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SRI AUROBINDO

Briefe über den Yoga

Band 4

2. Die Umwandlung des Vitals

II  III  IV V  VI VII  VIII  IX X XI  XII XIII

Die beiden Vorgänge, deren scheinbarer Widerspruch deinen Geist verwirrt, sind die beiden Enden eines einzigen Bewusstseins, dessen Bewegungen – noch voneinander getrennt – sich vereinigen müssen, wenn die Lebens-Macht eine immer vollendetere Tätigkeit und Erfüllung oder die erhoffte Umwandlung erreichen soll.

Das eine dieser Enden ist das vitale Wesen, das die Lebens-Kraft enthält; das andere Ende ist eine latente dynamische Macht des höheren Bewusstseins, durch welche die Göttliche Wahrheit wirken und das Vital und seine Lebenskraft erfassen kann, um sie für ein größeres Ziel hier zu gebrauchen.

Die Lebens-Kraft im Vital ist das unerlässliche Instrument für jegliches Einwirken der Göttlichen Macht auf die stoffliche Welt und physische Natur. Es kann daher erst dann ein göttliches Leben geben, wenn dieses Vital umgewandelt und zu einem reinen und starken Instrument der Göttlichen Shakti gemacht wurde. Erst dann kann eine erfolgreiche Umwandlung der physischen Natur oder ein freies, vollendetes göttliches Einwirken auf die äußere Welt stattfinden; denn mit unseren gegenwärtigen Mitteln ist jedes derartige Einwirken unmöglich. Deshalb hast du die Empfindung, dass die vitale Bewegung alle Energie verschafft, deren man bedarf, dass alle Dinge mit Hilfe dieser Energie möglich sind und du damit jede gewünschte Erfahrung haben kannst – gute oder schlechte, des gewöhnlichen oder des spirituellen Lebens; und deshalb fühlst du auch, wenn diese Energie kommt, wie das Körperbewusstsein und seine Substanz von Macht erfüllt werden. Was den Kontakt mit der Mutter im Vital anbelangt und dein Gefühl der schönen, der großartigen Erfahrung, die es war – auch das ist natürlich und richtig; denn das Vital muss ebenso wie die Seele und jeder andere Teil des Wesens die Göttliche Mutter fühlen und sich ihr ganz geben.

Eines jedoch darf nie vergessen werden, dass das vitale Wesen und die Lebens-Kraft im Menschen vom Göttlichen Licht getrennt sind und daher ein Instrument für jegliche Macht sein können, die von ihnen Besitz ergreift, sei sie erleuchtet oder dunkel, göttlich oder ungöttlich. Meist dient die vitale Energie den allgemeinen dunklen oder halb-bewussten Bewegungen des menschlichen Mentals und Lebens – seinen üblichen Ideen, Interessen, Leidenschaften und Begierden. Es besteht aber die Möglichkeit, dass sich die vitale Energie über ihre gewöhnlichen Grenzen hinaus steigert, und wenn das der Fall ist, kann sie einen Aufschwung, eine Intensität, Stimulierung und Sublimierung ihrer Kräfte erlangen, durch die sie ein Instrument entweder der Göttlichen Mächte, der Mächte der Götter oder asurischer Kräfte werden kann – oder beinahe werden muss. Oder wenn eine geordnete zentrale Kontrolle in der menschlichen Natur fehlt, kann ihr Wirken zu einem wirren Durcheinander dieser Gegensätze werden oder in unschlüssigem Schwanken einmal den einen und dann den anderen Kräften dienen. Es ist dann nicht genug, dass eine große vitale Energie in dir wirkt; sie muss mit dem höheren Bewusstsein in Verbindung gebracht werden, sie muss dem wahren Bewusstsein überantwortet werden, sie muss der Herrschaft des Göttlichen untergeordnet werden. Daher wird manchmal gegenüber dem Wirken der vitalen Kraft Verachtung oder Missbilligung empfunden, weil ihr Licht und ihre Macht unzureichend und an eine unwissende, ungöttliche Bewegung gebunden sind. Und das ist auch der Grund, weshalb es erforderlich ist, sich der Inspiration und Macht von höherem Ursprung zu öffnen. Die vitale Energie als solche führt nirgendwohin, sie verläuft in wechselvollen, oft leidvollen und verderblichen Kreisen und wendet sich sogar dem Abgrund zu, weil sie die rechte Führung nicht hat; sie muss sich mit der dynamischen Macht des höheren Bewusstseins und der Göttlichen Kraft verbinden, die durch sie für einen großen und leuchtenden Zweck wirkt.

Um diese Verbindung herzustellen, sind zwei Bewegungen notwendig. Die eine ist nach oben gerichtet; das Vital erhebt sich zur Vereinigung mit dem höheren Bewusstsein und wird vom Licht und Impuls einer höheren Kraft durchdrungen. Die andere ist nach unten gerichtet; das Vital verharrt schweigend, ruhevoll, rein, frei von den gewöhnlichen Bewegungen, und wartet bis die dynamische Macht von oben herabkommt, es in sein wahres Selbst wandelt und seine Bewegungen mit Wissen und Macht füllt. Das ist der Grund, weshalb der Sadhak manchmal die Empfindung hat, dass er in ein glücklicheres und edleres Bewusstsein aufsteigt, dass er in einen lichteren Bereich und eine reinere Erfahrung eintritt; manchmal jedoch fühlt er im Gegenteil die Notwendigkeit, sich in das Vital zurückzuwenden, dort die Sadhana zu tun und das wahre Bewusstsein dorthin herabzubringen. Zwischen diesen bei den Bewegungen besteht kein echter Widerspruch; sie ergänzen sich und sind aufeinander angewiesen – der Aufstieg ermöglicht die göttliche Herabkunft, die Herabkunft erfüllt das, wonach der Aufstieg strebt, und lässt es unumgänglich werden.

Wenn du mit dem Vital von seinen niederen Bereichen aufsteigst und es mit der Seele verbindest, wird dein vitales Wesen erfüllt von dem reinen Streben, der reinen Weihung, die der Seele angeboren sind; gleichzeitig verleiht es den Gefühlen seine eigene überfließende Energie und macht sie dynamisch für die Wandlung der gesamten Natur bis hinab zum ganz Physischen sowie für das Herabbringen des göttlichen Bewusstseins in die Erd-Substanz. Wenn das Vital nicht nur die Seele berührt, sondern auch mit dem höheren Mental verschmilzt, kann es mit einem größeren Licht und Wissen in Kontakt kommen und ihnen folgen. Meist wird das Vital entweder vom menschlichen Mental gelenkt sowie von seinen mehr oder weniger unwissenden Befehlen beherrscht, oder es bemächtigt sich selbst ungestüm dieses Mentals und gebraucht es zur Befriedigung seiner eigenen Leidenschaften, Impulse und Begierden. Oder es verquickt diese beiden Bewegungen miteinander; denn das gewöhnliche menschliche Mental ist zu unwissend für ein besseres Wirken oder eine vollkommene Führung. Wenn aber das Vital mit dem höheren Mental in Verbindung steht, kann es von einem größeren Licht und Wissen geleitet werden, von einer höheren Intuition und Inspiration, einer wahreren Unterscheidung und einigen Enthüllungen der göttlichen Wahrheit und des göttlichen Willens. Dieser Gehorsam gegenüber der Seele und dem höheren Mental kennzeichnet das beginnende Hervortreten des yogischen Bewusstseins in seiner dynamischen Einwirkung auf das Leben.

Aber auch das genügt nicht für das göttliche Leben. Mit dem höheren Mental-Bewusstsein in Kontakt zu kommen, ist nicht genug, es ist nur ein unerlässliches Stadium. Es muss eine Herabkunft der Göttlichen Kraft aus immer höheren und machtvolleren Bereichen stattfinden. Ohne diese herabkommende Kraft aus noch unsichtbaren Höhen ist eine Umwandlung des höheren Bewusstseins in ein supramentales Licht und eine supramentale Macht, eine Umwandlung des Vitals und seiner Lebens-Kraft in ein reines, weites, ruhiges, intensives und machtvolles Instrument der göttlichen Energie, eine Umwandlung des eigentlichen Physischen in eine Form göttlichen Lichtes, göttlichen Wirkens, göttlicher Stärke, Schönheit und Freude unmöglich. Das ist der Grund, weshalb in diesem Yoga der Aufstieg zum Göttlichen, den er mit anderen Yoga-Pfaden gemein hat, nicht genug ist; es muss auch eine Herabkunft des Göttlichen stattfinden, um alle Energien des Mentals, Lebens und Körpers umzuwandeln.

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Alle reine Wahrheit ist auf die eine oder andere Weise der unmittelbare Ausdruck des Göttlichen Bewusstseins. Leben ist der dynamische Ausdruck der Bewusstseins-Kraft, wenn sie hinausgesandt wird, um sich in konkreten Harmonien der Formbildung zu verwirklichen; Liebe ist ein intensiver Selbst-Ausdruck der Seele des innersten Anandas, und Licht ist das, was das supramentale Bewusstsein immer begleitet und seine wesentlichste Macht darstellt.

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Ja, das ist die Natur des Vitals. Es kann sich sowohl Unumschränkt und enthusiastisch hingeben als auch jede nur denkbare Störung verursachen. Ohne das Vital gibt es in der Schöpfung oder Manifestation keine Lebens-Kraft; es ist ein notwendiges Instrument des Spirits für das Leben.

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Ja. Selbst der Spirit, wenn er sich in der Materie manifestieren will, muss sich des Vitals bedienen. Das ist das Gesetz der Dinge.

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Das Vital ist ein unerlässliches Instrument – ohne es ist keine Schöpfung oder kraftvolle Tat möglich. Es geht ganz einfach darum, es zu meistern und in das wahre Vital zu verwandeln, das stark und zugleich ruhig sowie einer großen Intensität fähig ist, frei vom Ego.

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Das Vital bedarf der Überwachung, es darf ihm nicht erlaubt werden, das zu tun, was es will. Du darfst nicht vom Vital beherrscht werden, sondern das Vital muss durch dich beherrscht werden.

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Die Befreiung von der blinden Vital-Energie muss durch eine Wandlung im Vital herbeigeführt werden – durch das Hervortreten des wahren Vitals, das stark und weit und friedvoll ist, ein williges Instrument des Göttlichen und nur des Göttlichen.

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Es bedeutet die Lebens-Energie, die von innen kommt und in Einklang steht mit dem seelischen Wesen – es ist die Energie des wahren vitalen Wesens, die aber im gewöhnlichen, unwissenden Vital zur Begierde deformiert ist. Du musst das Vital beruhigen und läutern und das wahre Vital hervortreten lassen. Oder du musst die Seele hervortreten lassen, und die Seele wird das Vital läutern und durchseelen, und dann wirst du die wahre vitale Energie haben.

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Von dem, was durch das Leben in das vitale Gefäß eingebracht wurde, kann man sich befreien, indem man es umwendet und auf das Göttliche hin ausrichtet und nicht auf sich selbst. Du wirst dann feststellen, dass das Vital ein ausgezeichnetes Instrument, aber ein schlechter Meister ist.

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Das menschliche Vital hat nahezu immer diesen Charakter, was aber kein Grund dafür ist, das als unveränderliche Tatsache zu akzeptieren und einem rastlosen Vital zu erlauben, dich anzutreiben wie es will. Ganz abgesehen vom Yoga, auch im gewöhnlichen Leben haben nur diejenigen ihr volles Menschsein erreicht oder werden aller Wahrscheinlichkeit nach mit ihren Idealen oder Unternehmungen erfolgreich sein, die dieses rastlose Vital in die Hand nehmen, es konzentrieren, kontrollieren und disziplinieren. Es geschieht durch die Ausübung des mentalen Willens, durch die sie es dazu zwingen, nicht das zu tun, was es will, sondern was die Vernunft oder der Wille als das Richtige oder Wünschenswerte erkennt. Im Yoga gebraucht man den inneren Willen und zwingt das Vital, sich der tapasya zu unterwerfen, damit es ruhig, stark und gehorsam werde – oder aber man ruft die Stille von oben, die das Vital nötigt, dem Begehren zu entsagen und ruhig und aufnahmebereit zu werden. Das Vital ist ein gutes Instrument, aber ein schlechter Meister. Wenn du ihm erlaubst, seinen Neigungen und Abneigungen, seinen Launen, Begierden und schlechten Gewohnheiten zu folgen, wird es dein Meister werden, und Friede und Glück sind nicht länger möglich. Es ist dann nicht mehr dein Instrument oder das der Göttlichen Shakti, sondern ein Instrument jeglicher Kraft der Unwissenheit oder sogar einer feindlichen Kraft, die es zu ergreifen und zu gebrauchen vermag.

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Der Widerstand und die sich widersprechenden Eingebungen stammen von der vitalen Natur, die in allen Menschen dunkel und mit gewöhnlichen Ideen und Absichten verhaftet ist und auf solche Einfälle und Suggestionen, wie du sie erwähnst, allzu leicht eingeht. Glaube und Weihung kommen aus der Seele, und nur dann, wenn sich das Vital völlig der Seele unterordnet hat, kann man wahrhaft das spirituelle Leben führen.

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Es ist ein großer Fortschritt, wenn du das jetzt tun kannst. Das hauptsächliche Hindernis für ein Leben im Licht, im Frieden und in der Kraft, ist die verworrene und trübe Rastlosigkeit der vitalen Natur des Menschen. Wenn sie zur Ruhe gekommen ist, ist die größte Schwierigkeit überstanden. Was übrig bleibt, ist die Behinderung durch das fehlende Verständnis oder die Trägheit der physischen Natur – sie kann aber leichter bewältigt werden, da sie mehr von der Art eines ruhigen, wenngleich hartnäckigen Widerstandes als der einer Störung ist. Wenn einmal die vitale Unruhe überwunden ist, wird mit Sicherheit auch die physische Dunkelheit oder das Unverständnis verschwinden.

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Die Jagd nach Vergnügen ist nicht eine Eigenschaft des ganzen Vitals, sondern ein Ausdruck des physischen Vitals – des animalischen Teils des menschlichen Wesens. Selbstverständlich kann es nicht durch mentale Begründungen irgendwelcher Art überzeugt werden. In den meisten Menschen ist sie [die Jagd nach Vergnügen] die natürliche und gebilligte Einstellung gegenüber dem Leben, beschönigt durch eine Art von konventionellem Moralismus und Idealismus als Zugeständnis an das Mental und höhere Vital. In einigen wenigen wird dieser Teil des Wesens [das physische Vital] ergriffen und dem mentalen oder höheren vitalen Ziel untergeordnet – es wird gezwungen, einen zweitrangigen Platz einzunehmen, damit das Mental nachhaltig von mentalen Unternehmungen oder Idealen oder von großen politischen oder persönlichen Bestrebungen absorbiert werden kann (Lenin, Hitler, Stalin, Mussolini). Der Asket und der Puritaner machen den Versuch, es großenteils oder vollständig zu unterdrücken. Das Prinzip in unserem Yoga ist, dass alles ein Instrument des Spirits werden muss und dass jene Teile, die das Vergnügen suchen, den Ananda in den Dingen und nicht das animalische Vergnügen der Oberfläche kosten sollen. Doch wird der Ananda weder kommen noch verweilen, solange dieser Teil nicht bekehrt ist, sondern auf seinem eigenen Weg der Befriedigung besteht.

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Es gibt viele Menschen, die nicht dem Glück nachjagen und es nicht für das wahre Ziel des Lebens halten. Es ist das physische Vital, welches das Glück sucht, das größere Vital hingegen ist bereit, es zu opfern, um seine Leidenschaften, sein Machtstreben, seinen Ehrgeiz, seine Ruhmsucht oder irgendein anderes Motiv zu befriedigen. Deine Behauptung, dass die eigentliche Ursache das Glücksgefühl ist, das durch die Macht, den Ruhm usw. entsteht, hat keine generelle Richtigkeit. Macht vermag alles andere zu geben, im allgemeinen aber nicht Glück – sie ist ihrer eigentlichen Natur nach nur mühsam und höchst schwierig zu erreichen, zu bewahren oder auszuüben; natürlich meine ich Macht im gewöhnlichen [nicht im yogischen] Sinn, Ein Mensch kann zwar wissen, dass er niemals in seinem Leben Ruhm erlangen wird, sich aber dennoch in der Hoffnung auf den Nachruhm einsetzen und ihm nachjagen. Er mag wissen, dass ihm die Befriedigung seiner Leidenschaft alles andere als Glück bringt – vielmehr Leiden, Qual, Verderben –, und dennoch wird er seinem Impuls folgen. Ebensowenig ist das Mental und größere Vital an die Suche nach dem Glück gebunden. Sie suchen viel eher die Wahrheit oder den Sieg einer guten Sache. Alles auf eine einzige, hedonistische Linie zu reduzieren, scheint mir eine recht armselige Psychologie zu sein. Weder die [menschliche] Natur noch der weite Spirit in den Dingen ist derart begrenzt und eingleisig.

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Die meisten Menschen tun Dinge, weil sie sie tun müssen, nicht wegen des Glücks, das sie in den Dingen finden. Nur in ihren Hobbys und Neigungen findet die [menschliche] Natur etwas Glück, meist aber nicht in der Arbeit – es sei denn, die Arbeit selbst entspricht einem Hobby oder einer Neigung und kann nach Wunsch aufgenommen oder niedergelegt werden.

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Das menschliche Dasein, so wie es normalerweise betrachtet wird, ist ein vitales Leben – „ein wenig höher als das des Tieres“ aufgrund einer gewissen mentalen Tätigkeit –, das auf den Tod hinausläuft. Und dennoch gibt es ein Streben nach etwas, das darüber hinausgeht – es wird aber von den Religionen aufgegriffen, die es in etwas für das Leben Sinnloses einengen, und die Dinge bleiben so wie sie sind. Über diese Beschränkung gelangen tatsächlich nur wenige hinaus.

Das „schließlich“1 ist in Wirklichkeit nur eine Ausflucht. Niemand kann über sein Menschsein hinauswachsen, solange er sich weigert, sein Ego zu opfern – denn „Menschsein“ bedeutet ein vitales, animalisches Ego, das durch ein wenig äußerliches Denken und Wissen mentalisiert ist. Solange dich das befriedigt, wirst du menschlich bleiben, „sogar hier“ oder anderswo.

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Natürlich leben die meisten Menschen in ihrem physischen Mental und Vital, mit Ausnahme einiger weniger Heiliger und einer verhältnismäßig großen Zahl Intellektueller. Das ist der Grund – wie man jetzt weiß –, weshalb die Menschheit in den letzten drei Jahrtausenden wenig Fortschritte gemacht hat, es sei denn an informativen Kenntnissen und materiellem Rüstzeug. Vielleicht gibt es etwas weniger Grausamkeit und Brutalität, mehr Flexibilität des Intellekts innerhalb der Elite, eine raschere Wandelbarkeit in den Formen – das ist alles.

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Die gegenwärtige Zeit ist sowohl schlechter als auch besser als die von Wordsworth – auf der einen Seite findet ein Sturz in die übelsten Teile der menschlichen Natur statt, ein Aufruhr der vitalen Kräfte; was aber andererseits durch ein stärkeres Suchen nach etwas Jenseitigem ausgeglichen wird, einem Suchen das mehr Licht und Wissen enthält.

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Der Mensch ist ein mentales Wesen und kann nicht vom Vital stammen, wenn auch ein Teil von ihm auf der vitalen Ebene leben mag oder, besser gesagt, damit in Verbindung steht. Die meisten Menschen leben tatsächlich sehr im Vital und bei der Ausübung der Sadhana finden sie sich daher zuerst auf der vitalen Ebene wieder, in Träumen, Erfahrungen usw. Wenn sich das Supramental öffnet, wird in jeden Menschen entsprechend seiner Bereitschaft etwas vom Supramental herabkommen und in ihm einen supramentalen Purusha formen. Das was er jetzt ist, kann dem, was er werden wird, keine Schranken setzen.

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Mit physischer Arbeit oder mit Studium beschäftigt zu sein, heißt nicht, im Vital zu leben – das sind nur physische und mentale Beschäftigungen. Im Vital zu leben ist ein psychologischer Zustand.

Die meisten Menschen leben im Vital. Das bedeutet, dass sie in ihren Wünschen, Wahrnehmungen, Emotionen und vitalen Vorstellungen leben und alles von diesem Standpunkt aus betrachten, erfahren und beurteilen. Es ist das Vital, wovon sie beherrscht werden, und das Mental ist sein Diener und nicht sein Herr. Auch im Yoga wird die Sadhana von vielen Menschen von dieser [vitalen] Ebene her ausgeübt, und ihre Erfahrungen sind voll vitaler Visionen, Gestaltungen, Geschehnisse aller Art, doch herrscht weder mentale Klarheit oder Ordnung, noch erheben sie sich über das Mental hinaus. Nur eine Minderheit von Menschen lebt im Mental oder in der Seele oder macht den Versuch, auf der spirituellen Ebene zu leben.

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Im gewöhnlichen Leben akzeptieren die Menschen vitale Regungen, wie Ärger, Begehren, Gier, Sex usw., als natürliche, zulässige und berechtigte Dinge, die gleichsam zur menschlichen Natur gehören. Nur insoweit die Gesellschaft sie missbilligt oder darauf besteht, dass sie innerhalb festgelegter Grenzen gehalten werden oder eine schickliche Zügelung erfahren und ein schickliches Maß nicht überschreiten, versuchen die Menschen, sie zu kontrollieren, damit sie der gesellschaftlichen Norm und Regel entsprechen. Im Gegensatz hierzu wird im Integralen Yoga wie im ganzen spirituellen Leben die Bewältigung und völlige Meisterung dieser Dinge gefordert. Das ist der Grund, weshalb der Kampf stärker empfunden wird; nicht etwa, weil sich diese Dinge in den Sadhaks stärker als in gewöhnlichen Menschen erheben würden, sondern wegen der Intensität des Kampfes zwischen dem spirituellen Mental, das Kontrolle fordert, und den vitalen Bewegungen, die rebellieren und im neuen Leben fortbestehen wollen, so wie sie es im alten taten. Was die Vorstellung anbelangt, dass die Sadhana alle Dinge dieser Art aufwühlt, so ist das nur insofern richtig, als es erstens vieles im gewöhnlichen Menschen gibt, dessen er sich nicht bewusst ist, weil das Vital es vor dem Mental verbirgt und sich daran ergötzt, ohne dass das Mental erkennt, welche Kraft dahintersteckt – auf diese Weise werden die Dinge, die unter dem Vorwand von Altruismus, Philanthropie, Dienst [an der Menschheit] usw. geschehen, in großem Umfang vom Ego geleitet, das sich hinter diesen Rechtfertigungen verbirgt; im Yoga aber muss das geheime Motiv hinter dem Schleier hervorgezogen und enthüllt werden, und man hat sich davon zu befreien. Zweitens, im gewöhnlichen Leben werden manche Dinge verdrängt und bleiben in der [menschlichen] Natur zurück, unterdrückt, aber nicht ausgemerzt; sie können sich jederzeit erheben oder in mannigfachen nervösen Formen oder anderen Störungen des Mentals, Vitals oder Körpers zum Ausdruck kommen, ohne dass ihre wahre Ursache ersichtlich ist. Diese Tatsache wurde kürzlich durch europäische Psychologen unter viel Aufhebens entdeckt und erfährt in einer neuen Wissenschaft, der sog. Psychoanalyse, eine übertriebene Bewertung. In der Sadhana hingegen muss man sich dieser unterdrückten Impulse bewusst werden und sie ausmerzen – das kann „Aufwühlen“ genannt werden, bedeutet aber nicht, dass sie durch das Aufwühlen aktiviert werden sollen; vielmehr sollen sie vor das Bewusstsein treten, um aus dem Wesen getilgt zu werden.

Die Ursache dafür, dass einige Menschen der Kontrolle fähig sind, während andere fortgerissen werden, liegt in einem unterschiedlichen Temperament. Einige Menschen sind sattwisch veranlagt, und es ist ihnen ein leichtes, sich zu kontrollieren – bis zu einem gewissen Grad jedenfalls; andere sind eher rajasisch und finden die Selbst-Kontrolle schwierig, häufig sogar unmöglich. Einige haben ein starkes Mental und einen ausgeprägten mentalen Willen, andere wiederum sind vitale Menschen, in denen die vitalen Leidenschaften kraftvoller und mehr an der Oberfläche sind. Einige halten die Kontrolle für überflüssig und lassen sich gehen. – In der Sadhana muss die mentale oder moralische Kontrolle durch spirituelle Meisterung ersetzt werden; denn diese mentale Kontrolle ist etwas Einseitiges – eine Kontrolle ohne Befreiung; nur die Seele und das Spirituelle können die Befreiung bewirken. In dieser Hinsicht ist das der hauptsächliche Unterschied zwischen dem gewöhnlichen und dem spirituellen Leben.

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Der Grund dafür, dass Menschen im gewöhnlichen Leben Ruhe und Selbst-Kontrolle bewahren, liegt in einem gesellschaftlichen Zwang, begleitet von einer gewissen gewohnheitsmäßigen mentalen Kontrolle, die aus diesem gesellschaftlichen Zwang hervorging – keinesfalls aber im [inneren] Frieden. Wenn der gesellschaftliche Zwang auch nur teilweise gelockert wird, lassen die Menschen sich gehen – so wie es kürzlich in Amerika und England geschah – und geben ihren vitalen Impulsen nach, statt sie zu kontrollieren; ausgenommen jene natürlich, die sich an die religiösen und moralischen Ideale der Vergangenheit halten, selbst wenn sie von der Gesellschaft allmählich fallen gelassen werden.

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Zwischen den höheren Teilen und dem niederen Vital besteht auch im gewöhnlichen Leben sehr häufig eine Kluft – im Yoga hat sie die Neigung, sich zu vertiefen, bis sich das niedere Vital wandelt; wenn wir aber die Mehrzahl der Menschen hier betrachten, können wir feststellen, dass diese Wandlung ganz außergewöhnlich schwierig ist.

II.

Gegenwärtig finden deine Erfahrungen auf der mentalen Ebene statt, aber das ist so in Ordnung. Viele Sadhaks sind zu einem Fortschritt unfähig, weil sie die vitale Ebene öffnen, bevor das Mental und die Seele dafür bereit sind. Nach einem gewissen Beginn echter spiritueller Erfahrungen auf der mentalen Ebene erfolgt eine vorzeitige Herabkunft [der Yoga-Kraft] in das Vital, die mit großer Verworrenheit und Störung verbunden ist. Davor muss man sich hüten. Noch schlimmer ist es, wenn die vitale Begierden-Seele sich der Erfahrung öffnet, bevor das Mental durch die Dinge des Spirits berührt wurde.

Strebe immer danach, dass das Mental und das seelische Wesen mit dem wahren Bewusstsein und der wahren Erfahrung erfüllt und bereitgemacht werden. Du musst besonders nach Ruhe streben, nach Frieden, nach einem stillen Glauben und einer immer größeren Weite, nach mehr und mehr Wissen, nach einer tiefen und intensiven, aber ruhigen Weihung.

Lass dich durch deine Umgebung und ihren Widerstand nicht stören. Solche Umstände werden einem zu Beginn oft als eine Art Prüfung auferlegt. Wenn du ruhig und unbeirrt bleiben und deine Sadhana fortsetzen kannst, ohne dich durch diese Umstände innerlich stören zu lassen, wird dir dies zu einer dringend benötigten Stärke verhelfen; denn der Pfad des Yoga ist immer mit inneren und äußeren Schwierigkeiten übersät, und der Sadhak muss eine ruhige, feste und solide Stärke entwickeln, um ihnen begegnen zu können.

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Früher fand deine Sadhana hauptsächlich auf der vitalen Ebene statt. Die Erfahrungen der vitalen Ebene sind für den Sadhak sehr fesselnd, sie sind aber vermischt, das heißt, dass nicht alle mit der höheren Wahrheit verbunden sind. Eine größere, reinere und festere Grundlage muss für die Sadhana geschaffen werden – die seelische Grundlage. Das ist der Grund, weshalb all die alten Erfahrungen aufhören. Das Herz muss zum Zentrum werden, du musst durch bhakti und Streben das seelische Wesen hervortreten lassen, um in eine enge Fühlungnahme mit der Göttlichen Shakti einzutreten. Wenn du hierzu fähig bist, wird deine Sadhana neu beginnen und ein besseres Ergebnis zeitigen.

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Es ist ganz offensichtlich, dass deine Sadhana bislang mental war; aus diesem Grund ist es dir auch leicht gefallen, dich am Scheitelpunkt des Hauptes zu konzentrieren – weil das dortige Zentrum unmittelbar den gesamten mentalen Bereich regiert. Das beruhigte Mental, das unter den Auswirkungen der Sadhana stand, besänftigte die vitale Störung, aber klärte und wandelte die vitale Natur nicht.

Nun scheint die Sadhana in das Vital herabzukommen, um es zu läutern und zu wandeln. Das erste Ergebnis ist, dass sich die Schwierigkeit des Vitals gezeigt hat – die widerwärtigen Bilder und alarmierenden Träume kommen von einer feindlichen vitalen Ebene, die sich der Sadhana widersetzt. Von dort stammt auch die erneute Unruhe, die Abneigung und der Widerstand gegen die Sadhana. Das bedeutet nicht die Rückkehr in den alten Zustand, sondern ist das Ergebnis eines Druckes der Yoga-Kraft auf das Vital, um das zu wandeln, was sich widersetzt.

Diese Herabkunft der Sadhana zur Befreiung des vitalen Wesens lässt dich die Notwendigkeit der Konzentration im Herz-Bereich fühlen; denn im Herz-Bereich ist das seelische Zentrum, während sich darunter, hinter dem Nabel, das vitale Zentrum befindet. Wenn diese beiden [Zentren] erweckt und von der Yoga-Kraft ergriffen werden können, wird die Seele (die Seelen-Macht) den vitalen Bereich lenken und die vitale Natur läutern, beruhigen und dem Göttlichen zuwenden. Es wird das beste sein, wenn du lernst, dich nach Wunsch in der Herz-Region oder am Scheitelpunkt des Hauptes zu konzentrieren, denn das verleiht der Sadhana eine vollständigere Macht.

Deine anderen Erfahrungen zeichnen den Beginn der Wandlung im Vital ab, zum Beispiel Friede mit dir selbst und mit jenen, von denen du annimmst, dass sie dir Unrecht getan hätten, Freude und Unabhängigkeit von allen weltlichen Sorgen, Wünschen und Bestrebungen. Auch diese [Erfahrungen] kamen mit dem beruhigten Mental, können aber nur dann gefestigt werden, wenn das Vital befreit und zur Ruhe gelangt ist.

Welche Schwierigkeiten oder Sorgen sich auch immer einstellen mögen, das einzige ist, ruhig weiterzugehen, in vollem Glauben an die Göttliche Macht und Führung, die stetig und immer mehr das ganze Wesen dem Wirken der Sadhana öffnen, bis alles bewusst wird und der erforderlichen Wandlung zustimmt.

III.

Dieses Schwanken wird durch etwas im widerstrebenden Teil (nicht in dem ganzen) ausgelöst, da ihm der Ruf nach Wandlung noch missfällt. Wenn irgendein vitales Element enttäuscht und unzufrieden ist, wenn es zur Wandlung aufgefordert oder gezwungen wird, aber dazu noch nicht willens ist, schafft das die Neigung einer Abwehr oder eines passiven Widerstandes im Vital und lässt das Physische dumpf und gleichgültig ohne vitalen Auftrieb zurück. Mit dem wachsenden seelischen Druck wird dieses Überbleibsel des Widerstandes verschwinden.

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Das Vital mag verstehen, doch ist das nicht genug; es muss aus ganzem Herzen den Frieden und die Umwandlung wünschen. Vermutlich ist ein großer Teil des Vitals unfähig, seine Haltung zu ändern und seine Launen aufzugeben oder seine Art und Weise, etwas zu empfangen; sonst könnten diese Depressionen nicht so akut sein. Es gibt keinen Grund, warum du nicht zum Frieden gelangen solltest – aber das muss sich ändern.

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Es scheint mir eine Art tamas oder Trägheit zu sein, die sich über das System herabsenkt. Das geschieht manchmal, wenn das Vital mit den Umständen oder dem Erreichten unzufrieden wird und die Mitarbeit verweigert oder passiven Widerstand leistet, indem es sich auf den Standpunkt stellt, „da ich nicht zufriedengestellt bin, werde ich an nichts Interesse zeigen oder dir in keiner Weise bei irgend etwas helfen“.

Der Grund dafür mag sein, dass ich dich aufforderte, das Meditieren einzustellen und zu warten. Das Vital mag nicht warten. Dir das zu sagen, war aber nötig im Hinblick auf das [von dir geschilderte] Brennen der Zentren, die Schlafstörungen und alles übrige – all das muss aufhören, bevor du auf die richtige Weise und mit Erfolg meditieren kannst. Wenn du jetzt überhaupt meditierst, sollte es nur in der Stille und im Frieden geschehen, mit einem sehr ruhigen Streben danach, dass die göttliche Stille, der göttliche Friede in dich herabkommen mögen.

Vielleicht ist die Ursache auch in deinem Hang nach Nirvana zu suchen. Denn das Verlangen nach Nirvana bringt leicht einen derartigen Zusammenbruch der Energien mit sich. Nirvana ist nicht das Ziel meines Yoga – doch sei es nun für Nirvana oder für diesen Yoga, Stille und Frieden im ganzen Wesen sind die unumgängliche Grundlage jeglicher siddhi.

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Ich habe dir immer geraten, weder das Dichten noch ähnliche Tätigkeiten einzustellen. Es ist falsch, das aus Asketizismus oder aus einer Idee der tapasya heraus zu tun. Man kann diese Dinge [Dichten usw.] eindämmen, wenn sie von selbst über einen kommen, weil man so von Erfahrungen absorbiert und derart am inneren Leben interessiert ist, dass man keine übrige Energie für irgendetwas Sonstiges hat. Selbst dann aber gibt es keine Regel, dass man sie aufzugeben hat; denn es besteht kein Grund, warum Dichten usw. nicht ein Teil der Sadhana sein sollte. Was aufgegeben werden muss, ist das Verlangen nach Beifall, nach Ruhm, die Ego-Reaktion; das aber ist möglich, ohne die Tätigkeit als solche aufzugeben. Dein Vital braucht eine Tätigkeit – die meisten Vitale brauchen das –, und es würde mürrisch, gleichgültig und mutlos werden oder aber bereit sein, in jedem Augenblick zu rebellieren und die Flinte ins Korn zu werfen, wenn man es dieses Ventils berauben würde, eines Ventils, das hilfreich sein kann und nicht schädlich zu sein braucht. Ohne den Aufstieg des Vitals ist es schwierig, die Sadhana auszuüben – es würde passiven Widerstand leisten oder mit grimmiger, wenn auch schweigender Missbilligung beobachten und in jedem Augenblick zu Zweifel und Leugnung bereit sein; oder es würde eine wilde Anstrengung machen, nur um wieder zurückzufallen und zu sagen: „Ich habe nichts erreicht“. Das Mental als solches vermag nicht viel auszurichten, es braucht die Unterstützung durch das Vital, und hierfür muss das Vital in einem frohen und fügsamen Zustand sein. Ihm ist die Freude des Erschaffens eigen, und schöpferische Tätigkeit ist spirituell nicht falsch. Warum verweigerst du deinem Vital diese Freude des Aus-sich-Herausgehens?

Ich hatte dir bereits angedeutet, dass fähig zu sein, auf die göttliche Gnade zu warten (nicht in tamasischer Haltung, sondern mit sattvischem Vertrauen), der beste Weg für dich sei. Auch das Gebet, aber nicht ein Gebet, das auf sofortiger Erfüllung beharrt, sondern ein Gebet, das als solches eine Gemeinschaft des Mentals und Herzens mit dem Göttlichen ist und an sich selbst Freude und Befriedigung findet, in vollem Vertrauen auf die Erfüllung durch das Göttliche zur rechten Zeit. Meditation? Ja, aber deine Meditation ist in ein falsches āsana geraten, dem eines übereifrigen und ungestümen Ringens, dem bittere Verzweiflung folgt. Es ist nutzlos, auf diese Weise fortzufahren. Es ist besser, die Meditation so lange zu unterlassen, bis du ein neues āsana gefunden hast. (Ich beziehe mich auf die alten Rishis [ṛṣi], die ein āsana bestimmten, das heißt einen Ort, an dem sie in einer festgelegten Körperhaltung unbeweglich saßen, bis sie die siddhi erlangt hatten; wurde aber das āsana durch falsche Kräfte, wie asuras, apsaras usw., erfolgreich gestört, gaben sie es auf und suchten ein neues.) Zudem fehlt deiner Meditation die Ruhe; du meditierst mit einem ringenden Mental, doch sind, und darin stimmen alle Yogis überein, Erfahrungen nur in einem ruhigen Mental möglich – das regungslose Wasser, das die Sonne auf die rechte Weise widerspiegelt, der Becher, der geleert werden muss, bevor der soma-rasa [der Saft des mystischen Weines soma] des Spirits hineingegossen werden kann. Bereite dein Mental und Herz vor, bis die Dinge in spontanem Fließen in sie hineinzuströmen beginnen.

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Ja, die Dürre tritt meist dann auf, wenn das Vital – hier sicherlich das vitale Physische – eine Bewegung, einen Zustand oder die Zurückweisung seiner Begierden missbilligt und passiven Widerstand zu leisten beginnt. Doch manchmal muss man einen derartigen Zustand auf sich nehmen, zum Beispiel die neutrale oder trockene Ruhe, die zuweilen eintritt, wenn man sich von den gewöhnlichen Bewegungen befreit hat, aber noch nichts Positives an ihre Stelle getreten ist (wie zum Beispiel Frieden, Freude, ein höheres Wissen oder eine höhere Kraft und Tätigkeit).

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Die übliche Frische, Energie und Begeisterung der Natur stammen vom Vital, entweder direkt, wenn es seine eigenen Instinkte und Impulse befriedigt, oder indirekt, wenn es mit den mentalen, physischen oder spirituellen Tätigkeiten zusammenwirkt oder ihnen zustimmt. Wenn das Vital grollt, herrschen Aufruhr und Kampf. Wenn das Vital zwar nicht länger auf seinen eigenen Impulsen und Instinkten besteht, aber die Mitarbeit verweigert, kommt entweder die Dürre auf oder es tritt ein neutraler Zustand ein. Die Dürre entsteht dann, wenn das Vital ruhig, doch auf passive Weise weder willens noch interessiert ist – der neutrale Zustand, wenn es weder zustimmt noch abgeneigt ist, einfach ruhig und passiv. Doch kann sich durch einen größeren Einfluss von oben der neutrale Zustand in positive Stille und Frieden verwandeln, der das Vital nicht nur ruhig, sondern mindestens auch passiv fügsam sein lässt. Mit dem aktiven Interesse, der aktiven Zustimmung des Vitals wird der Frieden ein glücklicher, freudiger Frieden oder ein starker Frieden, der die Tätigkeit oder aktive Erfahrung stützt und in sie eintritt.

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Wenn alles reibungslos verläuft, ist das Vital in Ordnung; nehmen die Schwierigkeiten aber zu, dann sackt es ab und wird gleichgültig. Wenn dagegen dem vitalen Ego ein Köder hingehalten wird, kann es enthusiastisch und aktiv werden.

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Es kam daher, weil das Vital sehr stark von seinen Begierden beherrscht wurde; und nun, nachdem es jetzt selbständig tätig ist und durch den mentalen Willen nicht kontrolliert wird, nörgelt und schreit es, wann immer seine Wünsche nicht befriedigt werden. Das ist die gewöhnliche Bewegung des menschlichen Vitals, sobald es vom mentalen Willen nicht gelenkt und auf seinen Platz verwiesen wird.

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Kein Zweifel, es war das Schweigen – die leichte Dürre muss die Reaktion im Physischen Vital gewesen sein, verursacht durch die Gleichgültigkeit gegenüber äußeren Dingen –, da das physische Vital sehr stark von diesem äußeren Interesse abhängig ist. Wenn es sich besser an die Stille gewöhnt hat, wird die Dürre verschwinden.

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Das Nervenwesen [Nervensystem] steht unter dem Einfluss der vitalen Kräfte; wenn sie geleugnet oder fortgedrängt werden, wird es verzagt und möchte sie zurückrufen – denn es ist daran gewöhnt, die Freude und Lebenskraft von den vitalen Bewegungen zu empfangen und nicht von der spirituellen oder göttlichen Kraft oben.

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Das Gefühl der Wüste entsteht durch den Widerstand des Vitals, welches will, dass das Leben vom Begehren beherrscht wird. Wenn dem nicht stattgegeben wird, betrachtet es das Dasein als eine Wüste und zwingt dem Mental diesen Eindruck auf.

Die Shakti im Herzen ist die seelische Kraft.

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Es ist bestimmt besser, wenn sich das Vital der wahren Bewegung überlässt, seine falschen Bewegungen zurückweist und nur um das Wachsen der Selbst-Verwirklichung, der seelischen Liebe und der Durchseelung der Natur bittet. Es ist aber möglich, sich selbst mit einem neutralen Vital [durch einen Einfluss] von oben von den wirksameren Formen des Widerstandes zu befreien.

IV.

