierig, diese eigene Zweiteilung zu vollziehen – man schafft es jedoch mit der Zeit, besonders wenn der innere Friede und die innere Ruhe sehr intensiv und dauerhaft werden.

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Wenn der Friede im Inneren sehr stark ist, wird er durch das Sprechen nicht umwölkt – denn dieser Friede ist nicht mental oder vital, auch wenn er das Mental und Vital durchdringt – oder es handelt sich um eine rasch vorüberziehende Wolke, die nicht in der Tiefe berührt. Im allgemeinen jedoch wird das Bewusstsein durch solch ein Gespräch zerstreut, und man kann viel dabei verlieren. Nicht zu sprechen hat nur den Nachteil, dass es zu sehr isoliert, wenn es streng eingehalten wird – doch wenn man über derartige Dinge (wie Neuigkeiten usw.) nicht spricht, verliert man nichts.

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Darüber nachzudenken was gesprochen wurde, ist eine physische Gewohnheit des Mentals, die mit der Zeit abgelegt werden sollte. Das Mental sollte so frei sein, dass es sofort nach Beendigung des Gesprächs in der Lage ist, abzuschalten.

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Hastigkeit im Sprechen und Handeln – (das heißt im Übermaß, denn bis zu einem gewissen Grad besteht sie bei jedem) – ist eine Frage des Temperamentes. Ich glaube nicht, dass du mehr damit behaftet bist als andere hier. Natürlich muss man sich davon befreien, es ist aber eine der geringeren, nicht der hauptsächlichen Unvollkommenheiten der [menschlichen] Natur, mit denen die Yoga-Kraft sich auseinanderzusetzen hat. Das sich Ausdruck verleihende Mental muss diszipliniert werden, damit es nicht zu voreilig folgert oder sofort vom Gedanken zur Rede und Tat überspringt.

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Diese Diskussionen sind ganz und gar nutzlos, sie lenken lediglich das Mental ab und öffnen der Falschheit die Tore.

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Seelische Selbstkontrolle, die in dieser Umgebung und inmitten der Diskussion wünschenswert ist, würde unter anderem bedeuten:

1. Dem Rede-Impuls nicht zu erlauben, sich zu sehr geltend zu machen oder irgend etwas zu sagen, ohne nachzudenken, sondern immer über das Sprechen eine bewusste Kontrolle auszuüben und nur das zu sagen, was notwendig und nützlich ist.

2. Alles Debattieren, Disputieren oder zu angeregtes Diskutieren zu vermeiden und einfach das zu sagen, was gesagt werden muss, und es dabei zu belassen. Du solltest nicht darauf beharren, dass du im Recht bist und nicht die anderen, sondern es sollte das, was gesagt wird, nur als Beitrag eingeworfen werden, um die Wahrheit einer Sache zu erwägen.

3. Den Ton der Rede und der Worte sehr ruhig und still und unaufdringlich zu halten.

4. Sich überhaupt nicht darum zu kümmern, ob andere sich erhitzen und diskutieren, sondern ruhig und unbeeindruckt zu bleiben und selbst nur das zu sprechen, was zur Glättung der Dinge beitragen kann.

5. Sich keinem Klatsch und harter Kritik über andere anzuschließen – denn diese Dinge sind in keiner Weise förderlich und senken nur das Bewusstsein.

6. Alles zu vermeiden, was andere verletzten oder verwunden könnte.

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Tiraden und Ermahnungen berühren nur die Oberfläche des Mentals. Wenn das Mental damit übereinstimmt, ist es erfreut und angeregt; das aber ist alles. Wenn es nicht damit übereinstimmt, beginnt das Mental zu kritisieren oder wird ungeduldig und wendet sich ab. Wenn die Tirade sehr eindringlich ist, kann sie manchmal das Vital berühren und eine vorübergehende Wirkung erzielen.

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Anderen zu predigen, was einem selbst fehlt, hat nichts mit Heuchelei zu tun, sondern ist ein Konflikt zwischen zwei Teilen der Natur. Heuchelei ist es nur dann, wenn man eine Sache predigt, die man selbst nicht glaubt, oder wenn man bewusst vorgibt, etwas zu sein oder werden zu wollen, was man nicht ist und nicht werden will.

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Die Depression drang unterbewusst durch die Diskussion mit X in dich ein. Wenn du auf diese Weise mit Menschen diskutierst, geht etwas von dir auf sie über, aber gleichzeitig geht etwas von ihnen auf dich über. Da sich X in keinem sehr guten Zustand befand – wenn auch bei weitem nicht einem solchen wie während seiner Depression –, konnte dich leicht etwas berühren, und sobald das Unterbewusste eine übliche Ausrede finden konnte, sandte es sie zum Mental empor. Du solltest dich vor einem solchen mechanischen Austausch immer hüten. Etwas Achtsamkeit reicht aus – und keine überflüssige Diskussion.

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Während des Sprechens sollte immer eine Art instinktive Abwehr bestehen – außer bei jenen, die vom gewöhnlichen vitalen Impuls frei sind.

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Es ist die Nervenhülle, die labil ist – und das hast du erkannt. Die Tatsache, dass du dich nach dem Gespräch mit Leuten schwach fühlst, zeigt, dass der Ursprung des ganzen Kummers eine geschwächte Nervenkraft ist. Du musst sie stark werden lassen. Du solltest es vermeiden, viel mit anderen zu sprechen – du kannst dich auch ausruhen, wenn du die Symptome sehr ausgeprägt fühlst. Die grundlegende Haltung besteht jedoch in Glauben, Ruhe und in Offenheit gegenüber der höheren Kraft.

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Ja, ganz eindeutig; die Fähigkeit, „nein“ zu sagen, ist unerlässlich im Leben und noch viel mehr in der Sadhana. Es ist die Fähigkeit der Zurückweisung in der Rede.

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Das Denken und Sprechen muss in jeder Hinsicht kontrolliert werden. Rajasische Heftigkeit ist ausgeschlossen, doch ist manchmal eine ruhig kraftvolle Strenge im Denken und Sprechen dort, wo Strenge am Platz ist, unerlässlich.

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Die Gewohnheit des Kritisierens – meist ein unkundiges Kritisieren von anderen –, vermischt mit allen möglichen Einbildungen, Rückschlüssen, Übertreibungen, falschen Auslegungen, sogar groben Erfindungen, ist eines der universalen Leiden. Es ist ein Leiden des Vitals, unterstützt vom physischen Mental, das sich zum Handlanger des Vergnügens an dem seichten und schädlichen Treiben des Vitals macht. Wenn die innere Erfahrung eine wahrhaft umwandelnde Auswirkung auf das äußere Leben haben soll, ist es sehr notwendig, die Rede zu überwachen, sowie dieses Leiden und die Gelüste des Vitals zurückzuweisen.

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Es ist besser, mit sich selbst strenger zu sein und über andere weder zu sprechen, noch sie aus der Sicht des gewöhnlichen Mentals zu kritisieren. Das ist notwendig, um ein tieferes Bewusstsein und eine tiefere Einstellung zu den Dingen zu entwickeln, wobei man im Schweigen die Bewegungen der Natur in einem selbst und in anderen erkennt und weder bewegt noch gestört noch oberflächlich interessiert wird, und sich nicht in eine äußerliche Bewegung hineinziehen lässt.

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Die Sadhaks des Ashrams sind nicht perfekt – sie haben viele Fehler und falsche Regungen. Das nicht zu erkennen wäre Blindheit; es sollte aber nicht zu einer kritischen oder verächtlichen Haltung gegenüber den Menschen führen – es sollte als das Spiel der Kräfte betrachtet werden, das überwunden werden muss.

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Es ist klar ersichtlich, dass dein seelisches Wesen im Inneren erwacht ist – es geht aus dieser inneren Kontrolle hervor, von der du fühlst, wie sie dich erleuchtet und führt, sowie dem Entschluss, den es dich fassen ließ, die Wahrheit zu sprechen.

Die Charakterschwäche, die du erwähnst, ist allgemein und beinahe universal in der menschlichen Natur. Es ist ein sehr allgemeiner Impuls, die Unwahrheit zu sprechen oder mindestens zu übertreiben oder zu untertreiben oder die Wahrheit zu entstellen, um der eigenen Eitelkeit zu schmeicheln, den Vorlieben und Wünschen zu entsprechen, oder um einen Vorteil zu ergattern oder die Erfüllung eines Wunsches zu sichern. Man muss jedoch lernen, nur die Wahrheit zu sprechen, wenn man die Natur wirklich erfolgreich wandeln will.

Sich dessen bewusst zu werden, was in der Natur gewandelt werden muss, ist der erste Schritt zur Wandlung. Diese Dinge müssen jedoch gewandelt werden, ohne dass man verzagt oder denkt „es ist hoffnungslos“ oder „ich kann mich nicht ändern“. Du tust recht daran, darauf zu vertrauen, dass die Wandlung kommen wird. Denn nichts ist unmöglich in der [menschlichen] Natur, wenn die Seele erwacht ist und dich führt und das Bewusstsein und die Kraft der Mutter dahinter stehen und in dir arbeiten. Das ist es, was jetzt geschieht. Sei dessen ganz gewiss, dass alles Nötige getan werden wird.

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Nutzlos oder nicht, Unwahrheit sollte vermieden werden.

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Wenn du das englische Original1 von X erhältst, wirst du sehen, dass es vom höchsten Standpunkt aus geschrieben ist. Wenn du ein Instrument der Wahrheit sein willst, musst du immer die Wahrheit und darfst nie etwas Falsches sprechen. Das aber bedeutet nicht, dass du jedermann alles erzählen sollst. Die Wahrheit durch Schweigen oder Zurückweisung des Sprechens zu verbergen ist erlaubt, weil jene, die nicht auf sie vorbereitet sind oder sich ihr entgegenstellen, die Wahrheit missverstehen oder missbrauchen können – sie kann sogar zu einem Ausgangspunkt für Entstellung oder reine Falschheit gemacht werden. Etwas Falsches zu sagen ist dagegen eine andere Sache. Es sollte selbst im Scherz vermieden werden, denn es hat die Tendenz, das Bewusstsein zu senken. Auch der letzte Satz ist vom höchsten Standpunkt aus geschrieben – die Wahrheit, wie man sie mental erkennt, ist nicht genug, denn die Idee des Mentals kann unrichtig oder unzureichend sein –, es ist notwendig, das wahre Wissen im wahren Bewusstsein zu haben.

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Warum sollte es eine Lüge sein? Man ist nicht gezwungen, jedermann alles zu erzählen – es würde oft mehr schaden als nützen. Natürlich muss das, was gesagt wird, wahr und darf nicht falsch sein, und es darf niemals eine Absicht der Täuschung bestehen.