Der fundamentale Defekt, das, was immer im Wege stand und jetzt auf extreme Weise im Vordergrund isoliert ist, hat seinen Sitz oder konzentriert sich zumindest gegenwärtig im niederen vitalen Wesen. Ich meine jenen Teil der vital-physischen Natur mit seinem kleinlichen und hartnäckigen Egoismus, der die äußere menschliche Persönlichkeit in Gang hält – das, was ihre Oberflächen-Gedanken stützt und ihre gewohnten Wege des Empfindens, der Verhaltensweise und der Tat beherrscht. Ich beziehe mich hier nicht auf die anderen Teile des Wesens und spreche nicht von etwas im höheren Mental, dem seelischen Selbst oder der höheren und größeren vitalen Natur; denn wenn sich das niedere Vital erhebt, werden jene in den Hintergrund gedrängt und zeitweilig sogar durch dieses niedere vitale Wesen und die äußere Persönlichkeit verdeckt. Was immer auch in den höheren [Wesens-] Teilen sein mag, das Streben nach der Wahrheit, die Weihung oder der Wille zur Überwindung der Hemmnisse und feindlichen Kräfte, es kann nicht das ganze Wesen erfassen, es kann nicht unvermischt und unverdorben bleiben oder anhaltend wirksam sein, solange das niedere Vital und die äußere Persönlichkeit das Licht nicht akzeptiert und der Wandlung nicht zugestimmt haben.

Es war unvermeidlich, dass im Verlauf der Sadhana diese niederen Teile der Natur hervortreten würden, damit sie, wie das übrige Wesen, die entscheidende Wahl träfen und die Umwandlung entweder annehmen oder ablehnen. Meine ganze Arbeit hängt von dieser Bewegung ab; es ist die ausschlaggebende Feuerprobe in diesem Yoga. Denn das physische Bewusstsein und das materielle Leben können sich nicht wandeln, wenn dies nicht gewandelt wird. Nichts von dem, was zuvor stattgefunden haben mag, keine innere Erleuchtung und Erfahrung, keine Macht des Anandas hat irgendeinen Wert, wenn das nicht geschehen ist. Wenn die kleine äußere Persönlichkeit darauf besteht, ihr dunkles und beschränktes, ihr kleinliches und unwürdiges, ihr selbstsüchtiges, falsches und dummes menschliches Bewusstsein beizubehalten, dann läuft das auf eine glatte Leugnung der Arbeit und Sadhana hinaus. Ich habe nicht die Absicht, einer Neuausgabe des alten Fiaskos, einem teilweisen und vorübergehenden spirituellen Sich-Öffnen im Inneren ohne die wahre und radikale Wandlung des Gesetzes der äußeren Natur zuzustimmen. Wenn sich also in der Praxis ein Sadhak weigert, dieser Wandlung zuzustimmen, oder wenn er sich gar weigert, dem Erfordernis irgendeiner Wandlung seines niederen vitalen Wesens und seiner gewöhnlichen, äußeren Persönlichkeit zuzustimmen, muss ich mit Recht annehmen, dass er – welcher Art auch immer seine Beteuerungen sein mögen – weder mich noch meinen Yoga akzeptiert hat.

Ich bin mir durchaus bewusst, dass diese Wandlung nicht einfach ist, der dynamische Wille hierfür kommt nicht auf einmal, und es ist schwierig, ihn zu bewahren, und selbst zu einem späteren Zeitpunkt fühlt sich der Sadhak oft hilflos gegenüber der Macht der Gewohnheit. Da uns dies bekannt ist, beweisen die Mutter und ich hinreichende Geduld – und tun es weiterhin –, um dem wahren Spirit Zeit zu lassen, hervortreten, Form annehmen und erfolgreich im äußeren Wesen jener Menschen, die um uns sind, wirken zu können. Wenn aber in irgendjemanden dieser Teil nicht nur widerspenstig, anmaßend oder aggressiv wird, sondern vom Mental und Willen sogar unterstützt und gerechtfertigt wird, und wenn er versucht, sich in der Atmosphäre auszubreiten, ist das eine andere und sehr ernste Sache.

Die Schwierigkeit im niederen vitalen Wesen ist die, dass es noch an sein altes Selbst gekettet ist und gegen das Licht rebelliert; es hat sich weder einer größeren Wahrheit noch mir oder der Mutter überantwortet und hat bislang auch keine derartige Absicht und kaum eine Vorstellung davon, was wahre Überantwortung ist. Wenn das niedere Vital diese Haltung einnimmt, geht es davon aus, die alte Persönlichkeit sowie die vergangenen Ausdrucksformen der niederen Natur zu unterstützen. Nach jeder Niederlage bestärkt es sie [erneut], holt sie zurück und verficht sein Recht auf Freiheit – die Freiheit, seine unreifen und egoistischen Ideen, Begierden, Launen, Impulse oder Annehmlichkeiten zu bejahen und ihnen zu folgen, wann es will. Es beansprucht im geheimen oder mit vielen Worten das Recht, seiner Natur zu folgen – seiner menschlichen, ungeläuterten Natur –, das Recht darauf, es selbst zu sein, und zwar sein natürliches, ursprüngliches, ungewandeltes Selbst mit all der Falschheit, Unwissenheit und Widersprüchlichkeit, wie sie diesem Teil des Wesens eigen sind. Und es erhebt – wenn nicht in der Theorie, so in der Praxis – den Anspruch auf das Recht, all diesen unreinen und minderwertigen Stoff in Rede, Tat und Verhalten auszudrücken. Es verteidigt, beschönigt, es stellt die Dinge auf bestechende Weise dar und versucht, die früheren, gewohnten Wege des Denkens, Sprechens und Fühlens unbegrenzt aufrecht zu erhalten und die Entstellungen und Verformungen des Charakters zu verewigen. Dies geschieht manchmal durch offene Anmaßung und Rebellion, indem es alles, was dagegen getan oder gesagt wird, als Irrtum, Unterdrückung oder Ungerechtigkeit brandmarkt – manchmal hinter einem Schleier der Selbsttäuschung oder einer Maske der Heuchelei, indem es sich zu einer Sache bekennt, aber eine andere praktiziert. Oft versucht es, sich selbst zu überreden und andere zu überzeugen, dass all das die einzig vernünftige und richtige Handlungsweise für sich und andere oder sogar ein Teil der wahren Yoga-Bewegung sei.

Wenn man diesem niederen vitalen Wesen erlaubt, die Handlungsweise zu beeinflussen, wie es geschieht, wenn der Sadhak irgendwie seine Einflüsse billigt, wird sein Verhalten – ob verhüllt oder zutage tretend – einen beträchtlichen Teil seiner Rede und Handlungsweise diktieren, und er wird keinen ernsthaften Widerstand dagegen leisten. Wenn er sich selbst und der Mutter gegenüber ehrlich ist, wird er die Quelle und Natur des Hemmnisses zu erkennen beginnen und bald den direkten Weg zu seiner Richtigstellung und Wandlung einschlagen. Solange er aber unter dem feindlichen Einfluss steht, weigert er sich hartnäckig dies zu tun; er zieht es vor, diese Bewegung unter jeder Art von Verschleierung, Leugnung, Rechtfertigung, Entschuldigung oder anderen Ausflüchten zu verbergen.

In der [ menschlichen] Natur nimmt der Widerstand gewisse charakteristische Formen an, welche die Verwirrung und auch die Schwierigkeit der Umwandlung vergrößern. Es ist notwendig, einige dieser Formen in groben Zügen darzustellen, da sie recht allgemein in Erscheinung treten – bei den einen mehr, bei den anderen weniger –, um sie scharf und klar zu enthüllen.

1. Eine gewisse Eitelkeit, Arroganz und ein anmaßender rajasischer Ungestüm in diesem kleinen vitalen Wesen bei solchen Menschen, die in diesen Teilen ausgesprochen stark sind, die Deformierung der vitalen Kraft sowie der Veranlagung des Führens und Herrschens, die ihnen durch bestimmte Fähigkeiten im höheren Vital verliehen wurden. Dies wird begleitet von einem übermäßigen amour-propre [Selbstbewusstsein], durch den das Bedürfnis entsteht, sich ins rechte Licht zu setzen und unter allen Umständen eine Stellung und ein Prestige aufrechtzuerhalten, sich sogar vor anderen in Positur zu werfen und sie zu beeinflussen, zu kontrollieren oder ihnen „zu helfen“, sowie die Rolle eines überlegenen Sadhaks mit größerem Wissen und okkulten Kräften zu spielen. Selbst das größere vitale Wesen muss seine Mächte und Fähigkeiten der Göttlichen Shakti überantworten, von der sie stammen, und darf sie nur als Instrumente der Mutter und ihren Anweisungen gemäß gebrauchen; wenn es sich mit den Forderungen seines Egos einmischt und sich zwischen die Mutter und die Arbeit stellt oder zwischen sie und andere Sadhaks, weicht es, welcher Art auch immer seine natürliche Macht sein mag, vom wahren Weg ab, verdirbt die Arbeit, öffnet sich feindlichen Kräften und falschen Bewegungen und schadet jenen, denen es zu helfen vermeint. Wenn nun diese Dinge auf die Kleinheit der niederen vitalen Natur und die äußere Persönlichkeit übertragen werden und niedrigere, kleinlichere Formen annehmen, werden sie gegenüber der [Göttlichen] Wahrheit noch falscher, widersinniger und absurder und können gleichzeitig, obwohl in kleinerem Ausmaß, auf schlimme Weise schädlich sein. Es ist der sicherste Weg, die feindlichen Kräfte in die allgemeine Arbeit eindringen zu lassen oder die eigene Sadhana zu verfälschen oder sie dem Einfluss dieser Kräfte auszusetzen. In kleinerem Umfang bestehen diese Mängel der Eitelkeit, Anmaßung und rajasischen Heftigkeit in den meisten menschlichen Naturen. Sie nehmen andere Formen an, sind aber auch dann ein großes Hindernis für jegliche wahre spirituelle Wandlung.

2. Ungehorsam und Disziplinlosigkeit. Dieser niedere Teil des Wesens ist immer ziellos, unberechenbar, selbst-anmaßend und nicht willens, die Auferlegung irgendeiner Ordnung und Disziplin, die von seinen eigenen Vorstellungen oder Impulsen abweichen, anzunehmen. Schon von Anfang an hemmen seine Mängel die Bemühungen des höheren Vitals, der Natur eine wahrhaft regenerierende tapasya aufzuerlegen. Diese Gewohnheit des Ungehorsams und der Missachtung der Disziplin ist so stark, dass sie nicht immer absichtlich zu sein braucht; die Reaktion darauf scheint intuitiv, unwiderstehlich und instinktiv zu sein. So kommt es, dass der Mutter wiederholt Gehorsam versprochen oder vorgetäuscht wird, die Handlungsweise oder der eingeschlagene Weg aber häufig das genaue Gegenteil der Beteuerung oder des Versprechens ist. Diese anhaltende Disziplinlosigkeit ist ein fundamentales Hindernis für die Sadhana und das denkbar schlechteste Beispiel für andere.

3. Heuchelei und Falschheit in der Rede. Das ist eine außergewöhnlich schädliche Gewohnheit der niederen Natur. Diejenigen, die nicht freimütig sind, können von der Hilfe der Mutter nicht profitieren, denn sie weisen diese selbst zurück. Wenn sie sich nicht ändern, besteht keine Hoffnung auf die Herabkunft des supramentalen Lichtes und der supramentalen Wahrheit in das niedere Vital und die physische Natur; sie bleiben in ihrem eigenen, selbstgeschaffenen Schlamm stecken und können nicht weiterkommen. Und oft wird die echte Wahrheit, die sich im Sadhak abzeichnet, nicht nur durch reine Übertreibung oder falschen Gebrauch der Einbildungskraft ausgeschmückt, sondern auch durch eine regelrechte Leugnung und Verstellung sowie eine verfälschende Verschleierung der Tatsachen. Manchmal geschieht es, um Ungehorsam oder eine falsche oder fragwürdige Handlungsweise zu verdecken, manchmal, um seine Stellung gegenüber anderen aufrechtzuerhalten und seine eigene Auffassung durchzusetzen oder seinen bevorzugten Gewohnheiten oder Wünschen nachzugeben. Durch diese Art vitaler Gewohnheit wird sein [des Sadhaks] Bewusstsein sehr häufig getrübt und er erkennt nicht einmal die Falschheit dessen, was er sagt oder tut; doch für vieles, was er sagt und tut, ist es ganz unmöglich, ihm selbst diese schwache Entschuldigung zuzubilligen.

4. Eine gefährliche Gewohnheit fortwährender Selbst-Rechtfertigung. Wenn das im Sadhak die Oberhand gewinnt, ist es unmöglich, ihn in diesem Teil seines Wesens auf das rechte Bewusstsein und die rechte Tat hinzulenken, da bei jedem Schritt sein einziges Anliegen darin besteht, sich selbst zu rechtfertigen. Sein Mental stürmt sofort los, um seine eigene Idee, Haltung und Handlungsweise zu verfechten. Und er ist bereit, hierfür jedes nur erdenkliche Argument geltend zu machen, manchmal das unbeholfenste, lächerlichste oder widerspruchsvollste, das ihm gerade zuvor als Gegenargument diente – wenn nötig unter Zuhilfenahme falscher Darstellungen und Einfälle. Dieser Missbrauch ist allgemein, aber nichtsdestoweniger ein Missbrauch des denkenden Mentals; es nimmt im Sadhak aber ungewöhnliche Ausmaße an, und solange er daran festhält, ist es ihm unmöglich, die Wahrheit zu sehen oder in ihr zu leben.

Welcher Art auch immer die Schwierigkeiten der Natur sind, wie lange und schmerzhaft der Prozess der Auseinandersetzung mit ihnen auch sein mag, der Wahrheit können diese Dinge letzten Endes nicht widerstehen, wenn in den Teilen des Wesens der echte Spirit, die echte Haltung und das echte Bemühen herrschen oder sich einstellen. Wenn aber ein Sadhak aus Eigenliebe oder Eigenwillen oder aus tamasischer Trägheit damit fortfährt, seine Augen gegenüber dem Licht zu verschließen oder sein Herz dagegen zu verhärten, vermag ihm niemand zu helfen, solange er in dieser Einstellung verharrt. Für die göttliche Wandlung ist die Zustimmung des ganzen Wesens notwendig, und die Vollständigkeit und Fülle dieser Zustimmung machen die integrale Überantwortung aus. Doch darf die Zustimmung des niederen Vitals nicht nur ein mentales Bekenntnis oder eine vorübergehende emotionale Einwilligung sein; sie muss sich in einer immerwährenden Einstellung und einer beharrlichen und konsequenten Handlungsweise ausdrücken.

Dieser Yoga kann bis zum Ende nur von jenen getan werden, denen es völlig ernst damit ist und die bereit sind, ihr kleines menschliches Ego samt seinen Ansprüchen auszulöschen, um sich im Göttlichen zu finden. Er kann nicht in einer Haltung der Leichtfertigkeit oder Lässigkeit getan werden – dazu ist die Arbeit zu hoch und zu schwierig, sind die Widersachermächte in der niederen Natur nur allzubereit, die geringste Zustimmung oder die kleinste Öffnung auszunützen und sind das Streben und die tapasya, die gebraucht werden, viel zu langwierig und intensiv. Er kann nicht getan werden, wenn die Ideen des menschlichen Mentals ungeduldig geltend gemacht werden oder den Forderungen, Instinkten und Ansprüchen des niedrigsten Teils des Wesens – im allgemeinen unter dem Begriff „die menschliche Natur“ gerechtfertigt – vorsätzlich nachgegeben wird. Er kann nicht getan werden, wenn du darauf beharrst, diese niedersten Dinge der [Welt der] Unwissenheit mit der Göttlichen Wahrheit oder selbst mit der geringeren Wahrheit, die auf dem [Yoga-] Weg noch zulässig ist, zu identifizieren. Er kann nicht getan werden, wenn du dich an dein vergangenes Selbst und seine alten mentalen, vitalen und physischen Prägungen und Gewohnheiten klammerst; man muss fortwährend seine vergangenen Selbste zurücklassen und von einer immer höheren und höheren bewussten Ebene her sehen, handeln und leben. Er kann nicht getan werden, wenn du für dein menschliches Mental und vitales Ego auf „Freiheit“ bestehst. Solange er [der Mensch] das gewöhnliche Leben führt, dürfen sich, wenn er will, alle Teile des menschlichen Wesens in ihrer Weise und auf eigene Gefahr ausdrücken und zufriedenstellen. Doch einen Yoga-Pfad zu betreten, dessen ganzes Ziel es ist, diese menschlichen Dinge durch das Gesetz und die Macht einer größeren Wahrheit zu ersetzen, dessen Methode in ihrem Kern aus der Überantwortung an die Göttliche Shakti besteht, und dennoch fortzufahren, diese sogenannte Freiheit zu fordern, die nur darin besteht, sich bestimmten kosmischen Kräften auszuliefern, heißt, einem krassen Widerspruch zu frönen und das Recht zu fordern, ein doppeltes Leben zu führen.

Am allerwenigsten aber kann dieser Yoga getan werden, wenn jene, die vorgeben, seine Sadhaks zu sein, sich weiterhin zu Zentren, Instrumenten oder Wortführern der Kräfte der Unwissenheit machen, die sich seinem eigentlichen Prinzip und Ziel widersetzen und es verneinen und lächerlich machen. Auf der einen Seite steht die supramentale Verwirklichung, die alles überschattende herabkommende Macht des supramentalen Göttlichen, das Licht und die Kraft einer weit größeren Wahrheit als sie bislang auf Erden verwirklicht wurde, und daher etwas jenseits dessen, was das kleine menschliche Mental mit seiner Logik als die einzig dauernden Wirklichkeiten betrachtet, etwas, dessen Natur und Weg und Entwicklungsvorgang es hier [auf Erden] mit seinen unzulänglichen Instrumenten weder erfassen noch wahrnehmen oder an seinen unreifen Maßstäben messen kann; trotz allen Widerstandes drängt es herab zur Manifestation im physischen Bewusstsein und stofflichen Leben. Auf der anderen Seite steht diese niedere vitale Natur mit all ihrer hochtrabenden Arroganz, Unwissenheit, Dunkelheit, Stumpfheit oder beschränkten Turbulenz, die um ihr eigenes Fortbestehen und gegen die [Göttliche] Herabkunft kämpft, die sich weigert, an irgendeine echte Realität oder wahre Möglichkeit eines supramentalen oder übermenschlichen Bewusstseins und einer ebensolchen Schöpfung zu glauben; oder sie fordert, was noch absurder ist, dass sich diese Dinge, falls es sie überhaupt gibt ihren eigenen kleinen Normen angleichen, und ergreift gierig alles, was das Gegenteil zu beweisen scheint, leugnet die Gegenwart des Göttlichen – wohl wissend, dass ohne jene Gegenwart die Arbeit unmöglich ist –, um laut ihre eigenen Gedanken, Urteile, Wünsche und Instinkte hervorzuheben, und rächt sich, wenn diesen widersprochen wird, indem sie Zweifel, Leugnung, entmutigende Kritik, Aufruhr und Verwirrung verbreitet. Zwischen diesen beiden Dingen wird gegenwärtig jeder zu wählen haben.

Denn dieser Widerstand, dieses fruchtlose Hemmen und Blockieren der Herabkunft der göttlichen Wahrheit kann nicht immerfort währen. Jeder hat sich letzten Endes für die eine oder die andere Seite zu entscheiden, für die Seite der Wahrheit oder gegen sie. Die supramentale Verwirklichung kann nicht gleichzeitig neben der Beharrlichkeit der niederen Unwissenheit bestehen; sie ist unvereinbar mit einer fortwährenden Befriedigung in einer gespaltenen Natur.

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Für diese Art Kampf kann es nur eine „Lösung“ geben – nämlich solche Gefühle als das zu erkennen, was sie in Wirklichkeit sind: ungeläuterte Bewegungen der alten vitalen Natur –, und diese vitalen Suggestionen als Suggestionen der feindlichen Kräfte zurückzuweisen, deren Absicht es ist, dich vom geraden Pfad abzudrängen. Wenn das Mental des Sadhaks diese vitalen Bewegungen stützt, wenn irgendein Teil seiner Natur sie akzeptiert und daran festhält, kann er, solange er dem stattgibt, dem Kampf nicht entrinnen.

All diese Suggestionen sind etwas durchaus Gewohntes und sowohl in ihrem Ausdruck als auch in ihrer Substanz immer gleich. Auch die Reaktionen darauf sind immer dieselben, und an ihrer bloßen Natur vermag man die Quelle, von der sie stammen, zu erkennen – Enttäuschung eines unbefriedigten Verlangens, Verzweiflung, Unzufriedenheit, Unglücksseligkeit, das Gefühl von Groll und Ungerechtigkeit, Rebellion, ein Absacken in tamas und Trägheit (weil das vitale Wesen, wenn seinen egoistischen Forderungen nicht entsprochen wird, die Teilnahme an der spirituellen Bemühung verweigert), Dürre, Dumpfheit, Beendigung der Sadhana. Sogar die Redewendungen wiederholen sich: „keine Bewegung in diesem Leben“, „Erstickung“, „Begrenzung“, „luftdicht abgeschlossen“; und all dies bedeutet ganz einfach, dass sich die niedere vitale Natur – oder ein Teil davon – in Aufruhr befindet und dass sie etwas anderes als die göttliche Wahrheit und die tapasya will, die zur supramentalen Umwandlung führen. Es weigert sich, Ego und Begehren, Forderung und Verlangen aufzugeben oder die wahre Selbsthingabe, die wahre Überantwortung zu akzeptieren, während es dennoch den Druck fühlt, sich in ein Instrument des göttlichen Lebens zu wandeln. Diesen Druck nennt es Erstickung. Wenn ihm verweigert wird, dass es seine Wünsche ausbreitet und sich volle Bewegungsfreiheit schafft, bezeichnet es das als Begrenzung des Wesens. Die Stille, Reinheit und das gesammelte Schweigen, welche die Grundlage der tapasya für die supramentale Wandlung sind, brandmarkt es als „kein Leben“. Rechte Verhaltensregeln und das Beharren auf Selbst-Verleugnung und Selbst-Meisterung sowie die Zügelung des Forderns und Begehrens sind das, was es „luftdicht abgeschlossen“ nennt. Die schlimmsten Suggestionen und gefährlichsten Irreführungen aber finden statt, wenn sich dieser Geist des Forderns und Wünschens in ein spirituelles Gewand hüllt und eine Form annimmt, die den Sadhak glauben lässt, dass sie zum Yoga gehören würde.

Aus dieser Zermürbung durch die niedere vitale Natur gibt es nur einen einzigen Ausweg: Jegliches egoistische vitale Fordern, Beanspruchen und Begehren vollständig zurückzuweisen und das unbefriedigte vitale Drängen durch die Reinheit des seelischen Strebens zu ersetzen. Weder die Befriedigung dieses vitalen Tumultes noch ein asketisches Sich-Zurückziehen ist die wahre Lösung, sondern dass sich das vitale Wesen dem Göttlichen überantwortet und zielstrebig der höchsten Wahrheit weiht, die von Begehren und Verlangen nicht berührt werden kann. Denn das Wesen der höchsten Wahrheit ist Licht und Ananda, und wo Begehren und Verlangen herrschen, kann es keinen Ananda geben.

Nicht vitales Fordern, sondern allein das seelische Drängen kann die Natur auf die supramentale Umwandlung hinführen; denn nur sie kann das Mental und Vital ändern und ihren ihre eigene wahre Bewegung zeigen. Fortwährend jedoch wird vitales Fordern mit seelischem Streben verwechselt, obwohl der Unterschied deutlich ist. Im seelischen Streben gibt es diese Reaktionen nicht, keinen Aufruhr und keine Rechtfertigung des Aufruhrs; denn die Seele strebt durch die innere Einung mit dem Göttlichen und durch Hingabe. Sie stellt weder in Frage noch fordert sie heraus, sie sucht vielmehr das Verstehen durch Einssein mit dem Göttlichen Willen. Sie verlangt nicht nach armseliger persönlicher Befriedigung, sondern findet ihre Befriedigung, wenn die Wahrheit im Inneren des [menschlichen] Wesens wächst; was sie sucht und findet, ist nicht Nachsicht gegenüber einer vitalen und physischen Forderung, sondern die wahre Nähe, die aus der immerwährenden Gegenwart des Göttlichen im Herzen sowie der Herrschaft des Göttlichen in der ganzen menschlichen Natur besteht. Der Ruf der Seele lautet immer: „Lass die Wahrheit siegen, lass deinen Willen und nicht den meinen geschehen“. Das Toben des Vitals steht hierzu aber im krassen Gegensatz. Es fordert das Göttliche auf: „Lass meinen Willen mit dem Deinen übereinstimmen, beuge Dich meinem Drängen, befriedige meine Wünsche, denn erst dann werde ich dich suchen und anerkennen und mich bereit erklären, das Göttliche in dir zu sehen.“ Es erübrigt sich wohl festzustellen, welches der Weg der Wahrheit ist oder der beste Ausweg aus jedem Kampf in der [menschlichen] Natur.

Die einzige Schöpfung, die hier irgendeinen Platz hat, ist die supramentale, das Herabbringen der göttlichen Wahrheit auf die Erde, nicht nur in das Mental und Vital, sondern auch in den Körper und die Materie. Unser Ziel ist nicht, alle „Beschränkungen“ zu beseitigen, damit sich das Ego ausbreiten kann, oder der Erfüllung der Ideen des menschlichen Mentals oder den Begierden der egozentrischen Lebenskraft freien Lauf zu lassen oder unbeschränkten Spielraum zu schaffen. Keiner von uns ist hier, um das zu tun, „was uns gefällt“, oder eine Welt zu erschaffen, in der wir am Ende in der Lage sein würden, das zu tun, was uns gefällt; wir sind hier, um das zu tun, was das Göttliche will, und eine Welt zu erschaffen, in welcher der Göttliche Wille seine Wahrheit manifestieren kann, die nicht länger mehr durch menschliche Unwissenheit deformiert oder durch vitales Begehren entstellt und falsch gedeutet wird. Die Arbeit, die der Sadhak des supramentalen Yoga zu leisten hat, ist nicht seine eigene Arbeit, für die er seine eigenen Bedingungen festlegen kann, sondern die Arbeit des Göttlichen, die er gemäß den Bedingungen zu verrichten hat, die vom Göttlichen festgelegt wurden. Unser Yoga wird nicht unsertwillen ausgeübt, sondern um des Göttlichen willen. Nicht unsere eigene persönliche Offenbarung haben wir zu suchen, die Offenbarung des individuellen Egos, von allen Schranken und Banden befreit, sondern die Offenbarung des Göttlichen. Aus dieser Offenbarung muss unsere eigene spirituelle Befreiung, Vollendung und Vollkommenheit hervorgehen und ein Teil davon sein, aber nicht in einem egoistischen Sinn oder für einen egozentrischen oder selbstsüchtigen Zweck. Auch darf diese Befreiung, Vollendung und Fülle nicht um unsertwillen, sondern sie muss um des Göttlichen willen gesucht werden. Ich hebe diesen Wesenszug der [supramentalen] Schöpfung hervor, weil ein fortwährendes Vergessen dieser einfachen und zentralen Wahrheit, eine bewusste, halb-bewusste oder völlig unwissende Verwirrung darüber die Ursache der meisten vitalen Aufsässigkeiten war, die manche individuelle Sadhana hier verdorben und den Fortschritt in der allgemeinen inneren Arbeit sowie die spirituelle Atmosphäre gestört hat.

Die supramentale Schöpfung darf sich, da sie eine Schöpfung auf Erden sein soll, nicht nur auf eine innere Wandlung beziehen, sie muss auch eine physische und äußere Manifestation sein. Und gerade für diesen Teil der Arbeit, den schwierigsten von allem, ist die Hingabe am allernötigsten; allein deshalb, weil es sich um die tatsächliche Herabkunft des supramentalen Göttlichen in die Materie und das Wirken der Göttlichen Gegenwart und Macht dort handelt, ist die physische und äußere Wandlung überhaupt möglich. Selbst der machtvollste Einsatz menschlichen Willens und Bestrebens ist außerstande, sie herbeizuführen; und was die egoistische Beharrlichkeit und den vitalen Aufruhr anbelangt, bilden sie, solange sie bestehen, unüberwindliche Hindernisse für die Herabkunft. Allein ein stilles, reines und hingegebenes Bewusstsein, voll von seelischem Streben, kann ihr [der supramentalen Schöpfung] Wirkungsbereich sein; denn nur hierdurch kann ein wirksames Sich-Öffnen des stofflichen Wesens gegenüber dem Licht und der Macht herbeigeführt und die supramentale Wandlung zu einer wirklichen und durchführbaren Sache gemacht werden. Zu diesem Zweck sind wir hier im Körper, und aus diesem Grund bist du und sind andere Sadhaks hier im Ashram in unserer unmittelbaren Nähe. Du kannst aber nicht, indem du auf kleinlichen Forderungen und Befriedigungen im Äußerlichen oder auf einer äußeren Nähe [zur Mutter] bestehst – was der vitalen Natur, ihrem Stolz und Verlangen schmeichelt – auf diesem Gebiet die echte Beziehung zum Göttlichen erlangen. Wenn du die Verwirklichung dort willst, musst du die wahre Nähe suchen, die Herabkunft der Mutter in dein physisches Bewusstsein und ihre Gegenwart dort, den fortwährenden inneren Kontakt mit ihr im physischen Wesen und in seinen Tätigkeiten, ihren Willen, ihr Wissen hinter all seiner Arbeit, seinem Denken und seiner Bewegung, sowie den fortwährenden Ananda jener Gegenwart, der alles vitale und physische Getrenntsein, Sehnen und Begehren auslöscht. Wenn du das erlangt hast, wirst du jede erdenkliche Nähe haben, um die du bittest, und kannst das übrige zur Entscheidung getrost dem Willen und Wissen der Mutter überlassen. Denn wenn das in dir ist, gibt es kein Gefühl des Fernseins, keine Empfindung einer Kluft oder Trennung, keine Klage über ein fehlendes Einssein, eine leere Dürre oder die Verweigerung ihrer Nähe.

Es kommt eine Zeit, in der sich nach langer Vorbereitung des Mentals und vitalen Wesens die Notwendigkeit ergibt, auch die physische Natur zu öffnen. Wenn das aber geschieht, entfällt sehr oft der Zustand der vitalen Erhebung – die sehr groß sein kann, wenn die Erfahrung auf ihrer eigenen [vitalen] Ebene stattfindet – und das dunkle, hemmende physische und grobstoffliche Bewusstsein tritt in seiner ganzen Trägheit zutage. Trägheit, tamas, Dummheit, Enge und Begrenztheit, Unfähigkeit zum Fortschritt, Zweifel, Dumpfheit, Trockenheit, ein fortwährendes Vergessen der zuteil gewordenen spirituellen Erfahrungen sind die Merkmale einer ungeläuterten physischen Natur, wenn sie weder vom Vital angetrieben noch vom höheren mentalen Willen und Verstand unterstützt wird. Das scheint teilweise das zu sein, was vorübergehend in dir geschah; der Ausweg aber besteht nicht darin, das Physische durch irgendeinen vitalen Aufruhr und Ausbruch zu erregen oder für deinen Zustand die Umstände oder die Mutter verantwortlich zu machen – denn das würde die Dinge nur verschlimmern und tamas, Dürre, Dumpfheit und Trägheit fördern –, sondern zu erkennen, dass es sich hier um ein Element der universalen Natur handelt, das sich in der deinen widerspiegelt und von dir ausgemerzt werden muss. Das aber kann nur durch eine immer größere Hingabe, ein immer größeres Streben geschehen, und indem man auf diese Weise von jenseits des Vitals und Mentals den Frieden, das Licht, die Macht und die Gegenwart des Göttlichen hereinbringt. Das ist der einzige Weg zur Umwandlung und Vollendung der physischen Natur.

Ich glaube nicht, dass ich nach dem Obigen noch etwas über die besonderen in deinem Brief erwähnten Klagen hinzuzufügen brauche. Vielleicht sollten zwei Dinge klargestellt werden. Erstens, die Anordnungen, die bezüglich der Arbeit, der äußerlichen Forderungen, bezüglich Briefwechsel und „Umgang“ mit Menschen augenblicklich bestehen, sind die einzig praktikablen unter den gegenwärtigen Umständen, wenn die schwere Arbeit, die die Mutter zu verrichten hat, physisch überhaupt möglich sein soll. Als nächstes, gerade die schweigende Tätigkeit ist es, durch die wir am besten unsere Arbeit leisten können, viel besser als durch Reden oder Schreiben, die nur untergeordnete und zweitrangige Tätigkeiten sein können. Denn in diesem Yoga werden jene den größten Erfolg haben, die zu gehorchen und dem geschriebenen und gesprochenen Wort zu folgen wissen, die aber auch das Schweigen ertragen können und darin (ohne auf andere Stimmen zu hören oder mentale und vitale Suggestionen und Impulse mit der göttlichen Wahrheit und dem göttlichen Willen zu verwechseln) Hilfe, Stärkung und Führung fühlen und empfangen.

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In deinem Brief schreibst du, dass du sehr müde seist, dass Rastlosigkeit und tamas im Physischen vorherrschen würden, dass fortwährend ein mehr oder weniger intensiver Kampf stattfände zwischen dem seelischen Wesen und der physischen Natur. Nun, genau das war dein Zustand in den letzten Monaten hier. Dann wolltest du abreisen, weil der Druck [der Yoga-Kraft] zu groß war, weil der Kampf mit der rastlosen und tamasischen Natur und dem asurischen Einfluss zu hart war und kein Ende nahm, weil du dich sehr müde fühltest und das Bedürfnis hattest fortzugehen, um auszuruhen, eine Atempause einzulegen und dich zu erholen.

Und nun willst du in dem gleichen Zustand zurückkommen? Der Druck wird noch größer sein als zuvor und der Kampf andauern; aller Wahrscheinlichkeit nach wirst du noch müder und deprimierter sein als du warst. Dabei wird dies für dich schwerer zu ertragen sein, weil deine persönliche Stellung hier eine gänzlich andere wäre. Du wirst keinen besonderen Aufenthaltsort haben, keine dir übertragene Autorität, keine dir anvertraute Arbeit; du wirst der Mutter nicht nahe sein, sondern ihr fern, zusammen mit den anderen. Keine Nachsicht wird deiner asurischen Natur gegenüber eingeräumt werden, die ein unerträgliches Hemmnis für die Arbeit, dich selbst und für andere gefährlich geworden war. Es liegt auf der Hand, dass du die Bedingungen unzumutbar finden würdest, es sei denn, du hättest dich in der Zwischenzeit einer grundlegenden Wandlung unterzogen. Deshalb darfst du nicht darum bitten herzukommen, solange du nicht eine dauerhafte Ruhe, einen dauerhaften Frieden sowohl in dir als auch in deiner äußeren Atmosphäre errichtet hast.

Wo immer du auch bist, wir werden stets deinem seelischen Wesen nahe und bereit sein, ihm zum Sieg zu verhelfen. So wie jetzt die Dinge um dich stehen, wirkt diese Hilfe vermutlich besser aus der Entfernung als aus der Nähe, wo du sie in jedem Augenblick durch deine falschen inneren Bewegungen und Reaktionen, dein falsches Reden und Handeln zurückweisen würdest. Um aber von unserer Hilfe zu profitieren, wirst du dich zu etwas entscheiden müssen, wozu du noch niemals wirklich fähig warst, mindestens in deinem äußeren Wesen. Du wirst dich in deiner physischen Natur selbst vom asura und seinen Wegen entschlossen abzukehren haben und dich weigern müssen, ihm unter irgendeinem Vorwand im Denken, Fühlen, Sprechen oder Handeln nachzugeben, was ihm dazu verhelfen würde, weiterhin deine Instrumente zu besitzen und deine Haltung und Handlungsweise zu bestimmen oder zu beeinflussen. Ruhig zu werden und diese hartnäckige und geduldige Zurückweisung mit unserer Hilfe ruhig und einfach aufrechtzuerhalten, ohne rajasischen Kampf, aufrichtig und wirklich und in jeder Einzelheit, nicht bloß in Wunsch und Idee – das ist das Gebot der Stunde. Gespalten zu sein, in dem einen Teil deines Wesens zu streben und mit dem anderen Teil den falschen Bewegungen nachzugeben, sie zu rechtfertigen und zu hegen, kann nur zu endlosem Kampf und endloser Müdigkeit führen. Nur durch diese Wende und Wandlung werden Ringen und Müdigkeit aufhören und wird die Reinheit kommen.

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Ein Monat ist nun vergangen, seit du in deinem Brief die neue und gute Wende deiner Sadhana angekündigt hast. Inzwischen wirst du Zeit gehabt haben festzustellen, ob diese Wende eine entscheidende und wieweit sie vollständig war. Als Test hierfür gilt, ob du durch sie grundlegend von dem asurischen Hang in deinem äußeren Wesen befreit worden bist. Aller Ehrgeiz, Stolz, alle Eitelkeit müssen aus den Gedanken und Gefühlen verschwinden. Es darf weder jetzt noch in Zukunft ein Verlangen nach einer Aufgabe, Position oder nach Prestige geben, es darf nicht die Erwartung bestehen, einen Ehrenplatz unter den Auserwählten einzunehmen, nicht die Forderung nach einer bevorzugten Nähe zur Mutter, nicht der Anspruch auf ein Anrecht, nicht der Versuch, dich zwischen sie und andere zu werfen, nicht das Bestreben, das abzufangen, was sie anderen gibt, oder dich daran zu beteiligen, und nicht der Versuch, dich ihr oder anderen Sadhaks aufzudrängen. Alle Falschheit muss vom Denken und Handeln zurückgewiesen werden, ebenso alle Prahlerei, Arroganz und Überheblichkeit. Ein einfaches, ruhiges und ungekünsteltes Streben nach der Wahrheit, und sie um ihrer selbst willen zu empfangen und nicht um irgendeines Vorteils willen, den sie dir bringen wird, ein offenes Annehmen dessen, was die Mutter will, was immer es auch sei, ein völliges Abwerfen jeder Anmaßung und aller Verstellungen, die Bereitschaft, vollständig und rückhaltlos zu gehorchen und jede Aufgabe und Disziplin zu akzeptieren – das sind die einzigen Bedingungen, unter denen eine göttliche Wandlung in dir ausgelöst werden kann – und danach musst du streben.

Wir erwarten unsererseits eine bestimmte Eroberung auf der stofflichen Ebene, die noch nicht vollendet ist, und können dir erst dann die Erlaubnis zur Rückkehr geben. Wie du selbst einmal festgestellt hast, würde, solange das nicht geschehen ist, dein Aufenthalt für dich hier nicht förderlich sein. Sobald dein innerer Zustand und die Dinge hier reif sind, wird die Mutter dich rufen.

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Wenn du dich ändern willst, musst du dich zuerst entschlossen von den Mängeln deines vitalen Wesens befreien, und zwar unermüdlich, wenn es auch noch so schwierig ist und lange dauern kann, und immer die göttliche Hilfe herbeirufen sowie dich stets dazu zwingen, gänzlich aufrichtig zu sein.

Was die Tauglichkeit und Untauglichkeit anbelangt, so ist niemand völlig tauglich für diesen Yoga; man muss durch Streben, durch abhyāsa [das fortwährende Üben einer Methode], durch Wahrhaftigkeit und Hingabe tauglich werden. Wenn du dir immer schon das spirituelle Leben gewünscht hast, so war es der seelische Teil in dir, der es wünschte, doch stand dir stets dein Vital im Weg. Festige einen aufrichtigen Willen im Vital; lass nicht zu, dass persönliche Wünsche und Forderungen, dass sich Selbstsucht und Falschheit in deine Sadhana einschleichen; allein dann wird dein Vital für die Sadhana tauglich werden.

Wenn du willst, dass dein Bemühen Erfolg hat, muss es immer reiner und stetiger und beharrlicher werden. Wenn du in voller Aufrichtigkeit übst, wirst du die Hilfe erhalten, die du brauchst.

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Offensichtlich wird dein Zustand durch ein Aufwallen von unterdrückten Elementen in der niederen vitalen Natur ausgelöst. Sie wurde durch dein Mental und höheres Vital dazu gezwungen, die kleinen „Freuden und Vergnügungen“, an die sie gewöhnt war, aufzugeben, doch tat sie es – oder zumindest ihr unterbewusster Teil, der oft der machtvollste ist – ohne volle Überzeugung und vermutlich unter „Vorbehalten“ und „Absicherungen“ und indem sie sich das Versprechen von Entschädigungen eintauschte, nämlich andere und größere Freuden und Vergnügungen, die all das Verlorene ersetzen sollten. Das geht aus dem hervor, was du schreibst; deine Schilderung der Depression, die Wiederkehr von all dem, was du als „unreine Gedanken“ bezeichnest, die nichts anderes als Hinweise auf den unterbewussten, niederen vitalen Begierden-Komplex sind, der Zweifel am Großmut des Göttlichen, die Forderung nach einer Entschädigung für das Verlorene, eine Art Handel mit dem Göttlichen, eine quid pro quo Abmachung – all das ist unverkennbar. In letzter Zeit wurden ihr durch eine Verquickung von Umständen ihre früheren Betätigungsmöglichkeiten immer mehr entzogen; und diese Attacke [von der du berichtest] ist ihre Art, passiven Widerstand oder Protest auszudrücken. Es gibt nur einen Ausweg, damit fertig zu werden, die ganze Sache abzuschütteln – Depression, Forderungen, Zweifel, Sex-Gedanken, den ganzen unerwünschten Ballast – und sie durch die eine wahre Bewegung zu ersetzen, den Ruf nach dem Bewusstsein und der Gegenwart des Göttlichen.