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„Wie man will“ ist niemals eine Formulierung, die zur Wahrheit führt, sie läuft darauf hinaus, das Vital und sein Begehren zum Maßstab zu erheben oder den Vorlieben des Mentals zu folgen – was sogar in jeder beliebigen mentalen Disziplin als Widerspruch zum eigentlichen Prinzip der Wahrheitssuche betrachtet wird.

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Erstens, es besteht ein großer Unterschied darin, etwas als Wahrheit auszugeben, was man für falsch hält oder wovon man weiß, dass es falsch ist, und etwas als Wahrheit auszugeben, was man nach seinem Gewissen für wahr hält, was aber in Wirklichkeit nicht wahr ist. Ersteres richtet sich ganz eindeutig gegen den Geist der Wahrheit, das zweite huldigt ihm. Das erste ist bewusste Falschheit, das zweite schlimmstenfalls ein Irrtum oder Unwissenheit.

Das ist vom praktischen Standpunkt aus betrachtet, die Antwort zum Problem „die Wahrheit zu sprechen“. Vom Standpunkt der höheren Wahrheit aus betrachtet, darf nicht vergessen werden, dass jede Bewusstseinsebene ihre eigene Norm hat – was für das Mental Wahrheit ist, mag für ein höheres Bewusstsein nur eine teilweise Wahrheit sein, doch muss das Mental durch diese teilweise Wahrheit hindurch, um die umfassendere und vollendetere Wahrheit dahinter zu erreichen. All das braucht es, um flexibel und offen zu sein, um bereit zu sein, die höhere [Wahrheit], wenn sie kommt, zu erkennen, und es darf sich nicht an die niedrigere klammem, weil sie zu ihm gehört, es darf den vitalen Begierden und Passionen nicht erlauben, es [das Mental] blind zu machen für das Licht oder die Dinge zu verdrehen und zu entstellen. Wenn einmal das höhere Bewusstsein zu wirken beginnt, verringert sich die Schwierigkeit, und es findet ein klarer Fortschritt von der Wahrheit zu einer größeren Wahrheit statt.

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Alles was ein wahrheitsliebender Mensch sagt (im Sinne des Nicht-Lügens), braucht sich nicht wirklich zu ereignen. Hierfür muss er die Wahrheit kennen – mit der Wahrheit der Dinge in Berührung sein, nicht nur die Wahrheit sprechen, wie sein Mental sie kennt.

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Was die Zurückhaltung anbelangt, so gibt es zwei Arten, die eine, die egoistische, schämt sich, die Wahrheit auszusprechen oder ihr auf eine Weise die Treue zu bekunden, die andere nicht verstehen würden; die andere Art ist eine gewisse Verschlossenheit, ein Abgeneigtsein, die eigenen tieferen Gefühle vor den Augen der anderen zu enthüllen, der Wunsch, die Beziehungen der Liebe zum Göttlichen heilig und geheim zu halten – das ist ein seelisches Gefühl.

X.

Ich glaube nicht, dass die Trance von X irgend etwas mit ihrem schlechten Gesundheitszustand zu tun hat. Es wäre mir völlig neu, dass die Veranlagung zu Trancen dieser Art eine derartige Auswirkung hätte; nur die gewaltsame Unterbrechung einer Trance kann ein ungutes Ergebnis zeitigen, muss aber nicht unbedingt eine Katastrophe hervorrufen, Wenn jedoch das bewusste Wesen den Körper in einer absolut vollständigen Trance verlässt, ist es möglich, dass der Faden, der es mit dem Körper verbindet, abreißt oder von einer feindlichen Kraft zertrennt wird, und es nicht fähig wäre, in sein physisches Gehäuse zurückzukehren. Ganz abgesehen von einer derartig fatalen Möglichkeit, könnte ein Schock entstehen, der eine zeitweilige Störung oder sogar eine gewisse Schädigung hervorrufen könnte; in der Regel jedoch wäre ein Schock die einzige Folge. Die allgemeine Frage ist eine andere. Es besteht seit altersher in vielen Menschen der Glaube, dass die Ausübung des Yoga für die Gesundheit des Körpers schädlich sei und die Neigung zu einer ungünstigen Auswirkung der einen oder anderen Art entstehen lässt und schließlich sogar zu einem vorzeitigen Aufgeben des Körpers führt. Ramakrishna scheint diese Ansicht vertreten zu haben, denn aus seinen Bemerkungen ist zu schließen, dass eine Verbindung zwischen Keshav Sens Fortschritt in der Spiritualität und der Krankheit bestand, die seine Gesundheit allmählich zerrüttete – das eine war das Ergebnis, das wünschenswerte Ergebnis des anderen, eine Befreiung und Erlösung vom Leben dieser Welt, mukti. Das mag oder mag nicht so sein; es fällt mir jedoch schwer zu glauben, dass Krankheit und Verfall des Körpers das natürliche und übliche Ergebnis der Ausübung des Yoga sind oder dass diese Ausübung die Ursache einer unumgänglichen Zerrüttung der Gesundheit oder am Ende einer Krankheit ist, die zur Auflösung des Körpers führt. Wie wollen wir diese Annahme begründen oder beweisen, dass Nicht-Yogis an ihren Gebrechen leiden und aufgrund der Störungen in ihrer Natur sterben, während die Yogis an ihrem Yoga sterben? Wenn nicht eine unmittelbare Verbindung zwischen ihrem Tod und der Ausübung ihres Yoga bewiesen werden kann – und dies wäre nur in besonderen Fällen mit einiger Gewissheit möglich, nicht aber mit absoluter Gewissheit –, gibt es keinen Grund, an einen derartigen Unterschied zu glauben. Es ist vernünftiger anzunehmen, dass sowohl Yogis als auch Nicht-Yogis an natürlichen Ursachen und nach dem selben Gesetz der Natur erkranken und sterben; man könnte sogar die Ansicht weiterführen, dass – da die Yoga-Shakti ihnen zur Verfügung steht, sofern sie sich ihrer bedienen wollen – die Yogis nicht wegen, sondern trotz ihres Yoga erkranken und sterben. Ich glaube jedenfalls nicht, dass Ramakrishna (oder irgendein anderer Yogi) aufgrund seiner Trancen erkrankte; nichts weist darauf hin, dass er jemals nach einer Trance auf solche Weise gelitten hat. Ich glaube, irgendwo steht es, oder er sagte es selbst, dass das Krebsgeschwür seines Halses, an dem er [später] starb, dadurch entstanden sei, dass er die Sünden seiner Jünger und jener, die ihm nahestanden, hinunterschluckte; auch das ist möglich oder nicht möglich, doch handelt es sich um seinen eigenen speziellen Fall. Es ist zweifellos möglich, die Krankheiten der anderen auf sich zu ziehen und es sogar bewusst zu tun – der Fall des Griechenkönigs Antigonus und seines Sohnes Dimitrius ist ein berühmtes historisches Beispiel dafür; auch Yogis tun dies manchmal; oder aber die feindlichen Kräfte überfallen den Yogi mit Krankheiten und benützen die Menschen um ihn herum als Pforte oder Durchlass oder die bösen Wünsche der Menschen als eine instrumentale Kraft. Aber all dies sind spezielle Umstände, die ohne Zweifel mit seiner [des Yogis persönlicher] Ausübung des Yoga verbunden sind; dadurch wird aber die allgemeine Behauptung nicht zur absoluten Regel erhoben. Eine Neigung, wie sie bei X bestand, den Tod als Erlösung zu wünschen oder willkommen zu heißen oder zu akzeptieren, könnte aufgrund ihres [X] fortgeschrittenen spirituellen Bewusstseins eine Kraft haben, welche gewöhnlichen Menschen nicht zur Verfügung steht. Andererseits gibt es eine gegenteilige Anwendung und Konsequenz des yogischen Bewusstseins: eine Krankheit kann vom eigenen Körper abgewiesen, oder sie kann geheilt werden, selbst chronische oder tief verwurzelte Krankheiten und seit langem bestehende konstitutionelle Mängel können geheilt oder beseitigt und sogar ein vorherbestimmter Tod auf lange Zeit hinausgeschoben werden. Narayan Jyotishi, ein Astrologe aus Kalkutta, der damals nicht wusste, wer ich bin – in jener Zeit bevor mein Name politisch bekannt wurde –, sagte meinen Kampf mit den Mlechchha-Feinden sowie die drei folgenden Prozesse gegen mich und meine drei Freisprüche voraus, des weiteren, dass, obwohl mein Tod gemäß meinem Horoskop im Alter von 63 Jahren festläge, ich mein Leben durch yogische Kraft wesentlich verlängern und ein volles hohes Alter erreichen würde. Tatsächlich habe ich mich durch yogischen Druck von einer Anzahl chronischer Krankheiten befreit, die sich in meinem Körper festgesetzt hatten. Aber keines dieser Beispiele, weder die positiven noch die negativen, kann zu einer Regel erhoben werden; die Neigung des menschlichen Verstandes, die Relativität dieser Dinge in etwas Absolutes zu wandeln, ist nicht Rechtens. Abschließend kann zu den Trancen von X gesagt werden, dass sie im allgemeinen von der üblichen savikalpa-Art [eine Trance mit Gestaltungen und Bewegungen des Bewusstseins] sind und für alle Arten von Erfahrungen öffnen; die großen, bleibenden Verwirklichungen im Yoga kommen jedoch meist nicht in der Trance, sondern durch eine beharrliche, wache Sadhana. Das gleiche kann von der Aufhebung der Bindungen gesagt werden; von einigen kann man sich manchmal durch eine Erfahrung in Trance befreien, häufiger aber hat es durch ein beharrliches Bemühen in der Sadhana des Wachbewusstseins zu geschehen.

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Hege vor allem nicht die Vorstellung, einen untauglichen Körper zu besitzen – alle Suggestionen dieser Art sind eine subtile Attacke auf den Willen zur siddhi und besonders gefährlich in physischen Dingen. Sie trat bei verschiedenen Menschen, die den Yoga ausüben, zutage, und das erste ist, sie mit Stumpf und Stiel auszurotten. Der Anschein und die Tatsachen mögen alle dafür sprechen, aber die erste Voraussetzung für den Erfolg des Yogi und in Wirklichkeit für jeden, der etwas Großes und Ungewöhnliches erreichen will, ist, über den Tatsachen zu stehen und äußeren Erscheinungen nicht zu trauen. Setze deinen Willen ein, von der Krankheit frei zu sein, selbst wenn sie in ihren Attacken noch so schrecklich, vielfältig oder beharrlich ist, und weise alle gegensätzlichen Suggestionen zurück.

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Alle Krankheiten werden offensichtlich durch die unvollkommene Natur des Körpers und die physische Natur ausgelöst. Der Körper kann nur dann immun sein, wenn er dem höheren Bewusstsein gegenüber offen ist und dieses in ihn herabkommen kann. Bis dahin ist das, was er [der die Anfrage stellte] schreibt, die beste Lösung – wenn er zudem die Yoga-Kraft herbeirufen kann, damit sie ihn von der Krankheit befreit, ist das die machtvollste Hilfe, die möglich ist.

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Der menschliche Körper hatte schon immer die Gewohnheit, auf alle Kräfte zu reagieren, die seiner habhaft geworden sind, und Krankheit ist der Preis, den er für seine Trägheit und Unwissenheit zahlt. Er hat zu lernen, allein auf die eine Kraft zu reagieren, aber das zu erkennen, ist nicht leicht.

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Anfälle von Krankheit sind Angriffe der niederen Natur oder feindlicher Kräfte, die sich eine gewisse Schwäche, ein Offensein oder eine Empfänglichkeit in der [menschlichen] Natur zunutze machen, und sie kommen wie alle anderen Dinge, die auftauchen und abgewiesen werden müssen, von außerhalb. Wenn man sie kommen fühlt und die Stärke und Gewohnheit erlangt, sie vor ihrem Eindringen in den Körper abzuweisen, kann man von der Krankheit verschont bleiben. Selbst wenn die Attacke von innen aufzusteigen scheint, bedeutet das lediglich, dass sie vor ihrem Eindringen in das Unterbewusste nicht wahrgenommen wurde; wenn sie einmal in das Unterbewusste eingedrungen ist, wird sie dort durch die Kraft, durch die sie kam, früher oder später wachgerufen und dringt in das Körper-System ein. Wenn du sie unmittelbar nach ihrem Eindringen fühlst, so deshalb, weil sie direkt und nicht über das Unterbewusste in dich eingedrungen ist, du sie aber nicht entdecken konntest, solange sie sich noch außerhalb befand. Sehr häufig kommt sie auf diese Weise frontal und noch häufiger sprunghaft direkt von der Seite und erzwingt sich einen Weg durch die feinstoffliche vitale Hülle, unserem hauptsächlichen Abwehrpanzer; doch kann sie an dieser Stelle gestoppt werden, bevor sie in den stofflichen Körper eindringt. Dann kann man zwar eine Auswirkung spüren, zum Beispiel Fieberhaftigkeit oder einen Hang zur Erkältung, das volle Eindringen der Krankheit jedoch hat nicht stattgefunden. Wenn sie früher aufgehalten werden kann, oder wenn die vitale Hülle als solche widersteht und stark, kraftvoll und intakt bleibt, entsteht keine Krankheit; die Attacke zeigt keine physische Auswirkung und hinterlässt keine Spuren.

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Alle Krankheiten durchdringen die nervliche oder vital-physische Hülle des subtilen Bewusstseins und feinstofflichen Körpers, bevor sie in das Physische eintreten. Wenn man sich des feinstofflichen Körpers bewusst ist oder über das subtile Bewusstsein verfügt, kann man eine Krankheit auf ihrem Weg anhalten und daran hindern, in den physischen Körper einzudringen. Sie kann aber auch kommen, ohne dass man es bemerkt, während des Schlafes oder über das Unterbewusste oder in einem plötzlichen Anflug, wenn man nicht auf der Hut ist; dann bleibt nichts anderes übrig, als sie durch die Macht zu bekämpfen, die man bereits über den Körper gewonnen hat. Die Selbst-Verteidigung durch diese inneren Mittel kann so stark werden, dass der Körper praktisch immun wird, wie viele Yogis es sind. Dennoch ist dieses „praktisch“ nicht gleichbedeutend mit „absolut“. Die absolute Immunität kann nur mit der supramentalen Wandlung eintreten. Denn unterhalb des Supramentals ist sie das Ergebnis des Wirkens einer Kraft unter vielen Kräften, das durch eine Störung des erlangten Gleichgewichtes beeinträchtigt werden kann – im Supramental ist sie ein Gesetz der Natur; in einem supramentalisierten Körper wäre Immunität gegen Krankheit etwas Selbstbestehendes, das seiner neuen Natur innewohnt.

Es besteht ein Unterschied zwischen der yogischen Kraft auf den mentalen und darunterliegenden Ebenen und der supramentalen Natur. Was durch Yoga-Kraft im Mental- und Körperbewusstsein erlangt und bewahrt wird, wohnt dem Supramental von allein in ne und braucht nicht erreicht zu werden, sondern ist naturgegeben – es ist selbstbestehend und absolut.

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Das ist die Art, wie Krankheiten versuchen, von einer Person auf eine andere überzugehen – sie greifen durch eine Suggestion wie diese oder sonst wie das Nervenwesen an und versuchen einzudringen. Auch wenn die Krankheit nicht ansteckend ist, geschieht das häufig auf diese Weise, leichter jedoch bei ansteckenden Krankheiten. Die Suggestion oder der Anflug muss sofort abgeschüttelt werden.

Der Körper ist von einem gewissen Schutz umgeben, den wir die Nervenhülle nennen; wenn diese stark bleibt und der Kraft der Krankheit den Eintritt verwehrt, kann man selbst inmitten von Pest oder anderen Epidemien gesund bleiben; wenn aber die Hülle durchstoßen oder schwach wird, kann die Krankheit eindringen.

Was angegriffen wurde, war in Wirklichkeit nicht der physische Körper, sondern diese Nervenhülle und der Nervenkörper (prāṇakoṣa), welche eine Ausdehnung oder Umhüllung [des physischen Körpers] darstellen.

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Sie [die feinen Kräfte der Krankheit] schwächen zuerst die Nervenhülle oder Aura oder durchbrechen sie. Wenn sie stark und heil ist, können viele Millionen Krankheitserreger nichts gegen dich ausrichten. Sobald die Hülle durchbrochen ist, greifen sie das unterbewusste Mental im Körper an, manchmal auch das vitale Mental oder das eigentliche Mental – sie bereiten die Krankheit durch Furcht vor oder indem man an sie denkt. Selbst die Ärzte sagen, dass bei Influenza oder Cholera im Fernen Osten 90% der Fälle aufgrund von Furcht erkranken. Nichts unterhöhlt den Widerstand so sehr wie die Furcht. Aber dennoch spielt das Unterbewusstsein [bei der Auslösung der Krankheit] die Hauptrolle.

Wenn die Gegenkraft im Körper stark ist, kann man sich inmitten von Pest und Cholera umherbewegen und wird nicht angesteckt.

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Physische Leiden werden durch die Attacken der Kräfte der Unwissenheit ausgelöst. Man kann sie aber zu einem Hilfsmittel der Läuterung machen, wenn man weiß, wie es zu geschehen hat. Es gibt jedoch bessere und weniger schwierige Mittel der Läuterung.

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Deine Krankheits-Theorie beruht auf einer ziemlich gefährlichen Überzeugung – denn Krankheit ist etwas, das zu eliminieren und nicht zu akzeptieren oder zu genießen ist. Etwas ist im Wesen, das die Krankheit genießt, und es ist sogar möglich, die Schmerzen einer Krankheit – wie jeden anderen Schmerz – in eine Form des Vergnügens zu wandeln; denn sowohl Schmerz als auch Vergnügen sind eine Degradierung eines ursprünglichen Anandas und gegenseitig austauschbar oder können in ihr ursprüngliches Prinzip des Anandas sublimiert werden. Es ist ebenso wahr, dass man fähig sein muss, die Krankheit mit Ruhe, Gleichmut und Geduld zu ertragen, da sie als etwas aufgetreten ist, das man im Laufe der Erfahrung zu bewältigen hat. Wenn man sie aber akzeptiert und genießt, trägt das zu ihrer Fortdauer bei, und das ist nicht richtig; denn Krankheit ist eine Entstellung der physischen Natur, genauso wie Wollust, Ärger, Eifersucht usw. Entartungen der vitalen Natur sind, während Irrtum, Vorurteil und Nachgiebigkeit gegenüber der Falschheit Entartungen der mentalen Natur sind. Alle diese Dinge müssen ausgemerzt werden, und Zurückweisung ist die erste Voraussetzung für ihr Verschwinden – sie jedoch zu akzeptieren hat die völlig gegenteilige Wirkung.

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Es war das Mental, dass sie [die Krankheit] nicht wollte; dieses Vital [das vitale Physische], wenn es sich selbst überlassen ist, wünscht sich häufig die Krankheit, findet sie spannend und glaubt, dass es durch sie für andere interessant würde, gibt sich auch gern dem tamas hin, usw. usw.

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Auch das [die fortwährende Schwäche des Körpers] ist tamas. Wenn du die Idee der Schwäche abschütteln würdest, könnte die Stärke zurückkehren. Es besteht jedoch immer etwas im vitalen Physischen, dem es gefällt, schwächer und krank zu werden, so dass es die Tragik seines Falles fühlen und beklagen kann.

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Mit dem Willen zur Krankheit meinte ich, dass etwas im Körper sei, das in die Krankheit einwilligt und auf eine bestimmte Weise reagiert, so dass diese Einwilligung wirksam wird – daher muss immer ein Wille in den bewussten Teilen des Wesens herrschen, der dem entgegenwirkt, damit man sich von dieser höchst physischen Bereitwilligkeit befreien kann.

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Was ich meinte war, dass das Körperbewusstsein aufgrund einer alten Gewohnheit des Bewusstseins die Kraft der Krankheit zulässt und die Erfahrungen durchläuft, die damit verbunden sind – zum Beispiel eine Ansammlung von Schleim in der Brust und das Gefühl des Erstickens oder Schwierigkeiten beim Atmen, usw. Um sich davon zu befreien, muss man im Körper selbst einen Willen und ein Bewusstsein wachrufen, die nicht zulassen, dass sich diese Dinge ihm aufdrängen. Das aber zu erreichen und mehr noch, es vollständig zu erreichen, ist schwierig. Ein Schritt darauf zu ist, das innere Bewusstsein vom Körper zu trennen – zu fühlen, dass nicht du es bist, der krank ist, sondern nur, dass im Körper etwas geschieht, das auf dein Bewusstsein einwirkt. Dann ist es möglich, dieses gesonderte Körperbewusstsein zu erkennen – was es fühlt, wie es auf Dinge reagiert und wie es arbeitet. Man kann dann darauf einwirken, um sein Bewusstsein und seine Reaktionen zu wandeln.

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Je mehr sich das Körperbewusstsein der [Yoga-] Kraft öffnet (sein gänzliches Offensein ist immer das schwierigste und letzte), desto geringer wird diese wiederholte Belastung durch die Krankheit, so dass sie [schließlich] verschwindet.

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Jede Krankheit wird durch eine gewisse Trägheit oder Schwäche oder durch einen Widerstand oder eine falsche Bewegung ausgelöst – sie ist jedoch manchmal von mehr physischer und manchmal von mehr psychologischer Art. Medikamente können die physischen Folgen bekämpfen.