Möglicherweise war dieses Andauern der niederen vitalen Forderung nach Befriedigung der Ausdruck einer Unklarheit im dunklen Teil des physischen Mentals, in deiner mentalen Einstellung gegenüber dem Yoga. Du scheinst die Forderung nach der Ersetzung der alten, niederen vitalen Befriedigungen durch andere Freuden und Vergnügungen als etwas durchaus Rechtmäßiges anzusehen; Freuden und Vergnügungen aber sind nicht das Ziel des Yoga, und ein Handel oder eine Forderung nach Ersatz dieser Art kann kein legitimes oder gesundes Element in der Sadhana sein. Es wird, wenn es vorhanden ist, mit Sicherheit das Fließen der spirituellen Erfahrung verzögern. Ananda ja, aber der Ananda und das spirituelle Glück, das ihm vorangeht (adhyātma-sukham), sind etwas ganz anderes als Freuden und Vergnügungen. Und selbst den Ananda kann man nicht fordern oder ihn zur Bedingung für die Ausübung der Sadhana machen¬ – er kommt als Krönung, als natürliches Ergebnis, und die richtige Voraussetzung für ihn ist das Wachsen des wahren Bewusstseins, des Friedens, der Stille, des Lichtes, der Stärke, des Gleichmuts, der allen Erschütterungen standhält und sowohl im Erfolg als auch bei Versagen andauert. Diese Dinge müssen die ersten Ziele der Sadhana sein und nicht irgendeine hedonistische Erfahrung, selbst wenn sie von der höchsten Art ist; denn diese kommt von selbst als Ergebnis der Göttlichen Gegenwart.

Inzwischen aber ist das vordringlichste, was du zu tun hast, diesen gefährlichen Stoff der Verzagtheit und seine Begleiterscheinungen hinauszuwerfen und ein ruhiges und klares Gleichgewicht zurückzugewinnen. Ein ruhiges Mental und ein ruhiges Vital sind die ersten Voraussetzungen für den Erfolg in der Sadhana.

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Es ist offensichtlich, dass du immer noch an einer falschen Auffassung über Frieden, Freude und Ananda festhältst. (Frieden ist übrigens nicht Freude, denn Frieden kann bestehen, selbst wenn die Freude ruht). Es stimmt nicht, dass man um Frieden oder spirituelle Freude nicht bitten oder danach streben soll. Der Friede ist die eigentliche Grundlage jeder siddhi im Yoga, und warum sollte man nicht um die Grundlage im Yoga bitten oder danach streben? Spirituelle Freude oder ein tiefes inneres Glück (nicht gestört, selbst wenn es oberflächliche Stürme oder Unruhen gibt) ist eine ständige Begleiterscheinung des Kontaktes oder der Einung mit dem Göttlichen – und warum sollte es verboten sein, um den Kontakt oder die Einung mit dem Göttlichen und die sie begleitende Freude zu bitten oder danach zu streben? Was den Ananda anbelangt, so sagte ich bereits, dass ich mit dem Ananda etwas Größeres als Frieden oder Freude meine, etwas, was wie Wahrheit und Licht die eigentliche Natur des supramentalen Göttlichen ausmacht. Es kann durch ein beständiges Einströmen oder Herabkommen auftreten, teilweise oder zeitweilig sogar jetzt schon [in deinem jetzigen Stadium], es kann aber nicht im Körpersystem verbleiben, solange dieses nicht dafür vorbereitet ist. Friede und Freude dagegen können fortwährend vorhanden sein; die Voraussetzung für dieses Andauern aber ist, dass man den ständigen Kontakt mit dem Göttlichen hat oder das Göttliche einem ständig innewohnt – das aber geschieht natürlich nicht im äußeren Mental oder Vital, sondern in der inneren Seele oder dem seelischen Wesen. Deshalb muss man gewillt sein, wenn der Yoga ein Pfad des Friedens oder der Freude sein soll, mehr in seiner Seele zu weilen als in seinem äußeren Mental oder seiner emotionalen Natur.

Mein Einwand in einem früheren Brief war nicht gegen das Streben gerichtet, sondern dagegen, Frieden, Freude und Ananda zur Voraussetzung für die Ausübung des Yoga zu machen. Es ist nicht wünschenswert, denn wenn du es tust, wird das Vital lind nicht die Seele die Führung übernehmen. Wenn aber das Vital die Führung übernimmt, können immer Unrast, Verzagtheit und Unglück auftreten, denn aus diesen Dingen besteht die eigentliche Natur des Vitals – das Vital vermag niemals in immerwährender Freude und immerwährendem Frieden zu verharren, denn es bedarf ihrer Gegensätze, um die Empfindung des Lebensdramas zu haben. Und doch, sobald sich Unrast und Unglück einstellen, ruft das Vital augenblicklich: „Mir wird nicht gegeben, was mir gebührt, was habe ich also davon, den Yoga auszuüben?“ Oder aber es macht ein Evangelium aus seinem Unglück und behauptet, dass der Weg zur Erfüllung unbedingt ein dramatischer Gang durch die Wüste zu sein habe. Dabei ist es streng genommen nur dieses Überwiegen des Vitals in uns, das eine Durchquerung der Wüste notwendig macht. Wäre die Seele immer im Vordergrund, dann wäre die Wüste nicht länger eine Wüste, und die Wildnis würde mit Rosen erblühen.

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Der Ananda, den du beschreibst, ist offensichtlich der des inneren Vitals, wenn es ganz unter dem seelischen Einfluss steht und er damit auch das äußere Vital überflutet. Es ist der wahre Ananda, der nichts von der alten vitalen Natur enthält. Wenn die Seele auf diese Weise das Vital gebraucht, besteht die natürliche Form ihres Ausdrucks in einer derartig intensiven Ekstase. Diese Ekstase und die alte vitale Erregung sind zwei grundverschiedene Dinge und dürfen nicht miteinander verwechselt werden. Wo diese Intensität herrscht, verbunden mit einer reinen und vollen Erfüllung, Zufriedenheit und Dankbarkeit, die für Anspruch, Forderung oder depressive Reaktion keinen Platz lässt – das ist die wahre vitale Bewegung.

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Wenn einmal das vitale Wesen durch die Seele berührt worden ist, hat das bloße vitale Vergnügen keine Anziehungskraft mehr und kann auch als Störung und etwas Unangenehmes empfunden werden, weil es sich senkend auf das Bewusstsein auswirkt.

Schmerz kann in Ananda gewandelt werden; ich glaube aber nicht, dass es etwas mit einem bestimmten [Entwicklungs-] Stadium zu tun hat.

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Wenn einmal das Vital hervorgetreten ist und seine Schwierigkeit gezeigt hat – es gibt niemanden, der nicht die eine oder andere entscheidende Schwierigkeit dort hätte –, muss man sich damit auseinandersetzen und sie bewältigen.

Diese Auseinandersetzung darf nicht von mentaler Art sein, sondern muss unmittelbar über die supramentale Macht stattfinden.

Nicht Frieden und Wissen im Mental, sondern Frieden, Glauben, Stille und Stärke im vitalen Wesen selbst (und besonders in seinem defekten Teil) sind die zu errichtenden Dinge. Dich zu öffnen und zuzulassen, dass all dies in dich herabgebracht wird, ist der richtige Verlauf.

Die Schwäche liegt nicht im höheren Mental oder eigentlichen Mental; es ist daher sinnlos, sich zurückzuwenden, um mentalen Frieden herzustellen. Die Schwierigkeit liegt in dem Teil des vitalen Wesens, der nicht genügend offen und vertrauensvoll, nicht hinreichend stark und mutig ist, sowie im physischen Mental, das diese Dinge unterstützt. Zu erreichen, dass das supramentale Licht und die supramentale Stille, Stärke und Intensität dort hinabdringen, ist das, was du brauchst.

Du magst alles Wissen dieser Welt haben und dennoch unfähig sein, vitalen Schwierigkeiten zu begegnen. Dort [im vitalen Wesen] besteht die wahre Hilfe aus Mut, Glauben, Wahrhaftigkeit gegenüber dem Licht, sowie in der Zurückweisung der gegenteiligen Suggestionen und feindlichen Stimmen. Nur dann kann Wissen als solches überhaupt wirksam sein.

Nicht die mentale Kontrolle, sondern die Herabkunft einer Kontrolle von oberhalb des Mentals, ist die Macht, die bei der Verwirklichung erforderlich ist. Diese Kontrolle, die letztlich vom Supramental stammt, ist eine Kontrolle durch die Göttliche Macht.

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Allein die Tatsache, dass du die Mängel deiner vitalen Natur und die Notwendigkeit einer Umwandlung klarer erkennst, ist an sich schon ein Zeichen seelischen Wachstums. Sie sollten keine Entmutigung verursachen, denn es sind die üblichen Mängel des menschlichen Vitals, und durch ein gesteigertes seelisches Sich-Öffnen werden sie ihren Halt verlieren und schließlich verschwinden.

Was die Verminderung der mentalen Kontrolle über die vitalen Bewegungen anbelangt, so ist das eine häufige und vorübergehende Erscheinung im Yoga. Mentale Kontrolle muss durch eine größere Kontrolle von oben ersetzt werden sowie durch die Stille, Reinheit und den starken Frieden des Vitals selbst, das sich der Göttlichen Kraft und ihrer Herrschaft über die ganze [menschliche] Natur geöffnet hat.

Lass dich nicht durch irgendwelche Schwierigkeiten stören oder entmutigen, sondern öffne dich ruhig und einfach der Kraft der Mutter und erlaube ihr, dich zu wandeln.

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Es ist keinesfalls wahr, dass die Mutter die mentale Kontrolle aufhebt – das ist eine der vielen falschen Auslegungen der Sadhana durch gewisse Sadhaks. Es stimmt – und das ist die Ursache deiner Empfindung –, dass, wenn du deine gewohnten Bewegungen im Vital voll durch die Sadhana zu kontrollieren versuchst, du sie stattdessen manchmal kontrollierst und manchmal ihnen nachgibst, worauf sie so heftigen Widerstand leisten, dass es den Anschein hat, als hätten sie sich vermehrt. Der Sadhak hat standhaft zu sein und darf sich durch diese Heftigkeit nicht überwältigen oder entmutigen lassen. Im allgemeinen erscheint im Traum noch lange das, was man bereits aus dem Wach-Zustand verbannt hatte – der Grund hierfür ist, dass alle diese Dinge noch weiterhin im Unterbewusstsein lagern und es ist dieses Unterbewusstsein, von dem ein Großteil der menschlichen Träume stammt. So kann man, auch wenn man im Wachzustand kein sexuelles Begehren mehr hat, dennoch Sex-Träume haben – und auch Emissionen –, die sich mehr oder weniger oft wiederholen; man kann in Träumen immer noch Menschen begegnen, von denen man nie mehr etwas gesehen oder gehört hat oder an die man in den Wachstunden nie mehr denkt. Die Wahrscheinlichkeit, dass solche Träume entstehen, besteht um so mehr, wenn das Wachmental nicht frei ist.

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Es hängt davon ab, was mit einer falschen oder unnötigen Bewegung gemeint ist. Gewisse Dinge müssen abfallen, bevor die Errichtung [des höheren Bewusstseins] vollständig sein kann. Andere, unnötige [Dinge], müssen abgelegt werden, wenn sie mit der vollen Sadhana oder dem Wachstum des inneren Bewusstseins unvereinbar sind; wenn aber das verankerte Bewusstsein von solcher Art ist, dass es keine Rolle spielt, ob man sie tut oder nicht, können sie fortgesetzt werden.

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Die Redewendung [„falsche Bewegungen in der Sadhana“] umfasst nahezu alles, was nachteilig für den spirituellen Fortschritt ist; am häufigsten kommen vor Bewegungen des Zweifels, des Aufruhrs, des egoistischen Begehrens oder Ehrgeizes oder sexuelle Nachgiebigkeit – es gibt aber viele andere mehr.

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Der äußere Aufruhr besteht aus der Zurückweisung der Disziplin und des Gehorsams – der innere Aufruhr ist von mancherlei Art und kann viele Formen annehmen, zum Beispiel ein Aufruhr des Vitals gegen die Mutter, ein Aufruhr des Mentals gegen die Wahrheit, eine Zurückweisung des spirituellen Lebens, eine Forderung, das Ego als das Göttliche zu inthronisieren oder etwas zu dienen, das dem vitalen Ego schmeichelt und seine Forderungen stützt, und es das Göttliche zu nennen, eine Erwiderung auf vitale Suggestionen des Misstrauens, der Verzweiflung, der Selbstzerstörung oder der Wunsch, abreisen zu wollen – und viele andere Formen mehr.

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Heftigkeit stammt vom ungeläuterten vitalen Ego, was genau das ist, was der Umwandlung am meisten im Wege steht; andere Dinge sind verhältnismäßig glimpfliche Hindernisse, verglichen mit diesem Teil des Wesens. Es ist viel besser, dass die Mutter es abgelehnt hat, auf diesen Teil in dir Rücksicht zu nehmen – die Rücksichtnahme wäre ein viel gefährlicherer Test als die Ablehnung gewesen.

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[Vitale Weihung:] Weihung bedeutet Darbringung, etwas der Mutter heilig zu machen, damit die ganze vitale Natur ihr und nicht der niederen Natur gehören möge.

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Vitale Weihung bedeutet, die ganze vitale Natur mit ihren Bewegungen dem Göttlichen darzubringen, damit sie geläutert werde; es bedeutet, dass nur die wahren Bewegungen in Übereinstimmung mit dem Göttlichen Willen vorhanden sind und alle egoistischen Forderungen und Impulse verschwinden.

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Manchmal wird das Streben am Nabel gefühlt, doch gehört dieser zum größeren Vital. Das niedrigere Vital befindet sich darunter. Das Streben des niedrigeren Vitals besteht darin, all seine kleinen Bewegungen im Feuer der Läuterung darzubringen, nach dem Licht und der Macht zu rufen, damit sie in es herabkommen mögen, um es von seinen kleinlichen Begierden zu befreien, von seinen Eifersüchteleien, Widerständen und Revolten über geringfügige Dinge, von Ärger, Eitelkeit, Geschlechtstrieb usw., und sie durch die rechten Bewegungen zu ersetzen, die von Selbstlosigkeit, Reinheit und dem Gehorsam gegenüber dem Drängen der Göttlichen Kraft in allen Dingen gelenkt werden.

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Es ist ganz offensichtlich, dass das niedere Vital das Göttliche Bewusstsein empfangen hat, wenn selbst in den kleinen Lebensbewegungen ein Streben zum Göttlichen besteht, gleichsam eine Hinwendung zum Göttlichen Licht, damit es führen möge, oder ein Gefühl der Darbringung an das Göttliche oder der Führung durch das Göttliche. Das niedere Vital herrscht über die kleinen Einzelheiten von Emotion, Impuls, Erregung und Aktion – diese bringt es nach seiner Bekehrung der Göttlichen Kontrolle zur Umwandlung dar.

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Es stimmt, dass für das äußere Vital eine äußere Disziplin zur Läuterung erforderlich ist; im anderen Fall bleibt es rastlos und launisch und den eigenen Impulsen preisgegeben, so dass dort keine Grundlage für den sicheren Halt eines ruhigen und beständigen höheren Bewusstseins geschaffen werden kann. Die Einstellung, die du gegenüber der Arbeit eingenommen hast, ist natürlich die beste und bei ihrer stetigen Anwendung musste der von dir gefühlte Fortschritt kommen und wird mit Sicherheit anwachsen.

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Disziplin bedeutet, kontrolliert zu leben und zu handeln oder entsprechend einer Norm dessen, was richtig ist – dem Vital oder Physischen nicht zu erlauben, all das zu tun, was es will, und das Mental nicht entsprechend seiner Laune ohne Wahrheit oder Ordnung umherrasen zu lassen. Ebenso denjenigen zu gehorchen, denen gehorcht werden sollte.

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Ein überwältigender Impuls ist nicht unbedingt eine Inspiration wahrer Führung; wenn man immer solchen Impulsen folgt, wird man vermutlich eher ein Geschöpf zielloser Launen. Unerschöpfliche Energie ist eine ausgezeichnete Sache, nicht aber disziplinlose Energie.

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Der Wille sollte in gleicher Weise Impulse und Gedanken beherrschen. Viele Menschen finden es leichter, einen Impuls zu kontrollieren, als einen Gedanken zu verhindern.

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Die Unfähigkeit, irgendetwas im Leben zu vollenden, stammt meist von einer gewissen Unstetigkeit im niederen Vital, das den Willen nicht konsequent unterstützt, sondern rastlos ist und zwischen dem einen und dem anderen Interesse schwankt. Es bedeutet nicht, zum Erfolg nicht fähig zu sein – meist könnte jemand, der damit behaftet ist [mit dieser Unfähigkeit, etwas zu vollenden], in mancher Hinsicht erfolgreich sein, doch verhindert das Schwanken einen nachhaltigen Erfolg in irgendeiner Hinsicht. Es ist ein Mangel, den man überwinden muss und überwinden kann.

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Das erstere ist vitale Unentschlossenheit – das letztere vitale Unbeständigkeit. Diejenigen, die nicht wählen können, sind vital unentschlossen, was meist durch ein zu aktives physisches Mental verursacht wird, das gleichzeitig zu viele Dinge oder zu viele Seiten [einer Sache] sieht. Vitale Unbeständigkeit entsteht durch einen Mangel an Kontrolle und zu große Impulsivität.

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Es gibt Menschen, die in ihrem Vital solide und zäh sind – es sind jene, die stetig zu sein vermögen; andere sind quecksilbriger und werden leichter von Impulsen bewegt – es sind jene, die einmal enthusiastisch und einmal lustlos sind. Es ist eine Frage des Temperamentes. Andererseits sind die quecksilbrigen Leute häufig einer schnelleren Begeisterung fähig, so dass sie, wenn sie wollen, rasch vorwärts kommen können. In jedem Fall besteht der Ausweg für alles darin, sein wahres Selbst über dem Mental und Vital zu finden und auf diese Weise nicht durch das Temperament gebunden zu sein.

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Die Bitterkeit, die du fühlst, ist die eines rastlosen, unbefriedigten Vitals, welches das, was es begehrte, nicht erhielt, weil es nichts stark und andauernd zu begehren vermochte. Im anderen Fall hätte es all seine vitalen Wünsche erfüllt haben können – Heirat, Position, Freunde usw. –, es konnte aber aufgrund einer gewissen labilen Rastlosigkeit bei nichts bleiben. Im Yoga hat es die gleiche labile Schwäche gezeigt, sonst hätte es inzwischen etwas erreichen können; und außerdem bestand der Sex-Impuls, den es weder befriedigen noch aufgeben wollte. Du musst wissen, was du willst, und es mit deinem ganzen Willen wollen, nur so ist ein Ende dieser Rastlosigkeit und des Versagens abzusehen.

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Wenn er erreichen will, eines Tages für das spirituelle Leben tauglich zu sein, gilt als erstes, die vitale Rastlosigkeit zu vermeiden. Der beste Weg, sich vorzubereiten, besteht darin, die Arbeit mit einem ruhigen Mental zu verrichten, sie dem Göttlichen darzubringen und zu versuchen, sich von Egoismus und vitalem Begehren zu befreien.

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Du solltest dich diesem Gefühl des Schmerzes nicht hingeben – bleibe ruhig, vertrauensvoll und in allen Umständen dem einen Willen zugewandt; so kannst du sicher sein, dass jeder Schritt im rechten Maß genommen wird und seine bestmöglichen Ergebnisse zeitigt. Betrachte von nun an die Angelegenheit X und deine Beziehung zu X als eine geringfügige und untergeordnete Sache, als eine Randerscheinung deiner Sadhana. Wenn du sie als ein Problem von höchster Wichtigkeit ansiehst, wird sie sich auch dahingehend entwickeln und dir wiederum im Wege stehen. Betrachte sie als ein Problem, das der Vergangenheit angehört, das ruhig gelöst und auf seinen Platz verwiesen wurde, und wende dich dem zentralen Ziel deiner Sadhana zu.

Was das übrige anbelangt, so brauchst du nichts an dem inneren Ziel und der inneren Konzentration deines Willens und Bestrebens hinsichtlich der einen zu geschehenden Sache zu ändern – das völlige Selbstgeben und die völlige Selbstweihung deines inneren und äußeren Wesens allein an das Göttliche. Wenn du entschlossen die richtige innere Haltung einzunehmen vermagst, würde das sogar leichter sein als eine äußere Vorschrift hinsichtlich deiner Führung.

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Die Hauptsache ist, eine starke, entschiedene mentale Wahl zu treffen, die man immer der vitalen Störung entgegenhalten kann. Die Störung im Vital wird sich immer wieder einstellen, solange der volle Friede nicht dorthin herabgekommen ist; wenn man aber im Mental eine feste Entschlossenheit im Vordergrund bewahrt, kann sich die Heftigkeit der Störung legen und der Weg kürzer werden.

V.

Es ist das niedere physische Vital, das auf diese Weise handelt. Dieser Teil der menschlichen Natur gehorcht nicht der Vernunft und hat keine Einsicht in die Dinge. Er richtet sich in seiner Handlungsweise nur nach dem Begehren, dem Impuls und der Gewohnheit. Mental und Herz und höheres Vital haben verstanden und stellen sich auf die Seite des Friedens und der Kraft, die auf die Umwandlung der [menschlichen] Natur hinwirken. Jenes [das niedere physische Vital] aber reagiert noch auf die alten Kräfte, sobald es von ihnen berührt wird. Es geht darum, den Frieden und die [Yoga-] Kraft und das Licht in diesen Teil herunterzuholen, so dass die äußeren Kräfte, warm immer sie die niedere Natur berühren, statt der alten Reaktion jene Kraft vorfinden werden. Wegen der langen früheren Gewohnheit ist es etwas schwierig, wird sich aber mehr und mehr durchsetzen in dem Maß, wie die Kraft in den Körper herabkommt und ihn in ihrem Herabkommen durchdringt.

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Die Opposition des Vitals ist niemals vernünftig, selbst wenn es Vernunftgründe anführt. Es handelt aus seiner Natur heraus und aus der Gewohnheit des Verlangens, nicht aus Vernunftgründen.

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Dieser Teil des Vitals [das niedere physische Vital] hat keine präzisen Gründe, um sich damit zu rechtfertigen, er bemächtigt sich jeder Laune der Enttäuschung und jedes starken Gefühls einer Schwierigkeit. Er ist ein [bestimmender] Faktor in allen menschlichen Naturen – rastlos, begehrend, eifrig, verzagt und unstetig. Distanziere dich von ihm und erlaube ihm nicht, dich zu beherrschen oder zu bewegen. Es gibt einen redlichen Teil des Vitals, der gebraucht werden muss – dieser ist inbrünstig und feinfühlig gegenüber den höheren Dingen und großer Liebe und Weihung fähig. Stärke diesen Teil und fördere ihn durch die Seele sowie durch den Frieden und die Weite, die von oben kommen.

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Es handelt sich nicht darum, Sorge oder Freude oder ein anderes Gefühl zu haben; jeder, der die gewöhnliche Natur nicht überwunden hat, hat solche Gefühle. Das nennt man nicht sentimental, sondern emotional. Sentimentalität ist, wenn du entweder Gefallen daran findest, dich einem Gefühl hinzugeben oder es zu zeigen, oder wenn du ohne Grund oder ohne hinreichenden Grund Gefühle hast.

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Das niedere Vital hört nicht auf die Vernunft. Für sein Wirken gibt es kein warum; es handelt auf eine bestimmte Weise, weil es daran gewöhnt war, auf diese Weise zu handeln, und fährt damit fort, selbst wenn eine leidvolle Reaktion damit verbunden ist.

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Die Zweifel eines Sadhaks erheben sich häufiger vom Vital als vom eigentlichen Mental – wenn das Vital irrt oder beunruhigt oder deprimiert ist, kommen Zweifel auf und wiederholen sich in der gleichen Form und der gleichen Sprache ungeachtet der Tatsache, wie sehr das Mental überzeugt wurde, sei es durch die üblichen Beweise oder intellektuellen Antworten. Ich habe festgestellt, dass das Vital immer irrational ist (selbst wenn es den Verstand gebraucht, um sich zu rechtfertigen); es glaubt oder glaubt nicht entsprechend seinen Gefühlen und nicht in Übereinkunft mit dem Verstand.

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Das Vital gehorchte am Beginn seiner Evolution dem Impuls und nicht dem Verstand; was die [von dir erwähnte] Strategie anbelangt, die einzige Strategie, die es begreift, sind einige Taktiken, mit denen es seine Wünsche erreichen kann. Es schätzt die Stimme des Wissens und der Weisheit nicht; aber seltsam genug, durch die Notwendigkeit, die im Menschen erwuchs, sein Handeln durch den Verstand zu rechtfertigen, hat das vitale Mental seine eigene Strategie entwickelt, die darin besteht, soviel Verstand zu erlangen, um Gründe für die Rechtfertigung seiner eigenen Gefühle und Impulse finden zu können. Wenn der Verstand zu klar ist, um sich für dieses Spiel herzugeben, fällt das Vital in seine alte Gewohnheit zurück, die darin besteht, die Ohren zu verschließen und seinen [üblichen] Kurs fortzusetzen. Bei solchen Attacken besteht seine Gegenstrategie darin, auf das Untauglichsein zurückzugreifen, „Da dir meine Impulse missfallen, ich sie aber nicht ändern kann, ist es klar, dass ich nicht tauglich bin und es besser wäre, wenn ich ginge“. Doch selbst wenn man dem Widerstand leistet, reicht der Impuls als solcher aus – da er, kraftvoll wie er ist, von der universalen Natur stammt –, um dem Vital für kurze Zeit seinen alten, blinden, irrationalen Instinkt zurückzugeben, damit es dem Drängen gehorche.

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Das Vital zieht es immer vor, seine Bewegungen vor dem Licht zu verhüllen.

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Du musst Unterscheidungsvermögen entwickeln – dann kann das Vital dich nicht länger täuschen.

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Sei vorsichtig mit den vitalen Bewegungen und Gestaltungen – wenn du sie zulässt, befindest du dich auf einem gefährlichen Abhang.

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Alle deine Sätze liefen darauf hinaus, dass du alle notwendigen Entschlüsse gefasst hattest, sie aber nicht ausführen konntest, weil die [Yoga-] Kraft dich im Stich ließ. Das ist der übliche Trick des vitalen Mentals, wenn es sich der Verantwortung für Schwierigkeiten oder mangelnden Fortschritt in der Sadhana entziehen will: „Ich tue alles was ich kann, aber die Kraft lässt mich im Stich“. Es hat keinen Sinn, dass du weitere Aussagen anführst, denn du schreibst einmal über die eine und dann über eine andere Sache und veränderst deinen Standpunkt um deines Argumentes willen. Wenn dir die Logik helfen könnte, dich von dieser Verschlagenheit des vitalen Mentals zu befreien, wäre es wert, Logik zu erlernen.

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Hinsichtlich deiner Frage, ob etwas anderes dahinter war als das was, dein Mental in seiner Oberflächen-Absicht erkannte, so ist öfter als nicht etwas dahinter, wenn sich das Vital in eine Angelegenheit mischt – und es gehört zur Selbst-Erkenntnis, dass man durch die Oberflächen-Bewegungen des Mentals nicht irregeführt wird, sondern dieses „Etwas im Hintergrund“ entdeckt. Denn es ist die Gewohnheit des Vitals, die Anordnungen des Mentals hinsichtlich der Gefühle und Tätigkeiten zu verschleiern, um sogar vor der Selbst-Beobachtung des Handelnden das geheime zugrunde liegende Motiv oder die Kräfte hinter der Rede, dem Handeln oder Fühlen zu verbergen.

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Dein Brief von heute morgen war völlig aus einem gestörten und verwundeten Vital heraus geschrieben; aus diesem Grund war es mir mit der Antwort nicht eilig. Ich verstehe nicht, weshalb du so bereitwillig glaubst, dass ich oder die Mutter aus gewöhnlichen Beweggründen, wie Ärger, Verdruss oder Missfallen, handeln; in dem, was ich dir schrieb, war nichts dieser Art enthalten. Du warst schon wiederholt von der höheren: Bewusstseinsebene, die du erreicht hattest, abgesunken, und trotz unserer Hinweise, nach der Ursache dessen zu forschen, was dich herunterzieht, bestand deine einzige Erwiderung darin, dass du nichts entdecken könntest. Wir wissen ganz genau, dass es ein Teil deines Vitals war, der sich nicht ändern wollte und sich deshalb vor dem Mental versteckte – und selbst das Mental schien nicht sehr willens zu sein, etwas zu entdecken; wir hielten es daher für notwendig, als du uns durch deinen Bericht – erstens hinsichtlich X, und zweitens hinsichtlich der Gedanken über die Vergangenheit – eine Gelegenheit gabst, dir klar und deutlich die Natur des Hindernisses aufzuzeigen: auf der einen Seite deine alte Regung, die auf der gegenteiligen Form des Ärgers beharrt, nämlich Verstimmung und verwundete Gefühle, auf der anderen Seite die üblichen Dinge des Vitals, wie Eigendünkel, kritisches Urteil über andere, das Gefühl der Überlegenheit in der Sadhana oder in anderer Hinsicht, der Wunsch, vor anderen und auch vor dir selbst gut dazustehen. Besonders letzteres hat einen verblendenden Einfluss und verhindert die klare Selbst-Prüfung und die Erkenntnis jener Hindernisse, die den spirituellen Fortschritt hemmen. Selbst wenn das Mental nach Wissen und Wandlung strebt, reicht eine verborgen im Vital wirkende Gewohnheit dieser Art aus, um im Weg zu stehen und sowohl Wissen als auch Wandlung zu verhindern. Ich habe daher absichtlich und deutlich von Eitelkeit und Selbstgerechtigkeit gesprochen, damit dieser Teil des Vitals nicht versuchen möge, sich die Augen zuzuhalten. Die Mutter spricht oder schreibt wesentlich schärfer und deutlicher an jene [Sadhaks], die sie, weil sie die Fähigkeit in ihnen erkennt, rasch auf den Weg bringen will, und sie nehmen es weder übel noch leiden sie darunter, sondern sind glücklich über den Druck und die Deutlichkeit, weil sie aus Erfahrung wissen, dass sie ihnen dazu verhelfen, ihre Hindernisse zu erkennen und sich zu ändern. Wenn du rasch vorwärtskommen willst, musst du dich freimachen von dieser vitalen Reaktion des abhimāna [verletzter Stolz], des Leidens, der verwundeten Gefühle, des Suchens nach einem Argument der Selbstrechtfertigung, des Aufschreis gegen die Berührung, die befreien soll – denn solange all dies in dir vorhanden ist, ist es für uns schwierig, uns offen und entschlossen mit den durch die vitale Natur geschaffenen Hindernissen auseinanderzusetzen.

Nun zu der Meinungsverschiedenheit zwischen dir und X. Die an dich gerichtete Warnung der Mutter hinsichtlich der Unerwünschtheit von zu viel Unterhaltung, von leerem Geschwätz und Klatsch sowie gesellschaftlicher Zerstreuung war durchaus so gemeint und hat weiterhin Gültigkeit; wenn du dich diesen Dingen hingibst, verlierst du dich an ein sehr enges und unwissendes Bewusstsein, in welchem deine vitalen Mängel freien Spielraum erhalten, wodurch du aller Voraussicht nach das verlieren wirst, was du bereits in deinem inneren Bewusstsein entwickelt hattest. Als du zu X gingst, fühltest du eine Reaktion gegenüber diesen Dingen, was – wie wir dir sagten – ein Zeichen deiner seelischen Sensitivität war, die über dich kam, über dein vitales Wesen und Nervensystem, und wir meinten, dass alles zum Besten geschehen würde. Wenn du dich von diesen Dingen zurückziehst, solltest du aber in deinem Umgang mit anderen Menschen kein Gefühl der Überlegenheit aufkommen lassen oder ihnen weder durch dein Benehmen noch durch deine Einstellung die Empfindung deiner Missbilligung oder Verachtung aufdrängen oder einen Druck zur Wandlung auf sie ausüben. Du ziehst dich von diesen Dingen aus einem persönlichen inneren Bedürfnis zurück – das ist alles. Was die anderen anbelangt, wie sie sich in dieser Situation verhalten, ob richtig oder nicht richtig, ist deren Sache und die unsere [die Sache Sri Aurobindos und der Mutter]; wir werden uns um sie kümmern, so wie wir es zum gegebenen Zeitpunkt im Rahmen des Möglichen für notwendig erachten, und zu diesem Zweck können wir verschiedene Menschen nicht nur ganz verschieden behandeln und dem einem erlauben, was wir dem anderen versagen, sondern auch mit ein und derselben Person zu verschiedenen Zeiten verschieden umgehen und heute das erlauben oder gar zu etwas ermutigen, was wir morgen verbieten werden. Xs‘ Fall liegt völlig anders als der deine, denn zwischen euren Naturen besteht keine Ähnlichkeit. Ich sagte dir das oder dergleichen schon vor langem und hob in meinem Brief an X hervor, dass eine Regel, die für mich oder Y angewandt würde, in seinem Fall keine Gültigkeit zu haben braucht. Anders zu handeln, würde Schwierigkeiten in seiner Sadhana schaffen und nicht eine Erleichterung oder Abkürzung. Ich habe ihm auch in meinem Brief recht deutlich mitgeteilt, dass der Versuch, anderen Menschen zu begegnen und mit ihnen zu verkehren – was im gewöhnlichen Leben durch Geselligkeit und andere Kontakte vonstatten geht –, im Yoga auf einer anderen Bewusstseins-Ebene und ohne die niedere Beimengung unternommen werden muss – auf einer spirituellen und seelischen Grundlage für eine höhere Einheit mit allen [Menschen]. Übrigens braucht die Zeit und Art der Bewegung, wodurch das geschieht, nicht für jedermann gleich zu sein. Der Versuch, sich zu zwingen, würde zu Düsterkeit, Verzagtheit und einer künstlichen Bewegung führen, die nicht der wahre Weg zum Erfolg wären. Eine menschliche Seele und Natur kann man nicht mit Hilfe einer Reihe von festgelegten Regeln, für jedermann auf die gleiche Weise anwendbar, behandeln; wenn dem so wäre, bräuchte man keinen Guru, jeder würde seine Tabelle yogischer Regeln vor sich hinlegen – wie die Regeln von Sandows Gymnastik-Übungen – und ihnen folgen, bis er der vollendete siddha ist.

Soviel, damit du verstehst, warum wir X nicht auf die gleiche Weise wie dich oder einen anderen behandeln. Die Tendenz, das, was ich für den einen festlege, ohne Unterscheidung auf einen anderen anzuwenden, ist schuld an vielen Missverständnissen. Auch kann eine generelle Aussage, die in sich richtig ist, nicht auf jedermann in der gleichen Weise angewendet werden, ohne die Voraussetzung, den Umstand, die Person oder die Zeit zu berücksichtigen. Allgemein möchte ich sagen, dass es mein Ziel im Yoga ist, das Supramental herabzubringen, und dass man sich für diesen Zweck zuerst aus dem Mental in das Obermental erheben muss; doch wenn daraufhin irgend jemand und jedermann versuchen würde, das Supramental herabzuziehen oder seinen Weg unmittelbar aus dem Mental in das Obermental zu erzwingen, würde das Ergebnis eine Katastrophe sein.

Kümmere dich daher um deinen eigenen Fortschritt und folge der Führung der Mutter! Überlasse es den anderen, das gleiche zu tun! Die Mutter ist hier, um sie zu führen und ihnen entsprechend ihrem Erfordernis und ihrer Natur zu helfen. Es macht nicht das geringste aus, wenn der Weg, den sie für X vorsieht, von dem deinen verschieden ist oder das Gegenteil davon zu sein scheint. So wie dieser der richtige für ihn ist, ist jener der richtige für dich.

Du hast nun begonnen, die Schwierigkeiten, die sich noch in deinem Vital befinden, zu erkennen; halte dich an diese klare Wahrnehmung, lass sie noch klarer und genauer werden! Konzentriere dich auf das, was du zu tun hast, und lass dich nicht auf diese oder eine andere Weise durch belanglose Voreingenommenheiten oder irgendeinen anderen Einfluss stören!

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Die zugrundeliegende Ursache deines Rückfalls wird mit Sicherheit nicht durch die Beantwortung von Fragen behoben. Selbst eine befriedigende Antwort wäre nur etwas Zeitweiliges. Die selben Fragen würden sich entweder in einer mechanischen Wiederholung erheben – denn in Wirklichkeit stammen sie nicht vom Verstand, sondern von einem bestimmten Teil des vitalen Bewusstseins, der durch die ihn umgebende Atmosphäre beeinflusst wird –, oder sie würden von einem veränderten Standpunkt oder einem etwas veränderten Gesichtswinkel her gestellt werden. Die Schwierigkeit kann nur dann behoben werden, wenn du unbeirrt darauf beharrst, dass sie behoben werden soll – wenn du dich weigerst, den Rechtfertigungen irgendwelchen Wert beizumessen, die das Mental unter diesem atmosphärischen Einfluss für deine „Traurigkeit“ vorbringen muss, und wenn du dich fest an den Entschluss hältst, so wie du es bei bestimmten anderen Gelegenheiten tatest, die yogische Wandlung zu vollziehen, die Seele voll zu erwecken, nicht den Stimmen des Mentals zu folgen, sondern vielmehr das zu tun, was die Mutter von dir fordert, und auszuharren, wie schwierig es auch sein mag oder zu sein scheint. Auf diese Weise kann die Seele voll erwachen und ihren Einfluss festigen – nicht in deinem höheren Vital, wo sie bereits erwacht ist, sondern in deinem niederen Vital, denn dort sind deine Schwierigkeiten und dort wiederholt sich die vitale Depression.

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Es ist tatsächlich erstaunlich, dass du dich an eine extravagante Täuschung, wie X sie zuwege brachte, verloren haben solltest. Es ist schlechthin der Geist vitaler Falschheit, dramatisch und romantisch, der die Vernunft verdunkelt und den gesunden Menschenverstand sowie die einfache Wahrheit ausschaltet. Um das Vital zu läutern, musst du es von diesem ganzen Kompromiss mit der Falschheit befreien – gleichgültig wie bestechend die vorgebrachte Begründung auch ist – und ihm statt dessen die Gewohnheit einer einfachen, aufrichtigen seelischen Wahrheit einprägen, so dass nichts Gelegenheit erhält einzudringen. Wenn diese Lektion jenem Teil des Vitals, der solcher Kompromisse fähig ist, eingeprägt werden kann, wird etwas Gutes aus dieser falschen Bewegung hervorgehen. Hefte für immer die folgende Warnung der Mutter an die Pforte deines vitalen Wesens, „hier darf künftig keine Falschheit mehr eintreten“, und stelle einen Wächter auf, der sich darum kümmert, dass sie beachtet wird!

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Deine Verteidigung von X hört sich an, als ob es X‘s eigene Ideen wären – und was für seltsame Ideen es sind! Falls sie richtig sind, müssten wir zu den folgenden Rückschlüssen kommen:

1. Sattva ist nicht der beste Weg zur Verwirklichung, rajas ist der beste Weg, spirituell zu werden. Es ist der rajasische Mensch mit seinem wilden Ego und seinen heftigen Leidenschaften, welcher der wahre Sadhak des Göttlichen ist.

2. Der asura ist der beste bhakta. Die Gita hat ganz unrecht, wenn sie die deva-Natur und nicht die asura-Natur als Voraussetzung für die Verwirklichung hinstellt. Es ist genau umgekehrt.

3. Ravana, Hiranyakasipu, Shishupala waren die größten Verehrer des Göttlichen, weil sie der Feindschaft gegenüber dem Göttlichen fähig waren, und aus diesem Grund wurden sie in wenigen Leben befreit – verglichen damit waren die großen rsis und bhaktas nur dürftige spirituelle Werkzeuge. Ich bin mir des Paradoxes bezüglich Ravana im Purana bewusst, doch möchte ich klarstellen, dass diese asuras und rakshasas nicht vorgaben, Jünger oder Anbeter von Rama, Krishna oder Vishnu zu sein, oder ihre Stellung als Jünger nicht dazu benützten, moksa [Befreiung] durch Aufruhr zu erlangen – sie erhielten moksa durch die Tatsache, dass sie Feinde [des Göttlichen] waren und von der Gottheit getötet und in sie absorbiert wurden.

4. Der Gehorsam gegenüber dem Guru, die Anbetung des Göttlichen ist alles purer Blödsinn und recht für Schafe, aber nicht für Menschen. Wenn man sich wütend gegen den Guru oder das Göttliche wendet, ihn beleidigt, Verachtung ausdrückt, seine Aufrichtigkeit auf die Probe stellt, seine Handlungsweise als falsch, töricht oder als listig erklärt, wenn man sich in jedem Punkt recht gibt, sein Urteil aber als verfehlt, voreingenommen, absurd und falsch ansieht, als einen Rückhalt für die Teufel usw. usw., so ist das der beste Weg der Hingabe und der wahren Beziehung zwischen Guru und sisya. Ungehorsam ist der höchste Respekt, den man dem Guru erweisen, Ärger und Aufruhr die erhabenste Anbetung, die man ihm darbringen kann.

5. Jemand, der die Schläge von Mahakali mit Freuden hinnimmt als Mittel, seine Fehler zu entdecken und an Licht, Stärke und Reinheit zu wachsen, ist ein Schaf und der Jüngerschaft unwürdig – jemand, der auf den leisesten Druck zur Wandlung mit Aufruhr reagiert und auf seinen Irrtümern beharrt, ist ein starker Mann, ein mächtiger adhara und edler Jünger auf dem Weg zur Vollendung.

Ich könnte fortfahren, die Konsequenzen zu vervielfachen, habe aber keine Zeit. Glaubst du wirklich all diese Dinge? Sie sind die natürlichen Folgeerscheinungen von X‘s Theorie oder dieser Theorie des Aufruhrs als dem Weg zur Vollendung. Wenn du die Voraussetzung akzeptierst, musst du die logischen Konsequenzen akzeptieren. Das ist es was X tat – nur nannte er seine Irrtümer Wahrheit und den von mir vorgeschriebenen Weg Falschheit – eine Falschheit, die nur durch die Tatsache erklärt werden kann, dass ich ein Meister sei, der sein höheres Selbst vergessen hätte. Und diese Konsequenzen führten zu seiner Abreise, die von uns nicht gewollt war, für die er sich vielmehr selbst entschlossen hatte, und zwar unter Umständen, die es mir praktisch unmöglich machen, ihn zurückkommen zu lassen, es sei denn, er würde sich einer Wandlung unterziehen, die mir nach den Erfahrungen der Vergangenheit aber als nicht gewährleistet erscheint.

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Deine Analyse ist absolut zutreffend – mit dieser klaren Erkenntnis vom Mechanismus der ganzen Sache sollte es leichter sein, sich von diesen unwissenden Kräften zu befreien. Es stimmt, dass sie sich um Wahrheit oder Vernunft nicht kümmern und nur an die blinden Gefühle des Vitals appellieren; aber dennoch sollte das Licht des wahren Bewusstseins, das ständig auf sie gerichtet ist, so sehr dein eigenes Vital erleuchten, dass es sich nicht länger für diese Dinge hergibt, die es zu stören versuchen, sondern bereit sein, seine Grundlage in der Stille und dem Glück der Hingabe an das Göttliche zu finden.

VI.

Die Schwierigkeit deines Vitals ist nicht eine spezifische Eigentümlichkeit von dir, sondern bis zu einem gewissen Grad und in dieser oder einer anderen Form ein ziemlich allgemeines Übel. Ihre fortwährende Wiederkehr, die mechanische, irrationale Wiederkehr [der Schwierigkeit], selbst wenn sie von der ganzen übrigen Natur zurückgewiesen wurde, hat ihre Ursache in der Widerspenstigkeit des stofflichen Bewusstseins, das bei der geringsten Berührung durch die alten, gewohnten Kräfte die alte Bewegung im alten Fahrwasser ständig wiederholt. Es ist eine Frage des Glaubens, der Geduld und der Beharrlichkeit. Man muss widerspenstiger als die widerspenstigste stoffliche Natur sein und ausharren, bis das Licht und die Wahrheit für immer auch jene Teile ergreifen können, die noch auf die alten Bewegungen reagieren. Es kann keinen Zweifel geben, dass mit dieser Beharrlichkeit am Ende die Wahrheit siegen wird.

Es wäre leichter, wenn du dich von bestimmten fixen Ideen und der gewohnten Reaktion der Verzagtheit und Verzweiflung bei diesen Rückfällen befreien könntest. Bezweifle zum Beispiel nicht die „Möglichkeit“ der Bekehrung deines vitalen Wesens; du solltest vielmehr erkennen, dass sie mit Sicherheit stattfinden wird und nicht nur möglich ist. Lass dich durch diese Rückfälle nicht deprimieren, sondern beobachte sie einfach, löse dich ab und rufe die höhere Kraft in vollem Vertrauen darauf, dass es sich um mechanische Rückfälle und im wesentlichen um nichts anderes handelt – wie stark sie auch zu sein scheinen. Das Prinzip der mechanischen Wiederkehr in der stofflichen Natur ist sehr stark, so stark, dass es einen leicht glauben lässt, es sei unausrottbar. Das jedoch ist nur ein Trick der Kräfte der stofflichen Unbewusstheit, die sich zu behaupten versuchen, indem sie diesen Eindruck schaffen. Wenn du dagegen fest bleibst und Verzagtheit oder Mutlosigkeit zurückweist und selbst im Augenblick der Attacke dir der Gewissheit des endlichen Sieges sicher bist, wird der Sieg als solcher viel leichter und schneller kommen.

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When the vital takes hold of a thing, it is often like that – it fixes it continually on the mind till it is either satisfied or the hold thrown off.

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Du solltest dich durch die Tatsache, dass die Bewegungen der niederen vitalen Natur so beharrlich sind, nicht entmutigen lassen. Einige davon werden solange versuchen fortzubestehen und zurückzukehren, bis die gesamte physische Natur durch die Umwandlung des allerstofflichsten Bewusstseins umgeformt ist; bis dahin wiederholt sich ihr Druck als mechanische Gewohnheit – manchmal verbunden mit einem Wiederaufleben ihrer Kraft, manchmal schwerfälliger. Nimm ihnen die Lebenskraft, indem du die mentale oder vitale Zustimmung verweigerst; dann wird die mechanische Gewohnheit nicht mehr die Macht haben, die Gedanken und Taten zu beeinflussen, und wird schließlich versiegen.

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Sehr oft, wenn man glaubt, dass ein bestimmter Widerstand erloschen ist und nicht länger im Vital herrscht, schießt er wiederum empor.

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Die Verschlimmerung bestimmter vitaler Bewegungen ist ein durchaus wohlbekanntes Phänomen im Yoga und bedeutet nicht, dass man dekadent ist, sondern mit den grundlegenden Instinkten der erdhaften, vitalen Natur in enge Tuchfühlung statt der [bisherigen] oberflächlichen Bekanntschaft gekommen ist. Ich selbst hatte während eines bestimmten Stadiums spiritueller Entwicklung diese Erfahrung, dass Dinge, die zuvor kaum existierten und im rein yogischen Leben ganz zu fehlen schienen, hoch emporschossen. Diese Dinge erheben sich deshalb so stark, weil sie um ihre Existenz kämpfen – es haftet ihnen nichts Persönliches an, und die Heftigkeit ihres Angriffs wird nicht durch eine „Minderwertigkeit“ in der individuellen Natur verursacht. Ich schätze, dass unter zehn Sadhaks sieben eine ähnliche Erfahrung haben. Später, wenn sie ihr Ziel, das darin besteht, den Sadhak von seiner Sadhana abzubringen, nicht durchsetzen können, beruhigt sich die ganze Sache, und es gibt keine ernstliche Störung mehr. Ich wiederhole, dass das einzig Bedenkliche daran die in dir ausgelöste Depression ist sowie die Vorstellung, für den Yoga unfähig zu sein, die sie dir aufdrängen wollen, wenn sie an der Arbeit sind. Falls du dich davon befreien kannst, ist die Heftigkeit der vitalen Angriffe lediglich die Erscheinungsform eines bestimmten Stadiums [im Yoga] und hat am Ende keine Bedeutung.

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Alle diese Dinge sind in der menschlichen Natur enthalten, es sind gewohnheitsmäßige Bewegungen, die ihren wahren Charakter erst dann zeigen, wenn das Licht des höheren Bewusstseins auf sie gerichtet wird. Selbst nachdem sie zurückgewiesen wurden, besteht weiterhin die Möglichkeit einer Reaktion auf solche äußeren Einflüsse in der Grundsubstanz des niederen Vitals oder vitalen Physischen oder des Unterbewusstseins, bis die volle Erleuchtung dort stattgefunden hat.

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Die Tatsache, dass dein Vital „aus dem Gleichgewicht gerät“ und diese Dinge akzeptiert (Ego, Forderung, Begehren), zeigt, dass du ihnen gegenüber offen bist. Wenn das innere Vital sie zurückweist, so dass sie zu nichts anderem als bloßen Suggestionen werden, dann ist dies ein Zeichen, dass diese Dinge nicht länger zugelassen werden. Es können sich dann Fluten von Suggestionen oder auch Wogen aus der allgemeinen Natur einstellen, sie können jedoch keinen Einlass finden. Erst dann kann ein Wille aufrechterhalten werden, der von der allgemeinen Atmosphäre unberührt ist.

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Der Grund muss darin liegen, dass bei jener Gelegenheit das Bewusstsein absackte und eine vitale Woge aus der Atmosphäre eindrang, welche die alten, bereits beruhigten Vibrationen des rastlosen Vitals wieder aufleben ließ. Du musst dich von ihnen loslösen und das Gleichgewicht der Ruhe wieder herstellen. Sie besitzen weder im Vital noch im Herzen eine wirkliche Grundlage und verlassen sich lediglich auf die Kraft der Wiederholung, die vom Unterbewusstsein her aufsteigt und, einmal in Bewegung gesetzt, diese alten Ideen und Gefühle zu wiederholen versucht, um das Bewusstsein daran zu hindern, sich in Ruhe zu festigen. Das einmal erlangte Gleichgewicht ist jedoch vorhanden, es war nur verdeckt und musste von dieser Umwölkung befreit werden. Wenn diese Attacken stattfinden, solltest du die Gewohnheit annehmen, irgendwo in dir die Ruhe zu bewahren, etwas innerlich zu erhalten, das sich weigert, diesen Einflüssen zuzustimmen oder sie als die eigenen Gedanken und Gefühle zu akzeptieren.

Immerhin, die [Yoga-] Kraft wird eingesetzt werden, um dir zu helfen; empfange sie, und all das wird aufhören!

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Es war offensichtlich nicht das Wirken von etwas, das innerlich noch verwurzelt ist, sondern eine alte Bewegung, die von außen zurückkehrt (aus der universalen Natur) und auf die im Vital durch die Macht der Gewohnheit, die Kraft der gewohnten Wiederkehr noch etwas anspricht. Das wird durch die Tatsache deutlich, dass du zu jenem Zeitpunkt nichts fühltest – erst später; es zeigt sich auch durch den Wechsel von Ruhe und Unrast, nachdem du die Kraft gerufen hattest, so als ob etwas seinen Griff lockern und dann versuchen würde, ihn wieder zu festigen und zu bewahren. Dinge, die hinausgestoßen wurden, kehren stets auf diese Weise zurück, indem sie sich auf die alte Gewohnheit der Reaktion in der Substanz der menschlichen Natur verlassen – auf die alte Vibration. Wenn man sie jedoch hinausstößt, wann immer sie auftreten, wird am Ende der Teil, der reagiert, verstehen, dass er das nicht darf, und allmählich oder rasch von dieser Gewohnheit befreit werden.

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Es ist normal, dass sich bei einem besonderen Druck [der Yoga-Kraft] auf eine vitale Bewegung ein Widerstand offenbart, sei es im Vital selbst (hier im vitalen Physischen) oder im Unterbewusstsein. Manchmal ist es ein tatsächlicher Widerstand, manchmal nur die pravṛtti [der Impuls zu Tat und Werken], die sich zur Läuterung darbringt.

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Der einzige Weg, sich von diesen vitalen Bewegungen zu befreien, besteht darin, beharrlich das zu tun, was er seiner Beschreibung nach mit den eindringenden Kräften tut – das heißt immer wachsam zu sein, immer und in jedem Augenblick zu versuchen, bewusst zu sein, immer diese Dinge zurückzuweisen, sich zu weigern, an ihnen Gefallen zu finden, die Mutter zu rufen und das Licht herabzubringen. Er darf sich durch ihre [der vitalen Bewegungen] beharrliche Wiederkehr nicht entmutigen lassen, es ist nicht möglich, die [menschliche] Natur auf einmal zu ändern, es dauert lange Zeit. Wenn er jedoch das seelische Bewusstsein im Vordergrund bewahren kann, wird es viel leichter sein, und die Wandlung wird mit viel weniger Schwierigkeiten und Störung vonstatten gehen. Das kann durch fortwährendes Streben und abhyāsa [fortwährende Übung] geschehen.

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In den meisten Menschen ist das niedere Vital voller schwerwiegender Mängel und voller Bewegungen, die auf feindliche Kräfte ansprechen. Ein immerwährendes seelisches Sich-Öffnen, ein beharrliches Zurückweisen dieser Einflüsse, ein Sich-Ablösen von allen feindlichen Eingebungen und das Einströmen der Stille und des Lichtes, des Friedens und der Reinheit, die der Macht der Mutter innewohnen, werden schließlich das [menschliche] System von der Bedrängnis befreien.

Es ist notwendig, ruhig und immer noch ruhiger zu sein, diese Einflüsse als etwas zu betrachten, das nicht du selbst bist, sondern das eingedrungen ist, damit du dich davon löst, es abweist und in ruhigem Vertrauen auf die göttliche Macht verharrst. Wenn dein seelisches Wesen nach dem Göttlichen verlangt, wenn dein Mental aufrichtig ist und um die Befreiung von der niederen Natur und allen feindlichen Kräften bittet, wenn du die Macht der Mutter in dein Herz rufen kannst und dich darauf mehr als auf deine eigene Stärke verlässt, wird diese Bedrängnis schließlich von dir genommen werden, und Stärke und Frieden werden an ihre Stelle treten.

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Es ist immer besser, Frieden zu haben. Im Vital ist stets etwas, das widersteht und zu verzögern versucht; doch wenn sich das innere Wesen hinreichend öffnet und du im inneren Wesen zu leben vermagst, kann der Friede herabkommen und sich dort auf eine Weise festigen, dass die vitalen Bewegungen an der Oberfläche zwar vorhanden sein mögen, aber den inneren Frieden nicht brechen können.

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Die Geduld zu verlieren, ist unter allen Umständen zu vermeiden; denn das verlängert nur die vitale Störung. Das Vital, wenn es (grundlegend) verändert werden soll, verursacht ständige Schwierigkeiten, so wie diese, bis man in der Ruhe des inneren Bewusstseins unverwandt ausharren und die vitalen Bewegungen ziemlich an der Oberfläche halten kann.

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Warum solltest du annehmen, dass es umsonst sei? Die Läuterung des Vitals nimmt lange Zeit in Anspruch, weil keiner der Teile ganz frei ist, solange nicht alle zusammen frei sind, und sie sich einer Vielfalt von Bewegungen bedienen, die verändert oder erleuchtet werden müssen – außerdem besteht eine starke Gewohnheit des Beharrens und Widerstandes in den eingewurzelten Bewegungen der Natur. Man kann daher leicht annehmen, noch keinen Fortschritt erzielt zu haben – aber jede aufrichtige und stetige Bemühung um Läuterung hat ihr Ergebnis, und nach einiger Zeit wird der erzielte Fortschritt offenbar werden.

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Die Attacke ist deshalb so heftig und erscheint dir anormal, weil sowohl dein Mental als auch dein Vital aufrichtig geworden sind. Früher als du von Zeit zu Zeit nachgabst, war der fordernde Teil nicht absolut hartnäckig, und wenn er einen Druck ausübte, wurde es von der übrigen vitalen Natur nicht so deutlich empfunden. Dein mentales, seelisches und höheres vitales Wesen haben sich jetzt völlig davon distanziert. Es ist dein physisches Vital, das am Begehren noch festhält und von Zeit zu Zeit von den Gegenkräften gedrängt wird, es zu aktivieren. Dieses Begehren war es auch, das die physische Störung verursachte, an der du vor einigen Tagen gelitten hast. Du musst dich von diesem Begehren des niederen Vitals ganz und gar befreien.

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Nicht das Mental, sondern das seelische Wesen machte den Vorschlag, und zwar unter Zuhilfenahme des Mentals. Es gibt einen Teil des Mentals, der unter dem Einfluss der Wahrheit steht und ein Durchlass für das Wissen oder Fühlen des seelischen Wesens sein kann; es gibt einen anderen Teil [des Mentals], der auf das Vital reagiert und die Schwierigkeiten und Widerstände in der [menschlichen] Natur zum Ausdruck bringt und stützt. Wenn sich das ganze Mental weigert, auf das Vital zu reagieren oder seine Vorschläge zu akzeptieren oder zu stützen, verringert sich die Macht der vitalen Attacke beträchtlich, und man ist eher dazu fähig, einen Druck auf das Vital auszuüben und es zu zwingen, auf die Seele zu hören und sich zu wandeln.

In deinem Fall war es so, dass sich die ganze vitale Schwierigkeit anhäufte und erhob. Wenn eine Attacke wie diese überwunden wird, findet immer eine Klärung der inneren Atmosphäre statt. Man darf nicht zulassen, dass sie wieder an Stärke zunimmt – und hierfür muss das Mental stets der seelischen Eingebung folgen und sich sofort weigern, gegenteiligen Vorschlägen Zuflucht zu gewähren; gleichzeitig muss es sich für die Kraft der Mutter offen halten, damit sie in das Vital herabkomme, davon Besitz ergreife und dort wirke.

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Im allgemeinen verhält es sich so, dass etwas das Vital berührt, oft ohne dass man es merkt, und das alte, gewöhnliche oder äußere Bewusstsein so zurückbringt, dass das innere Mental verdeckt wird und die ganzen alten Gedanken und Gefühle für eine Weile zurückkehren. Es ist das physische Mental, das aktiv wird und seine Zustimmung gibt. Wenn das ganze Mental ruhig und distanziert bleibt und die vitale Bewegung beobachtet, ohne seine Zustimmung zu geben, wird die Zurückweisung einfacher. Die Ruhe und Loslösung des Mentals, die wieder hergestellt wurden, kennzeichnen in der Sadhana immer einen großen Schritt nach vorne.

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Was aber willst du tun mit all diesen dunklen und nutzlosen vitalen Bewegungen, die dich quälen, diesen falschen Gedanken, Suggestionen, Verworrenheiten, Unfähigkeiten usw. Du schreibst so, als wärst du der Meinung, dass man sie bewahren und dann wandeln müsste. Aber warum sie bewahren und auf welche Weise sie wandeln? Welchen Nutzen versprichst du dir davon? Was du zu tun hast, ist vielmehr, sie „auszuschließen“, sie zurückzuweisen, dich zu weigern sie zu bewahren, dich zu weigern sie überhaupt zu haben. Was die Yoga-Kraft dir auferlegt, ist strenggenommen, deine Betrachtungsweise zu ändern und auf die wahre Weise zu sehen. Es wäre tatsächlich ein großer Segen, wenn du diese anderen, „falschen Dinge“ alle vergessen könntest. Und nochmals, warum willst du die falschen Dinge, wie du sie selbst nennst, bewahren und dann wandeln? Wenn du eine Krankheit hast, willst du die Schmerzen, das Siechtum und alles übrige bewahren und dann ändern? Was du tatsächlich willst, ist, dass die Krankheit hinausgestoßen wird, dass der Körper sie vergisst, dass kein Eindruck davon zurückbleibt, dass selbst die Möglichkeit ihrer Wiederkehr ausgeschlossen wird, dass du auf eine ganz andere Weise lebst und fühlst – auf eine gesunde Weise. Genau das gleiche ist es hier [mit den dunklen vitalen Bewegungen].

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Diese Vorstellung, dass du hilflos seist, besteht deshalb, weil das Vital der falschen Bewegung zustimmt, die sich in den Weg stellt. Du musst deinen inneren Willen und das Licht der Mutter auf das Vital richten, damit es sich ändern möge, und es nicht tun lassen, was es will. Wie ist eine Wandlung möglich, solange man glaubt, hilflos zu sein, und von einem beliebigen Teil des instrumentalen Wesens gelenkt wird. Die Kraft der Mutter oder die Seele kann nur unter der Voraussetzung wirken, dass das Wesen zustimmt. Wenn es dem Vital überlassen wird zu tun, was es will, wird es immer seinen alten Gewohnheiten folgen; es muss dazu gebracht werden, selbst zu fühlen, dass es sich ändern muss.

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Wenn du deinen Glauben zurückgewinnen und bewahren willst, musst du erst dein Mental beruhigen und es der Kraft der Mutter öffnen und fügsam machen. Bei einem erregten Mental, das jedem Einfluss und Impuls preisgegeben ist, wirst du ein Feld von widersprüchlichen und gegensätzlichen Kräften bleiben und kannst keine Fortschritte machen. Du wirst auf deine eigene Unwissenheit, statt auf das Wissen der Mutter zu hören beginnen, dein Glaube wird naturgemäß versiegen und du wirst in eine falsche Verfassung geraten und eine falsche Haltung einnehmen.

Dein Leiden beruht offensichtlich auf einem Nervenleiden und ist kein gewöhnliches physisches Leiden. Diese Krankheiten werden durch den Druck feindlicher Kräfte ausgelöst; sie werden schlimmer, wenn etwas in dir ihnen zustimmt und sie akzeptiert, und je mehr das Mental ihnen Bedeutung beimisst und sich mit ihnen befasst, um so mehr wachsen sie. Der einzige Ausweg ist, ruhig zu bleiben, sich loszulösen, sich zu weigern sie anzunehmen oder ihnen große Wichtigkeit beizumessen, sowie die Ruhe und Stärke, welche die Mutter um dich errichtet, in dein Mental eintreten und dein Nervensystem durchdringen zu lassen. Eine andere Verhaltensweise würde bedeuten, dich auf die Seite der dich peinigenden feindlichen Kräfte zu stellen. Die Heilung mag lange dauern, weil dein Nervensystem lange Zeit diesen Einflüssen ausgesetzt war; auch kehren sie, wenn sie einmal vertrieben sind, voller Ungestüm zurück, um ihren Griff neu zu festigen. Wenn du aber hinsichtlich dieser Dinge Geduld und Stärke sowie das rechte Bewusstsein und die rechte Einstellung gewinnen und bewahren kannst, wird sich ihr Griff immer mehr lockern.

Es gibt Mängel in deiner vitalen Natur, die einem gesicherten spirituellen Fortschritt im Wege stehen; sie können aber ausgemerzt werden, wenn du all diese übertriebenen Vorstellungen von „Sünde“ und Untauglichkeit fallen lässt, sie gelassen betrachtest, erkennst und zurückweist. Beruhige alle übereifrigen Forderungen und Begierden in dir, alle Erregung und Übertreibung von gegensätzlichen Gefühlen und Impulsen, suche als erstes die Intensität der Hingabe, aber auch Ruhe, Stärke, Reinheit und Frieden. Lass zu, dass ein ruhiger und stetiger Wille zum Fortschritt sich in dir festige; nimm die Gewohnheit an, schweigend, beharrlich und gründlich das zu assimilieren, was die Mutter in dich hineingibt. Das ist der zuverlässige Weg, um Fortschritte zu machen.

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Es wäre ganz und gar nicht das richtige, diesen Suggestionen nachzugeben, die offensichtlich von einer Kraft stammen, die sich das Unbehagen und die Enttäuschung des Vitals zunutze machen will, um dich dazu zu bringen, deine Sadhana abzubrechen. Es sind die üblichen Suggestionen, die alle [Sadhaks] unter der Anspannung des vitalen Zustandes erfahren: „Ich bin nicht fit für diese Sadhana. Ich muss fort, ich kann hier nicht bleiben. Die Mutter liebt mich nicht. Ich habe alles aufgegeben und nichts erhalten. Der Kampf macht mich zu elend; lass mich gehen“. Überflüssig zu sagen, dass es keine echte Grundlage für diese Suggestionen gibt. Es wäre absurd, wegen eines akuten Kampfes zu folgern, dass du für die Sadhana nicht taugst, und sie aufzugeben, nachdem du schon so weit gekommen bist. Der Grund für deinen Zustand ist in der Tatsache zu suchen, dass du das physische Vital aufgefordert hast, bestimmte Bindungen und Gewohnheiten, die es hegte, aufzugeben; und da es gänzlich unfähig ist zu widerstehen, und elend, weil es sich beraubt fühlt, benützt es diese Suggestionen als Vorwand, um dem von dir auferlegten Druck zu entrinnen. Die Schärfe des Kampfes wird durch die Heftigkeit der Attacke ausgelöst, aber noch mehr dadurch, dass dieses Vital oder ein Teil davon auf die Suggestionen anspricht; im anderen Fall wäre eine weniger störende, wenn auch langsamere Bewegung durchaus möglich. Die Haltung der Mutter dir gegenüber hat sich in keiner Weise geändert, sie ist auch nicht über dich enttäuscht – das ist eine Suggestion, die aus der Verfassung deines eigenen Mentals stammt, das seine falsche Empfindung von Enttäuschung und Untauglichkeit auf die Mutter schiebt. Sie hat keinen Grund, ihre Haltung dir gegenüber zu ändern oder enttäuscht zu sein, da sie sich immer der vitalen Schwächen in dir bewusst war und erwartete und immer noch erwartet, dass du sie überwindest. Der Aufforderung zu folgen, bestimmte Dinge zu ändern, die der Substanz des Charakters anzugehören scheinen, erweist sich selbst für die besten Sadhaks als schwierig, aber eine Schwierigkeit ist kein Beweis für Unfähigkeit. Genau diesem Impuls, von hier fortzugehen, darfst du nicht nachgeben – denn solange diese Kräfte an ihren Erfolg glauben, werden sie auf diesen Punkt einen Druck ausüben, so sehr sie können. Du musst dich auch im Vital noch mehr der Kraft der Mutter öffnen, und hierfür ist es notwendig, dich von dieser Suggestion einer Enttäuschung oder mangelnder Liebe der Mutter zu befreien, denn das ist es, was die Reaktion während des pranama auslöst. Unsere Hilfe, Unterstützung und Liebe sind immer da wie zuvor – halte dich offen für sie und vertreibe mit ihrer Hilfe diese Suggestionen.

VII.

Jegliche Depression ist schlecht, da sie das Bewusstsein senkt, die Energie verbraucht und die feindlichen Kräfte einlässt.

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Erlaube dir nicht, irgendeine Bewegung vitaler Depression zuzulassen, geschweige denn einen deprimierten Zustand. Was das äußere Wesen anbelangt, so ist es immer – nicht nur in dir, sondern in jedem Menschen – ein schwer zu handhabendes Tier. Es muss mit Geduld und Ruhe und einer freudigen Ausdauer behandelt werden; lass dich niemals durch seinen Widerstand deprimieren, denn dadurch wird es nur empfindlich, bedrückt und schwierig oder aber es verliert den Mut. Gib ihm vielmehr die Ermutigung des Sonnenlichtes und übe einen ruhigen Druck auf es aus – und eines Tages wirst du sehen, dass es sich gänzlich der Gnade öffnet.

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Das äußere Wesen macht sich nichts aus der Sadhana, außer es kann durch sie etwas erhalten, das ihm angenehm, erfreulich oder befriedigend erscheint – daher neigt es leicht zur Depression.

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Natürlich gibt es, wenn das Vital ruhig ist und dem Mental erlaubt, die Dinge auf die rechte Weise zu sehen, diese Depressionen nicht.

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Diese Gefühle der Verzweiflung und das übertriebene Empfinden der Selbsterniedrigung und Hilflosigkeit sind Suggestionen einer feindlichen Kraft und sollten niemals zugelassen werden. Die Mängel, von denen du sprichst, hast du mit der menschlichen Natur von allen gemeinsam, und das äußere Wesen jedes Sadhaks ist voll von ihnen; sich ihrer bewusst zu werden, ist für die Umwandlung notwendig, doch muss es mit einem ruhigen Mental geschehen und mit dem Glauben und der Hingabe an das Göttliche und einem überzeugten Streben nach dem höheren Bewusstsein, wie sie dem seelischen Wesen eigen sind. Die Umwandlung des äußeren Wesens ist der schwierigste Teil des Yoga und verlangt Glauben, Geduld, Ruhe und feste Entschlossenheit. Das ist die Einstellung, mit der du diese Depressionen ablegen musst und im Yoga stetig vorankommst.

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Wenn du dich in einem bemitleidenswerten Zustand befindest, so sicher nicht deshalb, weil du unser Missfallen erregt hättest. Ich habe gesagt, dass wir immer bei dir sind, und das ist wahr; um es aber zu fühlen, musst du dich von deinem Vital zurückziehen und in der Lage sein, dich in deinem inneren Wesen zu konzentrieren. Wenn du das getreu und aufrichtig tust, wirst du nach einer gewissen Zeit den Kontakt und die Beziehung fühlen.

Die Bedeutung der erwähnten Redewendung ist, dass im allgemeinen das Vital dem Ruf nach Wandlung widersteht. Das ist mit Aufruhr oder Widerstand gemeint. Wenn der innere Wille beharrlich ist und Aufruhr oder Widerstand unterbindet, kann die Abneigung des Vitals häufig die Form von Depression oder Trübsinn annehmen, begleitet von einem Widerstand im physischen Mental, das die Wiederholung der alten Ideen, Gewohnheiten, Bewegungen oder Tätigkeiten unterstützt, während das Körper-Bewusstsein unter einer Besorgnis oder Furcht vor der geforderten Wandlung leidet, unter einem Zurückweichen vor ihr oder einer Stumpfheit, die den Ruf nicht empfängt.

Von diesen Dingen musst du dich befreien. Eine sorgenvolle oder verzagte Stimmung aber ist nicht die geeignete Voraussetzung dafür. Du musst dich von dem Gefühl des Leidens, der Qual und Befürchtung befreien, es zurückweisen und ruhig den Widerstand betrachten, du musst immer deinen Willen zur Wandlung auf dich selbst einsetzen und darauf beharren, dass sie mit der göttlichen Hilfe geschehen muss, früher oder später, weil die Göttliche Hilfe existiert. Dann kannst du die Stärke empfangen, durch welche die Schwierigkeiten überwunden werden.

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Das Weinen, das mit dem von dir beschriebenen Gefühl einhergeht, ist das Zeichen einer seelischen Sorge – denn es übermittelt ein Streben des seelischen Wesens. Depression und Hoffnungslosigkeit aber sollten nicht aufkommen. Du solltest dich vielmehr an den Glauben halten, dass das wahrhafte Streben in dir mit Sicherheit erfüllt werden wird, welcher Art auch immer die Schwierigkeiten der äußeren Natur sein mögen. In diesem Glauben musst du den inneren Frieden und die innere Ruhe wiederfinden und gleichzeitig die klare Einsicht in das zu Geschehende bewahren sowie das stetige Streben nach der inneren und äußeren Wandlung.

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Es ist mir nicht bekannt, dass Traurigkeit die Macht hätte, die Dürre im Vital zu heilen. Ich selbst bin dem Pfad des Gleichmuts gefolgt, den die Gita vorschreibt – aber für einige mag die seelische Traurigkeit notwendig sein. Ich bin jedoch der Meinung, dass sie eher das Merkmal eines Defektes als einer Heilung ist.

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Im Yoga gilt die Regel, sich durch eine Depression nicht deprimieren zu lassen, sondern sich davon zu distanzieren, ihre Ursachen zu entdecken und sie zu beseitigen; denn die Ursache liegt immer in einem selbst, vielleicht ist es eine vitale Schwäche irgendwo, eine falsche Bewegung, der man nachgegeben hat, oder ein kleinliches Begehren, das eine Rückwirkung hervorruft, manchmal indem man es befriedigt, manchmal indem man es zurückweist. Im Yoga löst ein befriedigtes Begehren oder eine falsche Bewegung, der man sich hingibt, sehr häufig eine schlimmere Rückwirkung aus als ein Begehren, das man zurückweist.

Wichtig für dich ist, mehr und mehr tief innerlich zu leben und weniger im äußeren vitalen und mentalen Teil, der diesen Eindrücken ausgesetzt ist. Das innerste seelische Wesen wird durch sie nicht deprimiert; es hat seine eigene Nähe zum Göttlichen und sieht die kleinen Bewegungen an der Oberfläche als äußere Dinge, die dem wahren Wesen fremd sind.

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Es ist wirklich gut, dass die Seele eingriff und das Mental daran hinderte, die falsche Richtung einzuschlagen. Die Arbeit der Selbstläuterung und Wandlung ist ohne Straucheln, Versagen usw. nicht möglich; sich deswegen aber aufzuregen oder reumütig zu werden, ist eher schädlich als förderlich; es führt leicht zu einer Depression, und diese wiederum bringt eine Umwölkung des Mentals und Schwäche mit sich. Die falsche Bewegung und ihre Natur ruhig zu beobachten (in diesem Fall war es die Zunge, welche Fehler beging, und die Zunge ist immer ein sich leicht irrendes Glied) und sie innerlich in Ordnung zu bringen, ist stets der beste Weg. Was ständig bewahrt werden muss, ist Ruhe, besonders wenn es die wahre spirituelle Ruhe des Selbstes ist; damit kann alles übrige zur rechten Zeit und mit der geringstmöglichen Störung geschehen.

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Tamasische Gleichgültigkeit und das Freisein von Sorge sind zweierlei Dinge. Man muss beobachten, was falsch ist, und alles tun, um es in Ordnung zu bringen. Traurigkeit als solche hat nicht die Macht, das richtigzustellen, was falsch ist. Die Macht hierzu hat nur ein fester, ruhiger und beharrlicher Wille.

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Dass du beim Kochen halfst, war an sich nicht falsch. Wenn aber eine falsche [innere] Bewegung damit verbunden war, darf man ihr nicht mit einer Depression entgegentreten – denn die Depression selbst ist eine falsche oder irrige Bewegung; und einen Fehler kann man nicht durch einen neuen Fehler berichtigen. Die korrekte Weise, mit einer falschen Bewegung umzugehen, besteht darin, sie ruhig zu betrachten und das Bewusstsein genau auf jenen Punkt zu richten.

Es ist ebenso falsch, Ruhe für Gefühllosigkeit zu halten. Wenn du durch das, was die Leute sagen oder tun, nicht länger gestört wirst, dann ist es ein großer Fortschritt. Wenn du keinen abhimāna [verletzten Stolz] gegenüber der Mutter hegst, so ist auch das bestimmt sehr wünschenswert. Abhimāna, Erregung usw. mögen Zeichen des Lebens sein, doch eines vitalen, nicht eines inneren Lebens. Sie müssen zur Ruhe gebracht werden und Platz machen für das innere Leben. Zunächst mag das Ergebnis in einer neutralen Ruhe bestehen, durch die man aber oft hindurch muss, um zu einem positiveren neuen Bewusstsein zu gelangen. Wenn das Mental auf diese Weise ruhig wird, beginnen Gedanken der Vergangenheit aufzusteigen, alle möglichen sich ständig wiederholenden oder mechanischen Gedanken – sie stammen vom physischen Mental oder Unterbewusstsein. Man muss sie zurückweisen und vorüberziehen lassen und nach der völligen neutralen Ruhe streben, in welcher sich das neue Bewusstsein nach und nach enthüllen kann. Bleibe fest und ruhig, bewahre den rechten Willen in dir und lass die [Yoga-] Kraft ihre Arbeit tun. Dieser Wille mag nicht sofort erkennbare Früchte tragen, wenn du ihn aber aufrechterhältst, wird die Frucht kommen.

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Zerknirschung, Reue ist die natürliche Bewegung des vitalen Mentals, wenn es erkennt, dass es einen Fehler begangen hat. Sie ist bestimmt besser als Gleichgültigkeit. Ihr Nachteil aber besteht darin, dass sie die vitale Substanz beeinträchtigt und manchmal zu Depressionen und Entmutigung führt. Aus diesem Grund wird dem Sadhak gewöhnlich empfohlen, den Fehler in Ruhe zu erkennen, verbunden mit dem aufrichtigen Streben und Willen, dass er sich nicht wiederhole oder, zumindest, dass die Gewohnheit, solche Fehler zu begehen, bald ausgemerzt werde. In einem höheren Entwicklungsstadium, wenn die innere Ruhe gefestigt ist, beobachtet man einfach die Fehler der [menschlichen] Natur wie Defekte eines Mechanismus, die man in Ordnung bringen muss, und ruft das Licht und die Kraft zu ihrer Behebung herab. Zu Beginn jedoch hilft sogar die Bewegung der Reue, unter der einen Voraussetzung, dass sie nicht zu Entmutigung oder Depression führt.

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Die äußeren Ursachen für die Verzagtheit liefert das Mental, und es ist das Mental, das auf sie reagiert oder nicht reagiert. Nichts Äußeres kann dich anfechten, wenn das Mental (meist das vitale Mental) es sich nicht auf eine bestimmte Weise selber darstellt und seine eigene Reaktion darauf schafft.

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Es kann tatsächlich als eine große Befreiung betrachtet werden, wenn das Mental nicht auf irgendwelche suggerierten Gründe für die Depression anspricht.

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Das vitale Mental ist Teil des Vitals. Solange das Mental (das mentale Mental, das vitale Mental, das physische Mental, das unterbewusste Mental) nicht auf äußere Dinge reagiert, ist eine Depression unmöglich. Was niemals deprimiert sein kann, ist auf der einen Seite das Selbst, auf der anderen der Stein und dazwischen das wahre Mental, das wahre Vital, das wahre physische Bewusstsein – weil sie nicht auf Dinge ansprechen, die eine Depression auslösen.

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Du scheinst dich sehr auf X und seine Erfahrungen und die Ideen, die er darüber hat, zu verlassen. X‘s Erfahrung beweist nichts, weil er ganz unwissend ist. Seine Depression kommt von außen und hat ihre Ursachen, nur registriert oder versteht sein vitales Mental die Ursachen nicht, reagiert aber trotzdem auf sie. Da das vitale Mental in der Vergangenheit die Depression immer mit diesen Ursachen assoziiert hat und dieser Eindruck in der vitalen Substanz erhalten blieb, reagiert sie [die vitale Substanz] auf die Berührung mit ihnen in der üblichen Weise, die ihr vom vitalen Mental gelehrt wurde. Von einem unwissenden und ungeschulten Mental, wie dem von X, kann man nicht erwarten, dass es die geheime Mechanik seines eigenen Bewusstseins erkennt.

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Es sieht so aus, als ob die vitalen Schwierigkeiten, die sich bei dir herausstellten, bevor du von hier weggingst, mit deiner Rückkunft in die Atmosphäre zurückkehrten, was die Ursache deiner heftigen Depression und deines schlechten Befindens war. Die Depression wiederum war die Ursache, warum alles misslang und die getroffenen Anordnungen ins Wasser fielen oder eine falsche Wende nahmen. Denn durch eine Depression wird das Fließen der Kraft verhindert, werden die feindlichen Kräfte herbeigerufen, und es wird ihnen Gelegenheit gegeben, die geschaffenen hilfreichen Gestaltungen zu zerstören. Alle Sorgen und Schwierigkeiten, die du hattest, werden verschwinden oder sich auf ein Mindestmaß verringern, wenn du diese Neigung zur Depression ganz abschüttelst.

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Das einzige, was man mit einer Depression tun kann – wie oder von woher auch immer sie kommt – ist, sie hinauszuwerfen.

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Die von dir erwähnte innere Schwäche existiert tatsächlich, wie die Hartnäckigkeit dieser Bewegungen beweist; sie ist aber nicht im Herzen zu suchen [dem Herz-Zentrum] – dein Herz ist in Ordnung –, sondern in der niederen vitalen Natur. Dort sind all deine Schwächen; dein übriges Wesen ist für das spirituelle Leben durchaus stark genug. Doch ist diese Unzulänglichkeit des niederen Vitals nicht allein dir eigentümlich, sie ist in beinahe jedem menschlichen Wesen. Die Neigung zu unbegründeter Traurigkeit, Verzagtheit und die Einbildungen, Ängste und abwegigen Schlussfolgerungen, die, wenn du es genau betrachtest, die gleichen Bewegungen, Ideen und Gefühle und, wie eine Maschine, sogar die gleichen Redensarten ständig wiederholen – all das ist typisch für das Wirken der niederen vitalen Natur. Der einzige Weg, sich davon zu befreien, ist, ihr mit der festen Entschlossenheit des höheren Vitals, des Mentals und seelischen Wesens zu begegnen, um sie [die niedere vitale Natur] zu bekämpfen, zurückzuweisen und zu meistern. Wie du entschlossen warst, den Sex-Impuls und die Esslust zu meistern, genauso musst du entschlossen dieses „vernunftwidrige Problem“ der Verzagtheit und die niedere vitale Natur meistern. Wenn du ihr nachgibst und sie als einen natürlichen Teil deiner selbst betrachtest, der durchaus seine Daseinsberechtigung hat, oder wenn du eifrig diese oder jene Rechtfertigung für sie erfindest, gibt es keinen Grund, warum sie ihre unliebsame Gewalt über dich aufgeben sollten. Sei hier fest und mutig, so wie du es gelernt hast, gegenüber anderen Bewegungen deines niederen Vitals zu sein; dann wirst du weniger Schwierigkeiten bei deiner Meditation und in deiner allgemeinen Sadhana haben.

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Es ist die Schwäche im Vital, die sie [die Kräfte der Unzufriedenheit und des Begehrens] in die Lage versetzt, ihre Attacke aufrechtzuerhalten. Anstatt die Schwäche zuzulassen, belebe deinen Willen und dein Streben, damit sie diese egoistische Finsternis hinausstoßen ...

Lass auch nicht zu, dass eine Forderung des menschlichen Vitals sich im Tumult eines egoistischen Aufruhrs erhebt, oder, wenn es der Fall ist, sieh zu, dass kein Teil von dir sich damit identifiziert.