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Eine Krankheit deutet auf eine Unvollkommenheit oder Schwäche hin oder auf ein Offensein gegenüber feindlichen Kontakten in der physischen Natur, und oft ist sie auch mit Dunkelheit oder Disharmonie im niederen Vital, im physischen Mental oder sonst wo verbunden.

Es ist sehr gut, wenn man sich von der Krankheit völlig durch den Glauben und die Yoga-Macht oder das Einströmen der Göttlichen Kraft befreien kann. Sehr oft aber ist dies nicht völlig möglich, weil nicht die ganze Natur offen oder weil sie unfähig ist, auf die Kraft zu reagieren. Das Mental mag Glauben haben und darauf ansprechen, doch können das niedere Vital und der Körper vielleicht nicht Schritt halten. Oder wenn das Mental und Vital bereit sind, mag der Körper nicht reagieren oder nur teilweise, da er die Gewohnheit hat, auf Kräfte anzusprechen, die eine bestimmte Krankheit hervorrufen – und Gewohnheit ist eine sehr beharrliche Kraft im stofflichen Teil der Natur. In solchen Fällen kann man auf die Anwendung ärztlicher Mittel zurückgreifen – nicht als hauptsächlichstes Mittel, sondern als Hilfe oder stoffliche Stütze für das Wirken der [Yoga-] Kraft. Keine starken und gewaltsamen Arzneien, sondern solche, die zuträglich sind und den Körper nicht stören.

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Ja, wenn du Glauben hast und dich öffnen kannst, sind Medikamente nicht unerlässlich.

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Die Mutter erteilte X diesen Rat mehr für die Zeitspanne seines Aufenthaltes im Ashram und nicht als absolute Regel für die Zukunft. Wenn ein Sadhak die [Yoga-] Kraft zu seiner Heilung herabrufen kann, ohne die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung, so ist das immer das beste; es ist aber nicht immer möglich, solange nicht das ganze Bewusstsein, das mentale, vitale und physische bis hinab zum ganz Unterbewussten, offen und erwacht ist. Es schadet nichts, wenn ein Sadhak seinen Beruf als Arzt weiterhin ausübt und seine medizinischen Kenntnisse verwertet; er sollte es jedoch im Vertrauen auf die Göttliche Gnade und den Göttlichen Willen tun; wenn er eine wahre Inspiration empfangen kann, die seine wissenschaftlichen Kenntnisse unterstützt, desto besser. Kein Arzt vermag alle Fälle zu kurieren. Es liegt an dir, dein Bestes zu tun und ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen.

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Ja sicher, man kann von innen auf eine Krankheit einwirken und sie heilen. Es ist nur nicht immer einfach, weil in der Materie viel Widerstand vorhanden ist, ein Widerstand der Trägheit. Unermüdliche Beharrlichkeit ist notwendig; anfangs kann es durchaus misslingen; oder die Symptome [der Krankheit] können sogar zunehmen, langsam aber wächst die Fähigkeit, den Körper oder eine bestimmte Krankheit zu kontrollieren. Ich wiederhole: die Heilung eines gelegentlichen Anfalls von Krankheit durch innere Mittel ist verhältnismäßig einfach, aber den Körper für die Zukunft dagegen zu immunisieren ist schwieriger. Eine chronische Krankheit zu behandeln ist schwerer, und sie verschwindet zögernder als eine gelegentliche Störung des Körper-Systems. Solange die Kontrolle über den Körper noch nicht vollkommen ist, gibt es all diese und andere Mängel und Schwierigkeiten im Gebrauch der inneren Kraft.

Wenn du durch das innere Wirken eine Verschlimmerung verhindern kannst, bedeutet das allein schon etwas; dann musst du mit Hilfe von abhyāsa die [Yoga-] Macht stärken, bis sie zu heilen vermag. Denke daran, dass eine Unterstützung durch physische Mittel nicht völlig zurückzuweisen ist, solange du noch nicht ganz über die [Yoga-] Macht verfügst.

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Löse dich los von der ganzen Sache und rufe zu ihrer Heilung nach der Kraft der Mutter – oder aber gebrauche mit der Hilfe der Mutter hinter dir deine Willenskraft mit dem Glauben an die [Göttliche] Macht, die heilt. Wenn du keine dieser Methoden anwenden kannst, musst du dich auf die Wirkung der Arzneien verlassen.

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Wenn eine Krankheit im Körper entsteht und chronisch wird, ist häufig die ärztliche Behandlung unumgänglich und dient dann zur Unterstützung der Kraft. X verlässt sich bei seiner Behandlung nicht allein auf Arzneien, sondern gebraucht sie als ein Instrument für die Kraft der Mutter.

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Arzneien sind ein pis aller [eine Notlösung] – sie müssen dann angewendet werden, wenn etwas im Bewusstsein nicht oder nur oberflächlich auf die Kraft reagiert. Sehr oft ist es ein Teil des stofflichen Bewusstseins, der nicht empfangsbereit ist, ein andermal ist es das Unterbewusste, das im Wege steht, auch wenn das gesamte Wachmental, das Leben und das Physische dem befreienden Einfluss zustimmen. Wenn auch das Unterbewusste anspricht, kann bereits eine leichte Berührung durch die Kraft die jeweilige Krankheit nicht nur heilen, sondern auch diese Form und Art der Krankheit für die Zukunft ausschließen.

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Wenn hinter einer Krankheit eine starke Kraft des Widerstandes steht oder wenn sich in ihr etwas verbirgt, kann es unter dem Druck [der Yoga-Kraft] hervortreten. Es gibt jedoch keine starre Regel. Häufig wirkt die Kraft unmittelbar und ohne Gegenreaktionen, oder sie ruft eine Schwankung hervor, aber nicht eine Verschlimmerung oder Zunahme der Krankheit.

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Suggestionen, die eine Krankheit oder ungesunde Verfassung des physischen Wesens hervorrufen, treten im allgemeinen über das Unterbewusste auf – denn ein großer Teil des physischen Wesens, der stofflichste Teil, ist unterbewusst; das heißt, er hat ein eigenes, dunkles Bewusstsein, und zwar so dunkel und in sich selbst eingeschlossen, dass das Mental von seinen Bewegungen oder dem, was dort vorgeht, nichts weiß. Immerhin ist es ein Bewusstsein und kann Suggestionen von äußeren Kräften empfangen, genauso wie das Mental und Vital. Wäre das nicht der Fall, könnte es für die [Yoga-] Kraft weder geöffnet noch durch diese Kraft geheilt werden, und ohne dieses Bewusstsein wäre es [das physische Wesen] nicht fähig zu reagieren. In Europa und Amerika wird diese Tatsache jetzt von vielen Menschen erkannt, die ihre Krankheit in der Weise behandeln, dass sie auf den Körper durch bewusste mentale Suggestionen einwirken, welche den dunklen, geheimen Suggestionen der Krankheit im Unterbewussten entgegenwirken. Ein berühmter französischer Arzt kurierte Tausende von Menschen, indem er sie veranlasste, auf den Körper ständig solche Gegensuggestionen einwirken zu lassen. Das beweist, dass Krankheit nicht nur rein stoffliche Ursachen hat, sondern durch eine Störung des verborgenen Bewusstseins im Körper ausgelöst wird.

Ruhig und schweigend zu ertragen und das Vital zur Ruhe zu bringen, hilft tatsächlich von der Reaktion des Leides zu befreien; dies sollte aber gleichzeitig der Mutter dargebracht werden. Denn es ist nicht genug, die Mutter von innen her zu kennen; man muss sich ihr preisgeben und überlassen, damit die Reaktion verschwinden möge.

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Morphium betäubt örtlich und anderweitig das Bewusstsein sowie seine Reaktion auf den unterbewussten Druck und hebt auf diese Weise den Schmerz auf oder dämpft ihn. Selbst das ist nicht immer der Fall – X erhielt hintereinander fünf Morphium-Injektionen, ohne dass die Schmerzen seiner Leber-Entzündung auch nur gelindert wurden. Was geschah in diesem Fall mit der Macht der Droge über das Unterbewusste? Der Widerstand war einfach zu stark, genauso wie der Widerstand des Unterbewusstseins von Y gegen die [Yoga-] Kraft.

In sehr ähnlicher Weise wurden Coués Patienten durch sein Suggestions-System geheilt, nur dass statt eines physischen ein mentales Mittel angewendet wurde. Das Körper-Bewusstsein reagiert auf die Suggestion der Arznei, und man wird für eine bestimmte Zeit geheilt – oder es reagiert nicht, und es gibt keine Heilung. Wie ist es möglich, dass die gleiche Arznei für die gleiche Krankheit bei dem einen Menschen zum Erfolg führt und bei einem anderen nicht, oder das eine Mal bei einem Menschen eine Wirkung hat und später gar nicht mehr? Die völlige Heilung einer Krankheit, so dass sie nicht mehr zurückkehren kann, hängt davon ab, inwieweit man das Mental-, das Vital-und das Körper-Bewusstsein von der psychologischen Reaktion auf die Kraft, welche die Krankheit herbeiführt, befreien kann. Manchmal geschieht es durch eine Art Befehl von oben (wenn das Bewusstsein bereit ist, es kann aber nicht immer so geschehen). Die volle Immunität gegen jede Krankheit, auf die unser Yoga abzielt, kann nur durch eine totale und andauernde Erleuchtung von oben kommen, die auf den unteren Wesensteil einwirkt, was zur Folge hat, dass die psychologischen Wurzeln der Krankheit beseitigt werden – anders kann es nicht geschehen.

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Warum machen die Menschen solche Vorhersagen? Beeinflussungen dieser Art sollten niemals stattfinden, nicht einmal mentale – sie könnten wie Suggestionen wirken und mehr Schaden anrichten, als Arzneien Gutes tun können.

Über Vorhersagen dieser Art sollte man nicht leichtfertig denken oder sprechen, besonders wenn sie die Mutter betreffen – in anderen Fällen, selbst wenn eine Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit [ihrer Richtigkeit] besteht, sollten sie vor der betreffenden Person geheimgehalten werden – außer es bestünde die Notwendigkeit einer Mitteilung. Der Grund hierfür ist der, dass der Bewusstseinszustand und die Suggestion bei der Krankheit eine große Rolle spielen.