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Die Gefühle und Bewegungen der Vergangenheit kehren immer nachts im Schlaf zurück. Nur dann, wenn das Bewusstsein, das sie hervorrief, sich im Wachzustand gewandelt und geklärt hat, kann man auch später den Schlaf davon freimachen.

Du schenkst den Suggestionen des äußeren Bewusstseins zu viel Beachtung, „nicht fähig zu sein“ usw. usw. Die Tatsache, dass du dich eine Zeit lang öffnen konntest, zeigt, dass du fähig bist. Zu dieser Bewegung musst du zurückkehren; und hierfür musst du dieses äußere Vital dazu überreden, nicht ständig zu wiederholen „ich bin nicht fähig, meine Bemühungen können nicht erfolgreich sein, ich bin zu unehrlich usw. „ – oder du darfst nicht darauf hören, wenn es dennoch damit fortfährt. Du musst dich auf die Möglichkeit konzentrieren, die dir gezeigt wurde, und nicht auf die vermeintliche Unmöglichkeit.

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Es ist klar ersichtlich, dass die Kraft und der Friede herabkommen und mehr und mehr in dir arbeiten, um sich in dir zu festigen.

Die anderen Empfindungen, der Wunsch traurig zu sein, die Furcht davor, glücklich zu sein, die Suggestion der Unfähigkeit oder Unbrauchbarkeit, sind die üblichen Bewegungen einer vitalen Gestaltung, die nichts mit dir zu tun hat und lediglich entsteht, um die Wandlung in dir zu verhindern. Du hast dich nur zu weigern, diese Suggestionen anzunehmen, und musst dich beharrlich auf die Seite deiner inneren Wahrheit stellen, was dich frei und glücklich machen wird – und alles wird gut werden.

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Wer fühlte nicht irgendwo in sich die Verworrenheit oder Unwissenheit, solange das volle Licht und die wahre Kraft noch nicht eingetreten sind? Dein Fehler ist, dass du immer über die Verwirrung nachdenkst und mit ihr ringst, ihr Wichtigkeit beimisst und, indem du dich mit ihr beschäftigst, sie vergrößerst und behandelst, als wäre sie die einzige wirkliche und wahre Sache. Wenn du die [Yoga-] Kraft fühlst, wende dich der Kraft zu und lass sie wirken – diese Kraft ist es, die dich von Verwirrung und Finsternis befreit; es geschieht nicht durch dich oder dein Grübeln und Ringen. Was hast du davon zu erforschen, ob dein Glaube und Vertrauen von der „wahren“ Art sind oder nicht? Fühle die Kraft, sei ruhig, lasse sie wirken – das ist alles, was gebraucht wird.

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Es ist gut, dass du von diesem Ringen ablässt und dich auf die ruhige Grundlage zurückziehst, die dem Sich-Öffnen förderlich ist. All dieses Ringen, diese Verwirrung und quälende Selbsterniedrigung ist der alte und falsche Weg vorwärtszukommen; er ist mental und vital und kann nicht zum Erfolg führen; im ruhigen Mental muss das Sich-Öffnen stattfinden. Dann beginnt das seelische Wesen, die Seele in dir hervorzutreten. Die Seele kennt und sieht die Wahrheit – nicht aber das Mental und Vital, solange sie nicht durch das Wissen der Seele erleuchtet sind.

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Es ist nicht wahr, dass du niemals in Ordnung kommen kannst oder wirst. Das erscheint dir nur so, wenn dein niederes Vital rastlos ist oder aber dein physisches Mental die Oberhand gewinnt. Wahr ist nur, dass die Sache schneller und mit viel weniger Schwierigkeit und Mühe getan werden würde, wenn du immer in jenem Teil von dir verweilen könntest, der in Kontakt [mit dem Göttlichen] ist.

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Wenn diese Unbewusstheit herrscht, musst du darauf achten, in all deinen Tätigkeiten bewusst zu sein, damit die vitalen Bewegungen dich nicht länger täuschen oder sich verhüllen können. Du musst es dir angelegen sein lassen, in vollkommener Wahrhaftigkeit diese vitalen Bewegungen zu betrachten und sie so zu sehen, wie sie sind.

Wenn du dich einmal in deinem seelischen Wesen öffnen und es offenhalten kannst, wird aus deinem Innern fortwährend eine Wahrnehmung kommen, die dir bei jedem Schritt die tatsächliche Wahrheit zeigt und dich gegen jede Art von Täuschung wachsam sein lässt. Wenn du immerfort strebst und den Frieden in dir wachsen und die Kraft in dir wirken lässt, wird dieses Sich-Öffnen kommen.

VIII.

Ich habe niemals gesagt, dass es leicht sei, den Zweifel zu besiegen; es ist deshalb schwierig, weil sich etwas im menschlichen physischen Mental an dem Zweifel um seiner selbst willen festhält. Es ist nicht leicht, Trübsinn, Verzagtheit, Schmerz und Leiden zu überwinden, weil etwas im menschlichen Vital sich daran klammert und seiner als Teil des Lebensdramas geradezu bedarf. Ich habe auch niemals gesagt, dass Sex, Ärger, Eifersucht usw. leicht zu überwinden seien. Ich sagte im Gegenteil, dass es schwierig wäre, weil sie im menschlichen Vital verwurzelt seien und, selbst wenn sie hinausgestoßen werden, immer wieder in es zurückgebracht würden – sei es durch die eigene Gewohnheit oder das Eindringen der allgemeinen Natur und das Wiederaufleben ihrer früheren Reaktionen. Das äußere Bewusstsein – das physische Mental und Bewusstsein des Menschen – hasst sein eigenes Leiden und liebt es auch nicht, wenn ihm allein die Entscheidung überlassen wäre, andere leiden zu sehen. Wenn du aber ergründen willst, warum du das Drama liebst – oder den Hang zum Drama, wovon sich sehr wenige Menschen freimachen können – und wenn du tief genug in dich gehst, wirst du finden, dass etwas im Vital das Leiden liebt und sich um dieses Dramas willen daran klammert. Es ist etwas unterhalb der Oberfläche, ist aber stark, beinahe universal in der menschlichen Natur und schwierig auszurotten, es sei denn, man erkennt es und vermag, sich innerlich davon abzuwenden. Das Mental und das Physische im Menschen lieben das Leiden nicht, denn sonst wäre es nicht länger ein Leiden; doch dieses Etwas im Vital will es, gleichsam als Würze des Lebens. Es ist die Ursache, warum beharrliche Depressionen immer und immer wiederkehren können, obwohl das Mental sich davon befreien will – weil dieses Etwas im Vital darauf anspricht und damit fortfährt, die gleiche Bewegung zu wiederholen wie ein einmal angestelltes Grammophon, das beharrlich wieder und wieder die volle Runde der alt-bekannten Platte dreht. Tatsächlich aber hängt es von den Gründen, die das Vital ihm liefert, um die Runde ablaufen zu lassen, nicht ab, denn diese sind oft von höchst trivialer Art und reichen für eine Rechtfertigung nicht aus. Allein durch einen starken Willen, sich von diesem Etwas abzulösen, es nicht zu rechtfertigen, es zurückzuweisen, es nicht willkommen zu heißen, kann man sich letzten Endes von dieser höchst beunruhigenden und gefährlichen Anlage in der menschlichen Natur befreien. Wenn wir daher von der vitalen Komödie sprechen, vom vitalen Drama, sprechen wir aus einem psychologischen Wissen heraus, das nicht an der Oberfläche der Dinge Halt macht, sondern diese verborgenen Bewegungen sieht. Es ist unmöglich sich mit Dingen für die Zwecke des Yoga auseinanderzusetzen, wenn wir uns allein auf das Oberflächenbewusstsein beschränken: es stimmt auch ganz mit dem Gesetz dieser Reaktionen überein, dass deine Verzagtheit sich unmittelbar nach einem beachtlichen Fortschritt in der bhakti und dem Willen zur Hingabe im inneren Wesen einstellte – denn sie stammt vom Geist der Finsternis, der den Sadhak anfällt, wann immer er kann, und dieser Geist verübelt grimmig allen erzielten Fortschritt, ja er hasst die eigentliche Idee des Fortschritts selbst; seine ganze Taktik besteht darin, den Sadhak durch seine Attacken und Suggestionen davon zu überzeugen, dass er keinen Fortschritt erzielt, oder dass das, was als Fortschritt bezeichnet werden kann, letzten Endes null und nichtig ist.

Die Gesetze dieser Welt, wie sie ist, sind die Gesetze der Unwissenheit, und das Göttliche in der Welt erhält sie solange aufrecht, wie die Unwissenheit existiert; wenn es anders wäre, würde das Universum in Stücke zerfallen – utsīdeyur ime lokāḥ [„diese Welten würden in Stücke zerfallen (von tamas überwältigt in Untätigkeit sinken), wenn ich nicht Werke verrichten würde“], wie es die Gita ausdrückt. Doch gibt es natürlich auch Bedingungen, um aus der Unwissenheit in das Licht zu gelangen. Eine davon ist, dass das Mental des Sadhaks mit der Wahrheit und sein Wille mit der Göttlichen Macht zusammenarbeiten, wodurch die [menschliche] Natur zum Licht emporgehoben wird, wie langsam dieses Wirken dem Vital oder physischen Mental auch erscheinen mag; wenn dieses Zusammenwirken vollständig ist, wird auch der Fortschritt rasch sein. Der Sadhak aber sollte die erforderliche Zeit und Mühe nicht scheuen, damit trotz der Blindheit und Schwäche der menschlichen Natur das Zusammenwirken uneingeschränkt möglich und voll wirksam werde.

All dein Rufen nach Glauben, Wahrhaftigkeit, Hingabe ist lediglich eine Aufforderung, dieses Zusammenwirken leichter möglich zu machen. Wenn das physische Mental aufhört, alle Dinge zu beurteilen, einschließlich jener, die es nicht kennt oder die über es hinausreichen – wie die tieferen Dinge des Spirits –, dann fällt es ihm leichter, das Licht zu empfangen, und durch Erleuchtung und Erfahrung die Dinge zu erkennen, die es noch nicht kennt. Wenn Mental und Vital sich rückhaltlos in die Göttliche Hand geben, ist es für die [Göttliche] Macht leichter zu wirken und greifbare Ergebnisse zu erzielen. Wenn ein Widerstand besteht, dauert es natürlich länger; die Arbeit sollte dann von innen her geschehen oder – wie es erscheinen mag – vom Untergrund her, um die Natur vorzubereiten und den Widerstand zu unterminieren.

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Das Etwas in dir welches das Leiden liebt und es will, ist ein Teil des menschlichen Vitals – diese Dinge sind es, die wir als Unaufrichtigkeit und perverse Verbogenheit im Vital bezeichnen; das Vital bäumt sich gegen Sorge und Mühsal auf und beschuldigt das Göttliche und das Leben und alles übrige, es zu quälen, doch entstehen Sorge und Mühsal hauptsächlich deshalb, weil das perverse Etwas im Vital sie will! Von diesem Element im Vital hat man sich ganz zu befreien.

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Und dennoch ist es so. Es gibt sogar etwas im vitalen Bewusstsein, das sich nicht wohl fühlen würde, wenn es das Leiden im Leben nicht gäbe. Es ist das Physische, welches das Leiden fürchtet und verabscheut, das Vital hingegen betrachtet es als einen Teil des Lebens-Spiels.

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Nicht die Seele, sondern das Vital oder vielmehr etwas in ihm findet am Stöhnen und Weinen Gefallen – tatsächlich an allen möglichen Sorgen und Leiden.

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Nicht die Oberflächen-Natur, sondern etwas im Inneren genießt die līlā [das Spiel] von „Lachen und Weinen“, Freude und Leid, Vergnügen und Schmerz, in einem Wort, das Spiel der Unwissenheit. In manchen Menschen tritt das bis zu einem gewissen Grad nach außen hin in Erscheinung. Viele Menschen würden dich misstrauisch betrachten, wenn du ihnen vorschlagen würdest, das Leiden aus dem Leben zu bannen; sie wären der Meinung, dass es gänzlich falsch sei, nichts als Freude, Ananda und Frieden zu haben – viele haben das sogar zum Ausdruck gebracht.

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Enttäuschtes vitales Begehren muss zu Leiden führen. Schmerz und Leiden sind die unumgänglichen Ergebnisse der Unwissenheit, in welcher wir leben; die Menschen wachsen durch alle Arten von Erfahrungen, durch Schmerz und Leid und ihr Gegenteil, durch Freude und Glück. Wenn man ihnen in der richtigen Weise begegnet, kann man durch sie Kraft erlangen. Viele genießen den Schmerz und das Leid, wenn sie mit Kampf, Anstrengung oder Abenteuer verbunden sind, aber mehr wegen der Anregung oder Aufregung, die der Kampf vermittelt als wegen des Leidens um seiner selbst willen. Etwas im Vital jedoch erfreut sich an der Gesamtheit des Lebens mit seinen dunklen und seinen lichten Seiten. Auch im Vital steckt eine gewisse Perversität, die eine Art dramatisches Vergnügen an dem eigenen Elend und Drama findet, selbst an Erniedrigung oder Krankheit.

Ich glaube nicht, dass bloße Zweifel gewinnbringend sein können. Mentale Fragen mögen gewinnbringend sein, wenn sie um der Wahrheit willen gestellt werden, lediglich aber aus Skepsis oder aus einem reinen Geist des Widerspruchs heraus zu fragen, kann, wenn es gegen die Wahrheiten des Spirits gerichtet ist, nur zu Irrtümern oder einer dauernden Ungewissheit führen. Wenn ich stets das Licht bei seinem Eintreten in Frage stelle und sein Anerbieten der Wahrheit zurückweise, kann das Licht in mir nicht verweilen, kann es sich nicht festigen; und schließlich zieht es sich zurück, da es im Mental weder willkommen geheißen wird noch eine Grundlage findet. Man muss in das Licht vorstoßen, nicht immer in die Finsternis zurückfallen und die Finsternis hätscheln in dem Irrglauben, dass sie das wahre Licht sei. Die Erfüllung, welcher Art auch immer, die man in Schmerz oder Zweifel findet, gehört der [Welt der] Unwissenheit an; die echte Erfüllung liegt in der Göttlichen Freude und Göttlichen Wahrheit und ihrer Gewissheit – und das ist es, wonach der Yogi strebt. Während des Kampfes mag er noch Zweifel zu überwinden haben, nicht aus eigener Wahl oder eigenem Willen, sondern wegen der Unvollkommenheit in seinem Wissen.

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Was du über die Störung bemerkt hast, ist richtig. Es gibt zwei Arten von Bewusstsein in dir: das neue, welches wächst, und das, was vom alten noch übrig ist. Im alten ist etwas enthalten, eine Gewohnheit des menschlichen Vitals, es ist die Neigung, jeden Anflug von Leid, Ärger, Qual usw. oder jegliche Art von emotionaler, vitaler oder mentaler Störung zu bewahren, viel Wesens davon zu machen, sie zu verlängern, ihre Beendigung nicht zu wünschen und wieder auf sie zurückzukommen, selbst wenn die Ursache der Störung der Vergangenheit angehört und vergessen werden könnte, stets daran zu denken und sie nach Möglichkeit wieder aufleben zu lassen. Das ist ein allgemeiner Zug der menschlichen Natur und eine ganz gewohnte Bewegung. Das neue Bewusstsein hingegen will diese Dinge nicht, und es befreit sich, wenn sie sich einstellen, so schnell wie möglich von ihnen. Sobald das neue Bewusstsein voll ausgereift und gefestigt ist, werden Störungen überhaupt zurückgewiesen. Selbst auf ihre Ursachen wird die [menschliche] Natur nicht [mehr] mit Leid, Ärger oder Qual usw. reagieren.

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Die Düsterkeit und andere Schwierigkeiten stammen von einem Widerstand der Trägheit im niederen vitalen und physischen Bewusstsein. Du musst daher das Bewusstsein vorbereiten, indem du dich von der Trägheit befreist. Eine sattwisches Glücklichsein sowie Ruhe und Vertrauen sind die richtige innere Beschaffenheit für diesen Yoga; der Düsterkeit, der Depression und dem Weinen sollte man nicht nachgeben, da sie dem Sich-Öffnen im Weg stehen, es sei denn die Tränen stammen aus dem seelischen Weinen der Befreiung, der Anbetung oder einer bewegten Liebe und bhakti. Der Fortschritt, der durch die Beherrschung sexueller und anderer rajasischer Bewegungen des niederen Vitals erzielt wurde, ist eine gute Vorbereitung, reicht aber nicht aus; für sich betrachtet, ist es nur die negative Seite, die allerdings unerlässlich ist. Strebe nach einem positiven sattwischen Sich-Öffnen gegenüber der Stärke, dem Licht, dem Frieden und mache dir nichts daraus und sei nicht unzufrieden, wenn der Fortschritt zu Beginn langsam vonstatten geht, und murre weder über die Zeit noch die Mühe, die für die Vorbereitung notwendig ist, bevor ein schneller Fortschritt im Yoga erzielt werden kann.

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Die Veränderung, die X bemerkte, weist offensichtlich auf einen großen Fortschritt im vitalen und physischen Wesen hin. Glücklich und froh zu sein, ist spirituell nicht falsch, im Gegenteil, es ist richtig. Was die Kämpfe und das Streben anbelangt, so sind Kämpfe tatsächlich für den Fortschritt nicht unerlässlich; es gibt aber viele Menschen, die sich so sehr die kämpferische Haltung angewöhnt haben, dass sie die ganze Zeit über Kämpfe auszufechten haben und nicht viel anderes tun. Das ist nicht wünschenswert. Es gibt sowohl einen sonnenhellen als auch einen düsteren Pfad und der erstere ist der bessere von beiden – ein Pfad, auf dem man in absolutem Vertrauen auf die Mutter vorwärtsschreitet, auf dem man nichts fürchtet, sich über nichts sorgt. Streben ist notwendig, doch gibt es ein sonnenhelles Streben, voller Licht und Glauben, voller Vertrauen und Freude. Selbst einer auftretenden Schwierigkeit kann man mit einem Lächeln begegnen.

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Diese Bewegung versucht sich immer dann einzustellen, wenn du Geburtstag hast oder ein Darshan kommt, und ist ganz offensichtlich eine Einwirkung von Kräften, die dich beunruhigen und dir einen schlechten Geburtstag oder Darshan bereiten wollen. Du musst dich von der Vorstellung befreien, dass sie [diese Bewegung] für die Sadhana irgendwie förderlich sei, zum Beispiel dass sie dir dazu verhilft, an das Göttliche zu denken usw.; wenn es tatsächlich der Fall ist, dann lässt sie dich auf die falsche Weise an das Göttliche denken und führt zusätzlich eine Schwäche herbei, auch Depression, Selbst-Misstrauen usw usw. A quoi bon Fröhlichkeit? Sie versetzt dich in den rechten Zustand, in dem die Seele arbeiten kann, und ohne es zu merken, wächst du dann in die genau richtigen Wahrnehmungen und Gefühle für die spirituelle Haltung hinein. Dieses Wachsen habe ich jetzt über eine ziemlich lange Zeit hinweg in dir beobachtet, und es ist am aktivsten, wenn du fröhlich bist. Japa, an das Göttliche zu denken, all das ist in Ordnung – aber es muss auf dieser Grundlage geschehen und gemeinsam mit Arbeit und mentaler Tätigkeit, denn dann ist das Instrument in einer gesunden Verfassung. Wenn dich aber rastloser Eifer überfällt, nichts anderes als japa zu tun und an nichts anderes zu denken als an das Göttliche und an den „Fortschritt“, den du erzielt oder nicht erzielt hast (X sagte, dass du nie an Fortschritt denken solltest, es sei seiner Meinung nach eine Ego-Bewegung), dann ist der Teufel los – weil das [Körper-] System für eine herkulische Anstrengung noch nicht bereit ist und sich zu erregen beginnt und glaubt, es sei nicht fit und würde niemals fit sein. Sei also ein guter und froher Arbeiter und bringe deine bhakti dem Göttlichen auf jede dir mögliche Weise dar, aber überlasse es ihm, die Dinge in dir auszuarbeiten.

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Erforderlich ist, aus der Entdeckung Nutzen zu ziehen und dich von der Behinderung zu befreien. Die Mutter erklärte dir nicht nur die [Art der] Behinderung, sondern zeigte dir sehr deutlich, wie du sie loswerden kannst; zu jener Zeit hattest du sie verstanden, jetzt aber (zu dem Zeitpunkt, da du diesen Brief an mich schreibst) wurde das Licht, das du sahst, anscheinend verdunkelt, weil du deinem Vital immer mehr den bitteren Zeitvertreib des Traurigseins zugestanden hast. Es musste so kommen, denn darauf läuft Traurigkeit immer hinaus. Das ist der Grund, weshalb ich mich gegen das Evangelium des Kummers wende und gegen jede Sadhana, in welcher der Kummer ein tragendes Element ist abhimāna, Aufruhr, viraha). Denn der Kummer ist – entgegen der Meinung Spinozas – nicht der Durchgang zu einer größeren Vollendung, ein Weg zur siddhi und kann es nicht sein, denn er verwirrt und schwächt und beunruhigt das Mental, vermindert die vitale Kraft und trübt den Spirit. Von Freude, vitaler Elastizität und Ananda in Kummer, Mangel an Selbstvertrauen, Verzagtheit und Schwäche zurückzufallen, bedeutet einen Rückschritt von einem größeren in ein geringeres Bewusstsein. Die Gewohnheit dieser Stimmungen zeigt, dass sich etwas im Vital an die kleinere, trübere, dunkle und bedrückte Bewegung klammert, aus der sich zu erheben, das eigentliche Ziel des Yoga ist.

Daher ist es ganz und gar unrichtig zu sagen, dass dir die Mutter den falschen Schlüssel wegnahm, mit dem du den Feen-Palast zu öffnen versuchtest, und dich mit leeren Händen zurückließ. Nicht nur, dass sie dir den richtigen Schlüssel zeigte, sie gab ihn dir auch. Das, was sie dir gab, war nicht eine bloß unbestimmte Aufforderung, fröhlich zu sein, sondern sie beschrieb genau den Zustand, der bei der richtigen Art von Meditation gefühlt wird – ein Zustand der inneren Ruhe und nicht der Anspannung, ein ruhiges Sich-Öffnen und nicht ein heftiges, verzweifeltes Herabzerren [der Yoga-Kraft], ein harmonisches Sich-Geben an die Göttliche Kraft, damit sie wirke; und in jener Ruhe die Empfindung der wirkenden Kraft sowie ein ruhevolles Vertrauen, das ihr erlaubt, ohne jede unruhige Einmischung tätig zu sein. Und als sie [die Mutter] dich fragte, ob du nicht die Erfahrung jenes Zustandes gehabt hättest, hast du es bejaht und gesagt, dass du ihn sehr gut kennen würdest. Nun, jener Zustand ist der Beginn des seelischen Sich-Öffnens, und wenn du ihn erfahren hast, weißt du, was das seelische Sich-Öffnen ist; natürlich gibt es noch vieles mehr, das später kommt, um ihn zu vollenden, aber das ist der grundlegende Zustand, der alles übrige leichter eintreten lässt. Es wäre besser gewesen, den Schlüssel, den die Mutter dir gab, in deinem Bewusstsein bereitzuhalten und zu gebrauchen und dich nicht zurückzuwenden und der Traurigkeit und unzufriedenen Betrachtung der Vergangenheit zu erlauben, über dich Macht zu gewinnen. In diesem Zustand, den wir als den richtigen oder als die seelische Haltung bezeichnen, kann es und wird es den Ruf; das Gebet und das Streben geben. Intensität und Konzentration werden von selbst kommen und nicht durch eine harte Anstrengung oder angespannte Bemühung der Natur. Zurückweisung der falschen Bewegungen, ein ehrliches Zugeben der Mängel stehen nicht nur in keinem Widerspruch dazu, sondern fördern sie [die seelische Haltung]; durch diese Haltung werden Zurückweisung und Einsicht leicht, spontan, vollständig, aufrichtig und wirksam. Das ist die Erfahrung aller, die sich zu dieser Haltung entschlossen haben.

Beiläufig möchte ich erwähnen, dass Bewusstsein und Empfangsbereitschaft nicht das gleiche sind; man mag empfangsbereit sein und dennoch sich äußerlich nicht bewusst sein, wie die Dinge geschehen und was geschieht. Die Kraft wirkt hinter dem Schleier – wie ich wiederholt geschrieben habe; die Ergebnisse häufen sich im Hintergrund und stellen sich später heraus, oft langsam, nach und nach, bis soviel Druck entstanden ist, dass auf irgendeine Weise ein Durchbruch erfolgt, der sich der äußeren Natur aufdrängt. Hierin liegt der Unterschied zwischen einem mentalen bzw. vitalen Sich-Mühen und Zerren [an der Yoga-Kraft] und einer spontanen seelischen Offenheit, und es ist durchaus nicht das erste Mal, dass wir auf diesen Unterschied hingewiesen haben. Die Mutter und ich haben unzählige Male darüber gesprochen und geschrieben und haben das Zerren2 und Sich-Mühen abgelehnt und die Haltung der seelischen Offenheit empfohlen. In Wirklichkeit erhebt sich nicht die Frage eines falschen oder richtigen Schlüssels, sondern ob man den Schlüssel auf die richtige oder falsche Weise in das Schloss steckt; entweder du versuchst aufgrund eines Hemmnisses dem Schloss Gewalt anzutun, indem du den Schlüssel gewaltsam so oder so herumdrehst, oder du gibst ihm vertrauensvoll und ruhig die rechte Wende – und die Pforte öffnet sich.

Es ist nicht so, dass das Zerren, Sich-Mühen und die Spannung nichts ausrichten können; letzten Endes zeitigen sie das eine oder andere Ergebnis, doch mit Schwierigkeit, Verzögerung, Kampf und einem starken Aufwühlen der [Yoga-] Kraft, die trotz allem durchbricht. Ramakrishna selbst begann mit Zerren und Sich-Mühen und erzielte sein Ergebnis, aber auf Kosten eines ungeheuren und gefährlichen Aufwühlens der Kraft; später bevorzugte er den ruhigen seelischen Weg, wann immer er ein Ergebnis wollte, und erhielt es mühelos und in kürzester Zeit. Du sagst, dass dieser Weg für dich oder deinesgleichen zu schwierig sei und dass nur „Avatare“ wie ich oder die Mutter ihn gehen können. Das ist eine eigenartige Fehleinschätzung; denn es ist ganz im Gegenteil der leichteste, einfachste und kürzeste Weg, den jeder gehen kann, wenn er sein Mental und Vital beruhigt – selbst jene, die nur ein Zehntel deiner Fähigkeiten besitzen, können ihn gehen. Der andere Weg ist es, der schwierig ist, der Weg der Spannung, Anstrengung und harten Bemühung, und er bedarf einer großen Kraft der tapasya. Was die Mutter und mich betrifft, so mussten wir alle Wege erproben, allen Methoden folgen und Berge von Schwierigkeiten überwinden, eine weit schwerere Bürde tragen als du oder irgend jemand anderer im Ashram oder außerhalb, weit schwierigere Bedingungen auf uns nehmen, Schlachten schlagen, Wunden ertragen, Wege durch undurchdringlichen Morast, durch Wüste und Wildnis bahnen und feindliche Horden besiegen – eine Arbeit, die, wie ich mit Sicherheit weiß, vor uns niemand sonst verrichten musste. Denn derjenige, der den Weg einer Arbeit wie der unseren weist, hat nicht nur das Göttliche herabzubringen, zu vertreten oder zu verkörpern, sondern muss auch das aufsteigende Element in der Menschheit repräsentieren und voll die Bürde der Menschheit tragen, sowie alle Hemmnisse und Schwierigkeiten, jeden Widerstand und jede unmögliche und behinderte und nur langsam siegreiche Arbeit des Pfades auf sich nehmen, und zwar nicht in einem bloßen Spiel oder lila, sondern in grimmigem Ernst. Doch es ist weder notwendig noch tragbar, dass all das in der Erfahrung von anderen in vollem Umfang wiederholt wird. Gerade weil wir die vollständige Erfahrung haben, können wir anderen einen geraderen und leichteren Weg weisen – wenn sie nur zustimmen würden, ihn anzunehmen. Es ist aufgrund unserer Erfahrung, die um einen ungeheuren Preis gewonnen wurde, dass wir dir und anderen dringend empfehlen können: „Nimm die seelische Haltung ein; folge dem geraden, sonnenhellen Pfad, wobei das Göttliche dich offen oder im geheimen trägt – wenn es im geheimen geschieht, wird es sich dennoch im rechten Augenblick zeigen –, beharre nicht auf der harten, hindernisreichen, weitläufigen und schwierigen Reise“.

Du behauptest, dass dir früher all das nicht erklärt worden sei. Seit langem jedoch sagen wir das immer und immer wieder zu jedem. Du aber warst nicht geneigt, es für praktikabel zu halten, oder warst zumindest nicht bereit, es auf dem Gebiet der Meditation anzuwenden, weil dein Bewusstsein sich aus Tradition – in folge früherer Leben und aus anderen Gründen an vergangene, gegenteilige Auffassungen klammerte. Etwas in dir wandte sich zu einer bestimmten Art von Vaishnava-Sadhana zurück, was das für sie charakteristische Gefühl entstehen ließ – Elemente von abhimana [verletztem Stolz], von Aufruhr und Leiden, das Göttliche, das sich verbirgt („immerfort suche ich, aber es zeigt sich nie“), die Seltenheit der Offenbarung und des Kontaktes (milana). Etwas anderes in dir neigte dazu, als einzige Alternative ein hartes, grimmiges, asketisches Ideal anzuerkennen, das leere eigenschaftslose Brahman, und hielt es für das Supramental; etwas im Vital betrachtete die Bewältigung falscher Bewegungen als eine harte, verzweifelte tapasya und nicht als einen Durchgang zur Reinheit und Freude des Göttlichen – selbst jetzt scheint irgendein Element in dir darauf zu beharren, die seelische Haltung als etwas Außergewöhnliches, Schwieriges, Unmenschliches und Unmögliches anzusehen. Und dann dieses und jenes Zaudern im Mental und Vital; all das musst du ausmerzen und die Einfachheit der Wahrheit mit einem geraden und klaren Blick betrachten.

Nicht dass diese Schwierigkeiten nur dir eigentümlich wären; jeder Sadhak, der den [Yoga-] Weg betritt, muss ähnliche Behinderungen überwinden. Es kostete mich vier Jahre eines inneren Ringens, um einen wirklichen Weg zu finden, obwohl die göttliche Hilfe die ganze Zeit über hinter mir stand, und selbst dann schien es durch einen Zufall zu geschehen; und es kostete mich weitere zehn Jahre von intensivem Yoga unter einer höchsten inneren Führung, um ihn zu erforschen – und zwar deshalb, weil ich meine Vergangenheit und die Vergangenheit der Welt assimilieren und zurücklassen musste, bevor ich die Zukunft finden und festlegen konnte.

Dir jedoch sollte es nicht so schwer fallen, wie du es dir vorstellst, den Schlüssel, den wir dir anbieten, zu gebrauchen. Schließlich war seine Anwendung in der Meditation so erfolgreich für deine schöpferische Arbeit. Es gibt einen Weg des Erschaffens durch Anstrengung und Spannung, indem man dem Gehirn durch harte und peinvolle Arbeit Gewalt antut – und oft ist der Durchgang blockiert und nichts kommt, oder es kommt nur als Erwiderung auf eine intellektuelle tapasya. Es gibt den anderen Weg, auf dem man ruhig bleibt, sich einer Macht im Hintergrund öffnet und auf die Inspiration wartet; die Kraft strömt herein und mit ihr die Inspiration, die Erleuchtung, der Ananda – alles geschieht durch eine innere Macht. Das Fluten geht vorüber, aber man erwartet ruhig die nächste Flut, die zur rechten Zeit mit Sicherheit kommt. Auch hier ist nicht alles auf einmal vollkommen, doch kommt der Fortschritt durch immer neue Wellen der gleichen Macht. Es ist die gleiche Methode, die dir die Mutter für deine Meditation vorschlug – wenn man es unbedingt Meditation nennen will –, nicht eine Anstrengung mentaler Aktivität, sondern ein ruhevolles Sich-Öffnen gegenüber der Kraft, welche immer über dir und um dich ist, so dass sie frei fließen und ihre Arbeit in Frieden, Erleuchtung und Ananda verrichten kann. Der Weg ist dir gewiesen worden, und zeitweilig hattest du den wahren Zustand bereits; du musst nur lernen, wie du ihn beibehalten oder wiederfinden kannst, wobei du es der Kraft überlassen musst, auf ihre Weise die Arbeit zu verrichten. Es mag einige Zeit dauern, bis man ihn gänzlich inne hat – befreie dich von der anderen Gewohnheit und mache diesen [Zustand] zur üblichen Gewohnheit, beginne aber nicht mit der Feststellung, dass es unmöglich sei! Es ist mehr als möglich und genau das, was jedermann früher oder später zu tun haben wird; denn es ist die Pforte für den entscheidenden Eintritt. Die Schwierigkeit, der Kampf waren nur für die Zeit der Vorbereitung notwendig, um sich von der Behinderung im Bewusstsein zu befreien oder sie zu entkräften – sie war die Dornenhecke um den Feen-Palast.

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Was du über X schreibst, ist ganz richtig. Es ist nicht notwendig, immer ein ernstes Gesicht zu machen oder schweigend den Yoga auszuüben; notwendig ist vielmehr, den Yoga ernst zu nehmen und dem Schweigen und der inneren Konzentration viel Platz einzuräumen. Man kann sich nicht die ganze Zeit über nach außen verlieren, wenn es das Ziel ist, sich nach innen zu wenden und dort dem Göttlichen zu begegnen. Das heißt aber nicht, dass man immer ernst und trübsinnig oder die meiste Zeit über trübsinnig zu sein hätte, und ich glaube nicht, dass es die Sadhaks hier sind. Es ist X‘s rhetorische Art, seine Schwierigkeit darzulegen – die Schwierigkeit eines Vitals, das sich immer nach außen in die Tat und Schöpfung werfen will, während ein anderer Teil mit dem Ergebnis unzufrieden ist und fühlt, dass seine eigene Bewegung gehemmt wird. Es gibt zwei Menschen in ihm, der eine will ein Leben, das aus vitaler Ausbreitung besteht, der andere ein inneres Leben. Der erstere wird rastlos, weil das innere Leben nicht ein Leben der äußeren Ausbreitung ist; der andere fühlt sich elend, weil sein Ziel nicht verwirklicht wird. In diesem Yoga braucht keine Persönlichkeit aufgegeben zu werden, doch muss das äußere Vital dem inneren erlauben, sich durchzusetzen, es muss ihm den ersten Platz einräumen und zustimmen, nur ein Instrument der Seele zu sein und dem Gesetz des inneren Lebens zu gehorchen. Das ist es, was X‘s Mental immer noch nicht begreifen will; er glaubt, man müsse entweder völlig düster, kalt und ernst sein oder aber das vitale Brodeln und Überschäumen in das innere Leben bringen. Eine ruhige, glückliche und freudige Kontrolle des Vitals durch das innere Wesen ist etwas, das er sich bislang noch nicht vorzustellen vermag.

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Die erforderliche Ernsthaftigkeit, welcher Art auch immer, muss von selbst und von innen kommen. Äußerlich ernsthaft zu sein, weil es vorgeschrieben ist, ist nicht notwendig.

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Warum um Himmels willen sollten die Menschen nicht ernsthaft sein, wenn ihnen danach zumute ist? Das Leben mag ein Scherz sein – es gibt darüber allerdings geteilte Meinungen –, man kann aber nicht die ganze Zeit über lachen. Es scheint die Meinung zu bestehen, dass man nur dann ernsthaft sein kann, wenn man entweder (1.) wütend, (2.) unzufrieden oder (3.) traurig und elend ist. Man kann aber bestimmt [auch dann] ernsthaft sein, wenn man nachdenkt oder ernste Dinge betrachtet oder ganz einfach, wenn man nicht lacht. Und man kann eben nicht 24 Stunden lang pausenlos lachen – die Magenmuskeln würden dem nicht standhalten und selbst die Amerikaner, die [gern] Rekorde aufstellen, würden einen derartigen Test scheuen.

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Fröhlichkeit ist das Salz der Sadhana. Sie ist tausendmal besser als Trübsinn.

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Die innere Freude und Fröhlichkeit sind hilfreich – aber das ist nur ein vitales Brodeln an der Oberfläche. Für das gewöhnliche Leben ist es in Ordnung, im Yoga aber wird dadurch lediglich die vitale Kraft für nichts verausgabt.

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Fröhlichkeit als solche ist vital. Ich sage nicht, dass ich etwas dagegen hätte, doch gibt es eine tiefere Fröhlichkeit, ein inneres sukhahāsya, welches die spirituelle Voraussetzung für die Fröhlichkeit ist.

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In der von uns erwähnten Art der Meditation sind Streben, Gebet, Konzentration, Intensität als natürlicher Teil enthalten. Diejenigen, die sie ausüben, kommen schneller voran und entwickeln ihre Sadhana – wenn sie sich einmal daran gewöhnt haben – leichter und einfacher als durch eine bedrückte, zweifelnde und bange Anspannung mit heftigen Reaktionen von Verzagtheit und der Abkehr von Hoffnung und Bestreben. Wir haben von einem stetigen Sich-Öffnen gegenüber dem Göttlichen gesprochen, verbunden mit einem Fließen der [Yoga-] Kraft, die ihre Arbeit im adhara verrichtet, ein ausgeglichenes Sich-Öffnen mit einem ruhigen Mental und einem Herzen voller Vertrauen und dem Sonnenlicht der Zuversicht; wo sollen wir gesagt haben, dass hilfloses Warten dein Programm zu sein habe?

Hinsichtlich der Leichtherzigkeit und Unbekümmertheit – eine leichtfertige Haltung ist das letzte, was wir irgendjemand empfehlen würden. Die Mutter sprach von Fröhlichkeit, und wenn sie das Wort „leichtherzig“ gebrauchte, war es nicht im Sinn von irgend etwas Leichtem oder von frivoler Lustigkeit und Unbekümmertheit – obwohl eine tiefere und feinere Heiterkeit als einem Element von yogischem Charakter ihren Platz haben kann. Was sie meinte, war vielmehr ein froher Gleichmut selbst angesichts von Schwierigkeiten, und das widerspricht weder der yogischen Lehre noch ihrer eigenen Erfahrung. Die vitale Oberflächen-Natur (die Tiefen des wahren Vitals sind anders) ist einerseits mit einer oberflächlichen Heiterkeit und Freude verhaftet, andererseits mit Sorge und Verzweiflung, mit Düsterkeit und [einem Hang zum] Drama – denn sie sind für sie die geliebten Licht- und Schattenseiten des Lebens; doch ein lichter oder weiter und freier Friede oder eine ānandamaya-Intensität oder am besten das Miteinander-Verschmelzen von beiden ist die wahre Haltung im Yoga sowohl der Seele als auch des Mentals und des wahren Vitals. Es ist für einen ganz menschlichen Sadhak im Rahmen des Möglichen, eine derartige Haltung zu erreichen, und es ist nicht notwendig, dass er göttlich ist, bevor das geschieht.

Es ist zutreffend, dass der richtige Weg zur Umwandlung darin besteht, sich in ein höheres Bewusstsein als das gewöhnliche menschliche Bewusstsein zu erheben. Lediglich im niederen gewöhnlichen Bewusstsein zu verharren und von dort die falschen Bewegungen zurückzuweisen, kann kein bleibendes oder vollständiges Ergebnis bringen. Es gibt aber hierbei einige Einzelheiten, auf die du achten musst, andernfalls könnte diese Auffassung von einem Irrtum begleitet sein:

1. Wie du selbst hinterher gesehen hast, müssen alle Teile und Persönlichkeiten, die das Wesen formen, am höheren Bewusstsein teilnehmen, andernfalls werden die alten Bewegungen unter vielfältigen Vorwänden fortbestehen.

2. Du sprichst davon, das niedere Vital zurückzuweisen, doch sind es nur die ungeläuterten, niederen vitalen Bewegungen, von denen man sich befreien kann; du kannst dich nicht vom niederen Vital selbst befreien, denn es ist ein notwendiger Teil der manifestierten Natur, wie das höhere Vital oder das Mental. Es muss in die Macht des höheren Bewusstseins gewandelt werden, darf aber nicht sich selbst überlassen oder abgeworfen werden.

3. Wenn du es nicht wandelst, wenn es dir genügt, einfach innerlich in der Seele oder einem anderen, höheren Bewusstsein zu leben, läufst du Gefahr, wie jene zu werden, die damit zufrieden sind, Erfahrungen und eine gewisse innere Ruhe oder den Ananda zu haben, ihre äußere Natur und tätigen Oberflächen-Bewegungen aber unverändert lassen; sie halten sie entweder für unwichtig oder rechtfertigen sie unter dem Vorwand, dass das seelische oder spirituelle Bewusstsein dahinter steht.

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Glücklichsein im üblichen Sinn ist ein sonnenheller Zustand des Vitals, der eine Ursache haben kann, aber nicht zu haben braucht. Befriedigung ist etwas Geringeres als Glücklichsein; die Freude des Friedens oder des Befreitseins von Schwierigkeiten ist eher ein Zustand von freudigem śānti. Glücklichsein sollte nicht ein Zustand von Selbst-Zufriedenheit oder Trägheit sein und braucht es nicht zu sein, denn man kann Glücklichsein und Streben verbinden. Natürlich gibt es einen Zustand von glücklicher Trägheit, doch sind die meisten Menschen nicht lange damit zufrieden und beginnen, etwas anderes zu wollen. Es gibt Yogis, die mit einer glücklichen, stillen Reglosigkeit zufrieden sind, der Grund hierfür aber liegt darin, dass Glücklichsein eine Form von Ananda ist, und in der Reglosigkeit fühlen sie das Selbst und seine ewige Ruhe und wollen nichts anderes.

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Es gibt keinen echten Grund, warum dem Entzücken notwendigerweise die Sorge folgen sollte – außer es ist eine Gewohnheit des Vitals. Doch kann man diese Gewohnheit überwinden.

IX.

Es gibt drei Hindernisse im Vital, die man zu überwinden hat, und sie sind sehr schwer zu überwinden: Lust (sexuelles Begehren), Zorn und das rajasische Ego. Das rajasische Ego ist die stützende Grundlage für die beiden anderen.

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Es ist völlig klar – wenn nicht nirvana das Ziel ist, dann hat man sich des kleinen Egos anzunehmen und ihm nicht nachzugeben, sondern es umzuwandeln bis es aufhört zu bestehen.

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Die Form des Egos muss aufgelöst werden, es darf nicht durch ein größeres Ego oder eine andere Art von Ego ersetzt werden. Es muss durch das wahre Wesen ersetzt werden, das sich trotz seiner Individualität mit allen und mit dem Göttlichen eins fühlt.

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Im seelischen Wesen ist Individualität, aber nicht Egoismus. Der Egoismus verschwindet, wenn das Einzelwesen sich mit dem Göttlichen eint oder dem Göttlichen gänzlich hingegeben ist.

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Auf den höheren spirituellen Ebenen gibt es kein Ego, weil das Einssein mit dem Göttlichen gefühlt wird; es kann aber das Gefühl der wahren Person oder wahren Individualität bestehen, die nicht das Ego ist, sondern ein Teil des Göttlichen.

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Auf den spirituellen Ebenen gibt es kein Ego, dennoch kann das Ego auf den niederen Ebenen durch die spirituelle Erfahrung stärker werden und zwar durch Stolz und die falsche Aufnahme der Erfahrung. Das Ego kann sich auch verstärken, wenn man in die größeren mentalen und vitalen Ebenen eintritt. Solche Dinge sind immer möglich, solange im Wesen keine Harmonisierung zwischen dem höheren und niedrigeren Bewusstsein stattgefunden hat und das niedrigere Bewusstsein nicht in die Natur des höheren umgewandelt worden ist.

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Selbst wenn es kein Ego-Bewusstsein in den höheren Teilen gibt, wo das Einssein aller Dinge verwirklicht wurde, muss nicht zwangsläufig das Ego in den niederen Teilen ausgelöscht sein. Es kann sogar sehr stark werden, und die Tätigkeit kann sehr egoistisch sein, selbst wenn das Mental denkt: „Ich habe kein Ego mehr“.

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Vom Ego kann man sich nicht so leicht befreien. Es bleibt trotz aller Arbeit und auch trotz des Wissens oder der bhakti bestehen. Das Verschwinden des Egos bedeutet vollständige mukti. Selbst der Yogi, der sein individuelles Wesen im kosmischen Bewusstsein oder in einer Art von transzendentem Bewusstsein absorbiert fühlt, findet bei einer äußeren Tätigkeit und Reaktion das Oberflächen-Ego [immer] noch vor. Aus diesem Grund hat der Asket Abscheu vor dem Tun und behauptet, dass es ohne Ego nicht geschehen könne. Es kann geschehen; in vollem Umfang aber erst dann, wenn diese äußerlichsten Dinge in ihrer Gesamtheit voll vom höheren Bewusstsein aufgenommen werden.

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Samatā bedeutet nicht die Abwesenheit vom Ego, sondern die Abwesenheit von Begehren und Verhaftetsein. Der Egoismus mag verschwinden oder in subtiler oder beschränkter Form bestehen bleiben – es hängt von der Person ab.

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Stolz ist nur eine von vielen Formen des Egos, es gibt zehntausend andere. Jede Tat des Menschen ist voller Ego, sowohl die guten als auch die schlechten, sowohl seine Demut als auch sein Stolz, seine Tugenden so sehr wie seine Laster.

Die menschliche Natur vom Ego zu befreien, ist nicht so einfach. Wenn man frei vom Ego ist und nichts mit Bezug auf sich selbst oder sich zuliebe tut, sondern alles nur für das Göttliche, wenn alle Gedanken und Gefühle auf das Göttliche gerichtet sind, dann ist man der jivanmukta und ein siddha-Yogi.

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Das jedoch ist bei allen Menschen so. Jede Tätigkeit ist vom Ego durchsetzt – Taten, Gedanken, alles, ob groß oder klein, gut oder schlecht. Selbst die Demut und das, was Nächstenliebe genannt wird, ist bei den meisten Menschen nur eine Form des Egos. Es hängt nicht davon ab, dass man etwas tut, worauf man stolz ist.

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So ist es bei jedem. Die menschliche Natur ist in ihrem ganzen Stoff mit dem Faden des Egos durchwirkt; selbst wenn man versucht, sich davon zu befreien, steht es vor einem oder könnte wie ein Schatten hinter allen Gedanken und Tätigkeiten stehen. Das zu erkennen, ist der erste Schritt; die Falschheit und Absurdität der Ego-Bewegungen wahrzunehmen, ist der zweite; sie bei jedem Schritt zu entmutigen und zurückzuweisen, der dritte – doch verschwindet es erst dann gänzlich, wenn man den Einen in Allen und überall sieht, erfährt und lebt.

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Es ist so mit jedermann, weil all die vergangenen Ideen des menschlichen Bewusstseins mit dieser Substanz des Egoismus durchsetzt sind. Allein durch fortwährende ruhige Wachsamkeit und ein wachsendes Bewusstsein kann man ihn loswerden – denn wenn man ihm keinen freien Spielraum zubilligt, verbirgt er sich und nimmt feine und verkleidete Formen an.

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Mental und Vital sind viel mehr voller Ego als der Körper.

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Der Kampf mit dem Ego ist ein Teil des Kampfes mit der physischen Natur, denn es ist das oberflächliche Ego im physischen Bewusstsein, irrational und instinktiv, das nicht gehen will.

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Natürlich ist das menschliche Wesen egoistisch und egozentrisch – alles, was es tut, denkt und fühlt, ist vom Ego geprägt – und das kann gar nicht anders sein, bis es gelernt hat, nicht das Ego, sondern das Göttliche zum Zentrum seines Daseins zu machen und nur für das Göttliche zu denken, zu handeln und zu fühlen; oder bis es [das menschliche Wesen] in das höhere oder göttliche Bewusstsein oder das göttliche Bewusstsein in es eingetreten ist, denn im göttlichen Bewusstsein gibt es kein Ego.

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Der egozentrische Mensch empfindet und nimmt die Dinge so, wie sie ihn selbst betreffen. Gefällt mir dies oder missfallt es mir, verschafft es mir Freude oder Schmerz, schmeichelt es meinem Stolz, meiner Eitelkeit, meinem Ehrgeiz oder verletzt es ihn, befriedigt es meine Wünsche oder durchkreuzt es sie, usw. Der nicht egoistische Mensch sieht die Dinge nicht auf diese Weise. Er betrachtet die Dinge, um zu erkennen, was sie in sich selbst sind und wären, wenn es ihn nicht gäbe, was sie bedeuten, wie sie in das Schema des Ganzen passen – oder aber er hat das Gefühl der Stille und des Gleichmuts und bezieht alles auf das Göttliche – oder, wenn er ein Mensch der Tat ist, auf welche Weise sie der zu geschehenden Arbeit dienen oder dem Leben der Welt oder der Sache, der er dient, usw. usw. Es gibt viele Standpunkte, die nicht egoistisch sind.

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Es ist ganz offensichtlich, dass all dies verschwinden muss – es ist der alte vitale Egoismus des Menschen, immer mit sich selbst beschäftigt, so dass sich das Wesen nicht einfach und fraglos der Anbetung des Göttlichen hingeben kann.

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Es gibt keinen Grund, sich zu beunruhigen. Du solltest dir eher dazu gratulieren, dass du dir deiner Egozentrik bewusst geworden bist. Das ist nur bei sehr wenigen Menschen im Ashram der Fall. Sie alle sind egozentrisch, erkennen aber ihre Egozentrik nicht. Selbst in ihrer Sadhana ist das Ich immer vorhanden – meine Sadhana, mein Fortschritt, mein alles übrige. Das Heilmittel besteht darin, immer an das Göttliche zu denken und nicht an sich selbst, für das Göttliche zu arbeiten, zu handeln, die Sadhana zu tun; nicht zu überlegen, wie das oder jenes mich persönlich berührt, nichts zu fordern, sondern alles dem Göttlichen zu überlassen. Es wird einige Zeit dauern, bis man das aufrichtig und gründlich tun kann, es ist aber der richtige Weg.

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Es ist das Ego, das sich in seinem wahren Charakter zeigt. Früher verbündete es sich mit der Sadhana, weil es entweder etwas erhielt, wonach es verlangte, oder große Erwartungen hegte. Nun aber, da diese Dinge ausbleiben und die wahre Haltung von ihm gefordert wird, leistet es Widerstand, verweigert die Zusammenarbeit und sagt: „Zwecklos, solche Sadhana“. In allen Sadhaks hier erweist sich das Ego (in seinen physischen oder vital-physischen Wurzeln) als ein Hindernis. Eine Umwandlung ist nicht möglich, solange es sich nicht ändert.

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Deine Natur ist, wie die von nahezu allen anderen, großenteils egozentrisch, und die ersten Stadien der Sadhana sind fast bei jedem Menschen egozentrisch. Die Hauptsache dabei ist immer die eigene Sadhana, das eigene Bemühen, die eigene Entwicklung, Vollendung, siddhi. Tatsächlich aber kann keines dieser Dinge – Entwicklung, Vollendung oder siddhi – irgend einen Grad der Vollkommenheit oder klaren Endgültigkeit erreichen, solange sich diese egozentrierte Haltung nicht in die gottzentrierte Haltung gewandelt hat, solange sie nicht die Entwicklung, Vollendung und siddhi des Göttlichen Bewusstseins geworden ist, sein Wille und Instrument in diesem Körper; das aber kann nur dann geschehen, wenn diese Dinge [die eigene Sadhana, das eigene Bemühen] zweitrangig werden und das alleinige Ziel in der bhakti für das Göttliche besteht, der Liebe zum Göttlichen, der Einung mit dem Göttlichen im Bewusstsein, Willen, Herzen und Körper – das übrige ist dann nur noch die Erfüllung des Göttlichen Willens durch die Göttliche Macht. Diese Haltung fällt der Seele niemals schwer, es ist ihre natürliche Einstellung, ihr natürliches Gefühl, und wann immer deine Seele im Vordergrund war, war sie [diese Haltung] im Mittelpunkt deines Bewusstseins. Doch das äußere Mental, Vital und Physische brachten ihr Gemisch aus Begehren und Ego mit hinein, so dass eine wirksame Befreiung im Leben und in der Tätigkeit nicht möglich war, solange diese nicht befreit waren. Das denkende Mental und höhere Vital vermögen ohne allzu große Schwierigkeiten zu akzeptieren; die Schwierigkeit liegt vielmehr beim niederen Vital und Physischen, und besonders in ihren äußerlichsten Teilen; denn diese sind völlig Geschöpfe der Gewohnheit, der immer wiederkehrenden Bewegung, einer hartnäckigen Wiederholung der immer gleichen Regung. Diese Gewohnheit ist so blind, widerspenstig und beharrlich, dass sie nahezu unbesiegbar zu sein scheint, besonders wenn sie bei einer Krise wie dieser den Kräften der Unwissenheit als deren letzte Zuflucht oder als Angriffspunkt dient. Aber diese scheinbare Unbesiegbarkeit ist nicht echt. Der größte Egozentriker kann sich wandeln und tut es, wenn sich das seelische Prinzip in der äußeren Natur festigt. Dass es nur durch die Göttliche Gnade und Macht getan werden kann, ist wahr (das trifft für die ganze spirituelle Wandlung zu) – aber mit der vollen Zustimmung des Wesens. Wie es im inneren Wesen geschehen ist, so kann es auch im äußeren geschehen; gib dazu die Einwilligung deines ganzen Willens und Glaubens, und es wird trotz aller Schwierigkeiten getan werden.

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Es ist richtig, dass, wenn man lebt und tätig ist, alles für die eigene Person geschieht, doch das ist die Natur des Menschen, er ist in seinem Ego zentriert, ist egozentrisch und tut alles seinem Ego zuliebe; selbst seine Liebe und Neigungen gründen meistenteils auf dem Ego. All das muss geändert und im Göttlichen zentriert werden und für die Göttliche Mutter geschehen. Das zu erreichen, ist die Arbeit der Sadhana. Durch das Schweigen, das Wachsen der Seele und alles übrige soll es herbeigeführt werden – es kann aber nicht alles auf einmal getan werden. Wenn das Bewusstsein bereit ist, beginnt sich die seelische Liebe, der Impuls des Selbst-Gebens im Herzen zu entfalten und die Wandlung ist vollzogen – immer mehr, bis es ein vollständiges Selbst-Geben geworden ist.

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Wenn du glaubst, es sei kein Ego oder Begehren in dir, sondern nur reine Hingabe, so weist das auf eine große Unbewusstheit hin. Von Ego oder Begehren frei zu sein, ist ein Zustand, der einer hohen Yoga-siddhi bedarf – selbst viele Yogis mit einer hohen spirituellen Verwirklichung sind nicht frei davon. Für einen Sadhak in deinem Entwicklungsstadium bedeutet die Annahme, dass er von Ego und Begehren frei sei, sich selbst zu täuschen und die klare Wahrnehmung der Bewegungen der eigenen Natur zu verhindern, die aber für den Fortschritt auf die spirituelle Vollendung hin notwendig ist.

Die Mutter bedarf deiner Schriften nicht, um zu sehen, was in dir vorgeht.

Wenn deine Schriften Ego und Begehren aufweisen – was sie mit Sicherheit tun –, so deshalb, weil diese ohne dein Wissen vorhanden sind und ohne deine Absicht zum Ausdruck kommen. Was das Oberflächenmental denkt und beabsichtigt, ist die eine Sache, und was hinter den Gedanken und Taten steht, eine andere. Ein Mensch formt mit seinem Oberflächenmental die Vorstellungen von sich und seiner Natur in gänzlicher Unwissenheit. Das erste, was man zu tun hat, um sich von dieser Unwissenheit zu befreien, ist, sich vom Oberflächenmental zurückzuziehen und in Kontakt mit der Seele zu kommen, die solche Täuschungen nicht zulässt und klar die Wahrheit über die eigenen Bewegungen aufzeigt.

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Auf welche Weise aber können alle Dinge dem Göttlichen gehören, solange das Ego sie sich aneignet und für die eigenen Zwecke gebraucht? Selbstgeben bedeutet in Wirklichkeit eine Wandlung der Zentrierung im Ego in die Zentrierung in Gott; auch würde solch ein Selbstgeben zu einer Wandlung der ganzen Bewusstseins-Grundlage führen.

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Ja, die ganze Verwirrung, Störung und Unwissenheit entsteht, weil man die Dinge vom Standpunkt des Egos aus betrachtet. Man muss an das Göttliche denken, ruhig sein und das göttliche Bewusstsein eintreten lassen, damit es das egoistische menschliche ablöst – dann verschwindet all das.

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Ja, das Ego ist eine Ursache der Schwierigkeit in jedermann.

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Ohne das Spiel des Egos würden Zusammenstöße nicht stattfinden, und wenn im Vital nicht der Hang zum Drama wäre, würde es keine dramatischen Ereignisse im Leben geben.

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Ja, das ist richtig – sich fortwährend des Friedens und der Stille zu erinnern und darin zu leben, damit die Kraft wirke und das Licht kommen möge. Die kleinen Dinge des täglichen Lebens müssen sich im Oberflächenbewusstsein abspielen und dürfen darin einen nicht zu großen Platz einnehmen, bis die Kraft und das Licht die Herrschaft übernommen haben und auch sie unmittelbar erfassen können. Es ist das Ego, das ihnen einen zu großen Platz einräumt – das Ego muss entmutigt werden, und die Devise des ganzen Bewusstseins, Denkens und Handelns sollte sein: „Nicht für mich, sondern für das Göttliche“. Es kann durchgreifend nicht alles auf einmal geschehen, doch sollte es sobald wie möglich die vorherrschende Richtung im Mental werden.

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Warum sollte die Konzentration auf das Göttliche Selbstsucht sein? Selbstsucht bedeutet, für sich selbst zu leben und nicht für etwas Größeres als das [kleine] Selbst. Die Konzentration auf das Göttliche zu allen Zeiten bedeutet, aus dem persönlichen Selbst und seinen Zielen heraus in etwas Größeres zu gelangen und den Zielen jenes größeren Daseins zu dienen. Es ist nicht selbstsüchtiger, als es Selbstsucht wäre, nur für andere zu leben.

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Es liegt auf der Hand, dass man darüber nicht egoistisch werden darf, aber das Zurückziehen vom äußeren oder niederen Bewusstsein in das innere ist als solches keine egoistische Bewegung. Wenn das stimmen würde, wäre jede Sadhana egoistisch, und die einzig richtige Sache wäre, immer gesellig und oberflächlich zu sein.

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Die Selbstsucht des Egos ist kein Grund, nicht das höhere göttliche Bewusstsein herabzurufen, dessen Vordergrund oder Basis gleichsam aus dem Frieden und der Kraft besteht. Wie willst du dich vom selbstsüchtigen Ego befreien, wenn du nicht jenes höhere Bewusstsein herabrufst, das kein Ego braucht?

In der Evolution des niederen Bewusstseins hier waren Ego und Selbstsucht eine Notwendigkeit. Solange das höhere Bewusstsein oberhalb des gewöhnlichen Mentals nicht herabkommt, bleibt das Ego eine Notwendigkeit selbst im Streben nach dem Göttlichen oder nach mukti, auch wenn es ein sattwisches Ego wird. Allein im höheren Bewusstsein kann sich das Ego auflösen, entweder durch das Aufsteigen nach dort oder durch seine Herabkunft in das Bewusstsein darunter.

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Ich nehme an, dass das Ego hier [auf Erden] erstens als ein Instrument des äußeren Bewusstseins erschien, das sich in dem ständigen Wandel der Natur individualisierte, und zweitens als ein Ansporn für den tamasischen Tier-Menschen, damit er handle und etwas zuwege bringe. Im anderen Fall hätte er sich vermutlich nur mit Essen und Schlafen zufriedengegeben und nichts anderes getan. Mit diesem Ansporn des Egos (Besitzergreifung, Eitelkeit, Ehrgeiz, Machthunger usw. usw.) begann er, alle möglichen Dinge zu tun, die er sonst niemals getan hätte. Nun aber, da er sich höher [in ein höheres Bewusstsein] erheben muss, kommt ihm dieses Ego sehr in die Quere.

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Was aber ist dieses Ego, von dem du sprichst? Jedermann hat ein Ego, und es ist nicht möglich, sich völlig davon zu befreien, außer durch zwei Dinge – durch das Sich-Öffnen der Seele im Innern und die Herabkunft eines umfassenderen, egofreien Bewusstseins von oben. Das Sich-Öffnen des seelischen Wesens befreit nicht auf einmal vom Ego, sondern läutert es und bringt es mit allen Bewegungen [der menschlichen Natur] dem Göttlichen dar, so dass man durch Selbst-Geben und Überantwortung unegoistisch wird. Gleichzeitig öffnet sich die Natur nach oben, und das umfassendere egofreie Bewusstsein kommt herab, das Ego verschwindet und durch die Macht der Seele erkennst du dein eigenes wahres Wesen, das ein Teil der Mutter ist. Das ist es, was geschehen muss, aber in so kurzer Zeit nicht geschehen kann. Denke nicht immer an die vitale Bewegung und das Ego; du hast sie erkannt und weißt, dass sie vorhanden sind – das genügt. Konzentriere dich vielmehr auf das Sich-Öffnen im Herzen; konzentriere dich beharrlich, strebe beharrlich und habe keine Bedenken, wenn es lange dauert. Rufe das Göttliche auf jede Weise, selbst wenn du noch nicht aus der Tiefe zu rufen vermagst – der Ruf aus der Tiefe wird kommen.

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Ich bin der Meinung, dass du sowohl dem Ego als auch den anderen Elementen, die mit der Natur der Menschheit verwoben sind, noch eine übertriebene Bedeutung und Aufmerksamkeit beimisst – man kann sich nicht gänzlich von ihnen befreien, es sei denn durch ein neues Bewusstsein, das diese durch höhere Bewegungen ersetzt. Wenn man Ego und rajas zentral und in aller Aufrichtigkeit zurückweist, lockern sich ihre Wurzeln, und sattva vermag in der [menschlichen] Natur die Oberhand zu gewinnen; doch kann die Ausrottung des gesamten Egos und rajas nicht durch den Willen und seine Bemühung geschehen. Nach einem gewissen Vorbereitungsstadium hat man daher die positive Seite der Sadhana mehr zu betonen als die negative der Zurückweisung – letztere muss natürlich zur Unterstützung der positiven Seite bestehen bleiben. Dennoch, das Wichtige ist die Entwicklung der Seele im Inneren und das Herabbringen des höheren Bewusstseins von oben. Die Seele deckt in dem Maß, wie sie wächst und sich offenbart, sofort alle falschen Bewegungen oder Elemente auf und stützt gleichzeitig nahezu automatisch das wahre Element oder die wahre Bewegung, die sie [die falschen Bewegungen] ersetzen wird – dieser Vorgang ist viel leichter und wirksamer als der einer strengen tapasya der Läuterung. Das höhere Bewusstsein bringt mit seinem Herabkommen Frieden und Reinheit in alle inneren Teile; das innere Wesen trennt sich vom unvollkommenen äußeren Bewusstsein, und gleichzeitig birgt der eintretende Frieden eine Macht in sich, die das hinausstoßen kann, was dem Frieden und der Reinheit widerspricht. Das Ego kann verschwinden – langsam oder rasch, aber sicher – und tamas und rajas wandeln sich in ihre göttlichen Entsprechungen.

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Es ist möglich, sich durch das Wirken der [Yoga-] Kraft vom Ego zu befreien, wenn dein Bewusstsein selbst sich mit diesem Wirken assoziiert; dann kann man zumindest von seiner Haupttätigkeit befreit werden, so dass nur geringfügige Überreste bestehen bleiben. Die völlige Befreiung vom Ego erfolgt jedoch meist erst durch die Herabkunft des [höheren] Bewusstseins von oben und die Besitzergreifung des ganzen Wesens [durch dieses Bewusstsein] – natürlich unterstützt durch die Herrschaft der Seele in der Natur.

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Man muss das Ego im Auge behalten, wie hartnäckig es auch sein mag, und zu all seinen Vorschlägen nein sagen, so dass jede Stellung, die es einnimmt, sich als eine fruchtlose Bewegung erweist. Wenn man es auf diese Weise behandelt, wird es für den Augenblick reif, in dem die Seele nur einen kleinen Anstoß zu geben braucht, und es fällt in jedem seiner Wirkungsbereiche von seinen gelockerten Wurzeln ab. Harre in der gegenwärtigen Bewegung stetig aus und sie muss zum Erfolg führen.

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Das Empfinden des Egos kann sich verlieren in dem Empfinden, das Selbst oder der purusa zu sein, doch führt das nicht bereits zum Verschwinden der alten Ego-Reaktionen in der prakrti. Der purusa muss sich von diesen durch einen Vorgang fortwährender Zurückweisung und Neuformung befreien. Die Neuformung besteht darin, alles in einer Weihung an die Mutter aufgehen zu lassen und alles für sie zu tun, ohne Bezug auf sich selbst, auf die eigenen Wünsche, Meinungen, vitalen Reaktionen als seien es Dinge, denen man nachgeben muss. Am einfachsten geschieht das, wenn das seelische Wesen voll erwacht ist.

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Ohne fortwährende Zurückweisung kann die Befreiung vom Ego nicht stattfinden. Die Erhebung in das Selbst befreit die höheren Teile, das Ego aber bleibt in den niederen Teilen bestehen. Die wirksamste Kraft für diese Befreiung ist die seelische Kontrolle, die mit einer steten Zurückweisung einhergeht.

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Es ist nicht möglich, sich von den Ego-Bewegungen auf einmal zu befreien. Sie müssen aus der [menschlichen] Natur herausgelöst werden, indem man sich ihrer immer bewusst ist und sie immer zurückweist. Selbst wenn das zentrale Ego verschwunden ist, bleiben die gewohnten Bewegungen noch lange Zeit bestehen.

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Ohne die Befreiung der Seele und die Verwirklichung des wahren Selbstes kann das Ego nicht verschwinden – beides ist notwendig. Wenn man sich des Selbstes nicht bewusst ist, wie soll dann das Ego verschwinden? Die Seele kann durch Liebe und Weihung befreit werden, ich aber sprach von einem Fall, in dem sie nicht auf diese Weise befreit wurde und die Verwirklichung des Selbstes als der leichtere Weg erschien.

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Wenn du dich nach innen gewandt hättest, wäre die seelische Entwicklung und die Bewältigung des Egos leichter gewesen – und ebenso das Sich-Weiten des Bewusstseins.

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Es ist eher ein weiteres als ein höheres Bewusstsein, das für die Befreiung vom Ego notwendig ist – sich hoch zu erheben ist natürlich auch notwendig, doch als solches reicht es nicht aus.

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Wenn das Ego verschwunden ist und die volle Hingabe vollzogen wurde, sollte es keine Hindernisse mehr geben. Wenn jedoch das vitale rajas nur ruht, kann durch diese Ruhe tamas entstehen – und das wäre ein Hindernis.

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Wenn einmal die Universalität gefestigt wurde, hat der vitale Egoismus in der Natur eine sichere Festung verloren – ihre Wälle wurden niedergerissen. Die egoistischen vitalen Bewegungen können zwar noch von außen angreifen, doch liegt es nun in der Hand des Sadhaks, sie daran zu hindern, eine feste Gestaltung in ihm zu bilden.

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Allein die Ruhe im Vital reicht kaum aus. Etwas muss da sein, das das Ego aus dem Vital hinausstößt.

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Das Ego erhebt sich deshalb, weil es in seiner Natur liegt, das zu tun; es will das Wesen ergreifen, das es als sein Eigentum und seinen Erfahrungsbereich betrachtet.

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Natürlich, das Ego und vitale Wesen widerstehen immer dem Druck, der dadurch entsteht, dass man sich von ihnen loslösen will – und wenn man dafür eine bestimmte Zeit festsetzt, leisten sie um so heftigeren Widerstand in der Hoffnung, Enttäuschung und Entmutigung darüber zu schaffen, dass es in der festgesetzten Zeit nicht möglich ist.

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Diese Dinge [der kleine Egoismus im niederen Vital] klingen entweder langsam durch fortwährende Zurückweisung ab oder aber sie fallen ab, wenn das höhere Bewusstsein stetig in das niedere Vital herabkommt und es gleichsam aufsaugt. Eine rasche Tilgung ist unter Umständen möglich – zumindest wird von solchen Fällen berichtet –, aber meist leben diese Dinge noch fort und vergehen nur langsam, indem sie allmählich an Kraft verlieren, gleichsam als ob sie sich verbrauchen würden.

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Dein Ego tritt von Zeit zu Zeit hervor, ohne dass du bemerkst, dass es dein Ego ist. Es tritt nicht in deinen höheren Wesens-Teilen hervor, sondern in deinem physischen Mental und Bewusstsein; du aber bist der Meinung, weil deine höheren Teile frei davon sind, müssten auch jene frei sein.

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Natürlich, solche Suggestionen sind dazu angetan, das Ego anzuregen. Ich vermute, dass sie deshalb so beharrlich sind, weil sie noch Hoffnung haben, das Ego wachrütteln zu können. Selbst wenn man ziemlich frei [von Ego] ist, können alle Arten von Suggestionen auftreten. Man nimmt entweder keine Notiz von ihnen oder betrachtet sie flüchtig, um zu sehen, ob noch ein Bruchteil von Ego irgendwo lauert.

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Solcherart sind die Gefühle des tamasischen Egos – die Reaktion auf eine Enttäuschung im rajasischen Ego. Mit der richtigen Haltung und Erfahrung vermischt oder gleichzeitig damit einhergehend bestand eine Forderung des Vitals, „Was ich jetzt habe, muss ich immer haben, sonst kann ich die Sadhana nicht ausüben; wenn ich das jemals verliere, werde ich sterben“ – die richtige Haltung aber ist diese: „Wenn ich es für eine gewisse Zeit verliere, dann deshalb, weil etwas in mir gewandelt werden muss, damit sich das Bewusstsein der Mutter in mir vollende, nicht nur im Selbst, sondern in jedem [Wesens-] Teil.“ Die niederen Kräfte griffen an einer schwachen Stelle an, stellten Forderungen durch das Vital und führten einen Zustand von Trägheit herbei, in dem das, woran du dich geklammert hattest, verloren schien und sich hinter dem Schleier verbarg. So kam die tamasische Reaktion des Egos zustande: „Welchen Sinn hat es zu leben, ich möchte lieber sterben“. Offensichtlich ist es nicht dein ganzes Wesen, welches das sagt, sondern ein Teil im enttäuschten Vital oder tamasischen Physischen. Die aktiven Forderungen zu zähmen und abzulegen, ist nicht genug; denn auch diese Haltung ist ein passiver Weg des Forderns: „Meine Forderungen können nicht erfüllt werden, nun gut, ich trete ab, ich will nicht [mehr] leben“. All das muss aufhören.

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Das tamasische Ego akzeptiert und stützt die Verzagtheit, die Schwäche, Trägheit und Selbst-Erniedrigung, den Widerwillen zu handeln und den Widerwillen zu wissen oder offen zu sein, die Ermüdung, Faulheit, Nichtstuerei. Im Gegensatz zum rajas sagt es: „Ich bin so schwach, so unbedeutend, so elend, fühle mich so bedrückt und missbraucht – es gibt keine Hoffnung für mich, keinen Erfolg, alles wird mir versagt, mir wird nicht geholfen, wie soll ich das tun, wie soll ich jenes tun, ich habe nicht die Kraft, nicht die Fähigkeit dazu, ich bin hilflos; lass mich sterben; lass mich stillliegen und stöhnen!“ usw. usw. Natürlich nicht all das zur gleichen Zeit oder in jedem Fall – ich gebe nur eine allgemeine Darstellung der Sache.

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Tamas und tamasisches Ego schließen einander mit ein. Wenn man dem tamas nachgibt, gibt man sich dem tamasischen Ego hin.

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Solange du voll die Haltung der Hingabe inne hattest, konnte das tamasische Ego lediglich die Form von äußeren Suggestionen annehmen, Aufwallungen aus dem Unterbewusstsein. Es wurde im Vital unterdrückt. Als sich aber die Trägheit erhob und die Willensenergie zurückzog, versuchte es, wieder einzudringen.

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Willst du behaupten, dass du niemals ein rajasisches Element in dir hattest? Es gibt kein menschliches Wesen ohne dieses rajasische Element in sich, solange es in seinem Vital nicht vergöttlicht ist. Was waren all die vitalen Suggestionen, die dir so beharrlich zusetzten anderes als Appelle an das rajasische Ego? Als du Sex, Eifersucht, Eitelkeit usw. aus dir verbannt hattest, was hattest du verbannt, wenn nicht das rajasische Ego? Was war die Forderung beim pranam oder die dort verursachte Störung anderes als eine Bewegung des rajasischen Egos? Von einigen dieser Dinge konntest du dich erfolgreich befreien – andere bewahrten noch eine Reaktion.

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Wie aber ist es möglich, dass irgendeiner deiner [Wesens-] Teile den Suggestionen irgendwelchen Wert beimisst? Wenn ihnen durch keinen Teil Wert beigemessen würde, müssten sie dir sicherlich zu lächerlich und verächtlich vorkommen, um eine Auswirkung oder Macht zu haben, die dich revoltieren lässt.

Wenn du den Suggestionen keinen Wert beimisst, kann zwar Trägheit vorhanden sein, aber nicht dies.

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X‘s Ego ist klein und nicht gigantisch – nicht groß und wild und aggressiv wie das von Y, sondern gedrungen und auf träge Weise widerspenstig – weder ganz fett noch dünn, sondern kurz und rund und von grauer Farbe.

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Gedrungen = kurz von Wuchs, aber breit und substantiell, sehr schwierig, sich davon zu befreien. Nicht hoch und überragend oder in der eigenen Fülle blühend und wurzelnd.

Rundlich = reichlich von all dem.

Grau = der Hang zum Tamasischen, daher nicht aggressiv, aber hartnäckig im Ausharren. Doch sind dies keine Symbole, sondern temperamentsbedingte Formen des Egos.

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Eine wahre spirituelle Erfahrung muss vom Anspruch des Egos frei sein. Das Ego kann stolz darauf sein, die Erfahrung zu haben, und kann denken: „Wie groß ich doch bin!“ Oder es kann denken, „Ich bin das Selbst, das Göttliche. Lass mich also tun, was ich will, denn es ist das Göttliche, das es in mir will.“ Nur dann, wenn die Erfahrung des Selbstes den anderen [Wesens-] Teilen Schweigen auferlegt und die Seele befreit, kann das Ego verschwinden. Auch wenn das Ego als solches nicht mehr vorhanden ist, können doch zahlreiche Fragmente und Überreste der Ego-Gewohnheit bestehen bleiben, die ausgemerzt werden müssen.

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Der Traum war ein Treffen mit der Mutter auf der vitalen Ebene. In diesen Träumen sind viele Einzelheiten symbolisch; es ist aber nicht immer leicht zu sagen, was ein bestimmtes Symbol bedeutet, wie hier der Zustand der Hand. Doch der letzte Teil des Traumes ist klar genug. Der Mann dort symbolisiert jene Ego-Tendenz in der menschlichen Natur, die einen Menschen, wenn er eine Verwirklichung hat, denken lässt, was für eine große Verwirklichung dies sei und „was für ein großer Sadhak ich doch bin“, und die ihn veranlasst, andere zu rufen, damit sie es sehen und bewundern können – vielleicht denkt er wie der Mann im Traum, „Ich habe das Göttliche gesehen, ich fühle mich tatsächlich eins mit dem Göttlichen – nun will ich alle rufen, damit sie es erfahren.“ Das ist eine Neigung, die der Sadhana vieler geschadet und sie manchmal überhaupt zugrunde gerichtet hat. Die Gedanken, die du beschreibst, ließen dich etwas in dir erkennen, das mehr oder weniger allen menschlichen Wesen eigen ist, der Wunsch, dass andere gut von einem denken mögen, dass man einen hohen Rang in ihrer Wertschätzung oder Zuneigung einnimmt, dass man Ehre, Ansehen, Bewunderung erfährt. Wenn jemand dieses Gefühl mit der Idee der Sadhana verbindet, entsteht der Wunsch, die Sadhana zu diesem Zweck auszuüben und nicht schlicht und einfach für das Göttliche, und es wird sich eine Störung oder ein Widerstand in der Sadhana einstellen oder, wenn trotzdem die spirituelle Erfahrung stattfindet, besteht die Gefahr des Missbrauchs der Erfahrung zur Stärkung des Egos, wie bei dem Mann im Traum. Alle diese Träume entstehen, um dir ein lebendiges, konkretes Wissen und die Erfahrung darüber zu vermitteln, worin diese menschlichen Mängel bestehen, damit es dir leichter fällt, sie im Wachzustand hinauszustoßen und ihnen den Eintritt zu verwehren. Diese Dinge sind nicht nur in dir, sondern sind der gesamten menschlichen Natur eigen; es sind Dinge, von denen man sich befreien oder gegen die man sich wehren muss, damit man sich voll, selbstlos, wahr und rein dem Göttlichen weihen kann.

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Eine gewisse Erhebung des Wesens kommt auf natürliche Weise mit den stärkeren Erfahrungen, und das Gefühl des Wunderbaren oder Wunders mag damit verschwinden; es sollte aber kein egoistisches Gefühl in der Erhebung enthalten sein.

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Ja, es ist etwas, das viele erleben; in übertriebener Form und als ausschlaggebender Teil der vitalen Haltung wurde es für viele, die sich als große Sadhaks betrachteten, zur Ursache des Versagens und des Weggangs [von hier] – sie [eine spirituelle Erfahrung] diente ihnen als Rechtfertigung, um dem vitalen Ego nachzugeben und es zu vergrößern. Da du selbst einsiehst, dass das lächerlich ist, dürftest du keine Schwierigkeit haben, dich davon zu befreien. Die einzige Wahrheit daran ist, dass jeder, der sich auf solch eine Weise öffnet, dass die [Yoga-] Kraft ihn bis hin zum Stofflichen durchdringen kann, um es zu ändern, hierdurch zum Sieg der Kraft beiträgt – das aber trifft für jedermann zu, nicht für jemand Bestimmten.

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Der Egoismus in dir, von dem du sprichst, gehört zur Beziehung der menschlichen Wesen untereinander und ist beinahe allen Menschen gemein – es ist äußerst schwierig, sich davon zu befreien; wenn man ihn aber klar erkennt und entschlossen ist, ihn nicht zu haben, kann er zunächst unter Kontrolle gebracht und dann aus der Natur verbannt werden. Jener Egoismus aber, der die Menschen veranlasst, von hier fortzugehen – aufgrund der Überheblichkeit in ihrer Sadhana und dem Verhaftetsein mit der angeblichen Größe ihrer Erfahrungen –, ist von anderer Art und spirituell weit gefährlicher. Du bist nicht damit behaftet und ich glaube nicht, dass du in Gefahr bist, es jemals zu sein.

Die Erfahrung, mit der Mutter zusammen zu sein und zu ihr zu sprechen, kann man, leicht haben, wenn man an sie schreibt, und es ist eine echte Erfahrung, weil ein bestimmter Teil des Wesens sie tatsächlich trifft und sich ihr öffnet, wenn man seine Erfahrungen niederschreibt.

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Ja, wenn einmal eine echte Erfahrung eintritt, wird die Ego-Gewohnheit stark vermindert, verschwindet aber nicht ganz. Sie nimmt Zuflucht in dem Gefühl, ein Instrument zu sein, und wenn die seelische Wende nicht stattgefunden hat, ist es leicht möglich, dass sie das Instrument einer bestimmten Kraft wird, welche die Befriedigung des Egos nährt. In solchen Fällen kann das Ego noch stark bleiben, auch wenn es sich als Instrument und nicht als der ursprünglich Handelnde fühlt.

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Der Egoismus des Instrumentes kann ebenso gefährlich oder gefährlicher für den spirituellen Fortschritt sein als der Egoismus des Handelnden. Der Ego-Sinn steht im Widerspruch zur spirituellen Verwirklichung; wie kann also irgendeine Art von Ego etwas zu Ermutigendes sein? Was das verstärkte Ego anbelangt, so ist es eines der gefährlichsten Hindernisse für die Befreiung und Vollendung. Es sollte kein großes Ich geben und nicht einmal ein kleines.

Mit dem verstärkten Ego ist gemeint, dass man ein weit größeres und machtvolleres Bewusstsein und unbegrenzte Möglichkeiten fühlt, wenn die Schranken des gewöhnlichen Mentals und Vitals beseitigt sind; wenn man aber all das an den Schwanz des eigenen Egos bindet, wird man tausendmal egoistischer als ein gewöhnlicher Mensch. Die Größe des Göttlichen wird zu einem Vorwand und einer Stütze für die eigene Größe, und das große „Ich“ bläht sich auf, um nicht nur die Erde, sondern auch die Himmel einzunehmen. Diese Verstärkung des Egos ist etwas, wovor man sich mit wachsamer Umsicht schützen muss.

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Ja, das sind kleine Anzeichen oder kleine Formen des Egos als Instrument – nicht sehr ernsthaft, aber meist ziemlich zäh. Es gibt eine größere Art von Egoismus, die nicht so allgemein ist und die sich zu einer Art Größenwahn steigern kann: „Ich, ich bin das Instrument, ein wie großes Instrument ich doch bin, durch mich wird alles getan werden“ – es gibt drei oder vier [Sadhaks im Ashram], die ihn in einer erschütternd ausgeprägten Form gehabt haben, geheim oder offen; es endet oft damit, dass sie fortgehen, um draußen große Dinge zu verrichten, große Dinge, die auf irgendeine Weise ungeschehen bleiben.

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Unpersönlichkeit an sich ist nicht das Göttliche. Alle diese Fehler können gemacht werden oder werden von vielen gemacht, die beanspruchen, ein unpersönliches Bewusstsein erlangt zu haben. Eine Kraft kann universal sein, doch kann sie auch eine falsche Kraft sein: viele glauben, sie seien unpersönlich und frei von Ego, weil sie einer Kraft oder etwas Größerem gehorchen als ihrer eigenen Persönlichkeit – aber diese Kraft oder dieses Etwas kann etwas ganz anderes sein als das Göttliche und sie durch irgend etwas in ihrer Persönlichkeit und ihrem Ego beherrschen.