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Das Gefühl, krank zu sein, ist zuerst nur eine Suggestion; sie wird zur Realität, weil dein physisches Bewusstsein sie akzeptiert. Es ist wie eine falsche Suggestion im Mental – akzeptiert das Mental, dann wird es umwölkt und verwirrt, und es muss sich in die Harmonie und Klarheit zurückkämpfen. Genauso ist es mit dem Körperbewusstsein und der Krankheit. Du darfst sie nicht akzeptieren, sondern musst sie mit Hilfe deines physischen Mentals zurückweisen und damit dem Körperbewusstsein helfen, sich von der Suggestion zu befreien. Stelle, wenn notwendig, eine Gegensuggestion auf: „Nein, ich werde gesund sein; alles ist mit mir in Ordnung und wird es auch weiterhin sein“. Rufe auf jeden Fall die Kraft der Mutter, damit sie diese Suggestionen sowie die Krankheit, die sie mit sich bringt, hinausstoße.

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Mit Suggestionen meine ich nicht nur Gedanken und Worte. Wenn der Hypnotiseur sagt „schlafe“, dann ist das eine Suggestion; wenn er aber nichts sagt, sondern nur seinen schweigenden Willen einsetzt, um Schlaf zu vermitteln, oder mit seinen Händen über dem Gesicht Bewegungen ausführt, dann ist das auch eine Suggestion.

Wenn eine Kraft oder die Vibration einer Krankheit in dich eindringt, wird dem Körper diese Suggestion übermittelt. Eine Welle dringt in den Körper ein und mit ihr eine bestimmte Vibration; der Körper erinnert sich der „Erkältung“ oder fühlt die Vibration einer Erkältung und beginnt zu husten, zu niesen oder zu frösteln; die Suggestion tritt in das Mental ein in der Form „ich bin schwach, ich fühle mich nicht wohl, ich bekomme eine Erkältung“.

Feindlich bedeutet hier, feindlich gegenüber dem Yoga. Eine Krankheit, die im gewöhnlichen Verlauf als Ergebnis physischer Ursachen entsteht – auch wenn feindliche universale Kräfte die primäre Ursache sind –, ist eine gewöhnliche Krankheit. Wenn eine Krankheit von Kräften verursacht wird, die dem Yoga feindlich gegenüberstehen, um das Körpersystem in Unordnung zu bringen sowie den Fortschritt zu verhindern oder zu stören – ohne jeden hinreichenden physischen Grund –, dann handelt es sich um eine feindliche Attacke. Sie kann den Anschein einer Erkältung oder einer anderen Krankheit haben, doch für das Auge, welches das Wirken der Kräfte erkennt und nicht nur die äußeren Symptome oder Folgen sieht, ist der Unterschied klar.

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Die Suggestion von Schwäche dringt in den unterbewussten Teil des Körperbewusstseins ein und wird daher vom Mental meistens nicht wahrgenommen. Wenn der Körper selbst wirklich bewusst wäre, könnten die Suggestionen rechtzeitig entdeckt und abgeschüttelt werden, bevor sie eine Wirkung auslösen. Auch würde die Zurückweisung durch das zentrale Bewusstsein von einer bewussten Zurückweisung im Körper unterstützt werden und damit unmittelbarer und rascher wirken.

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Eine Suggestion ist nicht ein eigener Gedanke oder ein eigenes Gefühl, sondern ein Gedanke oder ein Gefühl, das von außen kommt, von anderen, aus der allgemeinen Atmosphäre oder der äußeren Natur – wenn sie angenommen werden, klammern sie sich an dem Wesen fest, wirken auf es ein und werden für den eigenen Gedanken, das eigene Gefühl gehalten. Wenn sie als Suggestion erkannt werden, kann man sich leichter von ihnen befreien. Dieses Gefühl des Zweifels, des mangelnden Selbstvertrauens und der Hoffnungslosigkeit hinsichtlich der eigenen Person ist etwas, das in der Atmosphäre umherwandert und versucht, in die Menschen einzudringen und angenommen zu werden; ich möchte, dass du es zurückweist, denn es verursacht nicht nur Störung und Niedergeschlagenheit, sondern steht der Wiederherstellung der Gesundheit und der Rückkehr zur inneren Aktivität der Sadhana im Weg.

Was die medizinische Behandlung anbelangt, so ist sie manchmal unumgänglich. Wenn man durch die [Yoga-] Kraft zu heilen vermag, wie du es oft getan hast, ist es das beste – wenn aber der Körper aus irgendeinem Grund nicht fähig ist, auf diese Kraft zu reagieren (zum Beispiel aufgrund von Zweifel, Abgespanntheit, Entmutigung oder aus Unvermögen, der Krankheit zu widerstehen), wird die Unterstützung durch eine medizinische Behandlung notwendig. Es ist aber nicht so, dass die Yoga-Kraft deshalb zu wirken aufhören und alles dem Medikament überlassen würde – sie wirkt weiterhin über das Bewusstsein, nimmt aber die [medizinische] Behandlung zu Hilfe, um so dem Widerstand im Körper direkt zu begegnen, da der Körper in seinem gewöhnlichen Bewusstsein bereitwilliger auf physische Mittel reagiert.

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Das sind die Wogen der feindlichen Kraft, die jeden zu erreichen versuchen. Wenn du eine Attacke dieser Art fühlst, musst du erkennen, dass sie von außen zu dir kommt und einen schwachen Punkt in dir berührt; und du musst so ruhig bleiben, wie du nur irgend kannst, musst sie zurückweisen und dich [der Yoga-Kraft] öffnen. Aus dem, was du schreibst, nehme ich an, dass es das physische und vital-physische Bewusstsein war, das [durch die Attacke] ruhelos wurde und dazu neigte zu revoltieren, und dass nicht die Gesamtheit deines Bewusstseins erfasst wurde. Wenn du sie, sobald sie kommt, auf diese Weise beschränken kannst, wenn du im Mental und Herzen ruhig bleibst und sie zurückweist, wird es nicht so schwierig sein, sie abzuschütteln. Der Friede und die Kraft müssen in diesen vital-physischen Nerventeil und in den ganzen Körper herabgerufen werden, bis du fühlst, dass die Atmosphäre und Kraft [des Yoga] dich durchdringen und deinen ganzen Körper erfüllen und nicht nur über dir sind oder dich umgeben. Wenn du immer noch Schwierigkeiten hast, so deshalb, weil das Nervenwesen daran gewöhnt war zu reagieren und hier eine gewisse Schwäche besteht; halte jedoch durch, stimme nicht dem Eindringen der alten Kräfte zu. Die Gewohnheit wird sich abschwächen und verschwinden, und die wahre Kraft, die vom Körper Besitz ergriffen hat, wird die Schwäche auflösen.

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Es ist das rohe Vital-Physische, das auf diese Weise zu dir zurückkehrt, und diese Wiederkehr muss die Ursache all deiner Gefühle von Krankheit, Schwäche und tamas sein. Eine Läuterung dieses Teils durch das Herabkommen des höheren Bewusstseins in ihn ist eine dringende Notwendigkeit in deiner Sadhana.

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Es gibt zwei Orte, auf die sich das rohe Vital-Physische zurückziehen kann – das unterbewusste Vital unten oder das dich umgebende Bewusstsein. Wenn es das erstere ist, wallt es bei seiner Rückkehr von unten nach oben auf, wenn es das letztere ist, nähert es sich von außen und dringt ein.

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Diese Dinge bestanden lange Zeit heftig und hartnäckig in dir, und du hast sie gewähren lassen. Daher erwuchs ihnen große Kraft zur Wiederkehr, selbst nachdem du begonnen hattest, sie zurückzuweisen, und zwar erstens aufgrund der Gewohnheit, zweitens, weil sie glaubten, sie hätten nun ein Recht über dich erworben, und drittens, weil sich die Gewohnheit, ihnen zuzustimmen und passiv auf sie zu reagieren oder sie zu dulden, deinem physischen Bewusstsein eingeprägt hatte. Dieses physische Bewusstsein ist bis jetzt noch nicht befreit, es hat noch nicht begonnen, für die höhere Kraft ebenso empfänglich zu sein wie das Vital, und kann daher dem Eindringen dieser Dinge [von denen oben die Rede ist] keinen Widerstand entgegensetzen. Daher ziehen sich diese Kräfte, nachdem sie hinausgeworfen wurden, in das dich umgebende Bewusstsein zurück, bleiben dort verborgen und ergreifen jede Gelegenheit, um die Zentren, die daran gewöhnt waren, sie zu akzeptieren (äußeres Mental und äußeres Emotional), anzugreifen und in sie einzudringen. Das erfahren die meisten Sadhaks. Zwei Dinge sind erforderlich: (1.) das Physische voll den höheren Kräften zu öffnen, (2.) jenes Stadium zu erreichen, in dem die [Gegen-] Kräfte, selbst wenn sie angreifen, nicht voll eindringen können, weil das innere Wesen ruhig und frei bleibt. Dann wirst du [von diesen Dingen], selbst wenn noch eine Schwierigkeit an der Oberfläche besteht, nicht mehr überwältigt werden.

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Alle diese Suggestionen, die auf dich eindringen, waren natürlich ein Teil der Attacke auf das physische Bewusstsein – die Attacke auf den Körper hat den Zweck, diese Ideen entstehen zu lassen, und die Ideen haben den Zweck, die Erholung des Körpers zu erschweren. In einem gewissen Stadium [der Sadhana] befallen schwere Attacken den Körper deshalb, weil es für die Gegenkräfte schwieriger geworden ist, das Mental und Vital aus der Fassung zu bringen – daher überfallen sie das Physische in der Hoffnung zum Ziele zu kommen, weil es anfälliger ist. Die Sensibilität des Körpers gegenüber Attacken ist aber kein Beweis für Unfähigkeit [zur Sadhana], genauso wie die feinere Sensibilität des Mentals und Vitals gegenüber Attacken kein Beweis dafür war – es kann zur rechten Zeit überwunden werden. Was die Gefühle hinsichtlich der Mutter und [die Vorstellung] anbelangt, dass ihre Liebe nur gegen eine Rückerstattung in Arbeit erhältlich oder für jene bestimmt sei, die die Sadhana vorbildlich ausüben können, so ist das die übliche unsinnige Idee des vital-physischen Mentals, die keine Bedeutung hat.

Auf den Körper zu achten, um ihn gesund zu erhalten, ist keineswegs falsch, und wenn die Leber nicht in Ordnung ist, war der Instinkt richtig, zu süßes, zu fettes oder zu schweres Essen zurückzuweisen. Die Mutter hat weder etwas dagegen, dass du, solange die Krankheit anhält, keinen dal [ein Gericht aus Hülsenfrüchten] isst, noch hat sie darauf bestanden, dass du überhaupt dal isst. Ihr Einwand bezog sich auf etwas, was häufig vorkommt, nämlich dass die Menschen bezüglich dieser oder jener Nahrung bestimmte Vorstellungen hegen und sich dieser Nahrung auch dann enthalten, wenn sie nicht akut krank sind. Während eines akuten Leberleidens ist eine Diät oft notwendig. Man darf nur nicht zulassen, dass falsche Ideen eine nervöse Untauglichkeit des Magens oder eine chronisch-nervöse Dyspepsie entstehen lassen. Eine andere Bedeutung hatte es nicht.

Ich hoffe, du wirst bald in Ordnung sein. Wenn der Körper nicht zurechtkommt, musst du mich von Zeit zu Zeit darüber informieren.

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Die physische Schwierigkeit, die auf dir lastet, scheint aus zwei Elementen zu bestehen. Das erste ist die Leberstörung, die schwächt und noch mehr schwächen muss, wenn sie dich veranlasst, weniger Nahrung zu dir zu nehmen als der Körper benötigt, um für eine Reaktion stark genug zu sein – vermutlich ist auch die nervlich bedingte Neigung zu Schlaflosigkeit mit ihren Konsequenzen darauf zurückzuführen. Das zweite [Element] ist eine Trägheit des niederen vitalen und physischen Bewusstseins, die dich daran hindert, die Müdigkeit abzuschütteln, auf Attacken zu reagieren und dich stetig der [Yoga-] Kraft zu öffnen, welche diese Dinge beseitigen würde. All das wird ausgelöst durch den Zusammenbruch deiner Ausgeglichenheit, die du so lange Zeit bewahren konntest, durch die vitale Schwierigkeit, die den Zusammenbruch auslöste, und durch die Reaktion des niederen Vitals auf deine Beharrlichkeit, die Ursachen der Störung abzuschütteln. Bei dieser Reaktion scheint es sich um eine Unruhe gehandelt zu haben, jene Dinge, an die es sich noch klammerte, zu verlieren – eine derartige Reaktion hat immer die Trägheit des physischen Bewusstseins zur Folge, während im Gegensatz dazu die richtige Reaktion im niederen Vital ein Gefühl des Friedens, der Erlösung, der Ruhe auslöst, welches mit Sicherheit die niedersten physischen Teile dem höheren Bewusstsein und der höheren Kraft öffnet. Wenn du darüber hinwegkommen kannst und die alte Ausgeglichenheit zurückerhältst, dann können alle diese Dinge zum Verschwinden gebracht werden.

Sicher, man sollte auf den Körper achten – achten auf seine gute Verfassung, für Ruhe, Schlaf, angemessene Nahrung und ausreichende Körperübungen sorgen; es ist jedoch nicht gut, sich zu sehr damit zu beschäftigen, wegen einer Krankheit ängstlich oder verzagt zu sein, denn so etwas begünstigt nur die Verlängerung des Leidens oder der Schwäche. Bei einer Erkrankung der Leber zum Beispiel kann man sich, falls erforderlich, immer einer Behandlung unterziehen.

Die wahren Mittel für die Genesung bestehen jedoch immer in der richtigen inneren Haltung, der inneren und äußeren Ruhe, dem Glauben, dem Sich-Öffnen des Körperbewusstseins gegenüber der Mutter und ihrer Kraft – andere Dinge können nur untergeordnete Hilfen und Lösungen darstellen.

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Was X all den Kummer bereitet hat, ist das Beharren auf seinem Ego, seinen Ideen, Forderungen, Begierden, Absichten, sowie seine Aggressivität, ihnen Ausdruck zu verleihen, so dass er mit jedermann Streit hatte. Diese Streitsucht machte ihn offen für alle möglichen Kräfte der vitalen Ebene und ihre Angriffe. Sie ist auch die Ursache seines Leberschadens und seiner Verdauungsbeschwerden – denn Streitsucht und Ärger führen immer dazu, die Leber zu schädigen und hierdurch auch Magen und Darm. Und da seine Streitsucht riesenhaft ist, ist auch der Schaden an seiner Leber und seinen Verdauungsorganen außerordentlich. Er muss sich von seinem Egoismus, von seiner Streitsucht und seinen schlechten Gefühlen gegenüber anderen befreien, wenn er seine Gesundheit und seine Sadhana wieder in Ordnung bringen will.

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Es ist ein großer Gewinn, wenn sich durch die Attacke auf den Körper keine Depression bei dir einstellt.

Der Schmerz selbst hat deiner Beschreibung nach offensichtlich nervöse Ursachen und kann, wenn du in den mehr physischen Schichten des Wesens ein Offensein entwickelst, durch das Wirken der [Yoga-] Kraft beseitigt werden, oder du selbst wirst fähig sein, dich des Wirkens der Kraft zu bedienen, um ihn hinauszustoßen. Es ist eine Frage des Sich-Öffnens im Körperbewusstsein.

Bewusstsein oder Nichtbewusstsein hängt, wie du selbst bei den Studien in Französisch erfahren hast, vom Zustand [des Körpers] ab. Nicht dass du unbewusst bist, aber das physische Wesen neigt zu einem tamasischen Zustand (dem Zustand der Trägheit), und dann wird es entweder inaktiv oder dunkel, dumm oder unbewusst; wenn tamas sich auflöst, wird die Verfassung licht, und was schwierig war, wird natürlich und einfach. Die ganze Sache läuft darauf hinaus, dem Physischen abzugewöhnen, in seine Trägheit zurückzufallen, und das kann geschehen, indem man es dem Wirken der Kraft öffnet und sich daran anpassen lässt. Wenn das Wirken der Kraft anhält, gibt es kein tamas mehr.

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Es ist nichts Physisches, sondern eine vitale Depression, die verhindert, dass der Körper seine Elastizität zurückgewinnt. Ein Teil des Vitals widersetzte sich einer radikalen Wandlung und versuchte, was selbst deinem Mental verborgen blieb, den bestehenden Zustand aufrechtzuerhalten. Es hat nun durch diese letzte Sache einen Schock erlitten und wurde deprimiert, und wenn das Vital auf diese Weise deprimiert ist, greift das auf den Körper über. Du sagst ganz richtig, dass es Teil einer stattfindenden Wandlung oder Wende ist. Aber diese Auswirkungen von Trägheit oder Schwäche sollten nicht anhalten; sobald sich das Vital mit Freuden in die Wende oder Wandlung fügt, werden Elastizität und Energie zurückkehren.

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Die Schmerzen im Körper stammen aus der gleichen Quelle wie die Störung in der vitalen Natur; in beiden Fällen sind es Attacken der gleichen äußeren Kraft, die dich verleiten oder, wenn das nicht möglich ist, beunruhigen und stören will. Wenn du dich von diesem vitalen Angriff einmal befreien und seine Wiederkehr verhindern kannst, wird es leichter sein, die physische Schwierigkeit loszuwerden, die ihren Ursprung im Nervensystem (vital-physisch) hat; obwohl ihre Symptome die einer physischen Krankheit zu sein scheinen, handelt es sich im allgemeinen, wenn du Schmerzen hast, um eine Attacke auf den nervlichen Teil, die den Zweck hat, ihn zu schwächen.

Bleibe immer ruhig und fahre beharrlich fort, dich zu öffnen. Die Kraft, die dich von der vitalen Störung befreit, kann auch die Störung sowohl im nervlichen Teil als auch im physischen Körper beseitigen.

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Zuerst verhalten sich die Schmerzen immer so; wenn man sie von einem Ort vertreibt, wandern sie zu einem anderen. Es ist aber besser, als dass sie sich überall festsetzen.

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Weder dem Vital noch dem Körper wohnen diese Krankheiten inne – es ist eine Kraft von außen, die sie hervorruft, und das Nervensystem (physisch-vital) sowie der Körper reagieren aus Gewohnheit auf sie oder sind nicht fähig, sie hinauszustoßen. Es ist immer besser, nicht zu sagen: „Ab jetzt will ich nie mehr krank sein“; damit ziehst du die Aufmerksamkeit dieser missgünstigen Kräfte auf dich, die dann sofort beweisen wollen, dass sie den Körper immer noch zu stören vermögen. Wenn sie kommen, weise sie einfach zurück.

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Es ist eine Attacke auf dein physisches Bewusstsein, durch welche die alten Kräfte den falschen Zustand herbeiführen. So wie du früher die Macht empfingst, von der vitalen Bewegung zurückzutreten und sie örtlich zu begrenzen, während dein übriges Bewusstsein beobachtet hat und nicht überwältigt wurde, so hast du nun zu lernen, vom physischen Schmerz oder der Unpässlichkeit zurückzutreten und sie zu begrenzen. Wenn du das tun kannst, und zwar vollständig tun kannst, werden Schmerz und Unpässlichkeit leichter und ruhiger verschwinden, und das Gefühl der Schwäche wird dich nicht derartig überwältigen. Du vermagst zu erkennen, dass die [Yoga-] Kraft die Macht besitzt, die Schmerzen zu beseitigen; aber du lässt dich nervlich überwältigen, und daher ist es für sie schwierig, ein anhaltendes Ergebnis zu erzielen. Was damals im Vital möglich war, muss auch im Physischen geschehen. Es ist der einzige Weg, sich von den Attacken zu befreien.

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Du musst eine vollständige Trennung deines Bewusstseins von diesen Gefühlen des Körpers und seiner Billigung einer Krankheit erreichen, und von diesem separierten Bewusstsein her auf den Körper einwirken. Nur so kann man sich von diesen Dingen befreien oder sie zumindest neutralisieren.

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Wenn das Bewusstsein separiert ist, sollte es nicht daran [an den Schmerzen] leiden. Der Körper mag Schmerzen erdulden, aber das Bewusstsein sollte nicht leiden oder sich von ihnen überwältigt fühlen.

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Schmerz wird verursacht, weil das physische Bewusstsein in der [Welt der] Unwissenheit zu begrenzt ist, um die Attacken, die auf es einwirken, zu ertragen. Das kosmische Bewusstsein hingegen, In seinem Zustand des vollständigen Wissens und der vollständigen Erfahrung, erfährt alle Berührungen als Ananda.

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Um äußerste Hitze und Kälte ertragen zu können, ist es notwendig, zuerst Frieden in den Zellen zu erlangen, später dann die kompakte Kraft. Schmerz und Unbehagen rühren von einem physischen Bewusstsein her, das nicht kraftvoll genug ist, um seine eigenen Reaktionen auf Dinge zu bestimmen.

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Natürlich, der Körper [erleidet physischen Schmerz] – aber der Körper übermittelt ihn dem Vital und Mental. Im gewöhnlichen Bewusstsein wird das Vital gestört, angegriffen und seine Kräfte werden geschwächt; das Mental identifiziert sich damit und gerät aus der Fassung. Das Mental muss [jedoch] unbewegt, das Vital muss unbeeinflusst „bleiben, und der Körper muss lernen, ihn [den Schmerz] mit Gleichmut zu ertragen, so dass die höhere Kraft in ihm wirken kann.

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Das Selbst ist niemals von irgendeiner Art von Schmerz betroffen. Die Seele nimmt ihn ruhig hin und bietet ihn dem Göttlichen dar, damit das Nötige geschehe.