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Es ist die prakrti oder Natur, die handelt; das Göttliche zwingt die Menschen nicht dazu, etwas zu tun. Nichts kann ohne die Gegenwart und den Beistand des Göttlichen geschehen, denn die Natur oder prakrti ist die Göttliche Kraft, und sie ist es, die die Dinge ausarbeitet, doch entsprechend der individuellen Natur und mit dem Willen jedes einzelnen Menschen, der voller Unwissenheit ist – das dauert so lange, bis sich die Menschen dem Göttlichen zuwenden und Seiner bewusst und mit Ihm geeint werden. Erst dann kann man sagen, dass alles in ihm [im Menschen] durch den direkten Willen des Göttlichen geschieht.

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Ehrgeiz und Eitelkeit sind Dinge, die etwas ganz Normales für das menschliche Bewusstsein sind – sie haben im gewöhnlichen Leben sogar ihren Zweck, so dass es ganz natürlich ist, dass sie zunächst auch in der Sadhana erscheinen und dort fortdauern, selbst wenn sie zurückgewiesen werden. Man muss sie aber hinausstoßen, ehe man auf dem Pfad weit vorangekommen ist, sonst sind sie sehr gefährliche Begleiter und können sowohl das Streben als auch die siddhi entstellen.

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Ehrgeiz ist immer eine Kraft des Vitals.

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Suggestionen von Ehrgeiz usw. entstehen immer im vitalen Mental oder – wie es auch genannt werden kann – im Mental des Vitals, und von dort schießen sie empor zum denkenden Mental und fordern seine Zustimmung sowie die Billigung durch den mentalen Willen. Wenn das denkende Mental durch dieses Emporschießen umwölkt wird, lässt es sich verleiten und erteilt seine Zustimmung. Das denkende Mental (der Verstand) muss über all dem immer unbewegt verharren und entscheiden, was richtig ist, ohne sich vom Vital einfangen und forttragen zu lassen.

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Eine innere, spirituelle Demut ist sehr notwendig; ich glaube aber nicht, dass eine äußere Demut sehr ratsam ist (das Nicht-Vorhandensein von Stolz, Arroganz oder Eitelkeit ist natürlich unerlässlich im äußeren Umgang mit anderen); sie lässt häufig Stolz aufkommen und wird nach einiger Zeit formell oder unwirksam. Ich habe Menschen gekannt, die äußerlich demütig waren, um ihren Stolz zu kurieren, habe aber nicht erlebt, dass sie damit ein anhaltendes Ergebnis erzielten.

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[Jeden mit namaskara zu grüßen]: Es ist ein Gefühl, das einige haben, die entweder Demut üben wollen (X pflegte es zu tun; ich habe aber nicht erlebt, dass es ihn von seiner angeborenen Selbstherrlichkeit befreite) oder die, mit einem Hang zum Vishnuismus, Narayana [ein Name Vishnus] in allen erkennen oder versuchen zu erkennen. Den Einen in allen zu fühlen ist in Ordnung, sich aber vor dem individuellen Wesen zu verneigen, das noch in seinem Ego lebt, ist weder für dieses Wesen gut noch für denjenigen, der es tut. Es führt besonders in diesem Yoga dazu, zu zerstreuen, was zu konzentrieren wäre und auf eine höhere Verwirklichung ausgerichtet sein sollte – nicht auf jene des kosmischen Gefühls [des All-Einsseins], die nur ein Schritt auf dem [Yoga-] Weg ist.

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Vielleicht könnte man sagen, dass spirituelle Demut darin besteht, sich dessen bewusst zu rein, was bereits getan wurde im Vergleich zu dem, was noch getan werden muss – und auch darin, sich bewusst zu sein, dass man nichts ist ohne die Göttliche Gnade.

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Hinsichtlich des Gefühls der Überlegenheit – dies zu vermeiden, fällt ein wenig schwer, wenn sich vor dem Bewusstsein größere Horizonte auftun, es sei denn, man hätte bereits einen heiligmäßigen und demütigen Zustand erreicht. Es gibt Menschen, wie Nag Mahashaya (einer von Sri Ramakrishnas Jüngern), in denen sich durch die spirituelle Erfahrung eine immer größere Demut entwickelte; es gibt andere, wie Vivekananda, in denen sie eine große Empfindung von Stärke und Überlegenheit auslöste – europäische Kritiker hatten ihm das schwer angekreidet; in anderen wiederum festigt es ein Gefühl der Überlegenheit gegenüber den Menschen und der Demut gegenüber dem Göttlichen. Jede Einstellung hat ihre Berechtigung. Nimm zum Beispiel Vivekanandas berühmte Antwort als der Pandit aus Madras gegen eine seiner Behauptungen einwandte: „Aber Shankara hat das nicht gesagt“; worauf Vivekananda erwiderte: „Nein, aber ich, Vivekananda, sage es“ – und der Pandit war sprachlos. Dieses „Ich, Vivekananda“ erscheint dem gewöhnlichen Auge wie ein Himalaya aus selbstgerechtem Egoismus. An Vivekanandas spiritueller Erfahrung aber war nichts Falsches oder Anfechtbares. Denn es war nicht reiner Egoismus, sondern das Gefühl für etwas geradezustehen, und es war auch die Haltung des Kämpfers, der als Vertreter einer sehr großen Sache sich nicht erlauben konnte, herabgesetzt oder geschmäht zu werden. Das Gesagte soll das Erfordernis der Uneigennützigkeit und spirituellen Demut nicht leugnen, sondern zeigen, dass die Frage nicht so einfach ist, wie sie im ersten Augenblick erscheint. Denn wenn ich meinen spirituellen Erfahrungen Ausdruck verleihen muss, hat das in voller Wahrheit zu geschehen – ich muss sie aufzeichnen, ihr bhāva, ihre Gedanken, Gefühle und die Bewusstseins-Ausweitungen, die sie begleiten. Was soll ich mit der Erfahrung tun, in der ich die ganze Welt in mir fühle oder spüre wie die Kraft des Göttlichen in meinem Wesen und meiner Natur fließt, oder in der ich mich in der Gewissheit des Glaubens gegen alle Zweifel und Zweifler weiß, oder in der ich das Einssein mit dem Göttlichen fühle oder die Kleinheit des menschlichen Denkens und Lebens, verglichen mit diesem größeren Wissen und Dasein? Und ich muss das Wort „ich“ gebrauchen, ich kann keine Umschweife machen und sagen: „dieser Körper“, oder „diese Erscheinung“, besonders deshalb, weil ich kein Mayavadin bin [jemand der die Welt als Maya, Illusion betrachtet]. Ich muss daher Ausdrücke gebrauchen, die X veranlassen, über meine Behauptungen voller Stolz und Ego den Kopf zu schütteln. Ich glaube fast, dass es schwer zu umgehen wäre.

Eine andere Sache: mir scheint, dass du Glauben mit mentaler Überzeugung verwechselst; wirklicher Glaube aber ist etwas Spirituelles, ein Wissen der Seele. Die Aussagen, die du in deinem Brief zitierst, sind die strengen Behauptungen einer mentalen Überzeugung, die dazu führen, das eigene mentale Glaubensbekenntnis und Ziel nur deshalb stark und heftig zu verfechten, weil es das eigene ist und daher größer als jenes von anderen sein muss – eine allgemeine Einstellung in der menschlichen Natur. Selbst der Atheist ist nicht tolerant und bezeichnet seine Auffassungen von Natur und Materie als die einzige Wahrheit, und alle, die nicht daran glauben oder die an andere Dinge glauben, verachtet er als unaufgeklärte Trottel und abergläubische Schwachköpfe. Nicht dass ich ihm gegenüber Groll hegte, dass er mich dafür hält, doch möchte ich nur feststellen, dass sich diese Einstellung nicht auf den religiösen Glauben beschränkt, sondern in gleicher Weise für jene zutrifft, die ohne religiösen Glauben sind und nicht an Götter oder Gurus glauben. Du wirst dich, wie ich hoffe, nicht daran stoßen, dass ich die andere Seite der Frage aufgreife; was ich darlegen will, ist, dass es eine andere Seite gibt und dass viel mehr darüber gesagt werden kann, als es im ersten Augenblick erscheint.

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Die richtige Einstellung ist, zu erkennen, dass man als abgesondertes Wesen, als Ego keine Bedeutung hat und dass das Beharren auf den eigenen Wünschen, auf Stolz, Stellung usw. Unwissenheit ist, dass man nur als Spirit, als ein Teil des Göttlichen Bedeutung hat, nicht mehr als andere, sondern so wie dies für alle Seelen in ihrer Beziehung zu der einen Seele in allen gilt.

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Ja, das Gerede über fortgeschrittene Sadhaks ist etwas, wovon ich immer abgeraten habe – aber die Menschen fahren damit fort, weil es dem vitalen Ego zusagt.

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Vorstellungen von Überlegenheit und Unterlegenheit haben keinen großen Nutzen oder Wert. Jeder ist er selbst, mit seinen eigenen Möglichkeiten, für die es keine Grenzen zu geben braucht, außer denen des Willens, der Entwicklung und der Zeit. Jede Natur hat ihre eigenen Richtlinien und mehr oder weniger entwickelte Seiten, aber der Maßstab sollte durch ihr eigenes inneres Ziel festgelegt werden. Ein Vergleich mit anderen bringt einen falschen Maßstab der Werte mit sich.

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Das ist ein sehr verbreitetes Übel bei den Sadhaks, Vergleiche zu ziehen und dabei Gefühle von Eifersucht und Neid zu hegen; in einigen führt es zu Aufruhr und Anmaßung, in anderen zu Selbst-Herabwürdigung und Verzagtheit. Natürlich sind diese Gefühle keineswegs berechtigt, und die Beurteilung ist nicht stichhaltig. Jeder Sadhak hat seine eigene Bewegung [der Entwicklung], seine eigene Beziehung zum Göttlichen, seinen eigenen Platz in der Arbeit oder der allgemeinen Sadhana, und der Vergleich mit anderen führt sofort zu einem falschen Maßstab. Die Wahrheit seiner eigenen inneren Bewegung hat seine Basis zu sein – svadharma.

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Selbstachtung und das Gefühl der Überlegenheit sind zwei grundverschiedene Dinge. Selbstachtung ist nicht unbedingt ein Zeichen von Egoismus, ebensowenig wie es ein Zeichen der Befreiung vom Egoismus ist, keine Selbstachtung zu haben. Selbstachtung heißt, eine gewisse Verhaltensnorm aufrechtzuerhalten, die der Ebene der Menschheit, zu der ich gehöre, eigentümlich ist; ich kann zum Beispiel aus Selbstachtung nicht eine falsche Behauptung aufstellen, obwohl es vorteilhaft wäre, es zu tun, und die meisten Menschen es unter den gegebenen Umständen tun würden. Amour-propre [Eigenliebe] ist etwas anderes und gehört zum sattwischen Typ des Egos. Wenn man vom Ego nicht frei ist, ist amour-propre (wie die Selbstachtung, die mit oder ohne Ego vorhanden sein kann) eine notwendige Stütze für die Erhaltung der Persönlichkeit auf der ihr gemäßen Ebene.

Hass, der sehr unspirituell ist, ist keine Hilfe, die zu dem Zweck gerufen werden darf.

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Bei vielen Sadhaks gibt es ein erstes Stadium [der Sadhana], das vom Mental oder höheren Vital beherrscht wird, wobei sie sehr gut vorankommen, weil es, im Mental oder höheren Vital Elemente gibt, die stark genug sind, das übrige zu kontrollieren, solange die ersten Erfahrungen stattfinden oder der erste Fortschritt gemacht wird. Es kommt aber eine Zeit, in welcher der Sadhak sich mit den niederen Teilen des Wesens auseinanderzusetzen hat, und dann erheben sich all die vitalen Schwierigkeiten. Wenn der erste Fortschritt oder die ersten Erfahrungen Stolz oder Ego hervorgerufen haben oder wenn irgendwo im Wesen ein ernsthafter Defekt besteht, ist der Sadhak nicht fähig, sich mit diesen auseinanderzusetzen, solange das Ego nicht abgelegt oder überwunden oder der Defekt beseitigt ist. In X entwickelte sich ein Hochmut der Selbstgerechtigkeit, der ihm durchaus im Wege stand; es haftet ihm auch der Makel eines beschränkten, widersetzlichen Mentals an, das an seinen eigenen Ideen hängt, als ob allein sie die richtigen wären – die Beispiele, die du von seinem Betragen anführst, veranschaulichen dies. Das ist der Grund, weshalb er hier mit jedermann streitet und glaubt, dass er recht habe und die anderen schlecht und boshaft seien, und weshalb er seine eigenen Mängel und Fehler nicht zu erkennen vermag; wenn er von mir oder der Mutter nicht angehört wird, fühlt er sich verletzt und beleidigt, weil wir seine Heiligkeit und Rechthaberei gegenüber den Bösen, die ihn tyrannisieren, nicht unterstützen. Er ist ein guter und kluger Arbeiter, kann aber in der Sadhana nicht vorankommen, solange er diese Halsstarrigkeit und sein Ego bewahrt.

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Du hast Fähigkeiten und das Zeug zum Yoga, doch gehen Hand in Hand damit eine sehr ausgeprägte Selbstachtung und ein selbstgerechter Geist, die der Vollendung im Wege stehen und ein durchaus ernsthaftes Hindernis bilden. Solange ein Sadhak das hat, wird der Versuch der Wahrheit, sich in ihm zu offenbaren, immer vereitelt werden, weil er sie in mentale und vitale Konstruktionen umformt, die sie zu einer unwirksamen Halbwahrheit oder sogar zu einer Quelle des Irrtums machen.

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Ja, Selbstrechtfertigung hält die falsche Bewegung aufrecht, weil sie eine mentale Stütze gewährt. Selbstrechtfertigung ist immer ein Zeichen von Ego und Unwissenheit. Wenn man ein weiteres Bewusstsein hat, weiß man, dass jeder Mensch die Dinge auf seine Weise betrachtet und in dieser Weise seine eigene Rechtfertigung findet, so dass sich bei einem Streit beide Parteien im Recht glauben. Nur wenn man etwas von oben betrachtet, in einem Bewusstsein, das vom Ego frei ist, sieht man alle Seiten einer Sache und auch ihre tatsächliche Wahrheit.

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Das [das Nichterkennen der eigenen Mängel] ist eine sehr verbreitete menschliche Schwäche; ein Sadhak aber sollte sie nicht haben, denn sein Fortschritt hängt weitgehend davon ab zu erkennen, was in ihm geändert werden muss. Nicht dass dieses Erkennen als solches schon genug ist, aber es ist ein sehr notwendiges Element. Es [das Nicht-Erkennen der eigenen Mängel] beruht natürlich auf einer Art Stolz oder Eitelkeit, die ihn glauben macht, es sei für seine Macht und sein Ansehen nötig. Nicht nur, dass sie [die Menschen] ihre Mängel nicht vor anderen zugeben, sondern sie verbergen sie auch noch vor sich selbst oder, wenn sie genötigt werden, sie mit dem einen Auge zu betrachten, schauen sie mit dem anderen Auge weg. Oder sie weben einen Schleier von Worten, Entschuldigungen und Rechtfertigungen, wobei sie versuchen, etwas anderes daraus zu machen, als es in Wirklichkeit ist. X‘s Äußerung („Ich würde sterben, wenn ich meine Fehler zugeben müsste“) ist sehr charakteristisch für ihn – es war sein hauptsächliches Hindernis auf dem Yoga-Pfad.

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Was dich daran hindert, ruhig zu sein, ist nur diese Gewohnheit deiner Natur – die Selbst-Bemitleidung und das Herumreiten auf dem Gefühl der Unzulänglichkeit. Wenn du das hinausstoßen würdest, wäre es ein Leichtes, ruhig zu sein. Demut ist notwendig, aber fortwährende Selbstherabsetzung ist nicht förderlich; übermäßige Selbstachtung und übermäßige Selbstherabsetzung sind beides falsche Haltungen. Irgendwelche Mängel zu erkennen, ohne dabei zu übertreiben, ist nützlich; wenn sie aber einmal erkannt sind, ist es nicht gut, immer wieder darauf zurückzukommen; du musst das Vertrauen haben, dass die Göttliche Kraft alles zu wandeln vermag, und du musst diese Kraft wirken lassen.

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Vitale Sensitivität ist weder gut noch schlecht. Sie entsteht im Laufe der Entwicklung. Manche sind unfähig, sich anderen gegenüber bewusst oder sichtbar zu öffnen, weil sie nicht sensitiv sind. Auf der anderen Seite ist es störend, zu offen zu sein.

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Es hängt von der Natur des Egos ab. Einige Egoisten sind dickfellig und überhaupt nicht sensitiv, andere sind übersensitiv.

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Äußerste Sensitivität ist ein Ergebnis oder Zeichen von Ego.

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Sensitivität ist eines der hartnäckigsten Hindernisse vieler Sadhaks. Es gibt zwei Heilmittel, das Vertrauen der Seele in die Mutter und die damit verbundene Hingabe, jenes: „Was immer sie auch will, es ist das beste für mich“ – sowie die Weite, die du jetzt fühlst; es ist die Weite des wahren Selbstes, auch des wahren mentalen, vitalen und physischen Wesens, wovon solche Dinge wie Staub abfallen, weil sie für sie ohne jede Wichtigkeit sind.

Nur eines gilt es zu tun, nämlich immerfort in die Weite, den Frieden und das Schweigen einzutreten und das Ego sich darin auflösen und die Bindungen abfallen zu lassen.

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In einem Bewusstsein, das nicht sensitiv ist, kann es keine Umwandlung des Wesens geben.

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Es ist nicht notwendig, sich von der eigenen Sensitivität zu heilen, sondern man muss die Macht erwerben, sich zu einem höheren Bewusstsein zu erheben, und dabei solche Ernüchterungen als eine Art Sprungbrett anzusehen. Ein Weg besteht darin, von anderen [Menschen] nicht einmal eine anständige Behandlung zu erwarten, ganz gleichgültig, wer die anderen sind. Und außerdem ist es gut, wenn man die wahre Natur einiger Menschen kennenlernt, der gegenüber ein großherziges Wesen oft blind ist; denn das trägt zum Wachsen des eigenen Bewusstseins bei. Der Schlag, unter dem du zusammenzuckst, erscheint dir deshalb so hart, weil es ein Schlag ist, den die Welt deiner mentalen Konstruktion erlitten hat. Solch eine Welt wird oft zu einem Teil unseres Wesens. Die Folge davon ist, dass ein Schlag, der ihm zugefügt wird, nahezu physischen Schmerz verursacht. Das wird weitgehend dadurch wieder ausgeglichen, dass es dich mehr und mehr in der wirklichen Welt leben lässt, die von der Welt deiner Einbildung verschieden ist, von der du wünscht, dass es die wirkliche Welt sei. Aber die wirkliche Welt ist, wie du weißt, keineswegs eine wünschenswerte Welt, und daher muss das Göttliche Bewusstsein auf sie einwirken und sie umwandeln. Doch hierfür ist die Kenntnis der Wirklichkeit, so widerwärtig sie auch ist, beinahe das erste Erfordernis. Diese Kenntnis wird uns oft genug durch Schläge und Wunden beigebracht. Aufrichtige, idealistische Menschen, empfindsame Menschen, verfeinerte Naturen leiden unter solchen Ernüchterungen mehr als andere, die etwas dickfelliger sind; das aber ist kein Grund, warum feine Gefühle verurteilt und die scharfe Schneide verfeinerter Empfindlichkeit stumpf gemacht werden sollten. Was man zu lernen hat, ist, sich von solchen Erfahrungen zu distanzieren und die Verirrungen anderer von einer größeren Höhe aus zu betrachten, von wo aus man solche Dinge in der richtigen Perspektive sehen kann – der unpersönlichen. Dann werden unsere Schwierigkeiten tatsächlich und buchstäblich zu Möglichkeiten. Denn Erkenntnis, wenn sie bis an die Wurzeln unseres Kummers reicht, birgt in sich gleichsam eine wunderbare Heilkraft. Sobald du das Mark des Kummers berührst, sobald du, tiefer und tiefer tauchend, das erreichst, was dich wirklich schmerzt, verschwindet der Schmerz wie durch ein Wunder. Unerschütterlicher Mut, um zum wahren Wissen zu gelangen, ist daher die eigentliche Essenz des Yoga. Kein dauerhafter Überbau kann errichtet werden, außer auf einer soliden Basis von wahrem Wissen. Die Füße müssen sich der Erde gewiss sein, bevor das Haupt darauf hoffen kann, die Himmel zu küssen.

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Deine Überraschung über X‘s Benehmen zeigt, dass du noch nicht erkannt hast, von welcher Art im Durchschnitt die menschliche Natur ist. Hast du niemals von der Antwort Vidyasagars gehört, der, als man ihm berichtete, dass ein bestimmter Mensch ihn beschimpfen würde, sagte: „Warum beschimpft er mich? Ich habe ihm niemals etwas Gutes getan (upakāra)“. Das ungeläuterte Vital ist für eine Wohltat nicht dankbar, es stößt sich daran, eine Verpflichtung auferlegt zu bekommen. Solange die Wohltat andauert, ist es überschwänglich und sagt süße Dinge, aber sobald es nichts weiter mehr erwarten kann, ändert es seinen Sinn und beißt die Hand, die ihm Gutes tat. Manchmal tut es das sogar schon vorher, wenn es glaubt, dass dem Wohltäter der Ursprung der üblen Nachrede, der Kritik oder Schmähung nicht bekannt sei. In all deinen Beziehungen ist nichts Ungewöhnliches, nichts, das, wie du glaubst, nur dir eigentümlich sei. Die meisten haben diese Art von Erfahrung, und nur wenige können ihr völlig entrinnen. Natürlich, Menschen mit einem entwickelten seelischen Element sind von Natur aus dankbar und benehmen sich nicht auf diese Weise.

X.

Die meisten Menschen werden wie Tiere von den Kräften der Natur getrieben: was immer an Wünschen aufkommt, sie erfüllen sie; was immer an Gefühlen auftaucht, sie lassen sie spielen; was immer sie an physischen Bedürfnissen haben, sie versuchen sie zu befriedigen. Wir sagen dann, dass die Tätigkeiten und Gefühle der Menschen von ihrer prakrti oder Natur beherrscht werden, meist von der vitalen und physischen Natur. Der Körper ist das Instrument der prakrti oder Natur – er gehorcht seiner eigenen Natur oder er gehorcht den vitalen Kräften der Begierde, Leidenschaft usw.

Der Mensch hat aber auch ein Mental, und im Laufe seiner Entwicklung lernt er, sein Vital und die physische Natur durch seinen Verstand und seinen Willen zu kontrollieren. Diese Kontrolle ist sehr einseitig, denn der Verstand wird von vitalen Wünschen und der Unwissenheit des Physischen oft irregeführt, stellt sich auf ihre Seite und versucht, ihre Fehler und falschen Bewegungen durch seine Ideen, Gedankengänge und Argumente zu rechtfertigen. Selbst wenn der Verstand sich davon freihält und dem Vital oder Körper sagt, „tu das nicht“, folgen Vital und Körper trotz des Verbotes oft ihrer eigenen Bewegung – der mentale Wille des Menschen ist nicht stark genug, um einen Zwang auf sie auszuüben.

Wenn Menschen die Sadhana ausüben, wirkt in ihnen eine höhere Natur, die seelische und spirituelle, und sie müssen ihre [menschliche] Natur unter den Einfluss des seelischen Wesens und des höheren spirituellen Selbstes oder des Göttlichen stellen. Nicht nur Vital und Körper müssen die Göttliche Wahrheit erfahren und dem göttlichen Gesetz gehorchen, sondern auch das Mental. Doch wegen der niederen Natur, unter deren unausgesetztem Einfluss sie stehen, sind sie anfangs und auf lange Zeit hinaus unfähig, ihre Natur daran zu hindern, den alten Wegen zu folgen – auch dann, wenn sie wissen oder innerlich die Weisung bekommen, was zu tun ist und was nicht. Allein durch eine ausdauernde Sadhana, indem sie in das höhere spirituelle Bewusstsein und die spirituelle Natur eintreten, kann diese Schwierigkeit überwunden werden; aber selbst für den stärksten und besten Sadhak dauert es lange Zeit.

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Das Verlangen nach dem Göttlichen oder nach der bhakti für das Göttliche ist das einzige Verlangen, das dich von allen anderen befreien kann – in seinem Kern ist es nicht ein Verlangen, sondern eine Sehnsucht, ein Bedürfnis der Seele, der Daseinsatem des innersten Wesens, und als solches kann es nicht als Verlangen angesehen werden.

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Hat man denn auf dem „geraden Pfad“ überhaupt Zeit dazu, Begierden zu befriedigen? Wie wäre ein gerades Ausschreiten auf dem geraden Pfad möglich, wenn das Begehren nicht gemeistert würde?

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Yoga lässt das freie Spiel der natürlichen Instinkte und Begierden nicht zu. Yoga heißt die Natur zu meistern und nicht, sich ihr zu unterwerfen.

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Kāmanā bāsanā [schwärmerische Begierden] gehören nicht zum Yoga, sie können ihn nicht fördern, sondern nur behindern. Solange Ego und Begehren bestehen bleiben, gibt es keine Hingabe an das Göttliche, keine Erfüllung im Yoga. Es sind Bewegungen des Vitals und nichts anderes.

Egolose Stärke ist eine Stärke, die nicht aus selbstsüchtigen Motiven handelt oder für die Begierden des Vitals oder um die Ideen des eigenen Mentals auszuführen, sondern allein deshalb, um dem Göttlichen zu dienen, um ein Instrument des Göttlichen zu sein.

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Forderung und Begehren sind lediglich zwei verschiedene Aspekte der gleichen Sache – und ein erregtes oder rastloses Gefühl muss nicht unbedingt ein Begehren sein; es kann im Gegenteil ruhig gefestigt und beharrlich sein oder aber beharrlich wiederkehren. Eine Forderung oder ein Begehren kommt vom Mental oder Vital, ein seelisches oder spirituelles Erfordernis hingegen ist etwas ganz anderes. Die Seele fordert oder begehrt nicht – sie strebt; sie stellt für ihre Hingabe keine Bedingungen oder zieht sich zurück, wenn ihr Streben nicht augenblicklich erfüllt wird – denn die Seele hat volles Vertrauen in das Göttliche oder den Guru und kann auf den rechten Augenblick oder die Stunde der Göttlichen Gnade warten. Die Seele hat ihre eigene Beharrlichkeit, mit der sie aber nicht das Göttliche, sondern die [menschliche] Natur unter Druck setzt und mit einem Lichtstrahl auf alle Mängel in ihr hinweist, die der Verwirklichung im Wege stehen, alles aussondernd, was vermischt, unwissend oder unvollkommen in der Erfahrung oder den Bewegungen des Yoga ist; sie ist weder mit sich noch der Natur zufrieden, solange sie nicht erreicht hat, dass diese sich gänzlich dem Göttlichen öffnet – frei von allen Formen des Egos, hingegeben, einfach und richtig in der Einstellung und allen Bewegungen. Das ist es, was sich im Mental, Vital und physischen Bewusstsein durch und durch festigen muss, bevor die Supramentalisierung der ganzen Natur möglich ist. Andernfalls erhält man nur mehr oder weniger brillante, halberhellte und halbverhüllte Erleuchtungen und Erfahrungen auf den mentalen, vitalen und physischen Ebenen, die entweder von einem größeren Mental oder einem größeren Vital inspiriert werden oder bestenfalls von den mentalen Bereichen zwischen dem Intellekt und dem Obermental. Diese können bis zu einem gewissen Punkt sehr anregend und befriedigend sein und sind gut für jene, die eine spirituelle Verwirklichung auf diesen Ebenen suchen; die supramentale Verwirklichung aber ist in ihren Voraussetzungen viel schwieriger und anspruchsvoller, und das Schwierigste von allem ist, sie auf die physische Ebene herabzubringen.

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Es gibt immer zwei Methoden, um im Höchsten zu leben. Die eine besteht darin, die Teilnahme des Bewusstseins von den Dingen gänzlich zurückzuziehen und so weit nach innen zu gehen, dass man vom Dasein getrennt ist und in Kontakt mit dem lebt, was jenseits davon ist. Die andere Methode ist jene, mit der man zum Kern aller Dinge gelangt und sich nicht durch äußere Formen absorbieren und verwirren lässt. Begehren, Verhaftetsein, Versklavung gegenüber den Verlockungen der äußeren Sinne sind die hauptsächlichen Hemmnisse für diese Bewegung – deshalb muss man sich in jedem Fall von ihnen befreien. Es ist aber durchaus möglich, den Höchsten zu erkennen, bevor die Anziehungskraft der äußeren Sinne geschwunden ist – nur kann man nicht sicher in Ihm leben, solange Begehren und äußere Anziehung bestehen, da das immer das innere Gleichgewicht stört.

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Alle gewöhnlichen vitalen Bewegungen sind dem wahren Wesen fremd und kommen von außerhalb; sie gehören weder der Seele an, noch haben sie ihren Ursprung in ihr, es sind vielmehr Wellen der allgemeinen Natur, prakrti.

Die Begierden kommen von außen, treten in das unterbewusste Vital ein und steigen zur Oberfläche empor. Erst dann, wenn sie nach oben kommen und das Mental sie wahrnimmt, werden wir uns des Begehrens bewusst. Es erscheint uns so, als ob es unser eigenes Begehren sei, da wir spüren, wie es vom Vital in das Mental aufsteigt, und nicht wissen, dass es von außerhalb kam. Das, was dem Vital, dem Wesen angehört, wofür es verantwortlich ist, ist nicht das Begehren als solches, sondern die Gewohnheit, auf die Wellen oder Strömungen des Einflusses zu reagieren, die von der universalen prakrti in es [das Wesen] eindringen.

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Die Zurückweisung der Begierden ist im wesentlichen gleichbedeutend mit der Zurückweisung des Elementes der Begehrlichkeit, das hierdurch vom eigentlichen Bewusstsein als ein Fremdkörper, der nicht zum wahren Selbst und zur inneren Natur gehört, ausgeschieden wird. Doch die Weigerung, den Suggestionen der Begierde nachzugeben, ist auch ein Teil der Zurückweisung; sich des suggerierten Handelns zu enthalten, wenn es nicht das richtige Handeln ist, muss in die yogische Disziplin miteinbezogen werden. Es kann nur dann als Unterdrückung bezeichnet werden, wenn es auf die falsche Weise, mit Hilfe eines mentalen, asketischen Prinzips oder einer strengen moralischen Regel geschieht. Der Unterschied zwischen Unterdrückung und innerer essentieller Zurückweisung ist der gleiche wie zwischen mentaler oder moralischer Kontrolle und spiritueller Läuterung.

Wenn man im wahren Bewusstsein lebt, empfindet man die Begierden als etwas, das sich außerhalb von einem befindet, das von außen, von der universalen niederen prakrti in das Mental und die vitalen Teile eindringt. Im gewöhnlichen menschlichen [Bewusstseins] Zustand wird das nicht empfunden; die Menschen nehmen das Begehren erst dann wahr, wenn es bereits vorhanden und in sie eingedrungen ist und dort eine Stätte oder einen Zufluchtsort gefunden hat; dann meinen sie, es sei ihr eigenes Begehren und ein Teil von ihnen. Mit dem wahren Bewusstsein bewusst zu werden, ist daher die erste Voraussetzung dafür, sich vom Begehren zu befreien; denn dann kann man sich seiner viel leichter entledigen, als wenn man damit zu kämpfen hätte wie mit einem wesentlichen Teil von einem selbst, der aus dem Wesen verbannt werden muss. Es ist einfacher, sich von etwas Fremdem zu befreien, als das auszuschalten, was als Teil der eigenen Substanz empfunden wird.

Wenn sich das seelische Wesen im Vordergrund befindet, wird auch die Befreiung vom Begehren einfach; denn das seelische Wesen als solches kennt keine Begierden, es will nur nach dem Göttlichen streben, es suchen und lieben und all das erlangen, was das Göttliche ausmacht oder ihm entgegenstrebt. Durch die immerwährende Vorherrschaft des seelischen Wesens entsteht von selbst die Neigung, das wahre Bewusstsein zutage treten zu lassen und die Bewegungen der Natur beinahe automatisch ins rechte Lot zu bringen.

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Sich gänzlich vom Begehren zu befreien, dauert lange Zeit. Wenn du aber einmal aus der menschlichen Natur herauszutreten vermagst und sie als Kraft erkennst, die von außen kommt, um ihre Klauen in das Vital und Physische zu graben, ist es leichter, den Eindringling loszuwerden. Du bist zu sehr daran gewöhnt, sie als Teil von dir oder als etwas in dich Gepflanztes zu empfinden – das macht es schwieriger, ihre Bewegungen zu bekämpfen und ihre alte Kontrolle über dich auszuschalten.

Du solltest dich auf nichts anderes verlassen – wie hilfreich es auch erscheinen mag – als hauptsächlich, in erster Linie und grundlegend auf die Kraft der Mutter. Die Sonne und das Licht mögen und werden eine Hilfe sein, wenn es das wahre Licht und die wahre Sonne ist, sie können aber nicht die Kraft der Mutter ersetzen.

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Niemand kann sich leicht von den Begierden befreien. Was zuerst zu geschehen hat, ist, ihnen eine äußerliche Form zu geben, sie an die Oberfläche zu drängen und die inneren Teile ruhig und klar werden zu lassen. Später können sie hinausgestoßen und durch die wahre Sache ersetzt werden, durch einen glücklichen, leuchtenden Willen, der mit dem Göttlichen eins ist.

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Ein Sadhak sollte möglichst wenig Bedürfnisse haben; denn es gibt nur wenige Dinge im Leben, die tatsächlich notwendig sind. Alles übrige sind entweder Dinge für den Gebrauch oder solche, die das Leben verschönern, oder dem Luxus dienen. Der Yogi hat nur dann ein Recht, diese zu besitzen oder sich ihrer zu erfreuen, wenn er eine von zwei Bedingungen erfüllt:

1. Wenn er sie in seiner Sadhana allein deshalb verwendet, um sich darin zu üben, Dinge ohne Verhaftetsein oder Begehren zu besitzen, und zu lernen, sie im Einklang mit dem Göttlichen Willen auf die rechte Weise zu gebrauchen, in richtiger Handhabung, in der richtigen Einteilung und Ordnung und im richtigen Maß, oder

2. wenn er bereits eine echte Befreiung von Begehren und Verhaftetsein erlangt hat und durch Verlust, Vorenthaltung oder Entzug nicht im geringsten bewegt oder angefochten wird. Wenn er irgendeine Begierde hat, einen Wunsch, eine Forderung, einen Anspruch auf Besitz oder Vergnügen und wenn Furcht, Leid, Ärger oder Qual aufkommen, sobald es ihm versagt oder genommen wird, ist seine Haltung nicht frei, und der Gebrauch der Dinge durch ihn widerspricht dem Geist der Sadhana. Und selbst dann, wenn seine Haltung frei ist, hat er nicht die Reife, etwas zu besitzen, solange er nicht gelernt hat, die Dinge nicht für sich selbst, sondern gemäß dem Göttlichen Willen zu gebrauchen und sie als ein Instrument im rechten Wissen und in der rechten Haltung für die angemessene Ausgestaltung eines Lebens zu verwenden, das nicht für ihn selbst, sondern für das Göttliche gelebt wird.

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Das wäre natürlich sehr einfach, wenn alles, was man zu tun hätte, darin bestünde, den Begierden nachzugeben; sich von seinen Begierden beherrschen zu lassen, hat aber nichts mit Yoga zu tun.

Eine dringende Notwendigkeit und ein Wunsch sind nicht das gleiche. Die Tatsache, dass man auch ohne sie [die Erfüllung eines Wunsches] lange Zeit leben konnte, zeigt, dass es keine dringende Notwendigkeit war.

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Begehren ist eine psychologische Bewegung, die sich sowohl mit einem „wahren Bedürfnis“ als auch mit Dingen verbinden kann, die keine wahren Bedürfnisse sind. Man sollte selbst wahren Bedürfnissen gegenüber kein Begehren hegen. Es muss einem gleichgültig sein, wenn man sie nicht befriedigen kann.

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Was die Unbequemlichkeiten anbelangt, so solltest du sie als eine Übung in samatā ansehen. Die Fähigkeit, Unbequemlichkeiten zu ertragen, ist eine der elementarsten Erfordernisse, wenn man die wahre yogische Haltung erlangen will.

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Ob Asket oder Nicht-Asket, der Yogi, der Sadhak muss vom vitalen Begehren frei und spirituell Herr über die Bewegungen seiner Natur werden – und hierfür muss er frei sein von Ego, Begierden und Dualität. Ich habe das immer sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Nachgiebigkeit gegenüber dem Begehren ebensowenig wie sannyasa [die Entsagung vom Leben und der Tätigkeit] zu diesem Yoga gehört. Man muss fähig sein, physische Dinge und physisches Leben zu gebrauchen und zu handhaben, aber von der Ebene des spirituellen Bewusstseins aus, nicht von der des vitalen Egos.

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Alles gehört dem Göttlichen – es darf kein Ego oder Begehren geben – nur das Göttliche und sein Licht und Wissen, seine Macht, sein Ananda, sein Wirken. Aber all das muss von oben kommen, nicht von den vermischten niederen kosmischen Kräften.

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Alle Dinge sind das Göttliche, weil das Göttliche in ihnen ist, [es ist] aber verborgen und nicht offenbar; wenn sich das Mental hinaus zu den Dingen wendet, geschieht es nicht mit der Wahrnehmung, dass das Göttliche in ihnen ist, sondern allein mit der Wahrnehmung ihrer äußeren Erscheinungsformen, die das Göttliche verhüllen. Es ist daher für dich als Sadhak notwendig, dich gänzlich der Mutter zuzuwenden, in der das Göttliche offenbar ist, und nicht den äußeren Erscheinungsformen nachzulaufen, die zu begehren oder für die Interesse zu zeigen deine Begegnung mit dem Göttlichen verhindert. Wenn sich das Wesen einmal geweiht hat, kann es das Göttliche überall sehen und dann kann es alle Dinge in dem einen Bewusstsein einschließen, ohne ein gesondertes Interesse oder Begehren zu haben.

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Wenn eine Verwirklichung stattgefunden hat, ist das, was der höhere Wille von dir fordert, das Beste für dich – die erste Regel aber ist Loslösung. Freiheit ohne Disziplin und Entwicklung zu erreichen, ist nur wenigen gegeben.

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Es ist richtig, dass die reine Verdrängung oder Unterdrückung des Begehrens nicht ausreicht und in sich nicht wahrhaft wirksam ist, was aber nicht heißt, dass man den Begierden nachgeben soll; es heißt vielmehr, dass die Begierden nicht nur unterdrückt, sondern aus der Natur verbannt werden müssen. An die Stelle des Begehrens muss ein allein auf das Göttliche gerichtetes Streben treten.

Was die Liebe anbelangt, so muss sie sich allein dem Göttlichen zuwenden. Was die Menschen mit diesem Wort bezeichnen, ist ein vitaler Austausch zur gegenseitigen Befriedigung des Begehrens, des vitalen Impulses oder physischen Vergnügens. Nichts von alledem darf in der Beziehung der Sadhaks untereinander enthalten sein; denn dies zu suchen oder dieser Art von Impuls nachzugeben, lenkt dich lediglich von der Sadhana ab.

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Deine Theorie ist falsch. Einer Leidenschaft frei Ausdruck zu verleihen, mag das Vital eine Zeitlang erleichtern, gibt ihr aber gleichzeitig das Recht, immer wiederzukehren. Sie wird dadurch keinesfalls verringert. Die Unterdrückung einer Leidenschaft, die mit einem innerlichen Nachgeben in subtiler Form einhergeht, ist kein Heilmittel; ihr jedoch durch ein äußerliches Nachgeben Ausdruck zu verleihen, ist noch viel weniger ein Heilmittel. Es ist durchaus möglich, sich zurückzuziehen, ohne der Leidenschaft Ausdruck zu verleihen, wenn man entschlossen ist, eine vollständige Kontrolle zu erlangen, eine Kontrolle, die nicht aus bloßer Unterdrückung, sondern einer inneren und äußeren Zurückweisung besteht.

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Du scheinst von der Natur des Begehrens nicht die richtige Vorstellung zu haben. Vitales Begehren wird, wenn man ihm nachgibt, nicht befriedigt, sondern wächst, an. Wenn du deinem Begehren nachgeben würdest, würde es immer größer werden und mehr fordern. Das war unsere ständige Erfahrung mit den Sadhaks, und sie bestätigt, was man immer schon über das Begehren wusste. Begehren und Neid müssen aus dem Bewusstsein hinausgestoßen werden – es gibt keinen anderen Weg, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.

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Der Unterschied zwischen Unterdrückung (nigraha) und Selbstkontrolle (saṃyama) besteht darin, dass man in dem einen Fall sagt: „Ich kann nicht umhin, ein Verlangen zu haben, will es aber nicht befriedigen“, während man im anderen Falle sagt: „Ich weise sowohl das Verlangen als auch die Befriedigung des Verlangens zurück“.

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Nigraha bedeutet, die Bewegung zu unterdrücken, aber eine unterdrückte Bewegung ist lediglich eine zeitweilig suspendierte; es ist besser, sie durch Loslösung zurückzuweisen und aufzugeben.

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Alles, wonach das Vital trachtet, ist ihm begehrenswert – das Begehren muss aber zurückgewiesen werden. Zu sagen, „Ich will nicht begehren“, ist genau richtig, solange vom Vital noch nicht gesagt werden kann: „Ich begehre nicht“. Dennoch gibt es etwas im Wesen, das sogar sagen kann „Ich begehre nicht“ und das sich weigert, das vitale Begehren als Teil des wahren Wesens anzuerkennen. Es ist jenes Bewusstsein, das den Frieden und die Macht bringt, welches als das wahre „Ich“ erkannt und ständig im Vordergrund gehalten werden muss.

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Es gehört zur steten Gewohnheit des vitalen Wesens, Dinge ausfindig zu machen, durch die es das Mental überzeugt und seine Begierden rechtfertigt; und die Umstände formen sich im allgemeinen auf eine Weise, dass dies weiterhin gerechtfertigt wird. Denn das, was in uns ist, schafft die Umstände außerhalb von uns. Wichtig ist, innerlich in Zukunft eine andere Haltung einzunehmen.

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Natürlich das Vital ist unersättlich. Es gibt nur zwei Dinge, die ihm Einhalt gebieten – Begrenzungen durch den Körper und die Missbilligung durch das Mental; doch ist letzteres nicht immer gegeben. Es besteht natürlich auch die Möglichkeit des seelischen Eingreifens, wofür das Vital aber erst in einem bestimmten Stadium zugänglich wird. Es ist daher der Körper, der bei den meisten Menschen den einzigen Einhalt gebietet.

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Es ist schwierig, sich auf einmal ganz und gar von den Begierden zu befreien – wenn die richtigen die Oberhand haben, stellt das bereits den letzten Sieg sicher. Lass dich daher nicht beunruhigen! Diese Dinge entwickeln sich auf dem Weg einer fortschreitenden Wandlung, und wenn der Fortschritt einmal seinen Anfang genommen hat, darf man im wesentlichen ein Gefühl der Gewissheit über den Ausgang der Sadhana haben und ruhig dem entgegensehen, was geschehen muss, weil es mit Sicherheit geschehen wird.

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Die Vision bedeutet ganz einfach, dass, wenn du dich an etwas klammerst und versuchst, es dir mit einem egoistischen Sinn des Besitzenwollens zu eigen zu machen, es seinen Wert verliert und ganz gewöhnlich wird, wie schön und wunderbar es auch immer sein mag.

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Wenn man das beharrliche Verlangen nach einer Sache aufgibt, kommt diese Sache von selbst – das ist eine häufige Erfahrung. Die richtige Haltung ist, auf den göttlichen Willen zu warten und nur ihn zu suchen – Begehren schafft immer eine Störung und befriedigt nicht, auch wenn es erfüllt wird. Streben ist eine andere Sache. Das Schwanken zwischen den zwei Zuständen, von denen du sprichst, ist das Zeichen eines Kampfes im physischen Bewusstsein – er muss enden durch den Frieden und die Macht, die sich dort festigen, dann wird das andere verschwinden.

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Es sollte dir eigentlich ziemlich klar sein, was die beiden gegensätzlichen Dinge sind, die beiden Dinge, mit denen sich jeder Sadhak auseinanderzusetzen hat. Das eine ist die Heftigkeit des erdhaft egoistischen Begehrens, das nur Verwirrung und Leiden mit sich bringt, und das andere ist der Frieden, die Kraft, die Freude, das Licht des Verstehens, die göttlich in dir sind und die wir in dir zu errichten versuchen. Wenn du dich auf die richtige Seite stellst, werden die Dinge einfach; wenn du zögerst und voller Zwiespalt bist, entsteht ein zwiespältiger Zustand; wenn etwas in dir die Begierden empfängt und sich daran klammert, geht alles schief. Du musst lernen, stets das Gewicht deiner Wahl in die richtige Waagschale zu legen. Ich werde bestimmt alles tun, dass der falsche Wille gewandelt und durch den richtigen ersetzt wird, welcher Art auch immer die Schwierigkeit oder der Widerstand sein mag – das werde ich immer tun.

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Es handelt sich hier wiederum um die Furcht des physischen Bewusstseins oder des vitalen Elementes in ihm; es fürchtet alles zu verlieren, wenn es das Begehren aufgibt – oder alles, was es will – und nichts dafür zu gewinnen oder zumindest nichts, was es will. Es erkennt nicht, dass es anstelle dieses quälenden Begehrens und seiner fragwürdigen und unsicheren Folgen etwas weit Größeres, Mächtigeres und Beglückenderes erhält – denn es ist daran gewöhnt, das Begehren als das einzig mögliche Lebensmotiv zu betrachten. Es weiß nichts davon, dass die Göttliche Kraft mit ihrem Licht, ihrem Frieden und ihrer Freude darauf harrt herabzukommen, um viel größere Dinge und ein glücklicheres Leben zu bringen. Wenn dieser Teil erleuchtet und überredet werden kann, die Wandlung mit ganzem Herzen zu wollen, wird eine große Schwierigkeit, tatsächlich die zentrale Schwierigkeit verschwunden sein.

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Es ist die alte vitale Natur, die so empfindet, weil sie spürt, dass ihre menschlich-weltlichen Begierden nicht befriedigt werden. All dem darf man nicht nachgeben, sondern muss es zurückweisen und zur Seite fegen. An seine Stelle muss die Weite treten, in der ein selbst-bestehender Friede und die Erfüllung herrschen, und in jenen Frieden und jene Weite muss der größere Frieden der Mutter eintreten, die Kraft, das Licht, das Wissen, der Ananda.

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Ein neues Stadium in deiner spirituellen Entwicklung hat sich vor dir aufgetan. Damit es sich verwirkliche, musst du zunächst in zwei Richtungen vorankommen. Die eine haben wir dir bereits gewiesen, und zwar das Überwinden jener vitalen Begierden, die dich an die niederen Bewegungen fesselten und den Druck einer feindlichen Kraft auf dein niederes Vital und deinen Körper heraufbeschworen, sowie die gänzliche Überantwortung von Leben und Körper an den Einen allein. Die andere ist die Herabkunft einer vollen Ruhe, Stärke und Gelassenheit in diese Teile, damit du das Leben und seine Schwierigkeiten bewältigen und deine Arbeit für das Göttliche verrichten kannst. Diese Ruhe und Stärke kamen oft schon in dein Mental und höheres Vital herab, doch waren die anderen [Wesens-] Teile immer noch offen für viel Schwäche, Verhaftetsein und einer nachgiebigen Bewegung. Das muss verschwinden, wenn man ein Held und Meister des spirituellen Wirkens werden will. Da, wo du früher warst, wurden diese Dinge zu sehr toleriert und durften bestehen bleiben; wo du jetzt bist, hast du die Möglichkeit, selbst mit der Göttlichen Kraft in Verbindung zu sein, dem Leben aus der inneren Stärke der Seele heraus gegenüberzutreten und Herr der Umstände zu werden. Du solltest dich durch äußere Schwierigkeiten oder Unannehmlichkeiten nicht beunruhigen oder deprimieren lassen. Aber auch inneren Schwierigkeiten sollte man mit Loslösung, Stille, Gleichmut und dem unbeirrbaren Willen zur Bewältigung begegnen.

Was das übrige angeht, so hast du ganz richtig gesagt: „Wenn mir eine Falschheit oder irgendeine Störung oder Schwierigkeit begegnet, muss ich meinen Gleichmut und den Glauben an die Göttliche Führung bewahren“. Der Fehler, der den Weg für die körperlichen und anderen Schwierigkeiten freigab, war das Zaudern in deinem Entschluss, das Vital zu bewältigen und dem geraden hohen Pfad zu folgen, was Verzweiflung und Depression mit sich brachte. Lass diese ganz und gar verschwinden und erlaube ihnen nicht, sich auf diese Weise wieder zu erheben. Der Pfad der spirituellen Stille, Stärke und der Hingabe all deiner Kräfte an das Göttliche, ist der einzig sichere Weg für dich, dem du jetzt beharrlich zu folgen hast.

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Es ist wiederum die alte, leere Vorstellung, die durch ein Aufsteigen der unbefriedigten Begierden der vitalen Natur ausgelöst wird. Offensichtlich hat die falsche Haltung des Begehrens auf ihre Gelegenheit gewartet und verschaffte auch dem alten Vital die Möglichkeit, sich zu erheben und seinen gewohnten Bewegungen zu frönen. Es ist auch klar, dass es der von unten kommende Druck des Begehrens war, der den Ananda verdrängte. Der seelische Ananda und das Begehren des sich beklagenden und fordernden Vitals können nicht nebeneinander bestehen; wenn das Begehren aufkommt, muss sich der Ananda zurückziehen – außer du weist das Begehren rechtzeitig zurück und weigerst dich, einen Kompromiss mit ihm zu schließen. Es war in höchstem Maße unvernünftig, besonders als dir die Mutter Weite und Frieden und intensiven Ananda gab, einem äußeren Begehren nachzugeben und all das seinetwillen zu opfern.

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Sich einer Depression hinzugeben, wenn die Dinge falsch laufen, ist der schlechteste Weg, einer Schwierigkeit zu begegnen. Es muss irgendein Begehren oder ein Verlangen in dir stecken, bewusst oder unbewusst, das sich erhebt und revoltiert, wenn es nicht befriedigt wird. Der beste Weg ist, sich seiner bewusst zu sein, ihm ruhig zu begegnen und es fortwährend hinauszustoßen.

Wenn das niedere Vital (nicht nur das Mental) zu der festen Überzeugung käme, dass jedes Begehren und jede Forderung der Wahrheit widersprechen, und es nicht länger nach ihnen rufen würde, verlören diese Dinge sehr bald ihre Kraft zur Wiederkehr.

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Durchdringe dein Mental und Vital mit der Wahrheit und bleibe ruhig und still. Alles Leiden entsteht aus unbefriedigtem Begehren; stütze dich auf eine Ruhe, die frei von Begehren ist. Wenn das geschehen ist, können die ganze Göttliche Wahrheit und Göttliche Liebe und der Ananda kommen und sicher darauf Fuß fassen.

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Hinsichtlich dieser Dinge hast du richtig gehandelt. Diese kleinen Begierden behindern großenteils die Wandlung im äußeren Bewusstsein, und das Wesen muss frei von ihnen sein, wenn die Umwandlung dort nicht aufgehalten werden soll.

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Es ist das Vital-Physische, das diese Suggestionen empfängt und diesen Begierden gehorcht. Du musst das Bewusstsein in das ganze Vital herabkommen lassen, so dass nicht nur das Mental, sondern das Vital selbst diese Begierden zurückweisen wird. Dann werden die vital-physischen Begierden ihre halbe Kraft verlieren.

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Wenn der Friede und die Macht, die auf den Kopf und die Brust einwirken, in den Magen und noch weiter herabgekommen sind, würde es bedeuten, dass sie nicht mehr nur auf das Mental und emotionale Wesen einwirken, sondern auch voll auf das Vital – das ist ein großer Fortschritt.

Die Begierden, die du erwähnst, sind jene des Vital-Physischen im feinen, physischen Bewusstsein – der Impuls zu sprechen, der essentielle Hunger, Durst usw. Der volle Friede und die volle Ruhe im Vital-Physischen und feinen Physischen bis hinab zu den niedrigsten Ebenen sind für die ganze zu geschehende Wandlung notwendig. Die Hitze, von der du sprichst, ist jene des subtilen Prinzips des vital-physischen Begehrens, das um seiner selbst willen besteht und nicht für die wirklichen Bedürfnisse des Körpers – deshalb wird sie durch eine physische Befriedigung nicht vermindert.

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Es sind die kleinen Gewohnheiten des niederen Vitals, die ihre ganze Stärke sammeln, um sich einer Korrektur zu widersetzen, und versuchen, das Bewusstsein in Beschlag zu legen. Du musst lernen, dein inneres Bewusstsein, sobald sie auftreten, völlig von ihnen loszulösen, so dass sie, selbst wenn sie kraftvoll auftreten, nicht fähig sind, das Bewusstsein zu beherrschen oder eine Zustimmung zu erlangen.

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Das Vital im Physischen fällt leicht in seine alten, kleinen Gewohnheiten zurück, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Dort ist es, wo sie sich anklammern. Sie verschwinden erst dann vollständig, wenn jener Teil Gleichmut und eine einfache natürliche Freiheit von allen Begierden erlangt.

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Diese Gewohnheiten des physischen Vitals sind beinahe automatisch in ihrem Wirken und es bedarf entweder eines sehr starken Willens oder einer beharrlichen Bemühung der Selbst-Disziplin, um dieses automatische, beinahe reflektive Wirken loszuwerden. Du solltest dich daher durch die Schwierigkeit nicht entmutigen lassen, sondern mit der notwendigen Beharrlichkeit des Willens weitermachen, um sie aus dem Dasein zu drängen.

XI.

Die Tatsache, dass der Ärger mit solcher Kraft auftritt, ist an sich ausreichend, um zu beweisen, dass er nicht in dir ist, sondern von außen kommt. Es ist ein Ansturm von Kraft aus der universalen Natur, die vom individuellen Wesen Besitz zu ergreifen versucht und es veranlasst, dem Willen dieser äußeren Kräfte entsprechend zu handeln und nicht gemäß dem Willen der inneren Seele. Diese Dinge treten im Laufe der Sadhana auf, weil sich der Sadhak von der niederen Natur befreit und versucht, die Hinwendung zur Mutter zu vollziehen und in ihrem göttlichen Bewusstsein sowie in der höheren Natur zu leben. Die Kräfte der niederen Natur stimmen dem nicht zu und lösen daher diese Ausbrüche aus, um ihre Herrschaft zurückzugewinnen. Wenn das der Fall ist, ist es notwendig, innerlich ruhig zu bleiben, sich der Mutter zu erinnern oder sie zu rufen und den Ärger, oder was immer kommt, zurückzuweisen sobald oder so oft dies geschieht. Dann verlieren diese Kräfte allmählich ihre Macht einzudringen. Es ist leichter, wenn man deutlich fühlt, dass es sich um äußere Kräfte handelt, die nicht zu einem gehören; aber auch wenn du das bei ihrem Eindringen noch nicht zu fühlen vermagst, muss dennoch das Mental diesen Grundgedanken aufrechterhalten und sich weigern, sie weiterhin als Teil der Natur anzuerkennen. Deine Meinung, dass die Mutter streng sei, ist natürlich eine Suggestion, die mit der eindringenden Kraft entstand, um ihr Eintreten zu erleichtern. Viele Sadhaks werden von derartigen Suggestionen zur Zeit des pranama heimgesucht, die mancherlei Störungen verursachen. Solche Suggestionen müssen sofort streng zurückgewiesen werden.

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Tatsächlich haben all diese unwissenden vitalen Bewegungen ihren Ursprung außerhalb, in der unwissenden universalen Natur; der Mensch formt in seinen äußeren Wesensteilen, mental, vital und physisch, die Gewohnheit bestimmter Reaktionen auf diese Wellen von außen. Diese Reaktionen betrachtet er dann als seinen Charakter (Ärger, Begehren, Sex usw.) und glaubt, es kann nicht anders sein. Aber das stimmt nicht; er kann sich ändern. Es gibt ein anderes, tieferes Bewusstsein in seinem Inneren, sein wahres inneres Wesen, sein wirkliches Selbst, was aber von der äußeren Natur verdeckt wird. Das weiß der gewöhnliche Mensch nicht, der Yogi aber wird sich dessen in dem Maße bewusst, wie er in seiner Sadhana fortschreitet. So wie das Bewusstsein dieses inneren Wesens durch die Sadhana wächst, wird die Oberflächennatur mit ihren Reaktionen hinausgestoßen, und man kann sich gänzlich davon frei machen. Doch will die unwissende, universale Natur ihren Griff nicht lockern und bedrängt den Sadhak mit den alten Bewegungen, die sie versucht, wieder in ihn eindringen zu lassen; und die Oberflächennatur reagiert in der gewohnten alten Weise. Wenn er die feste Überzeugung gewinnen kann, dass diese Dinge von außerhalb kommen und nicht ein echter Teil von ihm selbst sind, ist es für den Sadhak leichter, solche Rückfälle zurückzuweisen, oder er kann sich, wenn sie ihren Griff erneuern, schneller von ihnen befreien. Aus diesem Grund habe ich wiederholt gesagt, dass sich diese Dinge nicht in dir, sondern außerhalb von dir erheben.

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Ich glaube, du warst immer der Meinung, dass, einem Impuls oder einer Bewegung Ausdruck zu verleihen, der beste, wenn nicht der einzige Weg ist, sich davon zu befreien. Das aber ist eine irrige Vorstellung. Wenn du deinem Ärger Ausdruck verleihst, verlängerst oder verstärkst du die Gewohnheit der Wiederkehr des Ärgers; weder verminderst du die Gewohnheit, noch befreist du dich von ihr. Der allererste Schritt, die Macht des Ärgers in der Natur zu schwächen und sich dann ganz davon zu befreien, besteht darin, jeden Ausdruck im Handeln oder Sprechen zurückzuweisen. Nachher kann man mit größeren Erfolgsaussichten damit fortfahren, ihn aus dem Denken und Fühlen zu verbannen. Und ebenso ist es mit allen anderen falschen Bewegungen.

Alle diese Bewegungen kommen von außerhalb, von der universalen niederen Natur oder werden dir durch feindliche Kräfte suggeriert oder auf dich geworfen – feindlich gegenüber deinem spirituellen Fortschritt. Deine Methode, sie als deine eigenen anzusehen, ist wiederum eine falsche Methode; denn indem du das tust, verstärkst du ihre Macht zurückzukehren und von dir Besitz zu ergreifen. Wenn du sie als zu dir gehörig ansiehst, gibt ihnen das gewissermaßen eine Existenzberechtigung. Wenn du sie nicht als die eigenen empfindest, haben sie kein Recht, und dein Wille kann mehr Macht entwickeln, sie fortzuschicken. Was du aber immer bewahren und als dein eigen empfinden musst, ist dieser Wille oder die Macht, die Zustimmung nicht zu erteilen – die Zulassung einer falschen Bewegung zurückzuweisen; oder, wenn sie kommt, die Macht, sie fortzuschicken, ohne ihr Ausdruck zu verleihen.

Der beste Weg ist natürlich der, wenn du einen engeren Kontakt mit der Mutter, ihrem Licht und ihrer Kraft bewahren kannst und nur das empfängst und annimmst und nur dem folgst, was von dieser höheren Kraft stammt.

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Es ist tatsächlich nichts anderes als die Wiederkehr einer alten Gewohnheit der Natur. Betrachte sie und erkenne, wie geringfügig der Anlass für diesen Ärger und seinen Ausbruch ist, und erkenne [zudem] die Absurdität solcher Bewegungen überhaupt. Es wäre tatsächlich nicht sehr schwer, sich davon zu befreien, wenn du ihn, sobald er sich einstellt, ruhig betrachten würdest (denn es ist durchaus möglich, sich in einem Teil des Wesens zu distanzieren und in losgelöstem Gleichmut zu beobachten, selbst wenn der Ärger zur Oberfläche aufsteigt), so als ob es jemand anderer in deinem Wesen wäre, der den Ärger hat. Die Schwierigkeit ist, dass du bestürzt bist und dich aufregst, und das erleichtert es der Sache, dein Mental zu ergreifen, was nicht geschehen sollte.

Wir helfen dir – distanziere dich, dann wirst du fähig, unsere Hilfe zu fühlen und nicht die Besessenheit dieser Oberflächen-Bewegungen.

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Das ist das Richtige, und es hat immer zu geschehen, wenn sich Ärger oder dergleichen erhebt. Die seelische Reaktion muss zur Gewohnheit werden und aufzeigen, dass Ärger weder richtig noch förderlich ist; und dann muss sich das Wesen von diesen äußeren Belangen zurückziehen, auf das innere Selbst stützen und sich von all diesen Dingen und Menschen loslösen. Diese Loslösung ist das erste, was der Sadhak erlangen muss – er muss davon ablassen, in den äußeren Dingen zu leben und muss in seinem inneren Wesen leben. Je mehr das geschieht, desto größer ist die Befreiung und der Friede. Später, wenn man in diesem inneren Wesen sicher gefestigt ist, wird es sich allmählich abzeichnen, das Richtige zu tun und die richtige Art mit Menschen und Dingen umzugehen.

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Wenn alle Bewegungen des Wesens durch die Seele gelenkt werden, hört der Ärger ganz und gar auf; und auch dann, wenn der Gleichmut des höheren Bewusstseins das niedere Vital voll ergreift. Bis dahin ist es am besten, eine Kontrolle auszuüben, ihn auf einen Anflug, der keine äußere Auswirkung hat zu verringern und einzuschränken oder auf eine Welle, die vorüberzieht, ohne sich im Leben auszudrücken.

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Ja, sicher. Unendlicher Friede, universale Liebe können den Ärger zerstreuen – wenn sie vollständig und dauerhaft sind.

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Es stimmt, dass Ärger und Hader in der Natur des menschlichen Vitals verwurzelt sind und nicht leicht verschwinden; wichtig aber ist, den Willen zur Wandlung zu haben sowie die klare Erkenntnis, dass diese Dinge gehen müssen. Mit diesem Willen und dieser Erkenntnis werden sie schließlich verschwinden. Auch hier besteht die wichtigste Hilfe darin, dass das seelische Wesen innerlich wächst – denn das bringt eine gewisse Freundlichkeit, Geduld, ein Wohlwollen gegenüber allem mit sich, und man betrachtet die Dinge nicht länger vom Standpunkt des eigenen Egos aus, mit seinem Schmerz oder Vergnügen, seinen Neigungen und Abneigungen. Eine weitere Hilfe ist, dass der innere Friede wächst, den äußere Dinge nicht anfechten können. Mit dem Frieden kommt eine ruhige Weite, in der man alles als das eigene Selbst erkennt, alle Wesen als Kinder der Mutter, und fühlt, wie die Mutter in einem selbst und in allen wohnt. In dieser Richtung wird sich deine Sadhana entwickeln, denn das sind die Dinge, die mit dem Wachsen des seelischen und spirituellen Bewusstseins kommen. Dann werden die quälenden Reaktionen auf äußere Dinge nicht länger stattfinden.

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Wenn die Ruhe von oben herabkommt oder aus der Seele entspringt, wird das Vital in der Tat voller Frieden, Wohlwollen und Gutwilligkeit sein. Daher müssen die innere, seelische Ruhe und später der Frieden von oben das ganze Wesen erfassen. Eine andere Möglichkeit ist, Dinge, wie Ärger im Vital, zu kontrollieren, doch ist es schwierig, sich ganz von ihnen zu befreien, wenn nicht das Wesen durch die innere Ruhe und den höheren Frieden erfasst wird. Sich hinsichtlich der Sadhana auf die Mutter zu verlassen, ist die beste Haltung, denn es ist tatsächlich ihre Kraft, durch welche die Sadhana in dir geschieht.

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Diese Dinge, eine schroffe Ausdrucksweise, Ärger usw., sind Gewohnheiten, die vom vital-physischen Bewusstsein geformt werden und, da sie durch das Unterbewusstsein Unterstützung finden, sehr schwer zu wandeln sind. Wenn man sie durch die Willenskraft oder mentale oder spirituelle Kontrolle besiegen oder wandeln kann, umso besser. Wenn man das aber nicht sofort schafft, darf man sich nicht aufregen oder sich für untauglich halten. Für die meisten ist es leichter, das Göttliche zu verwirklichen oder in das seelische Bewusstsein einzutreten, als diesen Teil der Natur zu wandeln; wenn aber einmal das seelische Bewusstsein herrscht oder das höhere Bewusstsein herabkommt, können diese Dinge leichter verschwinden. Du darfst dich daher durch die Rückfälle oder Hartnäckigkeiten nicht entmutigen lassen, sondern musst immer versuchen, in einer inneren Ruhe dich abzulösen; wenn sie auftreten, lass sie vorüberziehen wie eine Wolke vor dem Licht. Mit diesen. Dingen wird sich schließlich im rechten Augenblick die [Yoga-] Kraft auseinandersetzen.

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Es ist tatsächlich ein sehr gutes Zeichen, dass der Ärger, wenn er aufkommt, kurz und gedämpft ist und sich äußerlich nicht mehr ausdrückt – denn das ist immer ein sehr deutliches Zeichen der Zurückweisung von etwas, das von der Natur nicht gewollt wird. Es tritt noch auf, hat aber nicht mehr die alte Kraft, Dauer, Intensität und Stärke. Der nach außen gewandte Zustand wird häufig benützt, um den Fortschritt, der in der äußeren Natur gemacht wurde, aufzuzeigen oder zu prüfen, denn wenn man gänzlich im Inneren weilt, bleiben diese äußeren Bewegungen ruhig; daher kann das Ausmaß ihrer Wandlung nicht ohne weiteres erkannt werden. Aber natürlich ist es die Wende nach innen, die am meisten dazu beiträgt, die Natur zu befreien.

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Wenn der Ärger nicht aufkam, dann möglicherweise deshalb, weil die vitale Kraft der Attacke sich verringert und mehr im physischen Mental und dem äußeren physischen Vital wirkt. Du verfügst über viel Stärke zum Handeln; was das innere Wachsen und Wirken der Sadhana anbelangt, so hast du auch in dieser Beziehung eine Stärke der Seele und des Vitals – es ist nur das äußere Wesen, dem diese Schwierigkeiten im Wege stehen und das im Augenblick von ihnen überwältigt wird oder betroffen ist, Wenn man in der Sadhana Fortschritte machen will, kommt immer etwas dazwischen, doch bei einem aufrichtigen Streben tragen am Ende diese Störungen dazu bei, den Sieg der Seele über alles Widerstrebende vorzubereiten.

Manchmal hat der innere Wille die Oberhand, manchmal hat er sie eine Zeit lang nicht. Das ist durchaus normal. Es hängt von gewissen Bedingungen ab, die das physische Mental nicht erkennt. In dem Maß, wie man an Wissen wächst, wird man sich dieser unsichtbaren Bedingungen bewusst und versteht besser, was geschieht.

Das Feuer ist immer das Feuer der Läuterung – es ist sehr rot, wenn es auf das Vital einwirkt; wenn das Vital nicht länger die Seele verdeckt, kommt die rosenrote Farbe der Seele mehr und mehr zum Vorschein.

Das Haus, das du sahst, ist die neue Behausung deiner Natur – besonders im Vital –, die durch die Sadhana vorbereitet wird.

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Der Grund, warum die Ruhe noch nicht gefestigt ist und der Ärger wiederkehrt, ist der, dass du deinem physischen Mental erlaubst, aktiv zu werden. Und es beginnt zu glauben, dass hinsichtlich der Sadhana dieser oder jener Defekt in dir ist und aus diesem Grund die Sadhana nicht sofort zur Wirkung und Vollendung kommt. Dadurch wird das Vital nervös oder mutlos, und aus der Mutlosigkeit entwickelt sich ein Zustand der Reizbarkeit. Gleichzeitig wird dieses [physische] Mental aktiv, wie es jetzt bei X geschah, oder beginnt zu urteilen oder zu kritisieren; und auch das führt zu Nervosität und Reizbarkeit. All dies gehört dem alten Mental an, das du aufzugeben versuchst, und steht daher der Konzentration und Ruhe im Wege. Es sollte an seiner Wurzel gestoppt werden, indem man die Suggestionen des physischen Mentals zurückweist, sobald sie sich zeigen. Ein neues Bewusstsein ist im Begriff zu kommen, das sich auf dem inneren Schweigen und der inneren Ruhe gründet. Warte ruhig darauf, dass es sich entwickelt. Wahres Wissen und wahre Erkenntnis von Menschen und Dingen werden sich in diesem neuen, schweigenden Bewusstsein einstellen. Die Ansicht des Mentals über Menschen und Dinge muss notwendigerweise entweder begrenzt und fehlerhaft oder irrig sein – mit seiner Hilfe weiterhin urteilen zu wollen, ist jetzt Zeitverschwendung. Warte darauf, dass sich das neue Bewusstsein entwickelt und dir alles in einem neuen, wahren Licht zeigt. Dann würde der Hang zum Ärger, der sich aus diesem Mental erhebt – und der nichts anderes ist als eine heftige Ungeduld, gerichtet gegen Dinge, die vom Mental und Vital abgelehnt werden –, keinerlei Grund haben, aufzukommen; wenn er sich aber ohne Grund erheben würde, könnte er leichter zurückgewiesen werden. Verlasse dich hinsichtlich der Sadhana auf die Gnade der Mutter und ihre Kraft und denke selbst immer daran, nur zwei Elemente zu bewahren, Ruhe und Vertrauen. Was die Dinge und Menschen anbelangt – überlasse auch sie der Mutter; genauso wie du Schwierigkeiten in deiner Natur hast, haben sie die ihrigen; sich aber mit ihnen auseinanderzusetzen, erfordert Einsicht, Wohlwollen und Geduld.

Was das Verhaftetsein mit den Dingen anbelangt, so ist die physische Zurückweisung nicht der beste Weg, sich davon zu befreien. Nimm an, was dir gegeben wird, bitte um das, was notwendig ist, und denke dann nicht weiterhin daran; miss ihnen keine Bedeutung bei, gebrauche sie, wenn du sie hast, quäle dich nicht, wenn du sie nicht hast. Das ist der beste Weg, sich vom Verhaftetsein zu befreien.

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Wenn du genau hinschaust, wirst du erkennen, dass alle diese Dinge – die Grobheit des einen, der Ärger des anderen – außerordentlich geringfügige Dinge sind, die mit Gleichgültigkeit hingenommen werden sollten. Erlaube ihnen nicht, dich so sehr zu beunruhigen. Die einzige Sache von höchster Wichtigkeit ist deine Sadhana und dein spirituelles Wachsen. Das darf durch nichts berührt oder gestört werden.

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Die Essays on the Gita erläutern den gewöhnlichen Karma-Yoga, wie er in der Gita dargelegt ist, wo das verrichtete Werk aus der gewöhnlichen Arbeit des menschlichen Lebens besteht, nur mit [dem Unterschied] der Wende nach innen. Auch ist dort die anzuwendende Gewalttätigkeit nicht eine persönliche Gewalttätigkeit aus egoistischen Motiven, sondern gehört zum geordneten System der [ menschlichen] Gesellschaft. Individuelle Gewalttätigkeit aus Ärger, Leidenschaft oder irgendeinem anderen vitalen Motiv, kann spirituell durch nichts gerechtfertigt werden. In unserem Yoga ist es das Ziel, sich über das gewöhnliche Leben der Menschen zu erheben, und dabei muss Gewalttätigkeit ganz und gar beiseite gelassen werden.

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Eine innere, seelische oder spirituelle Wandlung wird nicht durch Gewalttätigkeit herbeigeführt. In den Sadhaks soll nicht eine Wandlung der Verhaltensweise herbeigeführt werden, sondern eine Wandlung der Seele und des Spirits, damit sie Mental, Vital und Körper lenken, statt dass sie durch Mental und Vital gelenkt werden. Gewalttätigkeit steht hierzu in krassem Widerspruch; sie macht mentalen Egoismus, vitale Leidenschaft und vitalen Zorn oder auch Grausamkeit zu Herrschern. Die Gewalttätigkeit in der gewöhnlichen Natur rechtfertigt nicht eine Gewalttätigkeit in der spirituellen Arbeit.

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In allen Dingen muss eine Kontrolle über das Denken und Sprechen stattfinden. Doch obgleich rajasische Heftigkeit ausgeschlossen wird, ist eine ruhig kraftvolle Ernsthaftigkeit des Denkens und Sprechens dort, wo Ernsthaftigkeit erforderlich ist, manchmal unerlässlich.

XII.

Wenn du den Yoga ausüben willst, hast du dich von der Furcht zu befreien. Yoga und Furcht können nicht nebeneinander bestehen.

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Es stimmt, das, wovor du dich fürchtest, tritt aller Voraussicht nach ein, bis du fähig bist, ihm entgegenzutreten und das Zurückschrecken zu überwinden. Man muss lernen, seine Grundlage im Göttlichen zu finden, die Furcht zu überwinden und sich auf die [Göttliche] Hilfe zu verlassen, die dich durch alle Dinge führt, auch wenn sie unangenehm und widrig sind. Selbst durch sie wirkt eine Kraft für den Suchenden und trägt ihn seinem Ziel entgegen.

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Ja, Furcht erzeugt eingebildete Schrecken – selbst bei wirklicher Gefahr hilft Furcht nicht; sie umwölkt den Verstand, raubt die Geistesgegenwart und hindert dich daran, die richtige Sache, die zu geschehen hat, zu erkennen.

Lass die Kraft, die am Werk ist, stärker werden, bis sie das vermischte Bewusstsein gänzlich klärt.

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Es ist ein Fehler zu glauben, dass du durch Furcht oder Unglücklichsein vorwärtskommen kannst. Furcht ist immer ein Gefühl, das zurückzuweisen ist, denn genau das, wovor du dich fürchtest, wird aller Wahrscheinlichkeit nach eintreten: Furcht übt eine Anziehungskraft auf den Gegenstand der Furcht aus. Unglücklichsein schwächt die Stärke und öffnet dich noch mehr den Ursachen des Unglücklichseins.

Man kann ruhig, glücklich und fröhlich sein, ohne es in einer leichten oder seichten Weise zu sein – und Glücksgefühl bringt nicht notwendigerweise eine vitale Reaktion mit sich. Alles, was du zu tun hast, ist, zu beobachten und wachsam zu sein – wachsam deshalb, damit du falschen Bewegungen oder der Rückkehr der alten Gefühle, der Dunkelheit und Verworrenheit usw. nicht zustimmst. Wenn du wachsam bleibst, wird mit dem Anwachsen der Kraft, die dich trägt, eine Fähigkeit der Selbstkontrolle kommen, eine Fähigkeit, die eintretende falsche Wende oder falsche Reaktion zu erkennen und zurückzuweisen. Furcht und Unglücklichsein werden dir das nicht geben. Es kommt allein durch die Wachsamkeit, begleitet von einem Sich-Öffnen gegenüber der stützenden und führenden Kraft. Was du als die Fähigkeit beschreibst, das Richtige zu wählen sowie die Stärke oder Macht zu fühlen, durch welche die falsche Bewegung, sobald sie erkannt wird, angehalten und die rechte aufgenommen werden kann, ist genau diese Kontrolle und Wachsamkeit. Durch diese Kontrolle und Wachsamkeit, unterstützt durch die Kraft, kannst du auch verhindern, dass Liebe und Hingabe mit selbstsüchtigen Begierden und Unreinheiten vermengt oder durch sie ersetzt werden. Je mehr du dich öffnest, desto mehr wird diese Macht in dir anwachsen.

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Du solltest sowohl Furcht als auch Ärger verbannen, ruhig auf deinem Weg weitergehen und dabei auf die Mutter vertrauen.

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[Wege zur Beseitigung der Furcht:] Indem man Stärke und Ruhe in das niedere Vital bringt (die Region unterhalb des Nabels). Auch durch den Willen und indem man, wenn sich die Furcht erhebt, dem [Körper-] System Ruhe auferlegt. Es kann sowohl auf einem dieser Wege oder auf beiden gleichzeitig geschehen.

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In der höheren Natur gibt es keine Furcht. Furcht ist eine Schöpfung der vitalen Ebene, ein Instinkt der Unwissenheit, ein Gefühl der Gefahr, verbunden mit einer heftigen vitalen Reaktion, die an die Stelle eines raschen Erfassens einer Sache tritt und es meist verhindert oder entstellt. Sie [die Furcht] könnte beinahe als eine Erfindung der feindlichen Kräfte betrachtet werden.

XIII.

Es sollte keine Eifersucht geben, solange kein Grund dafür besteht, denn dann wäre sie absurd und ohne Sinn; aber auch dann, wenn nach gewöhnlichen Maßstäben ein Grund vorhanden wäre, sollte sie nicht aufkommen, denn sie ist eine unedle und völlig unyogische Empfindung.

Um dich von lobha [Habsucht] zu befreien, wird dir bestimmt die volle Hilfe der Mutter zuteil werden.

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Natürlich ist es die alte Reaktion – Eifersucht ist mit Sicherheit vorhanden, sonst würdest du nicht diese heftige Sorge empfinden. Dass sie in den Tiefen noch fortbesteht und sich mit solcher Heftigkeit erhebt, zeigt, wie tief diese Regung in deinem physischen Bewusstsein verwurzelt war. Du warst nicht in der Lage, sie auszurotten; denn wenn sie in Erscheinung tritt, assoziierst du dich gänzlich mit ihr und überlässt dich ihrem Aufschrei und ihrer Heftigkeit. Du musst die Stärke haben, dich in jenem Teil deiner Natur, der frei [von Eifersucht] ist, loszulösen; erst dann wirst du fähig sein, sie aus dir hinauszustoßen; und nur wenn sie jedes Mal hinausgestoßen wird, sobald sie sich erhebt, wird sie willens sein zu verschwinden und nicht mehr zurückkehren. Was unsere Unterstützung und Hilfe anbelangt, so ist sie vorhanden; aber du musst dir dessen bewusst bleiben – und du darfst falschen Ideen, wie jenen von heute morgen, nicht erlauben, dass sie das Gefühl des Einsseins und Kontaktes mit der Mutter vermindern.

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Ich verstehe nicht, warum du so einen großen Unterschied machst zwischen Streit und Eifersucht anderer Frauen wegen und Streit und Eifersucht anderer nicht-sexueller Attraktionen. Beides entspringt dem gleichen grundlegenden Impuls, dem besitzgierigen Instinkt, der sich an der Wurzel der gewöhnlichen vitalen Liebe befindet. Da in letzterem Fall sexuelle Eifersucht häufig nicht möglich ist, stützt sich das Mental auf andere Motive, die ihm ganz vernünftig und berechtigt erscheinen – es ist sich möglicherweise der Tatsache nicht bewusst, dass es durch das Vital angetrieben wird; aber die Streitigkeiten und die Lebhaftigkeit der Misshelligkeiten sind trotzdem vorhanden. Ob du beide Formen hattest oder nicht hattest, ist ohne Belang, und es macht die Dinge weder besser noch schlechter. Es kommt darauf an, sich vom Instinkt als solchem zu befreien, sei es vom psychologischen Standpunkt aus oder dem der spirituellen Wandlung.

Die einzig wichtige Tatsache ist die, dass die alte Persönlichkeit, die du hinausgestoßen hast, sich für den Augenblick wieder Geltung verschafft hat – wie du selbst siehst. Das hat dein Mental verwirrt, sonst würdest du nicht die Frage stellen, ob sie [die alte Persönlichkeit] noch vorhanden ist und wie das damit übereinstimmt, dass ich dein Streben und deinen Versuch, dich ganz der Mutter zuzuwenden, als echt und wirklich bezeichnet habe. Natürlich war das alles echt und wirklich und aufrichtig, und es ist noch vorhanden, auch wenn für den Augenblick verhüllt. Du weißt inzwischen sehr wohl, dass das ganze Wesen nicht aus einem Guss besteht und dass, wenn ein Teil sich wandelt, nicht alles andere gleichzeitig auf wunderbare Weise mit gewandelt wird. Etwas von den alten Dingen kann noch unterdrückt vorhanden sein und sich wieder erheben, wenn der Druck und die feste Entschlossenheit, sich davon zu befreien, nachlassen. Ich weiß nicht, worauf du dich beziehst, wenn du davon sprichst, dass Licht und Dunkelheit, Wahrheit und Falschheit nicht beieinander wohnen können; es kann aber sicher nur bedeuten, dass man ihnen im spirituellen Streben nicht erlauben kann, beieinander zu wohnen – das Licht und die Wahrheit müssen bewahrt und die Dunkelheit, die Falschheit oder das Irren müssen gänzlich hinausgestoßen werden. Es bedeutete mit Sicherheit nicht, dass in den menschlichen Wesen entweder nur Licht oder nur Dunkelheit herrschen könne und dass demjenigen, der mit irgendeiner Schwäche behaftet ist, kein Licht, kein aufrichtiges Streben und keine Wahrheit in seiner Natur eigen sei. Wenn dem so wäre, wäre der Yoga unmöglich. Alle Sadhaks dieses Ashrams würden der Unaufrichtigkeit und der Tatsache überführt werden, keine wahre Sadhana auszuüben – denn wo ist jener, in dem es keine Finsternis und keine unwissende Bewegung gibt?

Wenn du von dem Bewusstsein, das du hattest, abgesunken bist, dann deshalb, weil du, statt die Auseinandersetzung mit Y als die Bewegung eines Augenblicks abzutun, darüber zu brüten begannst und die falsche Wende, die sie in dir auslöste, aufrechterhältst. Es hat keinen Wert, auf den Empfindungen, die dabei in dir entstanden sind, zu beharren. Tue nur das, was ich dir zu sagen versuche. Zieh dich von ihnen [den Empfindungen] zurück und, nachdem du nun gesehen hast, was es alles in deiner Natur gibt, verbanne sie in aller Ruhe und wende dich abermals dem wahren Bewusstsein zu, öffne dich, um wiederum die Wahrheit zu empfangen, die dich neu erschaffen wird, und lass sie in deine ganze Natur herabkommen.

 

1 „Schließlich sind wir Menschen, wir sind noch nicht Götter geworden.“

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2 Ein stetiges [Herab-] Ziehen der [Yoga-] Kraft ist möglich; es ist aber nicht das, was ich mit „Zerren“ meine – das Ziehen an der Kraft wird ziemlich allgemein angewandt und ist hilfreich.

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