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Das, was einen befähigt weiterzumachen als ob nichts geschehen wäre, ist das Losgelöstsein selbst des physischen Mentals vom Schmerz – aber dieses Losgelöstsein des physischen Mentals ist nicht so leicht zu erreichen.

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Die Hauptschwierigkeit scheint darin zu bestehen, dass du zu sehr einer Erregung der Nerven ausgeliefert bist – nur indem die Ruhe und Stille in das ganze Wesen gebracht werden, kann ein stetiger Fortschritt in der Sadhana gesichert werden.

Um wieder zur Ruhe zu kommen, muss man als erstes den nervlich bedingten Attacken Einhalt gebieten – je mehr du dich diesen Ideen und Gefühlen hingibst und dich damit identifizierst, desto mehr nehmen sie zu. Du musst dich zurückziehen und im Hintergrund in dir etwas finden, das von Schmerzen und Depressionen nicht beeinträchtigt wird – dann kannst du dich von dort her von den Schmerzen und Depressionen befreien.

Wenn du darauf hörst, was andere sagen, und dein Handeln darauf ausrichtest, ihren Ideen zu genügen, wie willst du dann die rechte Haltung bewahren, die allein dir bei der Arbeit zu helfen vermag? Für die Mutter hast du zu arbeiten, um sie durch Arbeit in dir zu finden – nicht um dich vor der Kritik durch andere zu schützen.

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Ich freue mich zu hören, dass die Störung letzte Nacht vertrieben werden konnte – jetzt muss die Empfangsbereitschaft des Körperbewusstseins bewahrt werden, damit sie [die Störung] keinesfalls mehr zurückkehren kann oder, falls sie es versucht, sofort vertrieben wird. Du musst immer danach trachten, die Ruhe zu bewahren, musst deprimierenden oder quälenden Gedanken oder Gefühlen den Einlass verwehren oder dass sie von deinem Mental oder deiner Rede Besitz ergreifen; wenn man einmal die innere Ruhe und Weite gewonnen hat, gibt es keinen echten Grund zuzulassen, dass sie wieder entgleiten und diese Dinge eindringen. Und wenn das Mental seine Ruhe bewahrt und nur gegenüber den höheren Kräften aufnahmebereit ist, kann es mit Leichtigkeit diese Ruhe und Aufnahmebereitschaft auf das Körperbewusstsein und sogar auf die stofflichen Zellen des Körpers übertragen.

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Was immer es sein mag – die Macht der Krankheit, welche die Sadhana verhindert, sollte nicht bestehen. Das yogische Bewusstsein und sein Wirken sollten vorherrschen, ob du gesund oder krank bist.

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Wegen Rheumatismus die Arbeit aufzugeben ist zwecklos – es sei denn, er wäre so schlimm, dass du nicht mehr arbeiten kannst – es macht die Dinge nur schlimmer.

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Du hattest dein Bewusstsein geöffnet, weshalb der Schmerz aufhörte. Wenn er während des Schlafes zurückkehrte, dann muss es deshalb gewesen sein, weil du den Kontakt verloren hattest und in das gewöhnliche Bewusstsein zurückgefallen bist. Das geschieht oft.

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Ja, wenn du nicht genug schläfst, ist das physische System für diese Krankheiten eher anfällig. Wenn es sich in einem guten Zustand befindet, weist es sie meist automatisch zurück, und man bemerkt nicht einmal, dass eine Attacke stattgefunden hat.

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Was ich sagte, war, dass der Körper, wenn er sich in einem guten Zustand befindet, jede Attacke einer Krankheit, die in der Luft liegt, automatisch abweist, ohne dass das Mental überhaupt bemerkt, dass eine Attacke stattgefunden hat. Wenn eine Attacke automatisch zurückgewiesen wird, warum sollte es dann notwendig sein, sich damit auseinanderzusetzen?

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Die Gewohnheit eines Rückfalls im Körper zu bestimmten Zeiten oder gelegentlich wird durch einen feindlichen Druck bewerkstelligt. Diese Gewohnheit eines festgelegten Rückfalls gibt jeder Krankheit ein größeres Beharrungsvermögen, weil das Körperbewusstsein den Rückfall erwartet und diese Erwartung sein Eintreten begünstigt.

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Diese Erwartung des Mentals ist es, die am meisten dazu beiträgt, den Rhythmus der Attacke aufrechtzuerhalten. Wenn man sich davon befreien könnte, würde auch dieser Rhythmus zerstört.

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Ich glaube nicht, dass Stottern irgend etwas mit einer schwachen Lunge zu tun hat, und es wird auch nicht durch eine Missbildung der Sprachorgane hervorgerufen – im allgemeinen ist es eine nervliche Behinderung (physisch-nervös) und vollkommen heilbar. Mir ist kein besonderes Heilverfahren dafür bekannt – die Menschen haben verschiedene Mittel benutzt, um darüber hinwegzukommen; hinter all diesen aber steht das Erfordernis einer Willenskraft und geduldigen Disziplinierung des Sprechvermögens.

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Du musst bezüglich deiner Augen vorsichtig sein. Bei Nacht zu viel zu lesen ist nicht ratsam. Zwei Vorschläge jenes Mannes, der die Sonnenbehandlung empfiehlt, fand ich durchaus annehmbar. Erstens sollte man, wenn man Dinge betrachtet oder liest, reichlich blinzeln und nicht die Augen fixieren oder starr blicken. Zweitens verschafft das Auflegen der hohlen Handfläche eine sehr förderliche Ruhe – gemeint ist damit, die Hände gekreuzt über die geschlossenen Augen zu legen, ohne sie auf die Augen zu pressen, um alles Licht auszuschließen.

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Was du beschreibst, ereignet sich sehr häufig, während einer Erkältung im Kopf, da man im allgemeinen für die Übermittlung des mentalen Gedankens von den Gehirnzellen abhängig ist. Wenn das Mental von den Gehirnzellen weniger abhängig ist, wird das klare Sehen und Denken durch die Trübung, welche die Erkältung verursacht, nicht beeinträchtigt, und man wird nicht in das mechanische Mental zurückgeworfen.

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Fieber ist natürlich meistens ein Kampf des Körpers, um eingedrungene Unreinheiten auszufechten, aber manchmal ist das Heilmittel ebenso schädlich, wenn nicht schädlicher als die Krankheit. Genauso ist es mit den Beschwerden; eine Krankheit hat manchmal zur Folge, dass einige Unreinheiten ausgestoßen werden, doch kann auch dies mehr Schaden anrichten als Gutes tun.

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Nach einer Attacke von Influenza: Das Wichtigste dabei ist, die ganze Zeit über vollkommenen Gleichmut zu bewahren und Gedanken von angstvoller Sorge oder Depression nicht in dich eindringen zu lassen. Es ist ganz natürlich nach dieser schweren Attacke von Influenza, dass sich Schwäche und gewisse Schwankungen im Fortschritt der Besserung abzeichnen. Was du zu tun hast, ist, ruhig und vertrauensvoll zu bleiben und dich nicht zu grämen oder ruhelos zu sein – sei vollständig ruhig und bereit, dich auszuruhen, solange du der Ruhe bedarfst. Es gibt nichts, worüber du dich zu beunruhigen brauchst; ruhe dich aus, dann werden Gesundheit und Stärke zurückkehren.

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Ischias ist etwas mehr als eine nervöse Störung – er beeinträchtigt die Bewegungen der Muskeln durch die Nerven. Du kannst dich jedoch sofort davon befreien, wenn du es fertigbringst, die [Yoga-] Kraft darauf zu lenken.

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Es gibt kein äußeres Mittel, Ischias ist eine Sache, die nur einer konzentrierten inneren Kraft nachgibt oder aber von selbst aufhört und von selbst kommt. Äußere Mittel können bestenfalls lindernd wirken.

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Die Trägheit rührt daher, dass in deinem äußeren Wesen immer eine sehr kraftvolle tamas bestand, und sie ist es, die vom Widerstand benützt wird. Auch fehlte es dem äußeren Mental an stetiger Willenskraft, wodurch es für die [Yoga-] Kraft schwieriger wurde herabzukommen. Wenn du gänzlich offen bist, kann die Kraft auf den Ischias einwirken, so dass er an Stärke verliert oder zum Verschwinden gebracht wird; wenn aber das Bewusstsein durch Trägheit blockiert ist, kommen diese Schwierigkeiten dazwischen.

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Wir haben immer wieder festgestellt, dass sich Ischias der [Yoga-] Kraft , wenn sie ruhig und beharrlich angewandt wird, nicht widersetzen kann. Andere Krankheiten können Widerstand leisten, nicht aber Ischias, der gänzlich tamasisch ist. Die Anwendung der Kraft ist für dich wahrscheinlich noch nichts Selbstverständliches; daher ist das Gefühl von Kampf damit verbunden und nicht das Gefühl ruhiger Beherrschung – daher die Rastlosigkeit usw.

Wenn du dich vom Ischias nicht durch innere Mittel befreien kannst, sollte dich das ärztliche Heilmittel (das nicht heilt, dich aber vom Schmerz solange wie möglich befreit) nicht ermüden. Der Ischias tritt periodisch auf und kann wochenlang anhalten; dann verschwindet er plötzlich wieder. Wenn du dich physisch ruhig verhältst und nicht zu aktiv bist, tritt er möglicherweise für lange Zeit nicht auf. Natürlich würde das bedeuten, ein inaktives, physisch behindertes Leben zu führen. Das meinte ich damit, als ich davon sprach, den Ischias zu verewigen – und die Trägheit auch.

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Tb. ist das Ergebnis einer starken seelisch-vitalen Depression. Sex kann nicht unmittelbar Tb. auslösen, obwohl er ein Faktor für den Verfall der vitalen Kräfte und das Zurückziehen der stützenden Seelenkräfte sein mag, was schließlich zu Tb. führen kann. Der Mangel an Vitalität, der leicht als eine [Begleit-] Erscheinung der modernen Zivilisation entsteht, gehört daher zu den stark auslösenden Ursachen. Die modernen Menschen haben nicht das solide Nervensystem und die natürliche Lebensfreude ihrer Vorfahren. Über die Soldaten weiß ich nicht Bescheid – doch könnte ich mir vorstellen, dass der schreckliche Krieg im Schützengraben mit all seinen grausigen Umständen und Begleiterscheinungen viel schwerer zu ertragen war als das Marschieren und Kämpfen im Freien zu Napoleons Zeiten.

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Der Tod in frühem Alter ist, wenn man den Angaben Glauben schenken darf, in Europa viel seltener, und die Menschen leben im allgemeinen länger. Gewisse Krankheiten aber haben trotz des Fortschritts in der Hygiene zugenommen – Influenza, Tb., Geschlechtskrankheiten. Es sind auch neue Krankheiten entstanden, die früher kaum existierten. Das scheint ganz offensichtlich das Werk der feindlichen Kräfte zu sein.

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Natürlich kann er [Krebs durch Yoga] kuriert werden – jedoch unter der Voraussetzung von Glauben oder Offensein [gegenüber der Yoga-Kraft] oder beidem. Selbst eine mentale Suggestion kann mit etwas Glück Krebs heilen, wie es der Fall der jungen Frau beweist, die erfolglos an Krebs operiert wurde; die Ärzte sagten nicht die Wahrheit und teilten ihr mit, dass die Operation gelungen sei: die Krebs-Symptome verschwanden – und viele Jahre später starb sie an einer ganz anderen Krankheit.

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Medizin ist genaugenommen nicht Wissenschaft. Sie ist Theorie mit experimentellem Tasten und Glücksache.

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Die Theorie [der allopathischen Medizin] ist imponierend, aber wenn sie zur Anwendung kommt, gibt es zu viel Unsicherheiten und auf Mutmaßung gegründete Verfahren, als dass man sie als eine exakte Wissenschaft bezeichnen könnte. Es gibt viele Wissenschaftler, die sich dagegen sträuben, wenn sie hören, dass Medizin als [exakte] Wissenschaft bezeichnet wird. Anatomie und Physiologie sind natürlich [exakte] Wissenschaften.

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Injektionen sind große Mode; für alles gibt es Injektionen und wieder Injektionen. In der Neuzeit hat die Medizin drei Stadien durchlaufen – zuerst (in Molières Tagen) war es „Aderlass und Klistier“, dann „Medikament und Diät“ und jetzt ist es „Serum und Injektion“. Befiehl dich Gott – nicht wegen der Krankheiten, sondern der Ärzte wegen. Dennoch steckt hinter jeder dieser Formeln eine Teilwahrheit – mit Vorteilen und Nachteilen. So wie alle Religionen und Philosophien auf den Höchsten ausgerichtet sind, aber jede aus einer anderen Richtung, so sind alle medizinischen Moden Wege zur Gesundheit – obwohl sie sie nicht immer erreichen.

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Du kannst über die homöopathischen Theorien sagen was du willst, doch habe ich selbst gesehen, wie X sie Detail für Detail ausarbeitete, dort wo er ein freies und ungehindertes Tätigkeitsfeld hatte und sich des Vertrauens der Patienten und ihres unbedingten Gehorsams sicher wusste; und ich habe weiterhin gesehen, dass die Ergebnisse mit seinen Behauptungen übereinstimmten und seine Voraussagen, die darauf gründeten, sich nicht nur wortwörtlich erfüllten, sondern auch in genau der festgelegten Zeit – und all das nicht gemäß dem, was X berichtete, sondern gemäß den ausführlichen und genauen Berichten des diensttuenden allopathischen Arztes. Seitdem weigere ich mich, daran zu glauben – auch wenn alle Allopathen einstimmig protestieren –, dass die homöopathische Theorie oder ihre Auslegung und Anwendung durch X reiner Quatsch und Blödsinn seien. Was die Fehler anbelangt, so ist festzustellen, dass alle Ärzte Fehler machen, sogar sehr schwerwiegende Fehler, und dass sie ebenso töten wie heilen ... Eine bestimmte Theorie ist so gut und so schlecht wie irgendeine andere – es kommt darauf an, wie sie in jedem einzelnen Fall angewandt wird. Es ist etwas anderes dahinter, das den Ausgang entscheidet.

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Ich habe einige Gedanken niedergelegt, um etwas kaltes Wasser auf dieses glühend heiße Eisen der Allopathie zu schütten. Doch scheinen mir jetzt alle diese Auseinandersetzungen von geringem Nutzen zu sein. Ich kenne das Wirken beider Systeme (Allopathie und Homöopathie) und anderer und kann nicht glauben, dass eines von ihnen die alleinige Wahrheit vertritt. Die, welche vom orthodoxen Standpunkt aus verdammenswert sind, da sie ihm gänzlich widersprechen, haben ihre eigene Wahrheit und damit Erfolg – und ebenso hat sowohl die orthodoxe als auch die heterodoxe Methode ihre Fehlschläge. Eine Theorie ist nichts anderes als eine konstruierte und festgelegte Idee, die eine unvollkommene Beobachtung einer Reihe von Vorgängen durch den Menschen darstellt, denen die Natur folgt oder folgen kann. Eine andere Theorie ist eine andere konstruierte und festgelegte Idee von anderen Vorgängen, denen sie ebenso folgt oder folgen kann. Allopathie, Homöopathie, Naturheilkunde, Osteopathie, Kaviraji, Hakimi – alle haben sich der Natur bemächtigt und sie auf gewisse Vorgänge festgelegt; jede Theorie hat ihre Erfolge und Misserfolge. Lass jede ihre Arbeit auf ihre Weise tun. Ich sehe keine Notwendigkeit für Kämpfe und Gegenbeschuldigungen. Für mich sind das alles nur äußere Mittel, denn was tatsächlich wirkt, das sind die unsichtbaren Kräfte im Hintergrund – und von ihrem Wirken hängen die äußeren Mittel mit ihrem Erfolg und Misserfolg ab; wenn man aus dem Vorgang einen richtigen Kanal für die richtige Kraft machen kann, erhält er seine volle Wirksamkeit – das ist alles.

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Es genügt nicht, dass es sich bei einer Arznei um eine spezielle Arznei handelt. Gewisse Arzneien haben andere Auswirkungen oder mögliche Auswirkungen, die vom Arzt, der nur seinen Fall heilen will, unbeachtet bleiben können, aber nicht übersehen werden dürfen, wenn man das Körpersystem und seine Reaktionen als ein Ganzes betrachtet. Die ungünstigen Auswirkungen des Chinins werden selbst aus ärztlicher Sicht zugegeben, und in Europa sucht man seit langem einen Ersatz für Chinin.

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Tumor, Syphilis usw. sind Besonderheiten, aber was ich aufgrund meiner psycho-physischen Erfahrungen festgestellt habe, ist, dass die meisten Störungen des Körpers zusammenhängen, obwohl sie in Gruppen getrennt sind; es gibt aber auch eine Verbindung unter den Gruppen. Wenn man sie an ihrer psycho-physischen Wurzel packen kann, ist eine Heilung möglich, auch ohne das pathologische Ganze der Sache zu erkennen und ohne sich mit den Symptomen als einer Möglichkeit zu beschäftigen. Einige Heilverfahren, die von Halb-Mystikern erfunden wurden, haben diese Macht. Was ich mir jetzt überlege, ist, ob Homöopathie eine psycho-physische Grundlage hat. War ihr Gründer ein Halb-Mystiker? Andernfalls wären bestimmte Eigentümlichkeiten in der Wirkungsweise der Arzneien, die von X angewandt werden, nicht zu verstehen.

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Du bist weit hinter der Zeit zurück. Weißt du nicht, dass jetzt sogar viele Ärzte zugeben und es öffentlich publizieren, dass Medikamente zwar ein Faktor sind, doch nur einer, und dass der psychologische Faktor ebenso wichtig ist oder sogar noch wichtiger. Ich habe die Ärzte das oft sagen hören und es in Artikeln mit Unterschriften angesehener Ärzte gelesen. Und sie sagen weiterhin, dass zu den wichtigsten psychologischen Faktoren der Optimismus und das Selbstvertrauen des Arztes gehören sowie das Vertrauen, die Hoffnung, die förderliche mentale Atmosphäre, die er auf seine Patienten einwirken lässt oder womit er sie umgibt. Ich habe die kategorische Behauptung gelesen, dass ein Arzt, der das zu tun vermag, weit erfolgreicher ist als einer, der die medizinische Wissenschaft besser kennt, aber das nicht tun kann ... Ich meinte nicht, dass es ohne Medikamente nicht geht. Wenn es aber mit Hilfe von Medikamenten zu geschehen hat, ist das richtige Medikament hilfreich, das falsche dagegen bringt offensichtlich eine Gefahr mit sich. Warum sollte sein Wissen die Intuition verhindern? Selbst ein allopathischer Arzt bedarf oft der Intuition, welches Medikament er zu geben hat oder in welcher Dosierung – und jene mit der besten Intuition haben den besten Erfolg. Selbst von der orthodoxen Wissenschaft wird nicht alles nach einer einzigen Regel oder einem einzigen Buch oder einer Faustregel getan.

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Welch eine absurde Behauptung! Selbstvertrauen sei eine angeborene Sache; es beruhe nicht auf Wissen und Erfahrung ... Wer sagt das? Ich habe nie gehört, dass Napoleon bei Waterloo aus Mangel an Selbstvertrauen versagte. Ich habe vielmehr immer gelesen, dass er deshalb versagte, weil er wegen seiner überstandenen Krankheit keine so rasche und selbstsichere Entscheidung mehr treffen konnte und in seiner Geistesgegenwart nicht mehr so beweglich war wie zuvor. Bitte schreibe keine Historie, es sei denn, dir stünden Tatsachen für deine neue Version zur Verfügung.

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Wunder können geschehen; es gibt aber keinen Grund, warum sie alle augenblicklich stattfinden sollen – ob sie nun von Göttern oder den Ärzten vollbracht werden.

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Diese Dinge sind beweisbar, und der Beweis für Coués Erfolg ist überwältigend. Es hat auf der ganzen Welt auch viele andere große Heiler gegeben, deren Erfolge durchaus bezeugt sind. Heilungen durch Glauben und Psychotherapie sind ebenfalls Tatsachen.

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Diese Autosuggestionen – in Wirklichkeit ist es Glaube in einer mentalen Form – wirken sowohl auf das Unterschwellige als auch auf das Unterbewusste ein. Im Unterschwelligen setzen sie die Kräfte des inneren Wesens in Tätigkeit, seine okkulte Fähigkeit, den Gedanken, Willen oder einfach die bewusste Kraft auf den Körper wirken zu lassen – im Unterbewussten bringen sie die Suggestionen von Tod und Krankheit zum Schweigen, welche die Wiederkehr der Gesundheit verhindern. Sie tragen auch dazu bei, die gleichen Dinge (feindliche Suggestionen) im Mental, Vital und Körperbewusstsein zu bekämpfen. Wo all dies vollständig oder mit einiger Vollständigkeit getan wird, können die Auswirkungen [der Autosuggestion] sehr bemerkenswert sein.

 

1 „Wenn wir einer Falschheit, wie geringfügig auch immer, erlauben, sich durch unseren Mund oder unsere Feder auszudrücken, wie können wir dann darauf hoffen, vollendete Boten der Wahrheit zu werden? Ein vollendeter Diener der Wahrheit sollte sich selbst der geringsten Ungenauigkeit, Übertreibung oder Entstellung enthalten.“ – Die Mutter

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